Homo Magi Archiv Wöchentliche Ansichten eines Magiers über den Jahreslauf und die Welt Teil 10
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Hallo
Salamander, es lässt sich
nicht leugnen, als Raucher gehöre ich zu einer aussterbenden Minderheit.
Ich will jetzt nicht versuchen, meine Sucht zu legitimieren. Tabak ist
ungesund, Rauch stinkt und es ist eine Zumutung, wenn man in einen Raum
reinkommt, der riecht, als würde man einen Aschenbecher auslecken. Weiterhin
richtig ist, dass Passiv-Rauchen schädlich ist, dass Jugendliche viel zu
früh mit dem Rauchen anfangen und dass Zigaretten viel zu leicht
zugänglich sind. Punkt. Richtig ist aber
auch, dass mich keine Sau fragt, ob ich es toll finde, dass überall
gesoffen wird, Jugendliche (und Kinder) immer noch an Tankstellen
Alkohol kriegen, die Besoffenen vom Kiosk hundert Meter die Straße
runter ihre Flaschen auf unserer Hausmauer abstellen, hupende Fans nach
Fußballspielen grölend durch die Straßen fahren, man auf Volksfesten
aufpassen muss, dass man nicht von Besoffenen angerempelt wird oder in
ihr Erbrochenes reinläuft. Auch nicht schön. Punkt. Was ich
verlange, dass ist doch nur meine Behandlung als mündiger Bürger. Ich
will die Möglichkeit haben, mich zum Konsum an Orte zu begeben, wo man
rauchen darf. Wo vorher allen Beteiligten klar ist, dass man hier
rauchen darf. So, wie es Vegetarier-Restaurants und Gaststätten ohne
Alkohol gibt, so will ich eine Chance haben, meinen Gelüsten (ja, ich
bin abhängig) nachzugehen. Warum nicht rauchen ... Kürzlich war ich
auf einer großen Messe. Da gab es im Gebäude eine Raucher-Lounge. Ich
gebe es gerne zu: Die besten Gespräche habe ich dort geführt. Mit
Leuten, die Zeit hatten, ein wenig Muße mitbrachten und die durch die
Abkapselung der Nicht-Raucher sowieso miteinander so umgingen, als wäre
man automatisch in derselben „In-Group“. War ein eigenartiges Erlebnis,
aber nicht wirklich schlecht. Eine obskure Raucher-Vernetzung, die zu
Netzwerken führt, die so sicher nicht gewollt sind. Dein Homo Magi Spirituelles Coaching
Hallo
Salamander, auf einer
Fachmesse im Süden Deutschlands bekam ich ein wundervolles Flugblatt in
die Hand gedrückt, das ich dir nicht vorenthalten will. Darauf stand: Spirituelles
Coaching Spirituelles
Coaching richtet sich an Menschen in Leitungspositionen. Auf der Basis
christlicher Werte hilft es die eigene spirituelle Kompetenz zu
entdecken und neue Kräfte für den Alltag zu entfalten. Dies kann gerade
in Führungs- und Entscheidungsprozessen hilfreich sein. Im Coaching
können eigene Themen aus den Bereichen Lebens- und Menschenführung
angesprochen werden. Mein erster
Gedanke war ein Gedanke der Belustigung. Also fingen jetzt auch endlich
christliche Kreise an, sich mit „spiritueller Kompetenz“ zu
beschäftigen. Das zweite was mir auffiel, waren die Leichtigkeit und
Selbstverständlichkeit, mit der diese Flugblätter verteilt und
akzeptiert wurden. Natürlich, kein Problem, ich habe ein Problem mit
meiner Lebensführung und gehe deswegen in ein „spirituelles Coaching“.
Das ist eine Leichtigkeit des Einlassens, eine Selbstverständlichkeit
des Vertrauens auf geistige und geistliche Hilfe, die mir im Heidentum
weiterhin völlig fehlt. Unsere heidnischen „spirituellen Führer“ sind
offensichtlich nicht in der Lage, uns bei Krisen weiterzuhelfen – sonst
würden wir sie ja fragen. Ganz im Gegenteil sitzen unsere
selbsterklärten heidnischen Priester breitärschig auf ihren Titeln und
warten darauf, dass sich die heidnische Welt ihnen huldvoll zu Füßen
wirft. Spirituelles
Coaching. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Hier bietet
die christliche Religion Antworten auf Fragen des echten Lebens, während
wir Heiden uns noch damit beschäftigen, endlos lange die Frage zu
diskutieren, ob die lettische Göttin Lipnudivda durch eine Sprach- und
Bedeutungsverschiebung mit der sorbischen Schutzherrin Luvnundieter
identisch sein könnte oder ob das Segnen von Lindenbäumen mit
Vollmilchschokolade im Baskenland auch auf das Heilen von Eichen mit
Pralinen übertragen werden kann. Spirituelles
Coaching. Eigentlich eine hervorragende Idee. Ob ich es noch erleben
werden, dass Heiden so etwas hinkriegen, sei aber dahingestellt. Dein Homo Magi Euro-Trash Hallo
Salamander, in den letzten
Jahren habe ich – beruflich und privat – einige der Großstädte Europas
besichtigen dürfen. Meistens kommt es immer zu einer Stadtführung,
gleichzeitig verbunden mit einer Reise quer durch die Einkaufszentren
der Metropole. Ich habe schöne
Städte gesehen in den letzten Jahren. Burgen in der Stadt, alte
Handelshäuser, schöne Cafés, wunderschöne Bibliotheken, großartige
Parks. Aber wenn man die Einkaufsmeile betrat, dann machte sich immer
eine Tristesse breit, die ich vor 20 Jahren noch nicht wahrgenommen
habe. Wenn man die
Einkaufsstraße hinunter schaut, dann hat man das Gefühl, irgendwo zu
sein, nur nicht da, wo man gerade ist. Die Einkaufsmärkte haben
europäischen Charakter angenommen. Alle Läden sehen gleich aus, weil die
gleichen Firmen, die gleichen Konzerne in immer identisch aussehenden
Straßenzügen mit den gleichen Waren zu fast identischen Preisen
verkaufen. Wo sind sie hin,
die Läden mit Lokalkolorit? Die kleinen Antiquariate in der
Landessprache, die auch deutsche und englische Bücher führen? Die Läden
mit den Köstlichkeiten des Landes, kleinen Kaffee-Röstereien oder
Süßigkeiten-Geschäften? Nur noch selten findet man einheimische Kunst
zwischen Plastikfiguren aus Fernost und lustigen T-Shirts und dem immer
gleich langweiligen Spruch „I have been to *** and all I got was this
lousy T-shirt“. Gibt es sich noch, die europäische Metropole, die ihren
eigenen Charme trotz der Globalisierung behalten hat? Ich befürchte:
Nein. Die Grenzen der
Welt sind enger geworden und damit leider auch die Denkmuster in den
Hirnen. Man möchte überall in Budapest, Prag, Stockholm, Wien, Berlin
aussehen wie jener weiße Europäer, der einem im europaweit
ausgestrahlten Fernsehen mit identischen Casting-, Spiel- und
Musik-Shows (aber ordentlich in der Landessprache gehalten) vorgeführt
wird. Wir haben etwas
verloren durch die Öffnung der Grenzen. Eine Identität, die
wiederzugewinnen sehr schwierig sein dürfte. Dein Homo Magi König der
Panflöte Hallo
Salamander, erinnerst du
dich noch an Gheorghe Zamfir, den König der Panflöte?[1]
Seine bekannteste Platte, die heute brav als CD in meinem Regal steht,
trug den Titel „Flute de Pan et Orgue“, also Panflöte und Orgel. Schöne
Stücke waren das damals, die ich auch heute noch immer wieder mal gerne
höre. Warum schreibe
ich dir etwas über Zamfir? Weil ich mich immer gefragt habe, wie man
„König der Panflöte“ wird? Gibt es einen „Prinzen der Panflöte“? Mein
ehemaliger Chef sagte immer, dass es ganz einfach wäre, „König der
Panflöte“ zu werden, weil die Konkurrenz so klein wäre. Wer möchte auch
so ein Instrument lernen, das offensichtlich weder stark beliebt noch
musikalisch wirklich anspruchsvoll ist. Ich habe es noch nie versucht,
Meister der Panflöte zu werden. Mein Titel wäre eher „Erzherzog der
Okarina“ oder „Fürst der Orffschen Instrumente“, wenn ich eine Wahl
hätte. Aber damit kann man wohl nicht so reich und berühmt werden wir
Herr Zamfir. Außerdem bin ich einfach nicht gut genug; bei meinem ersten
Auftritt würden wahrscheinlich im Publikum zwanzig Personen aufstehen,
die besser spielen können als ich. Aber die
Talent-Shows im Fernsehen beweisen, dass man auch als „König der
Mundharmonika“ mit einem Mikro-Musik-Meistertitel einen Wettbewerb
gewinnen kann, obwohl das auch ein Instrument ist, dessen meisterhafte
Beherrschung mich – wie viele andere – nicht reizt. In der Magie ist
das ähnlich. Man suche sich einen magischen Bereich aus, der noch von
niemandem beackert wurde. Entweder, weil er total unverständlich ist
oder aber, weil er total banal ist. Dann lege man sich auf ein enges
Fachgebiet fest und fange an, zu diesem Thema Buch nach Buch zu
veröffentlichen. Dazu kommen dann Lesereisen, Seminare, Fortbildungen,
DVDs und Auftritte im Internet. Ich könnte doch
immer noch „König der strukturellen Magie“ werden oder „Meister der
Verschwörungstheorie“ oder „Herr der atlantischen Archive“. Letzter
Titel würde mir wegen der schönen Alliteration im Titel besonders gut
gefallen. Aber ich vermute einfach mal, dass ich damit nicht reich
werden würde. Was mache ich falsch? Es ist wohl der
fehlende Wille zur schonungslosen Selbstvermarktung. Aber natürlich ist
es auch mein rastloser Geist, der von der Vorstellung, die nächsten
Jahrzehnte nur ein enges Thema zu beackern, abgeschreckt wird. Was ich
weiterhin sehr gut finde, obwohl damit Lesereisen und DVDs ausfallen.
Nun gut, ich werde mit diesem Makel leben müssen. Obwohl, „Herr
der atlantischen Archive“ klingt schon interessant … wo hatte ich meine
Adressenliste mit esoterischen Verlagen gleich hingelegt? Alles Gute, Dein
Homo Magi Hotels und
Messen Hallo
Salamander, nach 15 Jahren
war ich mal wieder auf einer Messe in Nürnberg. Das letzte Mal war ich
dort auf der Spielemesse, nun ging es um Pädagogik. Das Gelände
selbst hatte sich wenig verändert; es sieht immer noch aus wie ein
landendes Raumschiff mit tollen Gängen, einer in-door-smoking-lounge
(oder so ähnlich, Anglizismen überrollen mich schneller, als ich
Protokoll führen kann). Was mir bei dem
Bezug des Hotels auffiel, war etwas, dass mir auch in diesem Jahr bei
vielen anderen Messehotels aufgefallen ist: es gaben einen Puff neben
dem Hotel. Nun gut, vielleicht ist Puff nicht der adäquate Begriff und
es wirklich nur ein Thai-Massage-Etablissement, in dem man überhaupt
keine körperlichen Gaben erwerben kann, die über die Massage
hinausgehen. Was dagegen
spricht sind erstens Form und Aufmachung des Gebäudes (verhängte
Fenster, rotes Licht, erotische Bemalungen), zweitens die Klientel, die
sich davor herumtreibt (Männer mit Hängebauch, Silberkettchen mit
Haifischzahn um den Hals und einem Lächeln, das jedem klar macht, dass
die bald Sex haben werden). Ich würde es einmal als kongruente
Beweisführung akzeptieren wollen, dass es sich bei dem Etablissement um
eben wie vermutetes legales Freudenhaus handelt. Nun überlegte
ich in Ruhe (auf Messen hat man immer mal wieder zwischendurch und
besonders am Abend Leerlauf), wie eine mentale Karte eines Messehotels
aussehen müsste. Vier Landmarken sind mir aufgefallen, die ich bis jetzt
jedes Mal in fußläufiger Entfernung (ja, ich laufe gerne in der Gegend
herum und nehme nicht sofort ein Taxi) zu einem Messehotel gefunden
habe. Erstens
Etablissements wie das oben beschriebene. Zweitens eine
Currywurst-Bude oder kulturell vergleichbare Essstände in Gehentfernung.
Immerhin geht man nicht wegen des Programms auf Messen, sondern wegen
der Abendveranstaltungen. Da kommt man dann angetrunken und hungrig heim
(niemand wird von Schnittchen satt), da macht es sich gut, wenn die
Currywurst-Bude noch bis 2.00 Uhr morgens aufhat. Drittens ein
Kiosk, wo man Underberg, Stadtkarten und Schokoladenriegel erwerben
kann. Der Kiosk ist gefühlte 200 % billiger als dieselben Waren
innerhalb des Messegeländes, von daher kann man sich hier mit einer
Notfallpackung für den Tag ausrüsten. Viertens ein
Taxistand. Das macht ökonomisch Sinn, weil diejenigen, welche nicht so
gerne laufen wie ich (siehe oben) gleich ein Taxi zur Messe nehmen und
das mit ihrem Arbeitgeber abrechnen. Wenn man sich
jetzt überlegt, was das über das Publikum auf solchen Veranstaltungen
aussagt, dann … nicht gut. Ich liebe
mentale Karten. Sie erlauben mir, meine Umwelt zu erlaufen und in
Erfahrung zu bringen, was um mich herum „los“ ist. Irgendwo in meinem
Hinterkopf habe ich sicher noch die gute, alte mentale Karte von Lemuria.
Sollte sich der Kontinent also aus den Fluten erheben, dann weiß ich
noch, wo es die beste Bratwurst gibt. Aber noch ruht Lemuria unter den
Fluten und ich kann nur alternativ nachts in Nürnberg Currywurst essen.
Was nicht einmal ein knapper zweiter Platz ist. Dein Homo Magi Lucia Hallo
Salamander, zum Lucia-Fest
war ich dieses Jahr in Stockholm in einer Kirche. Erst einmal etwas zur
Allgemeinbildung zitiert: Das
Luciafest ist ein
vorweihnachtlicher Brauch, der vor allem in Schweden verbreitet ist. Das
Fest fällt immer auf den 13. Dezember, der in den christlichen Kirchen
der Gedenktag der Heiligen Lucia ist und vor der Gregorianischen
Kalenderreform der kürzeste Tag des Jahres war. Auch in Schweden handelt
es sich nicht um einen gesetzlichen Feiertag. (…)
Da der 13. Dezember in Schweden
bis 1752 auf die Wintersonnenwende fiel, steht das Luciafest letztlich
in der Tradition älterer Sonnenwendfeierlichkeiten. Auf welchen Wegen
aus diesen Feierlichkeiten das heutige Luciafest entstand, ist jedoch
schwer zu rekonstruieren. Eine besondere
schwedische Ausprägung des Festes lässt sich frühestens für das
Mittelalter nachweisen. Aus dieser Zeit gibt es Berichte über
Feierlichkeiten, mit denen die Landbevölkerung das Ende der
vorweihnachtlichen landwirtschaftlichen Arbeiten und den Beginn des
Weihnachtsfastens beging. Ab etwa 1760 berichten Zeitzeugen erstmals vom
Tragen weißer Gewänder auf Gutshöfen in Westschweden. Dort entstand
demnach, begrenzt auf einen kleinen Teil des Landes und der Bevölkerung,
das heute auffälligste Element des Luciafestes. Zu einem
landesweiten Brauch entwickelte sich das Luciafest erst in den letzten
hundert Jahren. Ende des 19. Jahrhunderts griff das Stockholmer
Freilichtmuseum Skansen die westschwedischen Luciatraditionen auf, um
sie für kommende Generationen zu bewahren. Gleichzeitig begann der
Brauch, sich über seine ursprünglichen Grenzen hinaus in der Bevölkerung
zu verbreiten. Dieser Prozess verstärkte sich, als eine Stockholmer
Zeitung im Jahr 1927 zum ersten Mal eine Lucia wählte. In der Folge fand
das Luciafest einen festen Platz im schwedischen Brauchtum. (…) Obwohl das
Luciafest dem Namen nach ein Heiligengedenktag ist, ist es heute wenig
kirchlich geprägt. Die wichtigsten Elemente sind das Tragen von weißen
Gewändern und Kerzen, der Verzehr von traditionellem Safrangebäck
(lusekatter), das Singen von Lucialiedern, und die Wahl einer
örtlichen Lucia. Die
Feierlichkeiten beginnen meist am Morgen in der Familie und setzen sich
in Kindergärten, Schulen und am Arbeitsplatz fort. Ein Mädchen, in der
Familie traditionell die älteste Tochter, spielt die Lucia. Sie trägt
ein weißes Gewand, ein rotes Band um die Taille und einen Kranz mit
Kerzen auf dem Kopf. Ihr folgen oft weitere Mädchen (tärnor), die
Kerzen in den Händen halten, sowie manchmal auch Sternenknaben (stjärngossar),
Pfefferkuchenmännchen (pepparkaksgubbar) und Wichte (tomtar)
in einer regelrechten Prozession. (…) Inwieweit
das Luciafest in seiner in Schweden populären Ausprägung tatsächlich mit
der Heiligen Lucia in Zusammenhang steht, ist nicht eindeutig zu
beantworten. Einerseits
verdankt das Fest seinen heutigen Status der Tatsache, dass der 13.
Dezember in Schweden bis 1752 der kürzeste Tag des Jahres war. In diesem
Zusammenhang fällt auf, dass Kerzenlicht auch in anderen winterlichen
und weihnachtlichen Bräuchen eine wichtige Rolle spielt (Weihnachtsbaum,
Adventskranz). Landesweite Verbreitung erfuhr das Fest darüber hinaus
nicht als kirchlicher Feiertag, sondern als häuslicher Brauch. Andererseits
passt das Element des auf dem Kopf getragenen Kerzenkranzes zu
Beschreibungen der Heiligen Lucia. Von dieser wird bisweilen berichtet,
dass sie um der freien Hände willen einen Kerzenkranz auf dem Kopf trug,
wenn sie andere Frühchristen heimlich mit Lebensmitteln versorgte. Geht
man einen Schritt weiter, lässt sich das weiße Gewand mit um die Taille
geschlungenem roten Band als Verweis auf Lucias Christentum, ihre
Zugehörigkeit zum Stand der geweihten Jungfrauen und ihren Tod als
Märtyrin deuten. Lucia hatte die Ehelosigkeit um Christi willen gelobt
und starb der Überlieferung zufolge an einem Dolchstoß in den Hals. In
dieser Interpretation steht das weiße Gewand für ihre Keuschheit und das
rote Band für das Martyrium.[2] Naja, so kurz
ist das Zitat dann nicht ausgefallen. Wie auch immer … Fakt ist, dass
die Feier wenig christlich war, dafür sehr heidnisch. Die Räumlichkeiten
waren schon die Räumlichkeiten einer schwedischen Kirche aus dem 18.
