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Magi - Teambeitrag Carlos Rasch ist tot Zum Tode von Carlos Rasch (1932-2021) |
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Als ich in den 80er Jahren als SF-Fan ein wenig bekannter wurde, wurde
ich auch gefragt, ob ich im Rahmen eines „Betreuungsprogramms“ auch
einen DDR-Autoren übernehmen würde. Ich gebe gerne zu: Bis dahin war
mein Konsum an ostdeutscher Science Fiction Null, aber wir hatten keine
Verwandten „im Osten“, waren also von der jährlichen Paketsendemanie zu
Weihnachten befreit und damit auch von den Antwortpaketen mit Dingen,
die man im Westen nicht brauchte (es gab eine Ausnahme und damit Zugang
zu Ost-Musik, aber das gehört nicht hierher).
Irgendwie reizte mich aber das Angebot – und ich fand das politisch
interessant, legal Kontakt mit dem Osten zu bekommen.
Ich weiß nicht, warum – aber man teilte mir Carlos Rasch zu. Dieser war
33 Jahre älter als ich, ich hatte noch nie von ihm gehört und jetzt war
ich sein „Westpartner“. Viele Jahrzehnte später erfuhr er, dass er unter
Pseudonym auch in „Terra Astra“ etc. publiziert hatte. Seine „Terra
Nova“-Beiträge hatte ich übersehen, aber immerhin schickte er mir in
einer der ersten Buchpakete „Asteroidenjäger“ und „Magma am Himmel“,
beide mit einer netten Widmung. Ich erhielt also alle drei Monate ein
Paket mit DDR-SF, dafür suchte ich nach seinen manchmal anstrengenden
Suchlisten West-SF zusammen, die ich ihm schickte. Sein Lesegeschmack
war erratisch, aber nach vielen Gesprächen mit DDR-Fans vermute ich
einfach, dass er eine Menge Leute um sich herum mitversorgt hat, wenn er
aus dem Westen ein Paket bekam. Von daher ist sein Lesehunger im
Nachhinein nachvollziehbar.
Seine Bücher waren nett, aber nicht mitreißend. Es brauchte bei mir
viele Jahre mehr Zeit, bis ich einzelne Autoren der DDR-SF würdigen
konnte. Aber ein Rasch steht noch hinter mir im Regal, als Erinnerung.
Neben dem Austausch von Wunschlisten entwickelte sich ein netter
Briefkontakt. Der wurde zu einer Art SF-Onkel im Osten. Natürlich
konnten wir wenig über Politik austauschen, aber ich erfuhr etwas über
sein Leben, über seine Familie, über die Arbeit als Schriftsteller – und
erntete dafür Lebensberatung, lustige Schwänke aus dem Osten und Briefe
auf unfassbar schlechtem Briefpapier.
Nach dem Fall der Mauer begannen für ihn Jahre der Sinnkrise und
schriftstellerischen Bedeutungslosigkeit. Unser Kontakt brach ab –
sicher auch, weil unsere Leben sich total auseinanderentwickelten. Viele
Jahre später erzählte man mir „hinter vorgehaltener Hand“, Rasch hätte
für die Staatssicherheit gearbeitet und über Westkontakte Berichte
abgeliefert. Ich forderte meine Stasi-Unterlagen an: Nichts. Soviel
Ehrenrettung bin ich meinem alten Brieffreund mindestens schuldig, der
im Januar mit fast 89 Jahren verstarb. Hermann Ritter, Mai 2021
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