Homo Magi - Teambeitrag

Bronzetor und Illas Ende



Zwei Rezensionen

Illas Ende

 Per Post aus Spanien bekam Homo Magi zwei Bücher zum Besprechen zugeschickt. Kein Scherz, da lag ein kurzer Brief bei: „anbei schicke ich Ihnen zwei kleine Arbeiten, die ich in letzter Zeit übersetzt habe, und würde mich freuen, wenn Sie bei Gelegenheit auf Ihrer Seite darauf hinweisen könnten.“

Mir darf man fast immer Bücher phantastischen Inhalts schicken, also auch hier.

Manuel Romero de Terreros y Vinent

Das Bronzetor – Fantastische Erzählungen

 o.J. Norderstedt (Books on Demand)

(„La puerta de bronce y otros cuentos”, 1922)

Aus dem Spanischen übersetzt von Detlef Eberwein

Nicht zu wissen, wer der Autor ist, scheint verzeihbar. Geboren 1880, gestorben 1968 gibt es – neben einigen Theaterstücken – nur diese Erzählungen als Werk. Dabei ist das schade, denn in einem Teil der Geschichten gelingt es ihm, eine Atmosphäre aufzubauen, die an Meyrink oder Perutz erinnert.

Dazu kommt, dass der Hintergrund der mexikanischen Geschichte unfassbar viel zum Lokalkolorit beiträgt. Besonders in „Der Papagei des Huitzilopochtli“, der letzten im Band abgedruckten Geschichte, taucht man tief in die magische Vorzeit ab. Mit „Der Truhe“ bewegen wir uns dann im Übergang zur Neuzeit – Mexiko zwischen Unvernunft und Vernunft, wenn man das so banal sagen darf.

Andere Geschichten behandeln mehr menschliche Schrecken – die Abgründe der menschlichen Seele sind hier Auslöser, nicht uralte, furchterregende Geheimnisse. Dies gilt für „Das Bronzetor“ und „Ein praktisch denkender Mensch“. Die stärkste dieser Erzählungen ist in dieser Gruppe „Die Schachspieler“ – ohne kosmischen Schrecken a la Cthulhu auskommend, aber fesselnd und gut geschrieben. Gleich danach kommt „Der Beruf des Reporters“ – ein paar Tentakel dazu und die Geschichte könnte in Lovecrafts Kosmos unterkommen.

Eine schöne Parodie auf die Versprechungen der Homöopathie ist „Similia similibus“ – besonders wirkungsvoll deswegen, weil man sie in diesem Kontext nicht erwartet.

Insgesamt eine sehr schöne, kurzweilig zu lesende Sammlung. Zwei winzige Anmerkungen: Bei den Fußnoten fehlt der Hinweis darauf, ob der Übersetzer sie eingefügt hat (wovon ich ausgehe) und es fehlt das Erscheinungsjahr. Aber dafür hat man einen netten Nachmittag mit schönen Geschichten gewonnen.

 

José Moselli

Illas Ende

2020, Norderstedt (Books on Demand)

(„La fin d’Illa“, 1925)

Aus dem Französischen von Detlef Eberwein

 Dieser Band nimmt als utopische Warnung vieles vorweg, was wenige Jahre später in Deutschland tatsächlich geschah. Eingekleidet in einen utopischen Rahmen – dieses Mal ist es der Fund von Resten des Atlantis-ähnlichen Staates auf einer Insel im Atlantik im Jahre 1875. Das gefundene Fragment und die Überreste der Hochzivilisation führen nur zur Vernichtung – der Finder erblindet, die Schiffsmannschaft wird in alle Winde zerstreut und es dauert Jahre, bis das Manuskript übersetzt werden kann – aber der leichtfertige Umgang mit einem Fundstück führt zum Erdbeben in San Francisco 1906.

Einiges wird unangenehm anachronistisch – so die Affenmenschen, „Abkömmlinge von Negern“ (S. 22), aber die Handlung ist ein Streiflicht auf das Verstehen in hellen Geistern jener Zeit, die das Aufkommen von totalitären Regimen am Horizont sahen.

Inhaltlich ist die Geschichte nett zu lesen, aber sie hebt sich nicht vom Phantastik-Umfeld jener Zeit ab, bleibt interessant zu lesen, dabei seltsam „blutleer“.

Trotzdem: Eine Leseüberraschung, die erfreut.

Hermann Ritter, Mai 2021

 

 

 

       

 

 

 

Weitere Teambeiträge:
Rezensionen

Märchen und Satire
 
Essais
Sachartikel Nachrufe  

Homo Magi Inhaltsverzeichnis