Jahrhundert, aber es gab keine Liturgie, nur eine kurze Begrüßungsrede
der Pfarrerin mit dem Hinweis, dass man bitte nicht blitzen möge. Dann verlöschte
das Licht, nur ein Notlicht erleuchtete den Innenraum der Kirche. Die
Tür ging auf und herein traten die ganz in weiß gekleideten Kinder der
Gemeinde. Die Jungen trugen weiße Überwürfe und spitze, weiße Hüte, die
mit Sternen und Sonne- sowie Mondsymbolen beklebt waren. Sie trugen alle
Kerzen in den Händen. Die Mädchen trugen ihre Haare offen, dazu weiße
Kleider. Nur die Lucia trug eine Art Adventskranz auf dem Kopf, in dem
vier brennende Kerzen steckten. Auch die Mädchen hatten Kerzen in den
Händen. Schön war, dass
zwischen den schwedischen Blondinen auch mindestens zwei Mädchen liefen,
die deutlich dunklere Hautfarbe hatten. Offensichtlich ist in Schweden –
allen Unkenrufen zum Trotz – die Integration doch weiter fortgeschritten
als bei uns. Dann stellten
sie sich vorne im Halbkreis auf und sangen. Es war alles auf Schwedisch,
aber es handelte sich nicht um übertragene Weihnachtslieder, sondern um
offensichtlich schwedische Stücke (ich hätte auch ungern „Stille Nacht“
oder „Jingle Bells“ auf Schwedisch gehört, weil das die Stimmung sicher
zerstört hätte!). Es war schön.
Und viel zu schnell vorbei. Ich habe schon lange nicht mehr eine Kirche
mit einem solchen angenehmen Gefühl im Bauch verlassen. Wenn doch die
heidnischen Feste nur so locker, so stimmungsvoll, so entkrampft sein
könnten. Draußen wurde
mir dann schon klar, dass die restlichen 51 Wochen auch hier langweilige
Gottesdienste stattfinden würden Aber diese eine Abend war … besonders. Dein Homo Magi
Suchmaschinen.
Hallo Salamander,
vor einigen Tagen gab es einen lustigen Versprecher bei einer Diskussion
über Suchmaschinen. Eine der Mitredner sprach auf einmal von
„Suchschamanen“. Schon priesen wir das als neue Idee für das neue
Jahrzehnt und hatte auch schon die Idee, das Ganze „Gugel“ zu nennen.
Unrealistisch; ich vermute, man wird dann bis in die Steinzeit verklagt,
weil die Ähnlichkeit zu einem bestimmten Suchmaschinenanbieter nicht von
der Hand zu weisen ist.
Aber „Suchschamanen“? Wow, was für eine Idee. Man macht nicht seinen
Internetzugang an, sondern man ruft einfach in das Schwitzzelt hinein:
„Hey, gugelt mir mal die Begriffe »Karthago«, »Katharer« und
»Kaliningrad« – aber ein bisschen schnell, wenn ich bitten darf, ich
habe nicht alle Zeit der Welt.“ Dann macht man sich einen Kaffee,
während im Zelt die Schamanen schwitzen und schwitzen und schwitzen.
Nach einiger Zeit – das ist schwer einzuschätzen bei Schamanen – erhält
man endlich einen Katalog mit Antworten zu den gestellten Fragen. Dann
kann man die Suchschamanen erneut anwerfen und die nächste Frage
stellen. Oder erst einmal die Auswertung durcharbeiten und gezielte
Nachfragen stellen.
Das Ganze kostet keinen Strom (abgesehen von der Heizung der
Schwitzhütte, aber das kann man mit Holz hinkriegen; nachwachsender
Rohstoff, sehr ökologisch), man braucht keine Internetverbindung (die
Schamanen sollten sich an Orten aufhalten, wo man traditionell kein
Netzwerk kriegt; mitten im Wald am Ende der Welt und so). Vielleicht
auch nur als Alternative zum Netz? Auch da habe ich einen Slogan parat:
„Wenn ihr LAN endet, beginnt unser Land.“
Ich weiß nicht. Es ist irgendwie charmant; nicht als ernsthafte
Vorstellung, sondern als Idee, als Konstrukt, um zu klären, welche Räume
noch nicht online verfügbar sind. Es gibt eine magische Realität
jenseits der im Internet suggerierten objektiven Realität. Diese ist
genauso „real“ wie die Realität der Schamanen. Aber in dem Maße, in dem
das Internet Raum greift, nimmt es doch anderen Realitäten Platz und
Raum.
Dieser fehlt mir.
Dein Homo Magi Schweigender Schnee
Hallo
Salamander, der Schnee liegt
überall; auf den Straßen, den Dächern, den Gärten und Parks. Er liegt
einfach und tatenlos herum; trotzdem verhindert er sowohl das zügige
Autofahren als auch das hinausgehen, ohne sich nasse Füße zu holen. Der Schneefall
der letzten Tage hat eine Menge unangenehme Seiten. Alle sind mir
verständlich, alle sind für mich nachvollziehbar. Es ist keine
Schneekatastrophe – dafür funktionieren noch viel zu viele öffentliche
Dienste; von einer Katastrophe sind wir weit entfernt –, aber es ist für
viele Menschen das erste Mal in den letzten Jahrzehnten, dass sie
erkennen, wie brüchig die Tünche unserer Zivilisation auf unseren Leben
ist. Aber das will
ich dir überhaupt nicht mitteilen. Vor einigen
Tagen saß ich auf dem Balkon, es war schon später Nachmittag oder früher
Abend. Es war kein Feiertag, ein normaler Arbeitstag. Ich war vor
wenigen Minuten heim gekommen und hatte mir auf dem Balkon eine Pfeife
angesteckt. Wie ich so saß,
eingehüllt in eine Decke und mit einem warmen Kissen unter dem Hintern,
da merkte ich auf einmal, wie still die Erde sein kann, wenn Schnee
liegt. „Like a kind of hush“, heißt es in einem Schlager, wenn ich mich
recht entsinne.[3] Die Welt war
still. Unter einer weißen Decke liegend, eingeschneit, blendend hell
aber ... still. Die wenigen Autos, die unterwegs waren, fuhren angenehm
langsam. Es gab keine tobenden Kinder, keine schreienden Paare, der
Nachbar mit seinen Gitarrenproben am späten Abend war nicht zu hören,
weil seine Fenster geschlossen waren, es gab keine lärmende
Stereoanlage, selbst die Hip-Hop-Helden in ihren Autos hatten die
Fenster hochgedreht und die Türen zu. Es war paradiesisch. Man kann mit so
einfachen Dingen Wunder erleben. Dein Homo Magi Zwei Dinge
Hallo
Salamander, ich habe dich
nicht vergessen. Du darfst alles glauben, aber nicht, dass ich dich je
vergessen könnte. Du bist viel zu sehr Teil von mir, als dass ich ohne
dich auskommen könnte. Also denke nicht einmal eine Sekunde darüber
nach, dass ich dich vergessen haben könnte. Kein – Wort – wahr. Die letzten
Wochen waren bei mir aber von zwei Dingen überschattet, die mein Leben
doch mit Aufgaben gefüllt haben, die ich nicht unbedingt wahrnehmen
wollte. Aber das Schicksal fragt nicht, ob du gerade Zeit hast, wenn es
klopft. Die eine Hälfte
meiner Probleme (wenn man es so sagen darf, denn es waren nicht „meine
Probleme“ und sind doch „meine Probleme“, aber auf eine freiwillige Art)
waren und sind eine ausgesprochene Häufung von Todesfällen und tödlichen
Krankheiten im Freundes- und Bekanntenkreis. Ich habe bei der Zahl
„acht“ aufgehört, wirklich mitzuzählen. Es sind viele. Zu viele. Natürlich ist es
für manche Menschen die richtige Zeit dafür, abzutreten. Die Welt ist
dunkel, das Licht ist noch ferne. Man versucht vielleicht, bis
Weihnachten am Leben zu bleiben, um sich von allem verabschieden zu
können. Das Licht im Winter, dann der Tod. Ein schöner Abgang. Natürlich ist es
jetzt unsere (meine) Elterngeneration, die da abtritt. Auf einmal kommen
die Schläge näher. Unsere (meine) Großeltern sind tot, jetzt sind unsere
(meine) Eltern die nächsten. Wir werden immer und immer wieder an die
eigene Sterblichkeit erinnert. Einige können gut damit umgehen, andere
können weniger gut damit umgehen. Ich habe die
Raunächte mit vielen Gesprächen im Schnee verbracht; spazieren gehend
und dabei redend. Es ging immer um dieselben Themen, es ging immer um
Vergänglichkeit, Einsamkeit und den Tod. Es ist eine
Aufgabe des Magiers, sich auch diesen Aufgaben zu stellen. Das tue ich. Die zweite
Hälfte meiner Probleme verblasst völlig hinter der ersten Hälfte meiner
Probleme. Ich bin mal wieder am Schreiben. Es wird kein richtiges Buch,
sondern es ist „nur“ eine Sammlung von Beiträgen zu Büchern. Ein paar
verirrte Zeilen Lyrik hier, ein paar verirrte Songtexte da. Dazwischen
immer mal wieder der Versuch, eine längere Geschichte zu schreiben ...
aber wenn ich einen Verlag finden würde, wüsste ich im Moment nicht,
woher ich Zeit und Ruhe nehmen soll, um das Meisterwerk für ihn zu
schreiben. Aber das, was ich an freier Zeit zum Denken habe, wird davon
gefüllt, dass ich an dem einen Buch weiter arbeite. Lass dich
überraschen, kleiner Lurch. Und verzeihe mir, wenn ich nicht immer
zeitnah schreibe. Dein Homo Magi Kreuzworträtsel im Überraum
Hallo
Salamander, vor einigen
Tagen saß ich im Zug. Ich lese da sehr gerne, aber dieses Mal fiel mein
Blick auch auf die andere Seite des Waggons, damit ich dort aus dem
Fenster sehen konnte. Was sah ich? Eine Frau, die im Zug Kreuzworträtsel
löste. Das alleine ist schon nicht sehr überraschend und passiert
öfters. Aber meine erste Irritation musste ich durch einige weitere
Blicke verifizieren. Die gute Frau
hatte auf den Knien irgendein Hightech-Gerät, mit dem sie immer wieder
online ging. Blicke auf das Kreuzworträtselheft, dann auf das Gerät,
dann auf das Heft und das hektische Hin und Her des Tippens von
Begriffen in das Gerät und das freudige Eintragen von Lösungen in das
Kreuzworträtsel ließen mich eindeutig schließen, dass sie damit
beschäftigt war, die Lösungen des Kreuzworträtsels online zu googeln. „Gebirge mit
fünf Buchstaben – _ l p e _?“ „Deutscher Fluss
mit fünf Buchstaben – R_ei_?“ „Deutscher
Dichter mit fünf Buchstaben – Hei_e?“ Ich hatte eine
Menge lustige Theorien, was da an offenen Fragen von ihr online gestellt
und gegoogelt wird. Als ich mich
wieder eingekriegt habe, wurde mir voller Schrecken klar, dass die
meisten Versprechen des Internets gescheitert sind. Es ist keine
Möglichkeit, das Wissen der Menschheit zu sammeln und durch Vernetzung
zu steigern. Es ist keine Möglichkeit, dem einzelnen, vereinzelten
Menschen Fortbildung und Wissen zu vermitteln. Es ist keine Möglichkeit,
um Menschen miteinander zu vernetzen und damit auf lange Sicht Frieden
und Wohlstand zu bringen. Das Internet ist
ein „Mass mind“ auf niedrigem Niveau; eine Summe von Intelligenz, die
wie bei Massen üblich auf dem niedrigsten (oder einem niedrigen) Niveau
einpendelt. Wir haben uns unsere verbundene Superintelligenz selbst
geschaffen, und sie löst unsere Kreuzworträtsel. Dein Homo Magi Lebenszeit in Prozent
Hallo
Salamander, ich habe mir
überlegt, wieso es ein Kompliment ist, wenn man gesagt bekommt, dass man
viel jünger aussieht, als man ist? In einer
bestimmten Phase – es ist die Pubertät – wird man ungern für jünger
geschätzt. Man möchte erwachsen sein, Alkohol kaufen können und so
weiter. In einer viel späteren Lebensphase (vor der Pensionierung ...)
möchte man jünger geschätzt werden. Man möchte nicht zum „alten Eisen“
gehören, man möchte nicht das Gefühl vermittelt bekommen, dass das Leben
schon „vorbei“ ist. Dazwischen –
nun, Frauen sind durch Erziehung (und nicht Genetik) eitler als Männer
und freuen sich mehr über Komplimente, die mit einer Verjüngung zu tun
haben. Männer mit grauen Schläfen gelten als interessant, bei Frauen
erwartet man weiterhin, dass sie sich die Haare färben, um ihre
Jugendlichkeit zu betonen. Unsere Kultur
ist ein Opfer des Jugendlichkeitswahns. Wir wollen jünger aussehen,
sportlich und aktiv bleiben, fit aussehen und unsere Körper stählen. Ob
das geistig mit einer identischen Entwicklung flankiert wird, bleibt im
Einzelfall abzuwarten. Ich habe einen
Gegenvorschlag, der etwas mit Magie, etwas mit Einfühlungsvermögen und
etwas mit Mathematik zu tun hat. Anstatt einer Frau, die wahrscheinlich
30 ist, aber aussieht wie 25, dies direkt zu sagen, könnte man doch
Komplimente machen, die etwas mit ihrer Lebenserwartung zu tun haben.
Vielleicht wird die 30jährige 90 – dann sieht sie so aus, als hätte sie
erst 33 % ihres Lebens hinter sich. Einer fitten 60jährigen könnte man
sagen, dass sie noch 33 % ihres Lebens vor sich hat. Das wäre
irgendwie objektiver. Aber auf Feten kann man damit kein Flirtgespräch
mit einer Frau anfangen. Und alleine an diesem mangelnden Praxistest
wird meine schöne Idee scheitern. Eigentlich schade. Dein Homo Magi Alkohol Hallo
Salamander, ich kenne einige
Menschen, die zu viel trinken. Ich kenne auch Menschen, die überhaupt
nicht mehr trinken. Einverstanden, ich sage „trinken“, aber das tut
jeder Mensch, um nicht zu verdursten. Ich benutze dieses Wort für den
Konsum von Alkohol. Es geht darum, dass man ihn in Mengen zu sich nimmt,
die man nicht verarbeiten kann. Dass man trinkt, bis man jede Kontrolle
über sich und seine Äußerungen verliert. Bis man sich übergibt, Frauen
von der Seite angräbt, sich komplett daneben benimmt und dafür sorgt,
dass sich jeder im Raum für einen schämt. Und bei diesen
Überlegungen ist mir eine Sache aufgefallen: Das erste, was stirbt, ist
die Scham. Lass dir diesen
Satz ruhig drei oder vier Mal durch den Kopf gehen. „Das erste, was
stirbt, ist die Scham.“ Es sind nämlich
nicht die Freundschaften, die als erste vergehen, die sozialen Kontakte,
die „austrocknen“ oder die Arbeit, die immer schwieriger wird, bis man
dann immer längere Krankheitszeiten aufhäuft und irgendwann die Arbeit
verliert. Es ist die
Scham, die stirbt. Die Scham, eigentlich nicht nach Alkohol riechen zu
wollen. Die Scham, weil man doch eigentlich immer ordentlich angezogen
sein will. Die Scham, weil man funktionieren möchte – in der Beziehung,
in der Familie, am Arbeitsplatz. Die Scham vor der Scham vor der Scham. Alkohol ist
Problem und versuchte Problemlösung, akzeptiertes Lösungsmodell für
einige Probleme (Liebeskummer), akzeptiertes Mittel zum Übergang in den
nächsten Alterszustand (Alkohol ist das Begleitmittel zum Übergang in
den Stand des Erwachsenen, zumindest bei Jungs), cooles Statussymbol
(„Ich kann schon Alkohol kaufen.“), billiger, halblegaler Stoff und
Geißel einer Kultur, die mit und ohne Alkohol nicht leben kann und sich
in einem labilen Gleichgewichtszustand mit ihm befindet. Ich trinke auch
gerne Alkohol. Ein Whiskey hier, ein Wein da, ein Bier hier. Aber es ist
Jahre (eher Jahrzehnte) her, dass ich so viel getrunken habe, dass ich
einen Filmriss hatte. Aber die Beherrschung dieser Grenze kostet Kraft.
Darum höre ich lieber zu früh mit dem Alkohol auf als zu spät. Meine
Scham schützt mich davor, mich daneben zu benehmen, so dass ich mich
nachher schämen müsste. Dein Homo Magi Information,
Teil I Hallo
Salamander, schon lange ist
mir klar, dass Informationen vom Übermittler nicht unabhängig sind. Man
könnte jetzt eine Menge physikalischer Begriffe murmeln oder versuchen,
die Geister von großen Physikern anzurufen, die sich damit auskannten
(Heisenberg, Schrödinger). Fakt ist: Ich
kenne mich mit Physik nicht weiter aus, als mein Prüfungsfach Physik in
der Oberstufe mich getragen hat. Das langte zwar für sehr gute
Leistungen im mündlichen Abitur, aber das ist 25 Jahre her und ich hatte
damals meinen Gehirn mit allen Informationen gefüllt, die es zum Thema
Relativitätstheorie zu erhalten gab. Heute habe ich mein Gehirn schon
mit so viel Blödsinn gefüllt, dass für so etwas wohl kein Raum mehr
bliebe. Heute
beschäftige ich mich weniger mit Physik, denn mit Magie. Da sind die
wissenschaftlichen Grundlagen bei weitem nicht so sauber, aber dafür
blamiert man sich glücklicherweise bei Partygesprächen nicht so sehr,
wenn ein Physiker im Raum ist. Magier neigen dazu, sich nicht
gegenseitig die Augen auszukratzen, wenn man mal etwas Falsches gesagt
hat. Das liegt einfach daran, dass Magier immer darum bemüht sind, einen
gewissen Schleier des Vernebelns über alle Tatbestände zu legen. Man
kennt sich untereinander und neigt dann höflicherweise dazu, sich nicht
gegenseitig die Augen auszukratzen, wenn man beim anderen einen Fehler
bemerkt hat – in der Hoffnung, selbst nicht die Augen ausgekratzt zu
bekommen, wenn man einen Fehler macht. Zurück zur
Information. Jede Information ist in sich zwar objektiv und richtig,
aber nur, wenn weder Sender noch Empfänger, sprich hier Redner und
Zuhörer eine Rolle spielen. Jeder von beiden verändert die sachliche
Information in etwas persönlich gefärbtes, das danach seine Spuren mit
sich trägt. Umso mehr Menschen einen Informationsbrocken weitergeben,
umso mehr psychische „Fingerabdrücke“ bleiben auf ihm zurück. Zwei
Schlussfolgerungen ziehe ich daraus. Erstens muss man
aufhören, sich darüber Gedanken zu machen, was wirklich ist. Wir werden
es nie erfahren, weil wir es nicht wahrnehmen können. Die wahren
Informationen werden schon verfälscht, wenn wir sie in Erfahrung bringen
und nicht erst durch die persönliche „Note“ von anderen. Zweitens kann
man aus einer Information irgendwie herauslesen, über wen sie einem
kommuniziert worden ist. Umso größer die Information ist, umso höher ist
die Wahrscheinlichkeit, dass man „psychische Spuren“ an ihr entdecken
kann. Wie Fragmente verbergen sich Fremdwörter in ihr, die Redner -2
(also der vor dem, von dem ich die Geschichte habe) hinterlassen hat.
