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Lieber
Salamander,
die Rauhnächte enden und die Menschen werden sich wieder ihrer
Sterblichkeit bewusst. Anders kann ich mir den Versuch nicht erklären,
sich mit Gewalt selbst aus dem Gen-Pool zu entfernen, wenn die Schule
wieder angefangen hat.
Da mache ich mich morgens schon vorsichtig auf den Weg, weil ich weiß,
dass bei den meisten Menschen nach zwei Wochen Ferien die Frontallappen
gelöscht werden. Doch ich bin kaum dreißig Meter gefahren, da springt
mir die erste Frau (schwarz gekleidet, kaum zu sehen) vor das Auto.
Offensichtlich ist sie einer Mülltonne ausgewichen, die als klassisches
Hindernis auf dem Bürgersteig stand. Ohne sich umzublicken einfach mit
einem gekonnten „side step“ vor mein Auto gehüpft. Gekonnt gemacht. Nur
meine langsame Fahrweise verhinderte, dass der schwarze Fleck vor mir zu
einem schwarzen Fleck unter mir wurde.
Noch langsamer fuhr ich also um die Ecke. Nieselregen, schlechte Sicht,
das mahnt zur Vorsicht. Das nächste Objekt der Behinderung kam fünfzig
Meter später. Die Frau beugte sich mit einem Mobiltelefon am Ohr in ihr
unbeleuchtetes Auto, um – während sie wild sprach – ihr Kind
anzuschnallen. Die Türbeleuchtung war defekt, der Wagen dunkel, das
Mobiltelefon verdeckt und sie hatte sich passend in braun-braune
Kleidung gehüllt. Aber im Scheinwerferlicht sah ich noch rechtzeitig die
offene Tür, so dass ich beim Vorbeifahren die restlichen Elemente der
Blockade-Kombo identifizieren konnte – samt des in die Fahrbahns
gestreckten Hinterteils der Mutter.
Hundert Meter weiter: zwei Fahrrad fahrende Schüler ohne Licht, ohne
Leuchtstreifen, ohne Überlebenswillen. Wie gut muss ich mein Kind in der
Sterbekasse versichert wissen, dass es sich lohnt, es verdunkelt in die
Morgenstunden zu schicken? Fürchten wir uns schon vor Bombenangriffen,
so dass wir die Häuser und die Straße verdunkeln müssen? Stromsparen mal
anders, auch beim Fahrrad-Dynamo, der keinen Fremdstrom verbraucht, aber
sicherlich bei der Herstellung Energie gekostet hat und daher weniger
abnutzt, wenn man ihn nicht benutzt.
Als dann das unbeleuchtete SUV auf der Gegenfahrbahn auf meine Fahrspur
wechselte, weil die Fahrerin am Telefonieren war und keine Zeit hatte,
auf den Verkehr zu achten, war mein Tagesmotto schon klar: Die
Zombie-Invasion ist da, nur ganz anders, als ich vermutet habe. Aber es
hat mich keiner gebissen und ich habe keinen gerammt. Kleine Erfolge im
neuen Jahr müssen gewürdigt werden.
Dein Homo Magi
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Kolumnen



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