Homo
Magi - Teambeitrag
Ulrich Magin
Eine Rezension |
|
|||
Hamburg, 2021
Ich bin mit kleinen Dingen glücklich zu machen,
wenn es um Sachbücher geht: Es sollte nachvollziehbar aufgebaut sein,
lesbar geschrieben sein und über ein vernünftiges Lektorat verfügen. Als
Bonus kommen dann noch zum Test passende Illustrationen und ein
verwendbares Literaturverzeichnis dazu. Vorab kann man sagen, dass Magin
hier meist mit Bestnoten abschließt. Beim Literaturverzeichnis sind mir
Fußnoten immer lieber als ein Anmerkungsapparat, aber das ist eine
Geschmackssache und mindert den Lesegenuss nur kaum (und dann wohl nur
für mich). Dazu kommt, dass er irrsinnig belesen und ist seinen
sprachlich schönen Text mit Hinweisen auf Literatur und Gedichte „aufhübscht“.
Das Buch enthält fünf längere Kapitel:
„Grundlagen“, „Die Runenreihen“, „Fundarten“, „Runensteine“ und „Runen
bis heute“. Schon der erste Satz der Einleitung legt die Gangart fest:
„Wer sich mit Runen beschäftigt, begibt sich auf gefährliches Terrain,
wenn nicht sogar auf Glatteis (…).“[1]
Und: „Dieses Buch kann und will keine wissenschaftliche Abhandlung über
Runen sein (…).“[2]
Magin beschreibt sich selbst als „interessierter Laie“[3],
aber – das sei vorweg gesagt – es gelingt ihm, eine gut zu lesende
Übersicht zu verfassen, die auch mich immer wieder mit neuen
Informationen versorgt. Dabei vermeidet er die üblichen Fallstricke der
„völkischen“ Autoren. So äußert er über die Germanen: „Es gab nie ein
Volk, dass sich als Germanen bezeichnete und als Teil einer größten
[sic] Völkerschaft verstand oder sich gar national als Germane empfand.“[4]
Und er ist in der Lage, zwischen naiver Forscherfreunde und völkischen
und/oder rassistischen Ansätzen zu unterscheiden.[5]
Er erklärt die Runenreihen nachvollziehbar,
wobei er leider den unseligen Lauch erwähnt, von dem ich gehofft hatte,
dass er nie wieder erwähnt wird.[6]
Immerhin führt das im dritten Kapitel dann zu dem schönen Zitat „Dein
Frifridil, der das Glied hat. Du, die die Vulva hat, nimm mich in dich
auf! – Lauch – Lauch.“[7]
Mit einigen Äußerungen wird er sicherlich in der
„heidnischen Community“ Widerspruch auslösen, aber das ist auch gut so.
So schreibt er über Runenorakel: „Moderne, vor allem esoterische
Runenbücher handeln deshalb vor allem von Runenorakeln. Dafür gibt es
keinen einzigen zeitgenössischen Beleg.“[8]
Bei dem Kapitel zu den Fundarten spannt er einen
weiten, historischen Bogen der – auch wegen der guten Illustrationen –
kurzweilig bleibt.
Die Abhandlung über die Runensteine nutzt er
erneut zu einer klaren Absage gegen rechtsextreme Gesinnungen: „Runen
raunen nicht von germanischer Reinheit, sondern von Völkervermischung
und kultureller Vielfalt.“[9]
Sehr gut ist seine klare Darstellung zu Jacques de Mahieu, den er –
richtig – als ehemaligen SS-Mann mit entsprechendem Nachkriegs-Umfeld
identifiziert.[10]
Am interessantesten war für mich das
Schlusskapitel „Runen bis heute“. So geht er auf „Irrungen und
Fälschungen“ ein, wobei er natürlich als nächsten Unterpunkt die
Esoterik abarbeitet. Aber auch hier spricht er weise, nicht abwertend:
„(…) aber die Qualität einer spirituellen Praxis ermisst sich nicht an
ihrem Alter.“[11]
Er verweist auch auf das Gummibärchenorakel und andere Praktiken, ohne
dabei Gift und Galle zu spucken.[12]
Unvermittelt stößt man dann im Text auf Sätze wie diese, die vielleicht
dazu geeignet sind, verbohrte Hirne alleine durch Sprachmacht zu
erreichen: „Die urgermanischen Nebel, mit denen völkische Denker und
moderne Esoteriker die germanischen Buchstaben zuwabern, sind
Täuschungsmanöver. Sie verhüllen nichts Heiliges, sie vernebeln den
Sinn.“[13]
Um Phantastik-Fans wie mich zu begeistern
schafft er am Ende noch die Kurze über Jules Vernes „Reise zum
Mittelpunkt der Erde“, J. R. R. Tolkien, „Frozen“ und Bluetooth.[14]
Insgesamt ein lohnendes Leseerlebnis und eine
klare Kaufempfehlung. Hermann Ritter, Juni 2021
[1] Magin, S. 7
[2] ebenda
[3] ebenda
[4] Magin, S. 13
[5]
Vgl. Magin, S. 15
[6]
Vgl. Magin, S. 39 und S. 44
[7] Magin, S. 90;
für die bessere Lesbarkeit wurden die eckigen Klammer der
Ergänzung im Zitat weggelsasen.
[8]
Magin, S. 73
[9]
Magin, S. 129
[10]
Vgl. Magin, S. 167
[11]
Magin, S. 175
[12]
Vgl. Magin, S. 179
[13]
Magin, S. 179
[14]
Vgl. Magin, S. 184 ff.
|
Weitere
Teambeiträge:
|