Und ich werde der Information auch meine Prägung aufdrücken. Irgendwie
eigenartig, oder? Dein Homo Magi
Informationen,
Teil II
Hallo Salamander,
beim Nachdenken über Informationen kam mir noch ein zweiter Gedanke,
nämlich die Frage, wie wir unsere Suche nach Informationen steuern.
Wir werden doch – wenn wir uns mit Magie beschäftigen – meist von Themen
gesteuert, die uns von außen vorgegeben werden.
Mal ehrlich – wer hat in seinem „normalen Leben“ Grund, sich mit Dingen
wie dem Philadelphia-Experiment, Atlantis, Entführungen durch
Außerirdische, dem Weiterleben von Kulten von gestaltwandelnden Echsen,
Reichsflugscheiben oder aufgestiegenen Meistern zu beschäftigen?
Eigentlich niemand.
Die Grundfragen des Seins – Wer sind wir? Warum sind wir? – werden von
diesen Fragen nicht beantwortet; viel schlimmer noch, sie lenken davon
ab.
Über der Esoterik des 21. Jahrhunderts liegt ein fein gesponnener
Nebelschleier, der sich aus dem späten 19. Jahrhundert bis jetzt wie ein
leise, fallender Nebel über jene Gebiete auf den mentalen Landkarten des
Unerforschten ausbreitet, die wir eigentlich untersuchen MÜSSTEN. Wir
werden abgelenkt, weil wir uns immer tiefer und tiefer und tiefer in
Fragen und Antworten zu ihnen begeben, ohne dabei zu bedenken, dass wir
die Fragen eigentlich nie selbst stellen würden. Sie werden von außen
uns gestellt und im Nachdenken und im Lesen werden sie zu „unseren
Fragen“, obwohl sie das eigentlich nie sind.
Natürlich sind die Fragen – wie auch die (vermeintlichen) Antworten –
interessant. Aber wir behandeln sie auf einem anderen Niveau als andere
Fragen, die uns auch interessieren – wer hat heute Nacht die langbeinige
Nachbarin besucht? Warum wird mein Kollege befördert und nicht ich?
Warum hat mein Auto auf der Fahrerseite so eigenartige Kratzer in der
Tür? Warum kommt meine Zeitung immer nass in den Briefkasten?
Wir müssen lernen, zwischen primären und sekundären Fragen zu
unterscheiden. Primäre Fragen sind solche, die unser „Hier und Jetzt“
betreffen. Unser Leben, also mein Leben. Sekundäre Fragen sind solche,
die über mein Ego, mein Selbst hinausgehen. Sie sind auch wichtig, aber
man sollte primäre Fragen auch mit primären Antworten belohnen und
sekundäre Fragen mit sekundären Antworten.
Der Esoterik-Markt ist genau das: Ein Markt. Er schafft Fragen, die er
selbst zu beantworten sucht. Wir lehnen uns viel zu selten zurück, um
uns selbst zu fragen, ob diese Fragen auch unsere Fragen sind und geben
Geld für Literatur und Lebenshilfe aus, obwohl wir damit Fragen
beantworten, die wir nicht stellen müssten.
Dein Homo Magi Übersetzungen Hallo
Salamander, manchmal ist das
Internet einfach toll. Kürzlich habe ich einen Liedtext gesucht, weil
ich im Radio was nicht richtig verstanden hatte. Da fand ich den Text
dann gleich und man bot mir auch gleich an, ihn durch den
Google-Übersetzer zu jagen. Ich drückte den Button. Was heraus kam, war
schon sehr entlarvend. Ein paar Zeilen müssen genügen: „Nr. kurzhaarig,
gelb-bellied, Sohn von Tricky Dicky Wird jetzt
Mutter Hubbard Schmierseife mich Mit nur eine
Tasche voll Hoffnung Geld für dope Geld für Seil“ Geld für Seil? Dabei handelte
es sich im Original um „Just Gimme Some Truth“, das mir – zur
politischen Weltlage angepasst – John Lennon folgendermaßen aus dem
Autoradio ins Ohr sang:
„No short-haired, yellow-bellied, son of tricky dicky
Is gonna mother hubbard soft soap me
With just a pocketful of hope
Money for dope
Money for rope”
Ob das im
Original eine Anspielung auf „Scientology” ist (der „Hubbard” hat mich
im Radio verwirrt), mag ich nicht zu sagen. Aber Geld für Seile … Dein Homo Magi Ent-maya mich Hallo
Salamander, das Jahr 2012
nähert sich mit weiten Schritten. Wenn man einigen Seiten im Internet
Glauben schenkt, dann ist mit diesem Jahr nicht nur das Ende des
aktuellen Maya-Zeitalters erreicht, sondern auch das Ende der Welt.
Naja, natürlich gibt es Leute, die einem für viel Geld (oder für wenig
Geld, aber dafür in hoher Auflage) die Geheimnisse der Mayas verkaufen
und dafür sorgen, dass man selbst (oder eben die ganze Zivilisation)
diese Katastrophe überleben. An dieser Stelle
sollte man kurz die Frage stellen, wie viele Menschen noch nach dem
„aktuellen Maya-Zeitalter“ rechnen. Weltweit, natürlich. Oder ob alle
Kalender untergegangener Kulturen Relevanz haben für das mystische
Weltempfinden. Aber das führt zu weit. Cleverer Ansatz,
das mit dem Verkauf der Maya-Geheimnisse. Da kann man bestimmt noch was
draufsatteln. Meine Idee ist es jetzt, unter dem Motto „ent-maya mich“
Großveranstaltungen anzubieten. Die Logik ist ganz klar: Durch die
Konquistadoren und die Völkerwanderungen in Europa der letzten 500 Jahre
hat jeder von uns ein wenig Maya-Blut in sich (wenn das nicht hilft und
es nicht genug „Opfer“ gibt, dann hilft der Verweis auf die gemeinsamen
Wurzeln von Mayas und Deutschen in einem Tal in Ostafrika ... irgendwie
sind wir alle verwandt; wenn es um Geld geht, dann muss man halt die
Verbindungen ein wenig stärker darstellen, als sie es in Wirklichkeit
sind). Man plane eine
Großveranstaltung mit 10.000 Leuten in einem Zelt. Jeder zahlt 20 Euro
Eintritt, man verspricht dafür, aus jedem die Maya-Erbinformationen, den
bösen mystischen Genkode zu löschen und dafür ein Stück Genkode
einzuspielen, was nicht 2012 sterben wird, sondern die Katastrophe
überlebt. Wenn nämlich ein Maya-Genstück stirbt, dann stirbt auch der
Maya in einem und man kann daran krepieren. Ehrlich! Und das ist die
große Gefahr, die 2012 auf einen zukommt. Wenn man gefragt
wird, was für ein neues Genstück man installiert, kann man – je nach
Klientel – von Engel-Energien, germanischen Genen, Lichtheilung oder
tibetischen Gebetsmühlen schwafeln. Überprüfen kann das sowieso keiner. Zurück zum
Thema: 20 Euro pro Person (bei 10.000 Leuten macht das 200.000 Euro).
Wenn Fragen kommen, warum das pro Person so billig ist, dann sagt man
halt, dass der Multiplikator es macht. Wenn unter den 10.000 Leuten nur
3 oder 4 sind, die tatsächlich voll mit Maya-Energie sind, dann tragen
alle anderen halt in Form einer Versicherung auf Gegenseitigkeit mit
dazu bei, dass man die Heilung finanziert (und energetisch über die
Bühne) bekommt. Also: Eine Ent-Maya-isierung auf der Basis gegenseitiger
Hilfeleistung. Das dürfte auch die hinter dem Ofen hervorlocken, die
normalerweise auf einen solchen Mist nicht reagieren. Der nächste
Schritt ist dann eindeutig: Man muss die Leute auffordern, sich nachher
zu melden, die glauben, dass ihre Maya-Energie nicht genügend gebunden
ist. Natürlich sollten die sich nicht im Zelt melden, sonst bekäme der
Rest mit, dass das sehr wohl mehr als 3 oder 4 unter 10.000 sind
(Irrsinn ist überall verbreitet, da mache ich mir wenig Sorgen). Denen
bietet man dann einzeln an, dass man für Unsummen bereit ist, ihre
besonders starke Maya-Energie zu neutralisieren. Wow. Das macht
man natürlich in einem aufwendigen Ritual für nicht unter 3.000 Euro.
Und egal, ob 2012 die Welt endet – das werde ich dann in einem
Swimmingpool erleben, einen Drink in der Hand und mit Blick auf das Tal. Dein Homo Magi Erdnüsse,
Klaviere und Kondome Hallo
Salamander, manchmal fühle
ich mich so, als gäbe es tief in mir verborgen eine magische Weisheit,
eine Wahrheit, die ich nur herausschälen muss aus dem profanen Sein, um
sie dann schimmernd wie einen Diamanten in der Hand zu halten und zu
erkennen. Ich warte darauf, dass alle magischen Ereignisse, alle
Menschen, die ich so (nämlich über die Magie) kennen gelernt habe, sich
auf einmal ein wenig um ihre eigene Achse drehen und in ein Muster
fallen, das vernünftig und verständlich ist. Die Hoffnung
stirbt zuletzt. Aber in
Wirklichkeit fühle ich mich so, als wäre ich Teil einer Mission der
„Vereinten Nationen“ in einer Krisenregion der Welt. Ein Erdbeben, eine
Flutwelle – irgendwie so etwas. Riesige Zerstörung, riesiges Leid. Mit einem Team
von Spezialisten wurde ich aus einem großen Transportflugzeug geladen,
um vor Ort den Menschen zur Seite zu stehen. Abends sitzen wir
Einsatzleiter in einem großen Zelt um einen großen Tisch, an der Wand
hängt eine Karte unseres Einsatzgebietes, bewehrt mit bunten Nadeln. Und
wir stellen fest, dass wir ein Friseur, ein Klempner, drei
Steuerberater, ein Kraftfahrzeugmechaniker und zwei Sozialarbeiter sind.
Unsere Ausrüstung besteht aus zwanzig Tonnen Erdnüssen in kleinen
Packungen a 50 Nüssen, 25 wertvollen Klavieren in großen Holzkisten und
500.000 Kondomen mit Reservoir, durchsichtig. Draußen wartet die
leidende Bevölkerung und wir stellen fest, dass wir keine Ahnung haben,
warum wir auserwählt worden sind oder warum wir ausgerechnet dieses
Material erhalten haben. Aber wir wissen, dass es keinen Nachschub geben
wird. Und keine Entschuldigung, wenn wir scheitern. Und dort ist es
dann wie in meiner magischen Welt. Ich erkenne kein Muster. Für einen
Menschen wie mich, der Strukturen liebt, ist das ein harter Schlag. Ein
wenig bleibt natürlich die Hoffnung darauf, dass eine höhere Macht weiß,
was das alles soll. Vielleicht hebt sich im Moment des Sterbens ein
Schleier vor meinen Augen und alles hat einen Sinn. Aber ich zweifele
noch. Dein Homo Magi
Weisheit
Hallo Salamander,
manchmal versteckt sich Weisheit an eigenartigen Orten. In einem
wunderschönen Kunstband über meine Heimatstadt fand ich folgendes Zitat:
„Wenn die Dreiecke eine Vorstellung von Gott hätten, würden sie ihm drei
Seiten geben.“
Charles de Montesquieu
Da fällt mir auch nach tagelangem Nachdenken nichts ein, was ich
Klügeres oder nur anasatzweise Gleichwertiges dazu schreiben könnten.
Also lasse ich es.
Dein Homo Magi
Falsche Zeit, falscher Ort
Hallo
Salamander, manchmal fühle
ich mich so, als hätte ich bei der Reinkarnationsstelle vor diesem Leben
einfach das falsche Kreuz gemacht. Im Glauben lebend, dass meine
karmischen Aufgaben noch nicht erfüllt sind, habe ich auf dem
Reinkarnationsfragebogen mein Kreuzchen unter „verbleibende Aufgaben,
kosmischer Maßstab“ gemacht. Tja. In
Wirklichkeit war die Aufgabe längst erledigt, doch nicht ausgebucht. Ein
kleiner Verwaltungsfehler, der dazu führt, dass ich mich jetzt mit einem
Leben rumplagen muss, in dem die „verbleibende Aufgabe, kosmischer
Maßstab“ gar nicht mehr nötig ist, ich aber weiter nach ihr suche (nicht
vergessen, werter Salamander: man verliert im Leben dann die Erinnerung
an die karmischen Informationen, die der Seele aufgeprägt worden sind). Ich bin übrig
von einem früheren Muster, verblieben in Zusammenhängen, die eigentlich
gar nicht mehr für dieses Leben gedacht sind. Hängen geblieben in
Verbindungen, die überhaupt nicht für mich und dieses Leben gedacht
sind. Ein Überrest, ein Artefakt. Irgendwann waren
meine ganzen Gaben einmal für irgendetwas wichtig. Doch das ist lange
her und jetzt bin ich wie ein in der Zeit gestrandetes magisches
Artefakt mit drei Millionen Möglichkeiten, die leider alle nicht mehr
genutzt werden. Verzeih, kleiner
Lurch, aber es gibt so Tage ... da ist alles ein wenig schwer zu
durchschauen. Der Nebel hebt sich immer mal wieder, aber manchmal senkt
er sich auch wieder auf das Leben hinab.
Alles fließt.
Dein Homo Magi
I am here to take you Home
Hallo
Salamander, als ich vor über
20 Jahren bei meinen Eltern ausgezogen bin, ging ich nicht davon aus,
dass ich jemals wieder „heim“ ziehen würde. Meine Lebensumstände
(gescheiterte Beziehung, geleertes Konto) führten dann doch dazu, dass
ich Jahre später noch einmal „heim“ gezogen bin. Das war eigentlich ganz
nett, dieses Mal in einer anderen Konstellation, nämlich mit Mutter und
Großmutter, ohne Vater. Aber erneut
würde ich da nicht hinziehen. Man kann nicht in eine Rolle
zurückschlüpfen, die man freiwillig verlassen hat, ohne Schaden zu
nehmen. Glücklicherweise
ist es mir jetzt dank eines Flyers klar geworden, dass ich alles richtig
gemacht habe. Unter der Überschrift „I am here to take you Home“ (ja,
„Home“ wird hier groß geschrieben) erfahre ich, dass Kalindi bereit ist,
mich heimzubringen. Kalindi? „Ein Zustand
jenseits von Erleuchtung. Es ist
endgültige Freiheit. Es ist Liebe und
Ekstase, die weit über deine Vorstellungskraft hinausgehen.“ So stellt sie
ihre auf dem Flyer vor. Über sie selbst heißt es: „Kalindi begann
ihre spirituelle Suche im Alter von 18 Jahren. Ihre Suche brachte sie
nach Israel, wo sie einen inneren Drang verspürte, den See Genezareth zu
besuchen, auf dem einst Jesus wandelte. Da Kalindi in die jüdische
Religion hineingeboren wurde, war sie überrascht über ihren Wunsch, mit
Jesus in Kontakt zu treten.“ Man wird also
immer noch in eine Religion hineingeboren. Ich hatte gehofft, dass in
den liberalen Kreisen so etwas nicht mehr gedacht oder gar geschrieben
wird. Nun ja, weiter mit Kalindi. Im Laufe der Zeit kam es zu einer
„Transformation in die Stimme Gottes“ Kalindis. Keine kleinen Schuhe,
wenn ich das mal so sagen darf; nicht nur der Flyer behauptet das, auch
online wird das wiederholt: „Kalindi G. hat die
spezielle Aufgabe, spirituelle Wahrheit zu allen Menschen zu bringen,
die sie hören wollen. Sie wird deshalb die »Stimme Gottes« auf Erden
genannt. Sie gründete 1991 den Path to Ultimate Freedom, den sie
persönlich leitet. Einige hundert Schüler gehen diesen, zum Teil
rigorosen Weg mit Kalindi G. und einige davon haben sich bereits selber
als spirituelle Meister manifestiert.“[4] Die Stimme Gottes.
