Vor vielen, vielen Jahren war ich Vorsitzender
des „Rollen- und Simulationsspielevereins 252“ e.V., der als erster
deutscher Rollenspielverein gemeinnützig und in Frankfurt in das
Vereinsregister eingetragen war (VR 8965).
Vor einigen Monaten erreichte mich eine
Nachricht mit der Anfrage, was denn mit dem Verein sei. Ich hatte
seit über 10 Jahren nichts mehr vom „252“ gehört, von daher war ich
ein wenig verwirrt. Noch verwirrter war ich, als ich anhand der
online dokumentierten Seiten des Vereinsregisters im Internet
erkennen musste, dass der letzte Eintrag von 1986 stammt und mich
als Vorsitzenden ausweist.
Nach mir kommende Vorstände (und da muss es
noch einige gegeben haben!) haben es nicht für nötig gehalten, den
Eintrag zu aktualisieren. Als der Verein dann Anfang der 90er in der
Bedeutungslosigkeit versank, ist dann auch nichts weiter passiert.
Nach eigenen Aussagen hat der letzte Schriftführer des Vereins die
Unterlagen 2006 geschreddert, weil er über zehn Jahre nix mehr vom
Verein gehört hatte. Brillanter Schachzug, wenn ich das mal so sagen
darf.
Ich befand mich nun in einer eigenartigen
Situation, denn der Verein konnte gegenüber dem Vereinsregister so
nicht aufgelöst werden. Aber auch dieses Problem konnte mit ein
wenig tricksen gelöst werden. Blieb jetzt nur noch ein Problem: Bei
Auflösung sollte das Geld an den World Wildlife Fund (WWF – nein,
nicht die World Wrestling Foundation) gehen. Und es gab noch Besitz,
nämlich diverse Umzugskisten mit dem Archiv des Vereins, das 15
Jahre lang beim ehemaligen Archivar lagerte.
Wir diskutieren jetzt nicht, warum jemand 15
Jahre lang Kisten sammelt, ohne je nachzufragen, was mit dem Verein
geworden ist, dem die Sachen gehören. Wahrscheinlich lagen sie
trocken auf dem Dachboden der Großeltern – das würde eine Menge
erklären.
Es gelang dann mithilfe des Internets, doch
noch einige (ehemalige?) Mitglieder aufzutreiben. Und so konnte auf
einem letzten Treffen – das ein wenig an ein Klassentreffentreffen
erinnert hat. Dann wurde der Besitz des „252“ zu Gunsten des WWF
versteigert. Es war wie eine Zeitreise. Nach 15 Jahren kamen hier
„mint“ gelagerte Fanzines wieder in den Verkauf, die zum Teil sehr
(!) billig ihren Besitzer wechselten.
Neben Stapeln mit alten PC-Spielen (und mit
großen Disketten; keine Ahnung, was ich damit machen soll – „Silent
Service I“, „Star Fleet I“ und „OGRE“ zum Beispiel),
Sekundärmaterialien, Comics („Marvel Holiday Special“ zu Weihnachten
1991), Büchern („Der Hexenmeister vom Flammenden Berg“ ist jetzt in
meinem Besitz), Live-Rollenspiel-Magazinen und Brettspielen
(darunter ein Stapel polnischer Brettspiele a la „Bitwa Na Polach
Pelennoru“ und „Gwiedzny Kupiec“) kamen dann auch die beiden
Hauptberge zum Verkauf.
Da waren einmal die Fanzines. Was für Perlen!
Mit Klammerheftung, auf der Maschine geschrieben, im Copyshop
erstellt oder sogar mit einem frühen Computer auf einem Nadler
gedruckt. Wow“ „Windgeflüster 5“, das „Nexus-Jahrbuch 1994“,
„Free-INT 3“, „Hornsignale 69“ (also habe ich mein eigenes Fanzine
ersteigert), „Warrior Express 1“, diversen „Laumicheln“, „Dausend
Dode Drolle 4“ und wunderbaren Abenteuern wie „Der Tyrann von
Hardtenstein“ von der „Druidenpost“. Wow. War das toll.
Dann gab es Rollenspielhilfen. Und ich bin
jetzt Besitzer von „The Compendium of Weapons, Armour & Castles“ von
Palladium Books.
Auch bei den Rollenspielen selbst gelangen mir
ein paar tolle Einkäufe. Leider gingen „Blaster Master“ und „Corps“
an mir vorbei, aber „Morpheus“ ist jetzt mein, „Pendragon“ ist
(wieder) mein und „Skyrealms of Jorune“ ging richtig teuer an jemand
anderen (ich habe es schon).
Am Ende besaß ich drei Umzugskartons voll. Die
meisten Fanzines gehen an Klaus N. Frick und seine Fanzine-Sammlung,
von dort wohl an das „Archiv der Jugendkulturen“ in Berlin. Viel
Plunder bleibt nicht bei mir, aber ich habe einige lustige Stunden
damit verbracht, mich in meine eigene Jugend zurückzuträumen. Einige
Dinge behalte ich – meinen Hauptkauf mit der kompletten „252-News“
natürlich, aber auch die alten „Windgeflüster“ der „Gilde für
Fantasy-Rollenspieler“.
Für nicht einmal 200 Euro habe ich einige
Stunden Jugend zurückgekauft. Das war eine der sinnvollsten
Anwendungen für Geld, die ich in den letzten Monaten ausprobiert
habe.
Danke, Schicksal!
Hermann
Ritter