Homo
Magi - Teambeitrag Alex
Constantine: Buch, Strange-Verlag, 2002 |
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„Tötet den Rock’n’Roll“ ist eins der ersten Bücher aus dem Kleinverlag „Strange-Verlag“, der es sich zum Ziel gemacht hat, Bücher zu veröffentlichen, die außerhalb des Mainstreams liegen und daher in Deutschland ansonsten nicht verlegt werden, oder, wie die Verlagsgründer auf der Homepage selbst formulieren: „Wir bei STRANGE meinen nämlich Programmlücken füllen zu müssen, an denen etablierte Verlage höhnisch vorbeigehen oder die sie einfach nicht bedienen wollen“. Die Macher von Strange sind teilweise identisch mit denen des bekannten Rollenspiel-Verlags Fantasy Productions (http://www.fanpro.de). „Tötet den Rock’n’Roll“ hat den Originaltitel „Covert War against Rock“, und das ist auch das Thema des Buches. Anhand einzelner Todesfälle versucht der Autor Alex Constantine, nachzuweisen, dass in den USA eine von rechtskonservativen Kreisen in Zusammenarbeit mit der CIA initiierte Verschwörung existiert, die sich gegen liberales/progressives Denken im allgemeinen und die Rockmusik im speziellen richtet. Als Beleg für diese These hat Alex Constantine zehn Jahre lang Fakten gesammelt, etliche Primärquellen durchforscht und teilweise auch Zeugen befragt. Als Ergebnis dieser Untersuchungen stellt er fest, dass seiner Ansicht nach eine ganze Reihe von Rockstars ermordet worden sind. Darüber hinaus wurd Haight-Ashbury zur Hippiezeit von der CIA als „Drogenversuchslabor“ missbraucht und es wurden eine Reihe von Rockkonzerten gezielt sabotiert, etwa das berühmt-berüchtigte Altamont-Festival Ende 1969. Die Liste der angeblich ermordeten Rockmusiker ist lang: Brian Jones (Rolling Stones), Jim Morrison, Jimi Hendrix, Mama Cass (The Mamas & The Papas) bis hin zu Michael Hutchence (INXS). Außerdem nennt Constantine einige Ungereimtheiten bei den Morden an John Lennon, Peter Tosh und Tupac Shakur. Interessant sind auch die ersten beiden Kapitel des Buches, die aufzeigen, dass bereits von Anfang an (sprich: seit den Vierziger Jahren) das organisierte Verbrechen Einfluß auf die neu entstehende Rock’n’Roll-Industrie nahm. Das Buch hinterlässt bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits hat Alex Constantine einige Ungereimtheiten aufgezeigt, so dass ich inzwischen auch zu dem Schluß gekommen bin, dass Jones, Hendrix und Morrison wohl keines natürlichen Todes gestorben sind. Andererseits aber bezweifle ich die Theorie, dass hinter den meisten Todesfällen eine gezielte konservativ-reaktionäre „Anti-Rockmusik-Verschwörung“ steckt. Denn jede Verschwörungstheorie kann anhand einer einfachen Frage auf Plausibilität geprüft werden: „Cui bono?“ (Wem nützt es?). Nehmen wir also mal an, es gäbe eine solche Verschwörergruppe, und diese hätte Morrison und Hendrix auf dem Kieker. Sie bringt nun als erstes Jimi Hendrix um, um seine Stimme zum Verstummen zu bringen. Dann muß die Verschwörung tatenlos zusehen, wie Jimi Hendrix durch seinen frühen Tod zum absoluten Superstar aufsteigt, mehr Menschen als zuvor seine Platten kaufen und dadurch in Berührung mit Hendrix' Gedankengut kommen. Dadurch steigt Jimi Hendrix’ Einfluß bei der Jugend umso mehr an. Sprich: die Ermordung von Hendrix hat das Gegenteil dessen erreicht, was die Verschwörer eigentlich bezwecken wollten. Die logische Schlussfolgerung einer solchen Verschwörung wäre dann, von weiteren Mordplänen abzusehen. Sprich: Jim Morrison wäre niemals von einer solchen Verschwörung ermordet worden. Als Mörder kommen viel eher Leute in Frage, die sich durch den Tod eines bestimmten Rockstars einen finanziellen Vorteil erhoffen, zum Beispiel durch gestiegene Plattenverkäufe. In diesen Kreisen sind also die wahren Täter zu suchen. Entsprechendes vermutet Alex Constantine selbst übrigens beim letzten Todesfall des Buches: Mike Hutchence (angeblich Selbstmord). Dieser hatte kurz vor seinem Tod den Großteil seines Vermögens dubiosen Finanzberatern anvertraut. Ein Teil dieses Geldes ist bis heute auf nicht nachvollziehbare Weise verschwunden - was durch Hutchence' Tod zumindest begünstigt, wenn nicht sogar erst ermöglicht, wurde. Fazit: viele interessante Fakten, die teilweise ein neues Licht auf altbekannte Vorfälle (Tod von Jim Morrison u.ä.) werfen. Die Folgerungen, die der Autor aus den Fakten zieht, sind jedoch mit Vorsicht zu genießen.
Volkmar Kuhnle, Juli 2002
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