Nicht einmal mehr „der Gottheit“ oder gar „der Göttin“, sondern hier ist
es wieder Gott. Er. Männlich. Und man wird spiritueller Meister, wenn
man die Ausbildung durchläuft. Das scheint ein sehr eigenartiges und
stark patriarchalisches Heim zu sein, in das man da „heim“ kehrt. Eine kleine Spitze
am Rande – klickt man die angegebene Homepage (also: Heimatseite) namens
http://www.kalindiofhome.org/ an, dann erscheint „The website is in
development“. Also kein Heim im Internet ... Ich bin mehr als
nur skeptisch, was diesen Weg „heim“ betrifft. E.T. wollte immerhin noch
nach „hause“ telefonieren, inzwischen will man wieder „heim“. Das sind
doch Defizite, die ich für behoben hielt – vor über 30 Jahren schon für
behoben hielt. Spiritualismus mit patriarchalischen Zügen, der einen
„heim“ bringt. Wahrscheinlich langfristig nicht „heim“, sondern „ins
heim“. „Entschuldigung,
Herr Doktor, ich höre die Stimme Gottes und möchte gerne heim …“ „Kein Problem …“ „Gute Nacht, John
Boy!“ „Gute Nacht, Haus!“ „Gute Nacht,
Kalindi!“ „Gute Nacht, Heim!“ Dein Homo Magi Merlin schläft Hallo
Salamander, kürzlich hatte
ich im Bekanntenkreise eine Unterhaltung über die Frage, was wir in
Informationen aus der Presse vergessen; Dinge, die einem einmal wichtig
waren und dann langsam aber sicher aus dem Bewusstsein verschwinden. Ein Thema war
der Anschlag vom 11.09. Ich meine mich daran erinnern zu können, dass an
dem Tag im Radio die Mitteilung kam, dass es neben den Anschlägen mit
Flugzeugen auch einen mit Sprengstoff gefüllten Laster gegeben habe, der
explodiert ist. Ich dachte, ich hätte damals richtig mitgezählt – 4
Flugzeuge, 1 Laster. Heute findet man in den Beiträgen im Internet (ich
gebe schon zu viel Geld für Verschwörungsliteratur aus, da muss der
11.09. nicht noch teuer zu Buche schlagen) ist immer davon zu lesen,
dass ERST der Anschlag auf das Pentagon als Laster-Attentat gedeutet
wurde. Aber dann würde mir in meiner Erinnerung etwas vorgegaukelt, weil
dann wären es doch gleich 3 Flugzeuge und 1 Laster gewesen. Es ist nicht zu
klären. Die andere Frage
war die nach dem Umstand, dass ich mich an die Schlagworte „Israel“,
„Minister“ und „Koma“ erinnern konnte. Wer war das damals? Wann war das
damals? Lebt er noch? Erschreckend
ist, wie wenige Jahre seitdem vergangen sind. Wikipedia kann weiter
helfen[5]: Ariel Scharon (hebräisch:
אריאל
שרון;
genannt אריק
Arik;
* 27. Februar 1928 als Ariel Scheinermann in Kfar Malal in der
Scharonebene) ist ein israelischer Politiker und ehemaliger General. Von
2001 bis 2006 war er Ministerpräsident. (...) Nach dem Scheitern der
Friedensgespräche gewann Scharon am 6. Februar 2001 eine Sonderwahl um
das Ministerpräsidentenamt und wurde daraufhin am 7. März 2001 Israels
Premierminister. Besonders attraktiv war für viele Wähler sein
Versprechen, dem Sicherheitsbedürfnis der israelischen Bevölkerung
höchste Priorität einzuräumen und den Terror zu beenden. Dieses
Versprechen konnte er allerdings während seiner Amtszeit nicht erfüllen.
Scharon lehnte Jassir Arafat als Gesprächspartner auf palästinensischer
Seite ab, warf ihm Urheberschaft am Terror vor, isolierte Arafat
international und ließ eine öffentliche Erörterung der gezielten Tötung
Arafats oder seine Ausweisung aus den palästinensischen Gebieten zu, bis
er ihn in der weitestgehend zerstörten Mugataa unter Hausarrest stellte. Scharon errang am 28. Januar 2003
mit seiner Likud-Partei einen neuen, großen Wahlerfolg. In der zweiten
Amtszeit von Scharons Regierung wurde mit der Errichtung eines 720 km
langen Trennungszaunes teilweise inmitten der Palästinensergebiete
begonnen, der über eine Distanz von 20 km mit Beton verstärkt und dessen
internationaler rechtlicher Status äußerst umstritten ist. (...) Am 18. Dezember 2005 erlitt
Scharon einen leichten Schlaganfall. Dabei wurde ein offenbar
angeborener Herzfehler entdeckt, der am 5. Januar 2006 operiert werden
sollte. Am Vorabend der Operation wurden starke Hirnblutungen
festgestellt, Scharon musste sich in den nächsten Tagen mehreren
neurochirurgischen Operationen unterziehen. Die Regierungsgeschäfte
wurden an den stellvertretenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert
übertragen. Bei Tests am Samstag, dem 14. Januar, wurden zwar
Gehirnaktivitäten in beiden Hirnhälften gemessen, es gab jedoch keine
Anzeichen für ein Erwachen aus dem Koma. Es galt als sicher, dass Scharon
sein Amt nicht mehr ausüben können würde. (…) Am 11. Februar 2006
entschieden sich die Ärzte zu einer weiteren Notoperation, nachdem
Untersuchungen Schäden am Verdauungstrakt des Politikers und Probleme
bei der Blutversorgung der inneren Organe gezeigt hatten. Erklärungen
der behandelnden Ärzte zufolge sei Scharons Zustand nach der Operation
„kritisch, aber stabil“. Anfang April 2006 erfolgte ein weiterer
chirurgischer Eingriff zur Schließung der
Schädelöffnungen, die durch die vorherigen Operationen
verursacht worden waren. Am 11. April 2006 beschloss das israelische
Kabinett, Scharon für dauerhaft amtsunfähig zu erklären. Sein Nachfolger
im Ministerpräsidentenamt wurde sein Stellvertreter Ehud Olmert. Inzwischen wurde Ariel Scharon als
Dauerkoma-Patient in ein Pflegeheim verlegt. Sein langjähriger Berater Dov
Weisglass sagte am 21. April 2008 der
Jerusalem Post, Scharons Zustand habe sich wenig verändert.
Scharon atme ohne die Hilfe von medizinischen Geräten und könnte nach
dem Urteil der Ärzte wahrscheinlich noch lange in diesem Zustand
bleiben. (...) Ich wurde dann
doch ein wenig nervös. Was habe ich noch alles vergessen? Wer schläft
noch im Koma, ohne dass ich mich an ihn erinnern könnte? Wo ist Merlin,
wenn man ihn braucht? Wo schläft Barbarossa wirklich? Was sollen wir
sonst noch nicht wahrnehmen? Dein Homo Magi Dunkelgalle
Hallo
Salamander, manche Dinge
sind so eigenartig, dass man erst daran glaubt, von irgendjemand auf die
Schippe genommen zu werden, wenn man sie liest. Aber nein, es lässt sich
nicht leugnen, es gibt eine Veranstaltung in diesem Jahr, bei der unter
dem Titel „2012 – Aufstieg der Menschheit und Empfang der »Himmlischen
Lichtnieren«“ in einem „No Mind Saal“ (das hätte einem klar sein müssen)
ein Vortrag stattfindet.[6] Die Welt ist
voller Überraschungen. Aber mal ganz ehrlich – Lichtnieren? Aus der
Ankündigung lerne ich, dass der „Lichtorganwechsel der Nieren“ ganz ganz
wichtig ist: „Denn die Nieren ernähren Knochen, Knochenmark und Gehirn“. Deswegen brauche
ich sie – die „Himmlischen Nieren aus Licht“. Aaaah. Ruhig
durchatmen. Aaaah. Noch einmal
ruhig durchatmen. Freies Assoziieren. Lichtnieren Dunkelgallen Feinstoffblasen Ätherdärme Nebelnebennieren Energiehoden Mananasen Ich bin manchmal
verwirrt von dem Preis, dem einen die moderne Welt abverlangt, wenn man
einen Rest von Kritikfähigkeit besitzt. Aber was soll man im „No Mind
Saal“ auch anderes erwarten, als Lichtnieren. Dein Homo Magi Magnetseife
und Statikgummi Hallo
Salamander, die Generation
unserer Eltern wird bei späteren Generationen von den dann zuständigen
Archäologen für zwei Gegenstände bekannt sein, anhand derer man ein
Gebäude ganz klar unserer Epoche zuordnen kann. Das eine sind
die magnetischen Halterungen für Seife. Du kennst das ja noch: Man macht
einen Magneten an der Wand fest und drückt den zweiten immer wieder in
neue Seifenstücke. Dann kann man die Seife sehr praktisch über dem
Waschbecken aufhängen und vermeidet angeblich Seifenreste in der für die
Seife eigentlich vorgesehenen Seifenschale am Waschbeckenrand. Das andere ist
ein Stück Gummi, das hinten an der Stoßstange des Autos befestigt wird,
um die statische Elektrizität direkt in den Boden zu leiten. Zwar
verbraucht das Fahrzeug (wegen der erhöhten Reibung) dann mehr Benzin,
aber dafür kann man wahrscheinlich die üblichen (?) Explosionen durch
erhöhte statische Elektrizität im Fahrzeug vermeiden. Ich halte dieses
Ding (hat das einen echten Namen, denn „Statikgummi“ habe ich es
genannt?) für nutzlos, falls das jetzt noch nicht klar ist. Beide
Gegenstände müssen ihren Erfindern Millionen eingebracht haben, denn sie
durchziehen das Leben unserer Elterngeneration. Kein Haushalt ohne
Seifenbefestigung mit Magnet, keine Karosserie aus den 60ern, die ohne
den unvermeidlichen Statikgummi auskam, der sinnlos auf den
Fahrbahnboden herabhängt. Großartig. Leider vermute
ich, dass unsere Generation bei späteren Generationen von Archäologen
für zwei ganz andere Dinge bekannt sein wird. Einmal für magnetische
Kalkzertrümmerer, die man um die Zuleitung zur Waschmaschine befestigt,
damit sie das Wasser magnetisch entkalken und zu einem besseren
Waschwasser machen (indem sie als „Waschwasser“ programmieren, vermute
ich mal). Das andere sind kleine, zum Teil holografische Aufkleber für
Handys, die dafür sorgen, dass deren böse Strahlung in den Hyperraum
(oder wohin auch immer) abgestrahlt wird. Ich vermute,
dass es mir in diesem Fall (und wirklich nur in diesem Fall) lieber ist,
für einen Deppen gehalten zu werden, der Seifenreste und statische
Elektrizität vermeiden will, bevor man später von mir glaubt, ich würde
Wasser magnetisch programmieren und Handys holografisch kontrollieren
wollen. Immer ist diese Art von alltäglicher Archäologie auch ein Blick
aus einer eigenartigen Perspektive auf unser Leben. Dein Homo Magi Wellen
Hallo
Salamander, es gibt eine
Menge Dinge im Universum, die ich nicht verstehe. Es gibt wahrscheinlich
eine ebenso unendlich große Zahl an Dingen, die ich nicht wahrnehmen
kann. Kulturen haben
seit Jahrhunderten jenen Raum, den sie nicht wahrnehmen können, mit
Magie gefüllt. Neben den rationalen Dingen (Feuer, Steinaxt, Korb) gab
es auch einen Raum für das irrationale (Blitz, Sterne, Pest), das man in
den Bereich des magisch/göttlichen hob. Diese Dinge
waren unter Umständen wahrnehmbar (Blitz), aber ihr Ursprung und ihr
Verschwinden waren nicht wahrnehmbar und verblieben damit im mythischen. Seit dem frühen
20. Jahrhundert begann die Wissenschaft massiv, jene Räume des
mythischen nicht-wahrnehmbaren mit Dingen zu füllen, die wir auch nicht
wahrnehmen können, die aber nicht mythisch sind: Die Radioaktivität, die
Wellenstruktur des Lichts, die Atomumlaufbahnen und so weiter und so
fort. Hat mit diesem
Zunehmen der unsichtbaren erklärbaren Dinge auch der Glauben in
unsichtbare unerklärbare Dinge abgenommen? Ja, das glaube ich. Ich
denke, dass die unendlich große Zahl an Dingen, die wir nicht wahrnehmen
können, durch die sehr begrenzte Zahl an Dingen, die wir nicht
wahrnehmen aber vielleicht erklären können, fühlbar reduziert worden
ist. Obwohl unendlich minus einer begrenzten Zahl immer noch unendlich
sein müsste, wird im Fühlen & Denken der Menschen das unendliche durch
eine (kleine) endliche Zahl auf eine (größere) endliche Zahl reduziert.
Man glaubt, dass es noch unerklärte Dinge gibt, die aber der Fortschritt
der Technik in den nächsten Jahren sicher erklären wird. Das glaube ich
nicht. Ich glaube weiterhin, dass wir Platz halten müssen für das
mythische Erleben, wenn wir ein religiöses Staunen behalten wollen. Ich denke nach. Dein Homo Magi Wieder jung
... Hallo
Salamander, manchmal frage
ich mich, warum so viele Menschen daran interessiert sind, wieder jung
zu sein. Sie sehen junge Menschen, werden neidisch und überlegen sich,
wie gerne sie wieder jung wären. Viele Jahrzehnte müssten ihnen nicht
geschenkt werden, nur zwei oder drei. Noch einmal jung sein ... Ich vermute
aber, dass sie dieselben Fehler noch einmal machen, die selben falschen
Entscheidungen erneut treffen würden. Ihre Unzufriedenheit im Hier &
Jetzt rührt doch daher, dass sie am Ende einer Kette falscher
Entscheidungen stehen, welche sie dahin geführt haben; die „Diktatur der
kleinen Schritte“, die sie auf einen Weg gebracht hat, den sie
eigentlich nie betreten wollten. Würden sie alles
anders machen, wenn sie wieder anfangen könnten, den Weg zu gehen? Ich
vermute, dass das so wäre. Die Verjüngung wäre keine Veränderung, kein
Neu-Anfang sondern einfach eine Wiederholung der vielen Fehler in einem
jüngeren Körper. Wir haben dieses
Leben, eingepfercht zwischen Geburt und Tod, umgeben von den beiden
großen Mysterien, die wir nicht lösen oder enträtseln können. Diese
Schritte zwischen Anfang und Ende sind uns gegeben, jene Schritte, die
wir gerade gehen. Es ist, als
würden wir einen langen Weg durch einen verzauberten Wald gehen. Der Weg
beginnt im Dämmerlicht und endet im Dämmerlicht. Wir gehen ihn jung und
frisch los und beenden ihn alt und müde. Dazwischen liegt es an uns, was
wir aus dem Weg machen. Mit wem wir uns unterhalten, was wir betrachten,
wo wir inne halten. Es wird nichts helfen, wenn wir in einen jüngeren
Körper zurückspringen und ein Stück des Weges erneut gehen. Wenn sich
unsere Einstellung zum verzaubert Wald nicht ändert, wird sich auch
unser Weg nicht ändern. Vielleicht
verteidige ich das Altern nur, weil ich nicht die Macht habe, mich
wieder jung zu zaubern. Vielleicht verteidige ich das Altern aber auch,
weil mir keine Mittel dagegen gegeben und ich mich in die
Unveränderlichkeit des Seins einfüge. Dein Homo Magi Singen mit dem Zauberer von Oz
Werter
Salamander, kürzlich hörte auf einer meiner
CDs ein Stück, das mir sehr bekannt vorkam. Kein Problem, es handelte
sich auch um „Freude schöner Götterfunken“. Aber die Version erschien
mir nicht nur wegen der englischen Version eigenartig, sondern der Text
passte so gar nicht, zu dem, was ich mir unter einer Übersetzung
vorstellte. Mein Argwohn war zu Recht geweckt.
Es war ein Lied zu „Der Zauberer von Oz“. Die Band namens „The Seekers“
sind Australier, von daher ist zu erklären, warum sie von „Oz“
begeistert sind (immerhin ist das ein Spitzname von „Oz“tralia).
Die Wikipedia verkündet:
“Emerald City” is a song by The Seekers telling of the singer’s
fictional visit to the Emerald City of L. Frank Baum’s book The
Wonderful Wizard of Oz.
Written by Kim Fowley and John Martin and recorded in 1967 for a
Christmas release, it was revealed during The Seekers’ 1993 reunion tour
that John Martin was actually a nom-de-plume for The Seekers’ very own
Keith Potger. The tune is the »lied an die Freude« from Beethoven’s
Ninth Symphony.”[7]
Genug der
Vorrede, hier ist es zum Mitsingen. Emerald City[8] („Freude schöner
Götterfunken”)
D - Em - D - G - D - Em - D - A7 - D - A7 - D
D Em D A7 D A D A7 D A
1. Take me to the Emerald City, down yellow brick roads fast I run,
D Em D7 G D A7 D A7 D A D
scarecrow friends will dance beside me, tin toy brothers bright as sun.
A D A D A7 D A Bm E A
Take me to the Emerald City, wizards will give us lemonade,
D Em D G DEm D A7 D A7D D-A-D-A-D
It’s a land of pleasures pretty, ruby roses never fade.
D Em D A7 D A D A7 D A
2. Children gather fragile flowers, stars will sing a lullaby,
D Em D7 G D A7 D A7 D A D
you’re an angel, fly forever, living life behind the sky.
A D A D A7 D A Bm E A
Take me to the Emerald City, wizards will give us lemonade,
D Em D G DEm D A7 D A7D
It’s a land of pleasures pretty, ruby roses never fade.
D - Em - D - G - D - Em - D - A7 - D - A7 – D
D Em D A7 D A D A7 D A
3. Rain, it falls like tinsel teardrops, rivers flow through jungles
tall,
D Em D7 G D A7 D A7 D A D
witches watch through magic mirrors, frost and fog covers crystal balls.
A D A D A7 D A BmE A
Take me to the Emerald City, wizards will give us lemonade,
D Em D G DEm D A7 D A7D
It’s a land of pleasures pretty, ruby roses never fade.
D Em D G DEm D A7 D A7D
it’s a land of pleasures pretty, ruby roses never fade.
Dein Homo Magi
Winde & Wagner
Hallo Salamander,
kürzlich lag ich in einem Hotelzimmer, der Wind pfiff um das Gebäude und
im Nachbarzimmer übte jemand laut Notenfolgen und Wagner. Nun gut, ich
weiß weder, ob es das Nachbarzimmer war noch, ob es wirklich Wagner war.
Es hörte sich gedämpft durch die Wände so an.
Es war eine eigenartige Kombination. Ich habe eine enge Bindung zu Wind
(und keine Bindung zu Wagner), so dass ich mich schon irgendwie
angerührt fühlte. Es war … eigenartig, den Wind so in einem Gemisch mit
Gesang zu hören. Normalerweise höre ich den Wind nur alleine; nein,
nicht ich höre den Wind als einziger, sondern es gibt kein anderes
Geräusch, was ich höre, wenn ich dem Wind lausche. Aber so, gemischt mit
Gesang … fühlte es sich richtig an.
Bis jetzt habe ich bei Wind immer nur Sätze gesprochen, die ich dem Wind
mitgab. Habe ihn gefragt, ihm gelauscht und ihm Worte mit auf seinen Weg
an die Enden der Welt gegeben. Er hat zu mir gesprochen, gesäuselt, mir
Worte in den Kopf gesetzt. Ich habe zu ihm gesprochen, mich von ihm
liebkosen lassen, mit ihm geträumt und mit ihm gedacht.
Aber singen … das habe ich mich nie getraut. Ich weiß nicht wirklich,
warum. Eigentlich wäre das doch eine naheliegende Möglichkeit gewesen,
für den Wind zu singen. Aber wahrscheinlich habe ich mich nicht getraut.
Irgendwie hätte das doch doof ausgesehen, wenn mich jemand hört, wie ich
in den Wind singe.
Wie kann ich glaubhaft von Mut bei der Magie erzählen, wenn ich nicht in
den Wind singe? Vielleicht ist es das, was der Wind mir sagen wollte –
traue dich, singe, ich mag das gerne. Hebe deine Stimme und singe mir
ein Lied, damit ich dein Lied weitertragen kann in die Winkel der Erde,
in die Ecken der Kreation.
Also werde ich das nächste Mal, wenn ich im Wind bin (und wenn ich
alleine bin – man muss seinen Mut nicht gleich übertreiben) ihm etwas
singen. Vielleicht erfinde ich was, vielleicht singe ich ein Lied der
„Beatles“. Die passen gut zu Wind, würde ich meinen. Besser als „AC/DC“.
Aber im Ernst: Ich werde ihm etwas singen. Das Hotel ist bei Wind und
Wagner auch nicht eingestürzt, es gab kein Erdbeben und keine
unerklärten Kindstode im Gebäude. Wenn der Wagnersänger das kann, dann
kann ich das auch.
Dein Homo Magi Rituale des Abschieds
Hallo
Salamander, wir werden nicht
jünger. Wir werden immer und wieder damit konfrontiert werden, dass
Menschen „gehen“. Sie verschwinden aus unserem Leben. Früher gingen
sie noch einfach fort – nach Australien, nach Amerika, auf die Alm.
Heute ist der Abgang ein anderer, weniger gewollter: Sie sterben. Der Tod tastet
sich an die Generation über mir heran. Die Generation zwei vor mir ist
in meinem Leben ausgestorben; ich habe keine Großtanten, -onkels oder
-eltern mehr. Bei der Generation über mir gibt es Lücken, aber man kann
sie noch kaschieren. Eine Witwe hier, ein Witwer dort. Aber die Reihen
sind noch geschlossen, obwohl sie als nächstes fallen werden. In meiner
Generation sind die Lücken gering und können meist noch geschlossen
werden. Man heiratet erneut, zieht die Geschwister groß und versucht,
nicht daran zu denken, dass der Tod schon im eigenen Familienleben
haust. Oft sind es Autounfälle und Krebs, die einen „mitten aus dem
Leben reißen“. Es ist kein „erfülltes Leben“, nach dem man stirbt,
sondern „viel zu früh“ muss man die Welt verlassen. Du siehst, ich lese
immer noch gerne Todesanzeigen. Es gibt Rituale,
die gut geeignet sind, um solche Verluste zu begleiten. Ich habe in den
letzten Jahren genug Trauergottesdienste besucht, um das beurteilen zu
können. Die Gottesdienste sind mit Musik und einer traurigen Rede
versehen, das Herablassen des Sargs in die Grube führt immer noch zu
Weinanfällen, obwohl sich nichts aber auch wirklich nichts am Toten in
diesem Moment verändert. Aber dieses Abschiednehmen, dieses
in-die-Erde-versenken scheint viel endgültiger als das Betrachten der
toten Hülle. Als mein Vater
starb, saßen wir drei Geschwister danach in netter Runde mit so um die
20 Bekannten und Freunden herum und erzählten Geschichten. Ich mag diese
Rituale, dieses „Wake“, dieses Abschiednehmen, was ich (und es ist eine
eigenartige Quelle) am besten in der Fernsehserie „Babylon 5“ fand. Sie
saßen herum, tranken und jeder erzählte eine lustige oder traurige
Geschichte über den Toten. Wir können die
Lücken nicht kaschieren. Aber wir können versuchen, dass die Schmerzen
nicht zu groß werden. Dein Homo Magi
2012
Hallo Salamander,
wir wissen ja inzwischen alle, dass die Welt im Jahre 2012 untergeht.
Die Mayas haben es in ihrem Kalender vorhergesagt und wir glauben alle
daran. Diese Naherwartungen haben den Vorteil, dass man noch in aller
Ruhe schnell ein paar Bücher auf den Markt werfen kann, bevor es dann
soweit ist – und spätestens 2013 kann man dann zurückrudern und in Ruhe
erklären, warum es NICHT eingetroffen ist. Sollte die Welt aber wider
Erwarten 2012 untergehen, kann man sich sicher sein, dass es einem
gelungen ist, noch den schnellen Reibach zu machen. Sollte die Welt aber
gerettet werden, dann können die ganzen Autoren in Ruhe verkünden, dass
es IHR Einfluss war, der die Menschheit erhoben/geläutert/gerettet hat,
so dass die Welt eben nicht untergegangen ist.
Bis jetzt waren mir die Mayas nicht dadurch aufgefallen, dass sie am
Puls der Zeit lebend eindeutige Aussagen zum weiteren Zeitverlauf
gegeben hätten. Weder warnten sie vor den Weltkriegen noch vor ihrem
eigenen Untergang noch vor der Ölpest im Golf von Mexiko. Letzteres wäre
immerhin noch „vor ihrer Haustür“ gewesen, aber wahrscheinlich waren sie
damit beschäftigt, den Weltuntergang auszurechnen, so dass der Untergang
ihrer Kultur durch Invasoren aus dem fernen Europa nur eine zweite Geige
spielen konnte. Das war ihnen nämlich völlig entgangen, dass sie als
Nation vom Angesicht der Erde gelöscht werden würden, um ihre Nachfahren
in den Innenstädten Europas mit billigen Verstärkern und teuren
Panflöten für Geld singen zu lassen. Das sind wahrscheinlich nur
Details, wenn man den größeren Plan im Auge zu halten versuchte.
Man muss auch Abstriche machen können, wenn es darum geht, das Ziel zu
beschreiben. Das jetzt ausgerechnet Menschen von jenem Kontinent, dessen
Bewohnern ihnen den Garaus machen wollten, ihre Bücher verbrannten und
ihre Könige töteten, ihre geheimen Schriften enträtselt haben, lässt
sich nur als Treppenwitz der Weltgeschichte verstehen, nicht als Teil
einer größeren Sendung oder Mission der Mayas.
Dass der Vergleich von Kalendern mit einer Laufzeit von mehreren Tausend
oder gar Zehntausend Jahren schwierig wird, müssten wir eigentlich
wissen. Die mythische Rückrechnung von Kalendern auf ein mythisches
Gründungsdatum ist immerhin unserer Kultur auch bekannt. Der christliche
Kalender mit seinem fiktiven Jahr Null, der jüdische Kalender mit seinem
Rückgriff auf die Weltschöpfung um 4000 vor unserer Zeitrechnung, die
Gründung Roms samt den an Wolfszitzen hängenden Romulus und Remus … aber
auch hier waren die Maya scheinbar gefeit gegen solche mythischen
Überhöhungen der eigenen Vergangenheit und wir saugen den Nektar ihres
Wissens in uns ein, als wäre diese eine Quelle sauber, mystisch und
voller Weisheit.
Immerhin weiß ich jetzt, was schon ein Gott vor langer Zeit prophezeit
hat (okay, es war Karel Gott, aber der Name KANN kein Zufall sein). 2012
singen wir dann gemeinsam alle „Und der Kalender, den ich meine, der ist
Maya …“ und harren darauf, dass spätestens am 31.12.2012 (bei meinem
Glück wahrscheinlich mitteleuropäischer Zeit, 23.59 Uhr) die Welt
untergeht, klassisch „auf den letzten Drücker“. Sicher haben die Mayas
in ihrer Weisheit nämlich alle europäischen Kalenderreformen der letzten
2000 Jahre mit einberechnet, ebenso die Phantomzeit im Mittelalter
bedacht und überhaupt viel mehr gewusst, als wir heute wissen … nur
gerettet, dass hat es sie nicht.
Dein Homo Magi
Kindheit und
Rituale
Hallo Salamander,
ich bin immer wieder überrascht, wer sich alles mit Ritualen
beschäftigt. Kürzlich bekam ich ein Magazin der „SOS Kinderdörfer
weltweit“ zugeschickt, weil ich da immer mal wieder Geld spende. Aktuell
erschien jetzt von denen ein neues Magazin, nämlich „Ubuntu 1“. Und wie
heißt der Untertitel? „Das Magazin für Kindheit und Rituale“.
Scheinbar war denen klar, dass man sich damit ganz schön aus dem Fenster
lehnt, denn das Wort „Rituale“ war rot unterlegt und es gab auf dem
Cover eine Fußnote dazu: „Zeit des Übergangs: Wie die Zuni-Indianer den
Eintritt in die Welt der Erwachsenen zelebrieren“.
Das Heft selbst war dann überraschend gut zu lesen. Es gab einen Bericht
über Kinder im Himalaya, etwas über Initiierungen und Rituale, einen
netten Überblick zum 18. Geburtstag unter „Tschüss, Kindheit!“ und ein
Interview mit dem Ritualforscher (!) Henrik Jungaberle über „Wir
brauchen Rituale – sie fördern die Gemeinschaft!“.
Ich hatte nicht gedacht, dass ich in diesem Rahmen (wie gesagt: „SOS
Kinderdörfer“) mal mit Magie und Ritualen zu tun haben würde; ich hatte
auch bei meinen Spenden nie geglaubt, hier eine neu-heidnische
Gemeinschaft zu unterstützen. Aber wenn dem so ist … gibt es mal wieder
eine Spende.
Dein Homo Magi
Wandernde Fahnen
Hallo Salamander,
wieder einmal findet in einer obskuren Sportart eine Weltmeisterschaft
statt. Und alle Deutschen (zumindest ein lauter und schwer zu
übersehender Teil) verwandeln sich über Nacht in Patrioten. Nicht, dass
sie jetzt bereit wären, gegen Ausländerfeindlichkeit oder soziale Kälte
aufzustehen, nein. Aber sie sind in der Lage durch das Auftragen der
Farben schwarz-rot-gold auf ihren Körper oder durch das Zurschautragen
von nationalen Symbolen in Form von Flaggen an oder auf ihrem Auto ihre
Zugehörigkeit zur deutschen Nation zu bezeugen.
Nun ist dieser Nationalstolz mit keiner Gefahr für sie verbunden; sie
stellen (eigentlich: wir stellen) in diesem Land die Mehrheit, es gibt
keine Deutschen-Pogrome in den großen Städten oder kleinen Dörfern und
auch die Amtssprache ist Deutsch. Aber in sich wiederholenden
Vier-Jahres-Wellen brandet die nationale Begeisterung kurz hoch, um dann
– sollten die Deutschen wider Erwarten nicht Weltmeister werden – wieder
abzuebben.
Themenwechsel, zumindest formal und auf den ersten Blick.
Beim Kauf einer Zehnerpackung Pudding bekam ich von der Verkäuferin
arglistig eine Deutschlandfahne in die Tüte geschoben. Diese war der
Bonus beim Kauf des Puddings, sie ist magnetisch und nicht viel größer
als eine Handspanne. Ich versuchte, mich dieses Emblems meiner
Staatsangehörigkeit geschickt zu entledigen, in dem ich den Magneten an
gut sichtbarer Stelle auf den im Hof meiner Firma parkenden Firmenwagen
parkte. Am nächsten Tag war der Firmenwagen im Einsatz und nachher war
die Fahne fort. Uff, dachte ich mir, wieder ein nationales Emblem
entsorgt. Pustekuchen. Sie tauchte auf meinem Autofont auf. Also
entfernte ich den Magneten und klebte ihm meinen Kollegen auf das Auto.
Keine 24 Stunden später … war ich wieder Besitzer des nationalen
Magneten.
Ich fahre ein Auto einer tschechischen Marke in einer „Tour de
France“-Sonderedition. Um diesen Nationalitätenwirrwarr weiter zu
verstärken, lasse ich den Magneten auf der Seite kleben – immer ein
wenig in der Hoffnung, dass er ohne mein Zutun weiter wandert.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Dein Homo Magi Ruhezonen in
der Bahn Hallo
Salamander, in letzter Zeit
habe ich öfters das „Glück“, mit der Bahn zu fahren. Da ich gerne in
einer Zone sitze, wo nicht jeder alle drei Minuten nach seinem Handy
greift, buche ich immer „Ruhezone“. Das klingt nach leiser Musik oder
dem Geräusch von plätschernden Zimmerbrunnen, das klingt nach ruhig
sprechenden Mitreisenden und der gedämpften Stimme des Schaffners, der
einen fragt, ob man Milch oder Zucker zu seinem Kaffee will. Die Realität
sieht leider anders aus. Die „Ruhezone“ scheint abgeschirmt zu sein, so
dass man keinen Handy-Empfang hat. In Wirklichkeit hat man dort
schlechten Handy-Empfang. Jeder, der ein Gespräch führen möchte (und das
sind nicht wenige) muss also in sein Handy schreien und immer wieder
gebetsmühlenartig sein „Ich kann dich nicht verstehen. Bitte sprich
lauter!“ wiederholen. Die „Ruhezone“ entpuppt sich als das absolute
Gegenteil ihres Namens, nämlich als eine „Unruhezone“, in der es aber –
wie in anderen Zonen des Zuges auch – keinen Schaffner gibt, der einem
Kaffee anbietet. Dieses Privileg bleibt weiterhin der ersten Klasse
vorbehalten. Jetzt ist das
Problem, dass ich – soweit möglich – meine Firmenfahrten immer im Voraus
buche, damit es meinen Arbeitgeber billiger kommt. Das ist so ein
obskures Angebot der deutschen Bahn, dass man mit einer Zugfestlegung
Geld sparen kann. Ich sage also vorher, mit exakt welchem Zug ich fahren
will und dafür erlässt mir die Bahn einen Teil des Fahrpreises. So
ungefähr funktioniert das. Morgen muss ich
beruflich mal wieder Zug fahren. Und morgen ist es auch das letzte Mal,
dass ich eine von jenen Zugkarten aufbrauche, die ich im Vorfeld
erworben habe, bevor ich den Trick mit den „Ruhezonen“ verstanden habe.
Also werde ich wieder schreiende Handy-Besitzer haben und wieder keinen
Kaffee an den Platz. Aber danach ist Schluss mit lustig, danach muss ich
neu buchen. Und dann mache ich alles richtig – keine „Ruhezone“ mehr,
sondern eine Buchung im Krawallbereich der Bahn. Ich lasse alles auf
mich zukommen, aber schlimmer kann es nicht werden. Dein Homo Magi Eigenartige
Ideen Hallo
Salamander, manchmal wache
ich nachts auf und überlege mir Motive für T-Shirts. Oder ich habe ein
Lied im Ohr, ein Gedicht, eine Kurzgeschichte. Dinge passieren im Traum
und normalerweise vergesse ich sie jenseits des Tores des Schlafes.
Manchmal retten sie sich aber in das Wachsein hinüber und ich kann sie
mir merken. Zwei Dinge
möchte ich dir nicht vorenthalten, die mir eingefallen sind. Eigentlich
habe ich sie im Traum nicht gehört, sondern gesehen – es waren Motive
von T-Shirts, genauer gesagt Werbe-T-Shirts für die Homepage
Homomagi.de; silberner Druck auf schwarzen T-Shirts. Vorne war einer von
den eigenartigen Sprüchen drauf, hinten ein Slogan für „Homomagi“ (den
habe ich aber nicht gesehen oder nicht ins Wachen gerettet … Mist!). Das eine T-Shirt
hatte den Aufdruck „Mit der zweiten Zunge schmeckt man besser.“. Das ist
nun wirklich schon eigenartig. T-Shirt Nummer 2
toppt aber eindeutig alle anderen Möglichkeiten: „Kein Tor wird je von
Delling vergessen.“ Ich habe –
gerade im Rahmen meiner Forschungen zu Asatru und wegen der laufenden
Fußball-Weltmeisterschaft jetzt schon vier Deutungen für den Satz, und
keine davon missfällt mir. Und dieses Mal muss ich auch nicht das
gesprochene Wort benutzen, der Satz klappt unabhängig von Betonung und
Großschreibung multidimensional. Nein, lieber
Salamander, verurteile mich nicht, weil du das für doof hältst. Gib
meiner Intelligenz eine Chance und denke ein wenig über den Satz nach.
Bitte.
Dein Homo Magi
Skills
Hallo Salamander,
auf einer Tagung
musste ich kürzlich vom Podium herab erfahren, dass es sich bei dem
schönen englischen Wort „skills“ seit neuestem auf Deutsch um
„Kompetenzen“ handelt. Der Redner hat etwas länger für diese
Feststellung gebraucht, aber das war es, auf was sich seine Rede
runterreduzieren ließe. „Skills“ sind
für mich eher Fähigkeiten oder Fertigkeiten, während Kompetenzen in eine
andere Richtung gehen. Ersteres sind Dinge, die man in irgendeiner Form
bescheinigt bekommen hat oder die eine allgemein anerkannte „harte“
Qualifikation ausdrücken („er kann Abflüsse reparieren“ ist kein
Berufsabschluss, aber eine Fähigkeit). Um jetzt etwas näher zu
differenzieren, würde ich sogar behaupten, dass „Fähigkeiten“ mehr in
den körperlichen Bereich hineinspielen (abgeleitet von der Behauptung,
jemand ist fähig für etwas), während „Fertigkeiten“ geistige Anwendungen
umfasst. Kompetenzen ... sind ganz andere Dinge. Jemand ist kompetent
genug, unsere japanischen Geschäftspartner zu betreuen. Das heißt jetzt
nicht, dass er aktiv Fähigkeiten oder Fertigkeiten haben muss, aber er
kotzt nach einem Reiswein nicht auf die Tischdecke, tatscht den
Japanerinnen nicht freundschaftlich auf den Hintern und legt auch nicht
in einer Verbrüderungsgeste den Arm um die Schultern des japanischen
Abteilungsleiters. Außerdem verkneift er sich Hinweise auf das
deutsch-japanische Bündnis im Zweiten Weltkrieg und spielt nicht auf die
Kamikaze-Flieger an. Meine Wortwahl
in diesen Dingen ist durch die vielen Jahren des Fantasy-Rollenspiels
geprägt, das will ich überhaupt nicht leugnen. Aber Kompetenzen ... sind
keine „skills“. Und mein Magier siebter Stufe bei „Midgard“ hat auch
keine Kompetenzen auf seinem Spielerbogen stehen, sondern Fertigkeiten
und Fähigkeiten. Schluss der Debatte. Dein Homo Magi Auto Hallo
Salamander, ich habe ein
Auto. Das haben viele Menschen auch, von daher fühle ich mich damit
nicht als Minderheit in Deutschland. Mein Auto macht aber in Linkskurven
gerne Geräusche, gefühlt hinten rechts. Also brachte ich den Wagen in
die Werkstatt. Die fand nichts. Ich nahm meinen
Wagen wieder entgegen und fuhr damit beruhigt ins Wochenende. In den
Hügel und Tälern fing er an, ein wenig nach links zu ziehen und er
machte auch Geräusche, gefühlt hinten rechts. Also fuhr ich langsam heim
und rief den Notdienst. Der kam, schraubte das Rad hinten rechts ab,
meinte, dass es schleifen würde und schleppte den Wagen in die
Werkstatt. Die fand nichts. Ich nahm meinen
Wagen wieder entgegen und fuhr damit zwei Wochen herum. Wenn man in die
Kurve geht, dann macht er Geräusche, gefühlt hinten links. Ich
vereinbarte einen Termin in der Werkstatt. Die fand nichts. Eine Rechnung
wollte mir die Werkstatt nicht stellen, denn immerhin hatte ich ja einen
echten Grund für meine Termine dort. Zumindest waren sie bereit, mir das
zu glauben und fingen nicht an, mit mir über akustische Halluzinationen
zu reden. Als ich den Wagen aus der Werkstatt holte, war er gewaschen,
ausgesaugt und von oben bis unten rein. Dazu schenkte man mir drei
Rettungswesten. Ich vermute, dass ich die brauche, wenn der Wagen auf
der Autobahn liegen bleibt, weil hinten rechts … Wie auch immer.
Bei meinem Dämonenstudium bin ich keinem begegnet, der Autos zum
Quietschen bringt. Sumerisch? Babylonisch? Ägyptisch? Wohl kaum. Wer
auch immer mich da ärgern will, er hat verdammt guten Kontakt zu
modernen Dämonen. Respekt. Und meine
Werkstatt braucht einen Exorzisten. Dringend. Dein Homo Magi Chaos Hallo
Salamander, kürzlich
erzählte man mir, dass ein heidnischer Bekannter von einem anderen
heidnischen Bekannte gehört habe, ich sei ein „Chaos-Magier“. Nichts
trifft mich in meiner Ehre mehr als diese hanebüchene Behauptung. „Chaos-Magier“.
Das ist so ganz weit von dem entfernt, was ich eigentlich magisch tun
will. Um nicht zu sagen: Anderes Ende der Skala. Wenn es überhaupt ein
Konzept gibt, dass dazu passen würde, dann beschäftige ich mich mit
Ordnung, nicht mit Chaos. Aber nur in dem Maße, in dem ich eher Luft als
Feuer bin oder eher westlicher Weg als östlicher Weg oder oder oder. Das sind
Kartons, in die man ganz schnell gepackt wird. Verpackungen mit einem
bunten Aufkleber, welche die Magie in immer kleinere Kisten packen, um
sie handhabbar zu machen. Wenn ich sage,
ich glaube an Gott, dann ist das noch eine ganz große Kiste. Aber „Ich
bin Christ“ ist eine viel kleinere Kiste als die „ich glaube an
Gott“-Kiste. So ist es mit der Magie auch. Bezeichnungen blenden, sie
binden und sie verwirren mehr, als sie helfen. Als „Label“ mag so etwas
ganz hilfreich sein; aber nur, wenn beide Seiten sich darüber einig
sind, dass sie eben genau das sind. Bezeichnungen, um etwas ungefähr zu
beschreiben. Und wenn man
sich schon darauf einlässt, Magie in einer Spannung von Chaos und
Ordnung zu beschreiben, dann bin ich eher Ordnung als Chaos. Das ist
auch schon alles. Pfff. Was für
eine Ignoranz. Chaos … Dein Homo Magi Krieg gegen Strukturen
Hallo
Salamander, umso mehr ich
nachdenke, desto mehr habe ich den Eindruck, dass Kriege und
Revolutionen weniger aus ökonomischen und politischen Gründen begonnen
werden, sondern eher, weil der Druck auf das bestehende
Herrschaftssystem zu stark wird. Immer dann wenn
eine neue Struktur wie ein Phönix aus der Asche entsteht, sind es die
Gründer(väter), die gute Ideen dafür haben, wie ihre Zivilisation
aufgebaut sein soll. Es dauert meist wenige Generationen bis das
Originalsystem korrumpiert ist. Statt der Förderung der Fähigsten sitzen
die Kinder einer bestimmten Schicht in den Machtpositionen. Statt einer
Struktur, die Gleichheit und Freiheit unterstützt, werden bestimmte
Gruppierungen von der Teilhabe an der Macht ausgeschlossen. Wenn der Druck
der Unzufriedenheit zu groß wird, aber das System so stark ist, dass
eine Veränderung nur mit einem größeren Blutvergießen zu erreichen wäre,
neigen Systeme offensichtlich dazu, sich dem Druck dahingehend zu
beugen, dass sie diesen Druck nach außen hin ableiten – durch einen
Krieg oder eine Revolution, also einen Bürgerkrieg. Dieser Ausbruch
von Gewalt, der dann meist mehrere Jahre dauert, sorgt dafür, dass
erstens die aufgestauten Aggressionen abgebaut werden, das zweitens das
Vor-Kriegs-Modell in der Erinnerung überhöht wird („früher war alles
gut“ in Verbindung mit der Erinnerung an Phasen der gefühlten
Sicherheit) und drittens dass die Möglichkeit besteht, nach diesem Krieg
einen Wiederaufbau durchzuführen. Dieser
Wiederaufbau wird meist von den Erben der alten Eliten überwacht, welche
die kriegerischen Auseinandersetzungen mit deutlich weniger Blessuren
überstehen als die Besitzlosen. Dann sind wieder
30 oder 40 Jahre Ruhe, bis sich erneut Unwillen aufstaut ... Mir macht das
Nachsinnen darüber wenig Freude. Ein wenig hege ich die Hoffnung, dass
es einen einzigen positiven Aspekt der Ruhigstellung der Bevölkerung mit
Konsumgütern gibt: Sie werden von sich aus keinen neuen Krieg beginnen,
weil ihnen klar sein dürfte, dass ihre erworbenen Güter erste Opfer
einer solchen Auseinandersetzung sein werden. Wie bitter, wenn man sich
vorstellen muss, dass die Stumpfheit der großen Menge der Bevölkerung
Kriegs-vermeidend wirkt. Dein Homo Magi Morgenradio
Hallo
Salamander, morgens wird
mein Gehör im Auto immer akustisch penetriert, wenn ich versuche, auf
den zehn Minuten Arbeitsweg Radio zu hören. Ich habe einen
öffentlich-rechtlichen Sender in allen Varianten einprogrammiert, so von
Nummer 1 bis Nummer 4 alles durch. In 50 % aller Fälle ist morgens eines
der Stücke auf einem der 4 Sender ein Lied von den „Beatles“. Damit kann
ich leben, das ist morgens völlig in Ordnung. Leider ist es auch so,
dass in 50 % aller Fälle eines der Stücke auf einem der 4 Sender ein
Stück aus „Footloose“ oder „Flashdance“ ist. Nein, das heißt
nicht, dass entweder „Flashdance“/„Footloose“ oder die „Beatles“ kommen.
Ich drücke normalerweise die Sender der Reihe nach durch, bis entweder
die „Beatles“ kommen oder ich in Verzweiflung auf den „Deutschlandfunk“
und Pressestimmen umschalte. Zwischendurch werde ich in der Hälfte der
Fälle von einem der beiden bekannten Tanzfilme überrascht. Mathematisch
alles klar? Aber das
schlimme ist nicht, dass die „Beatles“ inzwischen im Allgemeingut
angekommen sind. Damit könnte ich leben, auch wenn ich damit nicht mehr
zu einer Minderheit, sondern zu einer Mehrheit gehöre, was den
Musikgeschmack betrifft. Schlimmer ist die Reaktivierung von
Tanzfilm-Zombies. Mal ehrlich und
unter Freunden – von der Handlungsseite her waren beide Filme schon
untot, als sie herauskamen. Da wurden mehr oder weniger nette Tanzszenen
mit Musik garniert und mit einem Gerüst einer Handlung umschlungen, dass
aber nicht in der Lage war, den Film zu tragen. Wie denn auch – das
waren eher lange Videoclips, als echte Filme. Beide Filme bieten für
circa 10 Minuten Handlung, Musik und Tanzszene. Wenn ein Erklärer die
Handlung zusammenfassen würde und dazu einige lustige Bilder zeigen
würde, dann wäre der Film erträglich. Aber in der ganzen Länge. Ich muss
es wissen, ich habe mir kürzlich in einem Anfall von Wahnsinn „Footloose“
auf DVD gekauft und durfte unter dem Spott meiner Umwelt feststellen,
dass die Filme wirklich schlimm sind. Beide. Untote Filme.
Widergänger, die aus ihren Gräbern steigen, um uns zu schrecken und in
den Wahnsinn zu treiben. Wir müssen lernen, den Gefahren zu widerstehen! Dein Homo Magi
In eigener Sache
So wie es aussieht, wird die Restauflage von „Naturspiritualität heute“
demnächst vom Verlag vernichtet. Man hat den Preis schon gesenkt (auf
6,95 Euro); nach dem Abverkauf folgt die Vernichtung. Der Verlag hat mir
das Buch zum Kauf angeboten, um der rechtlichen Seite Genüge zu tun,
aber mein Keller ist zu klein und mein Konto zu leer für 1000 Stück …
also wartet der Schredder.
Wer das Buch noch haben will, sollte es bald erwerben. Ich kaufe noch
einige Exemplare, aber auch mein „langer Atem“ ist hier zu kurz, um für
jeden die nächsten Jahre eines zu lagern. Wer den Verlag glücklich
machen will (mich nicht reich, denn das Manuskript ist damals sofort
bezahlt worden) oder einen „Esoterik-Reißer“ mit meinem Namen kaufen
will, der sollte dies tun. Bald. Bei Amazon; der Verlag listet es schon
nicht mehr …
Gruß, Hermann Ritter Angst gegen
Mut Hallo
Salamander, in den letzten
Wochen habe ich viel Zeit gehabt, mir den Kopf darüber zu zerbrechen,
woher eigentlich der Neofaschismus seine Macht nimmt. Woher kommt die
sehr tief sitzende Kraftquelle, welche die Anhänger dieser irrationalen
Bewegung mit Energie befeuert? Ich habe es mir
nicht leicht gemacht, viel nachgedacht, viel gelesen. Doch inzwischen
bin ich fast sicher, dass meine Deutung stimmt: Faschisten haben Angst. Neonazis,
Faschisten, Nationalisten am rechten Rand – sie alle haben Angst vor
Veränderung, Angst vor Multikulti, Angst vor dem Fremden. Sie versuchen,
völlig irrational einen bestimmten Stand der Geschichte festzuschreiben.
Anstatt sich damit abzufinden, dass sich die Geschichte andauernd
bewegt, dass immer wieder neue Menschen, neue Völker, neue Nationen
auftauchen und andere verschwinden und vergehen, anstatt mit dem Neuen
Kontakt aufzunehmen bewahren sie ängstlich das Alte. Was vertraut
ist, macht keine Angst. Was vertraut ist, muss bewahrt werden. Ob das
nun die Musik ist, welche die Eltern gehört haben, die Trachten, welche
die Großeltern getragen, das Essen, was Mutter gekocht oder die
politische Einschätzung, die der Großonkel gehabt hat. Eine Veränderung
kostet Energie, strengt an, verlangt nach Aufwand und Interesse. Wenn
man das nicht hat, lehnt man sich zurück und reißt den rechten Arm hoch.
Wer das tut, versinkt in einem völkisch-nationalistischen Sumpf, der zäh
wie Melasse an den Fersen hängt, aber dafür sorgt, dass man sich nie
wieder Gedanken machen muss, was richtig ist. Richtig ist, was gestern
richtig war. Was heute richtig ist, ist auch morgen richtig. Die Welt
und ihre Veränderungen werden ignoriert. Der, welcher die
Veränderung bringt, wird gehasst, weil man ihn fürchtet. Das Neue, das
über kurz oder lang wie ein Sturm hereinbricht, wird bekämpft, damit man
sich selbst nicht bewegen muss. Der breite Arsch sitzt ihm Lehnstuhl des
Konformismus, während man mit der Patschhand nach den lästigen Fliegen
der Veränderung schlägt. Ich gebe zu, die
Feststellung, dass Faschisten feige und ängstliche Menschen sind, macht
mir vieles einfacher. Dein Homo Magi Anmerkungen Hallo
Salamander, die folgenden
Sprüche sind nicht von mir, aber brav von mir aus dem Internet zusammen
„geborgt“. Ich fand jeden eine klare, hilfreiche Handreichung auf dem
Weg zur Erkenntnis (und es hat mir den Sonntagmorgen versüßt)! „Man wird
genauso wenig ein Christ, wenn man regelmäßig zur Kirche geht, wie man
ein Auto wird, wenn man in einer Garage steht.“ „Wenn Gott uns
beobachtet, dann könnten wir uns wenigstens Mühe geben, ihn zu
unterhalten.“ „Die Stimmen in
meinem Kopf sind vielleicht nicht real, aber sie haben viele gute
Ideen.“ Dein Homo Magi Gerissene Fäden
Hallo
Salamander, gestern wurde
mir schlagartig klar, dass der letzte meiner „alten Lehrer“ aus der
Schule jetzt längst in Rente ist. Natürlich gab es einige junge Lehrer,
Referendare meist, die heute noch an der Schule sind. Aber auch deren
Arbeitsleben nähert sich dem Ende. Mein Abitur ist über 25 Jahre her.
Wer damals als Lehrer 30 Jahre alt war, gerade mit der Ausbildung
fertig, der ist heute Mitte 50. Aufgefallen ist
mir das, weil ich immer mal wieder am Nachdenken bin, wen ich nach
meinem alten Leistungsfachlehrer fragen könnte. Ein toller Kerl war das
– Sportler, Weltreisender, Verkehrserziehungsbeauftragter der Schule
(ein toller Job) und und und. Bei ihm saßen wir auch zuhause im Keller
und haben bei Rotwein Videos geschaut. Er war es auch, der unsere ihm
abgerungene Nikolausfeier dadurch torpedierte, dass wir „Omen I“ bis
„Omen III“ schauten, während wir Tee tranken und Gebäck knabberten. Es
war ein großartiger Abend, wenn auch seeeeehr eigenartig. Er starb zwei
Jahre nach meinem Abitur an AIDS. Ich wusste nicht, dass er schwul ist
und sich so infiziert hatte. Die wenigsten wussten es, einige Kollegen
ahnten es. Ich weiß, dass er im Krankenhaus verreckt ist
(Entschuldigung, eine andere Darstellung wäre gelogen). Damals konnte
ich mich dem nicht stellen, aber heute würde ich gerne mit einem seiner
Kollegen/Freunde reden, um zu erfahren, wie er dem Tod begegnet ist. War
er mutig? War er ängstlich? Hatte er noch etwas zu sagen oder starb er,
ohne Weisheiten oder letzte Nachrichten von sich zu geben? Ohne diesen Mann
hätte ich mich nie an englische Literatur getraut, ohne ihn hätte ich
nie zu meinem (damals grauenhaften) englischen Akzent gestanden und wäre
sicher nicht Jahre später als Angestellter eines amerikanischen Konzerns
auf dem Arbeitsmarkt aufgeschlagen. Die Fäden, die
mich mit dieser Ära verbinden, werden dünner. Bevor sie reißen, könnte
ich versuchen, das noch zu klären – wie viele andere Dinge, die auf
einmal wichtig werden, weil sie sonst unmöglich sind. Dein Homo Magi
WC-Kontrolleure Hallo
Salamander, kürzlich stieg
ich in einen Zug nach Hause, den ich schon im Startbahnhof bestieg. Das
hat dann oft den Vorteil, dass man den Zug eine halbe Stunde vor
Abfahrtszeit betreten kann, so ein wenig Zeit hat, sich im warmen Abteil
auszuspannen und so weiter. Ich saß im Gang,
weil der Zug schon ziemlich voll war und ich nicht weit fahren musste.
Also schaute ich den Zug und den Bahnsteig rauf und runter und schaute
den Menschen zu, die um mich herum wuselten. Ein Mann fiel
mir auf, weil er im ersten Wagen einstieg, kurz im Zug blieb und wieder
ausstieg. Dann kam der zweite Wagen dran mit demselben Ablauf. Dann der
dritte Wagen und so weiter. Als er bei mir war, war ich schon
erklecklich neugierig. Er war Mitte 50,
trug Cordhosen und ein blau-blaues Hemd, Klemmbrett unter dem Arm.
Brille, schütteres Haar – Lehrer einige Jahre vor dem Ruhestand, würde
ich sagen. Er kam in den
Zug herein, öffnete die Tür der Behindertentoilette, schaute sich um,
machte einen Strich auf einem Zettel auf seinem Klemmbrett, dann ging er
im Zug durch zum nächsten Wagen, also drei Schritte zur nächsten
Toilette, öffnete diese wieder, machte danach nach einem prüfenden Blick
wieder einen Schritt zurück, verließ den Zug und ging einen Waggon
später wieder hinein. Ich habe genau
geschaut: Er trug kein Bahnabzeichen, keinen sichtbaren Ausweis, nichts.
Ich glaube nicht, dass die Bahn zivile Toilettenprüfer beschäftigt (ich
glaube eigentlich, dass sie überhaupt keine Toilettenprüfer beschäftigt
...). Also macht der Mann das aus irgendwelchen Gründen freiwillig. Alle Optionen,
die sich einem hier aufdrängen, werden dann bald eigenartig. Menschen,
die für private Organisationen Zugtoiletten abgehen und kontrollieren?
Unwahrscheinlich, wer sollte das wollen und finanzieren? Ich denke eher,
dass er Stimmen hört, die ihm versprechen, ihn mit geheimen Mitteilungen
in Zugtoiletten zu versorgen. „Höre auf mich, Erdling – ich bin
Dolon’op’Doron, Herr des Zikadennebels. Meine Macht ist so groß, dass du
über die Äonen des Weltraums meine Stimme hören kannst. Ich werde mit
dir weiter kommunizieren, in dem ich dir Zeichen in den Zugtoiletten des
ICE 572 sende, der um 15.02 Uhr an deinem Hauptbahnhof abfahren wird.
Sei wachsam!“ Und dann geht
der arme Erdling in den Zug und sucht nach Hinweisen. Oder – was viel
schlimmer ist – er geht in den Zug und findet wirklich Hinweise, weil
Dolon’op’Orgon tatsächlich vorhat, die Erde zu vernichten und dafür
diesen willigen Mitarbeiter braucht. Alles möglich,
alles machbar. Aber warum verwirren die mich? Damit ich die Invasion
stoppe und den einzigen Zugang des Herrn des Zikadennebels stoppe, indem
ich den Mann im Zug umbringe? Keine Angst.
Passieren wird der Erde nichts. Tragischerweise ist ein freundlicher
Lehrer vom ICE 572 überrollt worden, als dieser den Hauptbahnhof
verließ. Der Mann muss wohl gestolpert und gefallen sein ... und ich
habe die Erde gerettet. Mal wieder. Dein Homo Magi Terminprobleme
Hallo
Salamander, manchmal frage
ich mich, ob es Merlin auch so gegangen ist. Oder Moses. Mir geht es auf
jeden Fall in den letzten Monaten verstärkt so, dass ich immer mal
wieder Schwierigkeiten habe, einen Termin einzuhalten. Entweder liegt
das daran, weil mein Gegenüber am selben Tag absagt. Die beste Ausrede
war bis jetzt „Ich habe halt aus Versehen nicht in meinen Dienstkalender
geschaut, nur in meinen privaten.“ Diese Ausrede wird dicht gefolgt von
„Ich habe ganz vergessen, dass bis morgen meine Präsentation fertig sein
muss.“ oder „Ich muss auf eine Familienfeier.“ Gerade Familienfeiern
sind aber – ähnlich wie Weihnachten und Neujahr – ganz selten
überraschend und kommen nicht durch ein Hyperraumloch von der Seite
direkt in den Terminkalender. Ich kenne das
auch. Ich stelle fest, dass ich an dem Abend eigentlich noch frei habe –
aber im Hinterkopf verbirgt sich irgendwie die Information, dass ich an
dem Abend nicht weg wollte, weil irgendetwas noch schnell daheim
erledigt werden muss. Ein abzugebender Artikel, eine zu bearbeitende
Geschichte. Es könnte
natürlich sein, dass das mit meiner erhöhten beruflichen Stellung zu tun
hat. Aber es könnte andersherum auch sein, dass es mit einer altersmäßig
auftretenden erhöhten Vergesslichkeit zusammenhängt. Entscheiden kann
ich das nicht so richtig, denn wenn es an Vergesslichkeit liegen würde,
würde ich ja vergessen, dass es schon mehrere Male passiert ist und
hielte jeden Fall für den ersten Fall. Da ich mich also an mehrere Fälle
erinnern kann, in denen ich Termine vergessen kann, ist es keine
Vergesslichkeit, weil sonst könnte ich mich nicht daran erinnern, dass
ich etwas vergessen habe. Also: Solange
ich mich daran erinnere, dass ich vergesse und nicht vergesse, mich zu
erinnern oder solange ich das vergessen nicht vergesse und das erinnern
erinnere, so lange ich also weiß, dass ich mich daran erinnern muss, das
Vergessen nicht zu vergessen, so lange kann ich mich immer erinnern. Erinnere mich
daran, mein Salamander, wenn ich das mal vergesse. Dein Homo Magi Zoll Hallo
Salamander, letzte Woche
musste ich ein Päckchen aus dem Zoll holen. Nichts schlimmes, weder
Waffen noch Drogen, nur ein paar Kleinigkeiten, die man so in den USA
bestellt. Ein paar Cthulhu-Monster, ein wenig verfassungsfeindliche
Literatur – also ein normaler FDP-Wahlkampfgeschenkebeutel. Ich hatte
natürlich keine Einfuhrsteuern bezahlt; so etwas ist total „out“ und
überhaupt nicht mehr „trendy“. Das Päckchen blieb also im Zoll hängen
und der Zoll benachrichtigte mich, dass ich das Päckchen bitte abzuholen
hätte. Außerdem bat man um eine Inhaltsliste auf Deutsch
(wahrscheinlich, damit sie endlich mal wissen, was die aufgelisteten
Produktgruppen „CD“ und „T-Shirt“ auf Deutsch heißen), einen Beleg der
Zahlung/Überweisung und um eine Kopie der Rechnung (die war im Päckchen,
aber wahrscheinlich sollte ich sie vor Ort dann schnell mit Kohlepapier
durchpausen). Der Hammer war
aber die Aufforderung der Post, meine Sendung beim Zoll abzuholen. Auf
dem grünen Merkzettel der Post steht als Absender tatsächlich „Deutshe
Post AG“. Rechtschreibung wird gerade gegenüber dem Ausland total
überschätzt, und die „deutshe“ Sprache ist sowieso „swierig“. Der Zoll.
Wahrscheinlich ist das Gebäude Sensoren-überwacht, damit die merken,
wenn sich einer nähert und die Mitarbeiter mit Bewegungen anfangen
können. Erst kam das Warten in einem Raum voller Untoter, die sich wie
unter Wasser bewegen, dann Papierkram und der Vermerk, dass ich jetzt
zur Kasse gehen möge. Den Gang raus – kein Mensch. Die Kasse – kein
Mensch. Ein Zettel wies mich darauf hin, dass ich bitte 5 Minuten warten
und nicht (!) klingeln solle, alles würde gut. Ich wartete. Ich wartete. Ich wartete. Dann überlegte
ich mir, dass ich jetzt mit meinem Päckchen gehen könne, ohne dass es je
jemand auffallen würde. Ich wartete. Ich wartete. Ich wartete. Dann kam die
junge Dame vom Zoll mit Raucheratem den Gang heruntergeschlendert,
kassierte meine 18,88 Euro und verabschiedete mich. Endlich hielt ich
legal meine Schätze in den Händen und konnte heim. Am nächsten Tag
war wieder ein Brief in der Post. Ich hätte was im Zoll ... aber ich
rief dort an, bevor ich wieder in den Raum mit den Untoten musste. Man
beschied mir nach fünf Minuten Suche, dass das „wahrscheinlich“ das
Paket sei, das ich schon geholt hätte. „Wahrscheinlich“ geht also eine
zweite Sendung jetzt zurück wohin auch immer, voll mit Waffen und Drogen
aus Kolumbien. Aber ich habe alles versucht, um sie abzuholen. Die „Deutshe
Post“ hat es verhindert, ehrlich. Dein Homo Magi Bitte klingeln
Hallo
Salamander, gestern stand
ich im Getränkemarkt an der Kasse. Vor mir war kein Mensch mehr, hinter
mir war auch keiner mehr in der Schlange. Die freundliche Verkäuferin
lächelte mich gerade an, als mein Blick auf die Klingel mit dem Schild
„Bitte klingeln!“ fiel. Ich klingelte. Sie schaute mich
verwirrt an. Ich meinte, dass ich bezahlen wolle und deutete auf meinen
Wagen mit Getränkekästen. Dann klingelte ich. Sie fragte mich,
was das solle. Ich meinte, dass ich zahlen wolle. Dann klingelte ich. Ich solle damit
aufhören, meinte sie. Aber da würde
doch stehen, dass man bitte klingeln soll. Ich würde also nur die
Wünsche ihres Geschäftes – oder waren es vielleicht ihre innersten,
geheimen Wünsche? – erfüllen, wenn ich klingelte. Ich klingelte also. Sie wurde
langsam lauter, machte aber noch keine Anstalten, meine Waren
einzuscannen, damit ich zahlen kann. Was los sei, meinte sie schon in
etwas unfreundlicherem Ton. Ich meinte, dass ich gerne zahlen würde, und
klingelte freudig, denn mir war nach Freude zumute. Sie rief nach
ihrem Chef. Der kam auch und fragte was los sei. Er fragte erst die
Verkäuferin, weil diese ihn gerufen hatte. Ich hatte ja keine
Beschwerden. Diese meinte, dass ich andauernd klingeln würde. Ich
meinte, dass ich nicht andauernd klingeln würde, sondern nur ein paar
Mal. Der Blick des
Chefs fiel auf meine Waren. Ob die kassiert seien? Nein, noch nicht, sie
hätte noch nicht damit angefangen, meinte ich zu ihm. Er schaute die
Verkäuferin strafend an. Aber sie sollen doch ... Aber ich hätte doch
geklingelt, versuchte diese, sich zu verteidigen. Natürlich, warf
ich ein, habe ich geklingelt, das stünde doch auf dem Schild. Damit hätte ich
Recht, meinte ihr Chef. Sie blickte
verwirrt von einem zu anderen. Ob ich was
gesagt hätte, fragte der Chef. Ja, sagte die
Verkäuferin. Dass ich zahlen wolle, habe ich zu ihr gesagt. Und hätte ich
bezahlt? Nein, meinte
sie, sie hätte ja noch nicht kassiert. „Warum?“, fragte
ihr Chef. „Wegen dem
Klingeln ...“, wandte sie ein. Er befahl ihr,
endlich zu kassieren, entschuldigte sich bei mir und ging um die Ecke.
Sie kassierte, ich zahlte, ich klingelte und ging. Hinter mir hörte ich
heulende Geräusche. Hätte ich mich
umdrehen sollen, um herauszukriegen, dass sie heult, weil ich gehe?
Nein, denn Magier drehen sich nicht nach Frauen um, die sie einmal
fortgeschickt haben.
Dein
Homo Magi
Parkdeck
Hallo Salamander,
letztes Jahr war ich auf der Buchmesse, das Jahr davor auch und so
weiter bis zurück in das Jahr 1984. Damals war die „Themen-Buchmesse“ zu
George Orwell und 1984 mein Einstieg. Seitdem bin ich „treuer Fan“.
Letztes Jahr habe ich es geschafft, in Gesellschaft meiner Schwester
Parkhaus und Straße zu vergessen, in der wir geparkt hatten. Eine reife
Leistung, aber in Anbetracht des Trubels vielleicht zu verzeihen.
Dieses Jahr hatten wir Zwei uns also fest vorgenommen, Parkhaus und
Standort zu memorisieren, notfalls die Informationen mit Stift auf den
Unterarm zu malen oder in die Zunge zu stanzen.
Wir kamen im Parkhaus an, fuhren in das höchstmögliche Stockwerk (da ist
es nicht so voll) und stiegen aus. Sofort begann das Gehirn, sich
Eselsbrücken für den Standort zu überlegen. Wo stehen wir, wie heißen
wir, was kann man vom Parkhaus aus sehen, wie kommen wir wieder hierher
zurück und wie finden wir das Auto. Wichtige Informationen, um ein
Nomadisieren auf dem Rückweg zu vermeiden.
Als wir diese Prozedur abgeschlossen hatten, marschierten wir zur
Rolltreppe. Neben der Rolltreppe war ein Fach mit Zetteln, die man sich
einstecken konnte. Darauf stand zu lesen:
Ihr Auto parkt hier:
You have parked your car here:
Block
Ebene
Block
Floor
A
6
Dazu ein gelbes
Quadrat, das für das Parkhaus stand. Dazu kamen nette Informationen zum
Parkschein und zum Ausfahren. Wir waren beide überrascht und erfreut.
Also: Nicht immer
wird alles schlimmer. Manche Dinge werden besser und es gibt noch
Intelligenz in der Menschheit, selbst wenn einem das Leben immer wieder
Grund gibt, das prinzipiell zu bestreiten.
Dein Homo Magi
Entfernungsmesser
Hallo Salamander,
vorgestern hatte ich auf der Autobahn einmal Zeit, über Sinn und Unsinn
von Navigationsgeräten nachzudenken.
Jeder kennt doch heute dieses praktische Helferlein. Man stöpselt es
ein, gibt einen Zielort ein und nach einigem Kontaktsuchen mit dem
Weltraum spuckt das Helferlein die aktuelle Position aus, zeigt diese
auf einer Karte an und gibt einem Hinweise, wie man am schnellsten zum
Zielort kommt. Außerdem erhält man eine berechnete Ankunftszeit und eine
quäkige Stimme, die einem Hinweise gibt, wie man die nächste Strecke zu
navigieren hat.
Bis jetzt scheint das allem dem zu entsprechen, was mir jeder Mensch
über dieses Gerät und seine Verwendbarkeit gesagt hat. Keine
Überraschungen, keine Sonderfähigkeiten. Mein Navigationsgerät kann
nicht in fremde Sprachen übersetzen, es singt keine Schlager auf der
Autobahn und es erinnert mich nicht daran, dass ich bis zum Zielort wach
bleiben sollte. Aber es macht etwas ganz anderes, sehr gemeines: Es
berechnet die Ankunftszeit.
Das klingt noch überhaupt nicht diabolisch, ich weiß. Daher an dieser
Stelle ein kleiner Verweis auf das „echte Leben“: Man hat sich um 16.00
Uhr bei Tante Anna zum Kaffeetrinken angemeldet. Auf dem Weg dahin holt
man die eigene Mutter ab. Die Fahrt zu Tante Anna dauert immer ungefähr
anderthalb Stunden von Mama aus, also holt man Mama gegen 14.30 Uhr ab.
Die steigt ein, blickt missbilligend auf das Navigationsgerät und stellt
fest, dass dort als Ankunftszeit 16.08 Uhr vermerkt ist. Sofort beginnt
eine Unterhaltung darüber, warum man nicht rechtzeitig abgeholt worden
ist. Hinweise auf die eigene Erfahrungswelt a la „Wir sind das schon
tausend Mal zusammen gefahren …“ werden von der eigenen Mama außer Kraft
gesetzt, weil der Blechknecht eine andere Aussage macht.
Und man setzt sich auf der Autobahn selbst massiv unter Stress, weil man
erkennt, dass man schneller fahren muss, wenn man bis … Uhr da und da
sein will. Das Gerät, welchem eigentlich nur den Weg erklären sollte,
eine Ver-Ortlichung durchführen, wird nun zu einer Markierung im
Raum-Zeit-Gefüge, die einem nicht nur erklärt, wo und wann man jetzt
ist, sondern einem auch vorgaukelt, dass es einem sagen kann, wann man
wo sein wird. Eine Kristallkugel im Verkehrsnetz, eine Prophezeiung aus
dem Blechknecht.
Desterwegen bleibt er immer mal aus. Weil ich nicht weiß, wann ich wo
sein werde. Und was ich nicht weiß, das weiß auch der Blechknecht nicht.
Noch bin ich der Herr, und er der Sklave.
Dein Homo Magi
Buchmesse
Hallo Salamander,
die Buchmesse habe ich überstanden. Dieses Jahr war das erste Mal seit
1984, dass ich nicht alle Hallen mit deutschen Verlagen abgelaufen bin.
Erstens werde ich älter und fußlahmer, zweitens muss ich nicht mehr
jeden pieseligen Kleinverlag (Entschuldigung) besuchen, um dann doch nur
einen Flyer zu bekommen, den ich online herunterladen kann, aber ihn
dann auf der Buchmesse nicht tragen muss. Und die
Sicherheitsvorkehrungen sind immer noch schlimm und bremsen die
Geschwindigkeit doch fühlbar.
Waren es letztes Jahr die Tibeter, Exil-Tibeter, Anti-Tibeter,
Chinesen-Tibeter, Dalai Lama-Tibeter, Pantschen Lama-Tibeter und
Was-weiß-ich-Tibeter, die überall kontrolliert und abgetastet wurden und
Roland Koch, der dafür sorgte, dass ich mehrmals durchsucht worden bin
(sehe ich so aus, als würde ich versuchen wollen, den hessischen
Ministerpräsidenten zu töten?), so war es dieses Mal nur die allgemeine,
stark anti-islamisch geprägte Angst, die in den Gängen wehte.
Ich bin überhaupt kein Moslem. Und die meisten Moslems, die ich kenne,
sind überhaupt nicht aggressiv. Da habe ich mehr Angst vor christlichen
Randerscheinungen, faschistischen Rockern oder durchgeknallten
Katholiken, die mir erzählen wollen, dass meine kleine heidnische Seele
in den Händen des Teufels ist (ehrlich, ich hatte mit dem noch nie
Kontakt und habe auch keinen Vertrag mit Blut unterschrieben). Auf der
Buchmesse waren wieder ein paar besonders durchgeknallte Vertreter
dieser Richtung, welche die Messe zu einer Missionsoffensive genutzt
haben. Hey, sind die Besucher der Fachbesuchertage – meist Journalisten
und Buchhändler – so offensichtliche Satanisten, dass hier eine
Intensivwerbung Sinn macht? Oder ist es zu erwarten, dass diese als
Multiplikatoren dienen können (die Buchhändler, nicht die Satanisten),
weil in ihren Läden immer wieder Satanisten kommen, die aufgeklärt
werden wollen, um die Liebe Jesu zu empfangen?
Welche Vorstellung, dass in einem Buch-Discounter die Kunden mit
christlichen Pamphleten behelligt werden – „Deutschland braucht Mariens
Rettung“ zwischen den Stapeln mit aktueller Fantasy und dem neuesten
Vampir-, Zombie- oder Horror-Schocker. Das wäre zwar sehr unterhaltsam,
aber mühselig, wenn nicht sogar sinnlos.
Diesen Kampf, nämlich den Kampf um die Buchwühltische, hat die
Phantastik gewonnen; mehr Heidentum auf einem Tisch fand man vor 20
Jahren in manchen gesamten Eso-Läden nicht. Natürlich rüsten sich auch
die „Gegner“ aus, was man ihnen nicht verübeln kann. Aber auf der
Buchmesse? Ich weiß nicht. Falsche Klientel.
Oder schon Verzweiflung?
Dein Homo Magi
Hochzeitsbräuche
Hallo Salamander,
am Wochenende war ich auf einer Hochzeitsfeier. Das Ganze wurde im
Mittelaltermilieu gefeiert, aber beide Ehepartner sind gläubige Christen
(ich habe es nicht bis in die letzte Instanz überprüft, aber das ist der
Eindruck, den sie mir vermittelt haben).
Am Vormittag war die kirchliche Trauung, nachmittags dann die große
Feier (zu der ich dann auch eingeladen war). Abends kam ich mit dem
Bräutigam ins Gespräch, vielleicht wähnte er mich auch als Fachmann für
„heidnische Bräuche“.
Auf jeden Fall erzählte er, dass der Pfarrer von der Kanzel herunter
darum gebeten habe, vor der Kirche keinen Reis zu werfen, weil das ein
heidnischer Brauch sei.
Kurz war ich sprachlos. Dann erklärte ich ihm, dass es sehr wohl bei den
Germanen üblich gewesen sei, über die neuen Paare Reis zu werfen. Dabei
hätte man in Ruhe seinen Kaffee geschlürft und eine Havanna im
Mundwinkel gehabt.
Es brauchte einen Moment, dann begann er zu lachen.
Der Brauch stammt aus Asien; in einer Internetquelle fand ich den
Hinweis, man möge losen Reis (und keine Kochbeutel [!]) werfen. Aber ob
das damit heidnisch ist? Der Asiat kann sehr wohl auch Christ sein (aber
eventuell auch Heide). Es ist ein anderer Kulturraum, in dem Reis mit
Fruchtbarkeit verknüpft ist (wie bei uns der Apfel oder das Brot). Es
ist keine andere Religion, von daher ist es kein Heidentum (oder eben
nicht heidnischer als das Schenken von Brot und Salz oder das Aufstellen
von Richtbäumen bei Richtfesten von Häusern).
Die Germanen haben keinen Reis geworfen. Definitiv. Und sie haben nicht
geraucht und keinen Kaffee getrunken. Sie waren trotzdem Heiden. Und
nicht jeder, der Reis wirft, ist automatisch Heide. Aber der, der
beworfen wird, der ist sicher verheiratet. Wie sicher, zeigt die Zeit.
Dein Homo Magi Unfassbar
Hallo
Salamander, mir war schon
immer klar, dass die meiste Musik des Teufels ist. Aber ich dachte
immer, es ginge um rückwärts abgespielte „Black Sabbath“-Platten, bei
denen man dann aufgefordert wird, die Eingeweide von Kindern zu essen. Weit gefehlt. Auf der
Buchmesse konnte ich einen Flyer „Die Suche nach dem Sinn des Lebens“
abgreifen, der auf die Homepage www.schriftenmission.de verwies. Dort
wiederum findet man zum Beispiel zum Thema Musik einiges aus dem Buch
„Musik unter der Lupe“[9].
Der erste Text sei dahingehend kommentiert, dass der genannte „Meister“
kein okkulter Meister, sondern ein Geigenmeister ist! „Als ich meinem
letzten Meister (...) von meinen Depressionen erzählte, gebot er mir,
eine Zeitlang keine Musikstücke von Robert Schumann zu spielen, der ja
ein hochgradiger Spiritist war und seine Kompositionen durch den
direkten Verkehr mit sechs Geistern empfing. Dieses Geheimnis war (...)
[dem Meister] bekannt. Ich befolgte seinen Rat und stellte eine
Besserung in meinem Gemütsleben fest. Es war für mich ein gewaltsames
Wegreißen, da ich mich sehr stark zu Robert Schumanns Kompositionen
hingezogen fühlte. Wie man mir auch von berufener Seite der Musikwelt
nachsagte, dass ich gerade Schumann interpretieren könne wie manch
anderer nicht. Also eine besondere Empfänglichkeit für den Geist dieser
Kompositionen! Einmal hatte ich sogar in einer einsamen Stunde den Geist
Schumanns angerufen, was sicher auch eine Beziehung zu meinen okkult
belasteten Vorfahren hat. Doch dieses Anrufen hatte keinen sichtbaren
oder hörbaren Erfolg, und ich wiederholte es auch nicht mehr.“ Es kommt aber
noch abstruser: „Die Menschen der
Kunst – gleich, ob es sich um Musik, Dichtkunst, Malerei oder
Bildhauerei handelt – sprechen von ihrem Genius, lat. Schutzgeist. Sie
sprechen vom Erbe griechisch-römischer Kunst und preisen sie hoch. Der
Gott Israels kommt dort nicht zu Wort.“ Die Folgerungen
daraus für den Künstler sind eindeutig: „Im April 1974
kam die entscheidende Wende. Obwohl wir immer noch keine Kontakte zu
Gläubigen hatten, zeigte uns zu dieser Zeit Gott durch sein Wort unsere
ewige Verlorenheit und die Alternative, durch die Übereignung unseres
Lebens an ihn, ewig zu leben. So übergaben wir, vom Geist Gottes
überführt, unter Tränen in unserer Wohnung unser ganzes Leben Jesus
Christus. Obwohl wir in den folgenden zwei Jahren noch manches Konzert
zu geben hatten, sahen wir seit dieser Stunde die Musik in zunehmendem
Maße mit anderen Augen an. Wir erkannten immer bewusster die okkulten
Hintergründe und antigöttlichen Tendenzen der Erschaffung der Musik. So
wurden wir Stück für Stück von den verschiedensten Formen der
klassischen Musik gelöst. (...) Zuerst erkannten
wir deutlich, dass die Opernliteratur nur auf den Mythen der »Götter«
aufgebaut ist, zum Beispiel Richard Wagner auf den germanischen Göttern,
Wolfgang A. Mozart auf den ägyptischen und griechischen Gottheiten,
Richard Strauss auf griechischen Göttern, etc. Wenn die
Götterszenen nicht im Vordergrund standen, dann war es der Humanismus
mit seiner Selbsterlösung. So sahen wir uns ganz auf die Interpretation
von Liederzyklen beschränkt. Doch auch hier sahen wir Stück für Stück
die Inhalte der Lieder mit neuen Augen und merkten bald, dass die
meisten Texte auch nur den Humanismus mit einer Sehnsucht nach
Selbsterlösung meinten. Das Feld unserer künstlerischen Betätigung wurde
somit immer enger, bis es uns völlig klar war, dass, wenn wir nach Lukas
11, 23 sammeln wollen und nicht zerstreuen, ausschließlich nur noch
solche Lieder singen können, die Jesus Christus meinen.“ Damit meint er
sicherlich nicht „Black Sabbath“. Schade. Dein Homo Magi Bügelmagie Hallo
Salamander, kürzlich hatte
ich eine sehr nette (aber ein wenig kurze) Unterhaltung über
Bügelfernsehen in der Kasse an der Tankstelle. Als ich dann mit dem Auto
weiterfuhr, fing ich an zu überlegen, warum es eigentlich keine
„Bügelmagie“ gibt. Nein, ich meine
damit nicht irgendwelche Zauber, damit die Hemden nachher ordentlich im
Schrank hängen. Wäre sicherlich auch nett, aber das ist nicht das, was
ich meine. Ich meine jene Art von kommerziellem Fernsehen als Analogie,
das man schaut, wenn man gerade beim Bügeln ist und geistlose Ablenkung
sucht. Warum kann Magie das nicht bieten? Wir machen Magie
auf einem Niveau, das sehr hoch ist. So, als würden wir immer damit
rechnen, dass wir erstens interessierte Zuschauer haben und zweitens ein
intellektuelles Niveau erreichen müssen, das sehr, sehr hoch ist. Warum
bekennen wir nicht, dass wir manchmal Lust auf etwas „flaches mit
Action“ haben, das sich sicherlich gut in ein magisches Umfeld umsetzen
lassen würde. Warum machen wir
nur Magie im Jahreskreis zu den Hochfesten? Gibt es keine Mittel- und
Tieffeste, die man feiern könnte? Es gibt weiße und schwarze Magie, wenn
man den Büchern glauben darf. Was ist mit gelber, violetter und
himmelblauer Magie? Wir können Heilzauber und lernen darüber, wie man
Schadzauber vermeidet (oder selbst wirkt). Was ist mit
Unterhaltungszaubern und Wohlfühlzaubern? Nicht immer muss
alles „wow“ sein, was wir machen. Manchmal wäre es einfach gut, wenn wir
etwas machen. Wir machen den Fernseher an und schauen die 1007. Folge
von „Mädchen unschuldig in Not geraten“ oder „Die Flussbiberpolizei“
(nicht zu vergessen „Pornobiber vom Mars“, aber das ist eine andere
Geschichte). Warum können wir nicht unser Leben mit „kleinen“ Ritualen
begleiten, die weder aufwändig noch strapaziös sind. Nur mal so eine
Idee … Dein Homo Magi Evangelische
Sozialisation Hallo
Salamander, kürzlich wurde
ich auf einem Seminar in der Katholischen Akademie Trier (Bericht folgt)
von einem evangelischen Pfarrer darauf hingewiesen, dass ich ja eine
„evangelische Sozialisation“ besitze. Das ist wahr. Ich bin getauft,
konfirmiert, evangelisch erzogen und in einem (zumindest
mütterlicherseits) gut evangelischen Haushalt groß gezogen worden. Ich war
jahrelang (fast) jeden Abend im Gemeindehaus, im „Haus der offenen Tür“,
im Don-Club (für Donnerstag, man verzeihe), in Jungschar-Gruppen, als
Teilnehmer und später „Teamer“ im Kindergottesdienst. Ich war auf zwei
(oder drei?) Kirchentagen, einmal sogar als Helfer (okay, als Übersetzer
für ehemalige KZ-Häftlinge). Ich kann wahrscheinlich noch 50+
Kirchenlieder mitsingen und bin weiterhin der Meinung, dass die
„Mundorgel“ ein tolles Liederheft war (und ist). Was bleibt als
Heide da noch übrig? Nun, ich kam als
erwachsener Mann (oder als später Jugendlicher, wo sich doch das
Jugendalter immer weiter in unserer Gesellschaft verschiebt) zum
Heidentum. Ich war 22, als ich mein erstes Wicca-Ritual miterlebt habe.
Ich war über 25, als ich die ersten „echten Asatru“ zu Angesicht bekam.
Aber ich habe schon deutlich früher angefangen, mich mit dem Thema zu
beschäftigen – meine „Einstiegsdroge“ war die Fantasy. Nicht Marion
Zimmer-Bradley mit „Die Nebel von Avalon“, sondern Fritz Leiber, Poul
Anderson, C. S. Lewis und so weiter. Meine Hinwendung
zum Heidentum war ein Prozess; es gab keinen Tag, wo ich morgens
aufstand und beschloss, meine christliche Erziehung hinter mir zu lassen
und jetzt etwas „völlig Neues“ anzufangen. Es kam … einfach so und eines
Tages stellte ich fest, dass ich mehr Heide als Christ bin. Also trat
ich aus der Kirche aus. Verändert das
meine Sozialisation? Nein. Sie ist Teil meines Lebens. Als mein Vater
starb (der lange vor mir aus der Kirche ausgetreten war) bat ich darum,
dass „Ich bete an die Macht der Liebe“ gesungen wurde. Ein schönes Lied.
Christlich, ja, aber ein schönes Lied. Ich musste
lernen, dass nicht alles schlecht ist, was mir im Christentum
widerfahren ist – so wie nicht alles gut ist, was mir im Christentum
widerfahren ist. Mein Leben ist ein Bündel aus Erinnerungen, und mein
„frühes Christentum“ ist (und bleibt) ein Teil davon. Trotz oder gerade
wegen der „christlichen Sozialisation.“ Hugh, ich habe
gesprochen. Dein Homo Magi
Ein Jahr
Hallo Salamander,
wenn du diese Zeilen liest ist wieder ein ganzes Jahr vergangen, in dem
ich (soweit es mir möglich war) jede Woche an dich geschrieben habe.
Dieses Jahr ist das zehnte Jahr, in dem ich das tue. Jede Woche, zehn
Jahre lang – über 500 Texte, wenn man die Lieder und Gedichte nicht
einkalkuliert, die ich ab und an dazwischen streue (und die dann nicht
als Wochenbericht gewertet werden … um es mir noch schwerer zu machen,
vermute ich manchmal).
Nun ja, in wenigen Stunden ist wieder Samhain, Beginn und Ende des
heidnischen Jahres. Eine Zeit, um zurückzublicken. Manchmal überlege ich
mir schon, ob es sinnvoll ist, diese Texte jede Woche zu schreiben und
online zu stellen. Die Rückmeldungen sind gering, aber sie kommen immer
mal wieder. Meist von Leuten, die es schön finden, mal von mir zu hören
oder einfach Spaß daran haben, meine etwas verquere Sicht von Magie,
Heidentum und Okkultismus (und artverwandten Gebieten) zu lesen. Ich
sage es gerne: mir macht es auch Spaß, und der Ärger, der Aufwand und
der Termindruck lassen sich meist gut im Griff halten, wenn man daran
denkt, dass es wirklich Leser gibt.
Aber das Schreiben ist mehr als ein reines Schreiben „für Publikum“. Das
hier ist kein Blog, mit dem ich der Menschheit mein Wohl & Wehe
mitteilen will. Es ist meine private Art, mich selbst zu reflektieren.
Der Versuch, jede Woche ein paar Zeilen zu schreiben, führt auch dazu,
dass ich meine „Feder spitzen“ kann. Ich werde klarer in meinen
schriftlichen Aussagen, ich werde präziser in dem, wie ich denke und
Dinge zu Papier bringe. Es ist manchmal ein mäandernder Fluss, aber er
führt zu einem Ziel. Zumindest hoffe ich das.
Ich will jetzt keine langen Elegien schreiben. Das ist die letzte Woche
des Jahres, da sind Einkehr und Nachdenken angesagt. Von daher: Alles
Gute dir da draußen! Auf ein weiteres Jahr.
Dein Homo Magi
Close every door to me
Es ist schwer,
einfach so ein Delling-Lied zu finden. Natürlich sind diese Lieder
getarnt „unterwegs“, aber man muss sie finden und aus ihrer Verkleidung
befreien.
Hier also meine Version von „Close every door to me“ aus dem (wunderschönen)
Musical „Joseph and the technicolor dreamcoat“[10]:
Close every door to me,[11]
Hide all the world from me
Bar all the windows
And shut out the light.
Do what you want with me,
Hate me and laugh at me
Darken my daytime
And torture my night.
If my life were important I
Would ask will I live or die
But I know the answers lie
Far from this world[12]
Close every door to me,
Keep those I love from me
Children of Delling
Are never alone!
For I know I shall find
My own peace of mind,
For I have been promised
A land of my own.
Close every door to me,
Hide all the world from me,
Bar all the windows
And shut out the light.
Just give me a number
Instead of my name[13]
Forget all about me
And let me decay.
I do not matter,
I'm only one person
Destroy me completely
Then throw me away.
If my life were important I
Would ask will I live or die,
But I know the answers lie
Far from this world.
Close every door to me,
Keep those I love from me,
Children of Delling
Are never alone.
For we know we shall find
Our own peace of mind
For we have been promised
A land of our own.
Die Nacht … Die Nacht liegt
wie ein wundes Tier draußen, vor dem
Fenster. Und träumend
opfere ich ihr des Tages
Truggespenster. Der Morgen dräut
noch lange nicht, und hier allein
im Dunkel, warte ich auf
Morgenlicht oder
Sterngefunkel. Der Mahr hält
mich in seinem Bann, wenn ich den
Schlaf erheisch’. Die Nacht, sie
steckt noch endlos lang, ganz schwarz, in
meinem Fleisch. Doch morgen ist
der Spuk vorbei, die Geister
müssen zieh’n. Denn Alp und
Mahr, der Geister zwei, dem Lichte stets
entflieh’n. Oh Sonnenrund,
oh Lichtgestalt, Mithras
Mithrandir, warst niemals
jung, wirst niemals alt, blinzelnd
huldige ich dir.
Ferner Schatten
schlanke Finger
Ferner Schatten schlanke Finger
tanzen auf dem Wiesengrund,
und sehr schläfrig liegt im Dunkel
der alte, heil’ge Steinenrund.
Dolmen steh‘n wie alte Zähne,
das Moos sie wie ein Kleid verziert,
wenn des Mondes volles Funkeln
sich auf ihnen fast verirrt.
Leise liegt das Gras, fast schlafend,
liegen Wald und Wiese hier,
und ganz leise, nicht mal wispernd,
wartet schweigend das Getier.
Wie in Hauch, ein leises Flüstern,
spricht der Hexer seinen Fluch;
und das Sternenzelt bedecket
alles mit dem klaren Tuch.
Und ein Gott erhört die Worte,
hört sie fern im Firmament,
hört den Fluch und den Gedanken,
der dem Fluche immanent.
Hebt die Hand mit einer Geste,
die man nur von Göttern kennt,
deutet nieder, auf die Wiese,
zeigt herab vom Firmament.
Wo gerade noch stand ein Hexer,
auf den Lippen seinen Spruch,
ist jetzt Ruhe, wieder Schweigen
und ein wenig Brandgeruch.
Wenn du rufst die alten Götter
auf der alten Steine Platz –
merke dir die weisen Worte,
Wunsch, nicht Fordern, sei dein Satz.
Lass die alten Götter schlafen,
halte dich vom Fordern fern,
denn die alten, weisen Götter,
hören nur dein Wünschen gern.
Gegen das
Schweigen
An des Feuers heller Flamme
geht sie leis‘ von Mund zu Mund,
fliegt gewispert immer weiter
in dem frohen Freundesrund.
Und die fernen Sterne funkeln
gleißend in dem alten Licht,
das vom Firmament herunter
alte wahre Worte spricht:
/: Singt, trinkt, Sterbliche,
erquickt euch an der Glut!
Doch traut euch – singt hinaus mit Schall
mit neu gewonn’nem Mut!.
Euer Leben ist zu kurz
für Feigheit vor dem Freund!
Sagt ehrlich, dass wir alle hier
in einem Geist vereint! :/
Des Nachts, da liegen alle still,
jeder in seinem Raum.
Doch manchen neckt in dieser Nacht
ein alter, grauer Traum.
Sie sehen Welten fern von hier
und Götter, eine Schar
von Riesen, welche ungeschlacht
beim lauten Singen war.
/: Singt, trinkt, Sterbliche,
erquickt euch an der Glut!
Doch traut euch – singt hinaus mit Schall
mit neu gewonn’nem Mut!.
Euer Leben ist zu kurz
für Feigheit vor dem Freund!
Sagt ehrlich, dass wir alle hier
in einem Geist vereint! :/
Des Morgens sind sie dann erwacht
und sprechen eine Zunge;
doch reden sie mit halber Kraft,
singen mit halber Lunge.
Verstohlen geht noch oft ihr Blick
hinaus ins Menschenrund,
und mancher strenge, fremde Blick,
verschließt noch manchen Mund.
/: Singt, trinkt, Sterbliche,
erquickt euch an der Glut!
Doch traut euch – singt hinaus mit Schall
mit neu gewonn’nem Mut!.
Euer Leben ist zu kurz
für Feigheit vor dem Freund!
Sagt ehrlich, dass wir alle hier
in einem Geist vereint! :/
Steht die Sonne im Zenit,
schreitet man ins Grün,
und heimlich sieht man viele dann
den Hammer überzieh’n.
Doch mancher spürt die Nähe hier
von manchem, alten Gott,
und laute Stimmen klingen auf
bei einem Ahnen-Blot.
/: Singt, trinkt, Sterbliche,
erquickt euch an der Glut!
Doch traut euch – singt hinaus mit Schall
mit neu gewonn’nem Mut!.
Euer Leben ist zu kurz
für Feigheit vor dem Freund!
Sagt ehrlich, dass wir alle hier
in einem Geist vereint! :/
An des Feuers hellen Flammen,
mitten in der Nacht,
in den Herzen aller Freunde
neue Kraft erwacht.
Laut tönt er nun aus Tausend Kehlen,
der alte, weise Klang,
und alte Götter lässt man preisen
mit lautem, kräft’gem Sang.
/: Singt, trinkt, Sterbliche,
erquickt euch an der Glut!
Doch traut euch – singt hinaus mit Schall
mit neu gewonn’nem Mut!.
Euer Leben ist zu kurz
für Feigheit vor dem Freund!
Sagt ehrlich, dass wir alle hier
in einem Geist vereint! :/ Hinaus in die
Nacht Wenn die Nebel
sich senken auf herbstliches
Laub, dann erinnert
man Zeiten, die versanken im
Staub. Wenn die Winde
kalt wehen und der
Blätterwald rauscht man leise im
Dunkel die Gestirne
erlauscht. Wenn der Regen
so prasselt und die Nässe
aufsteigt sich im Wald
jeder Wipfel still
herniederneigt. Dann will ich
hinaus, hinaus in die
Nacht, will ich rufen
die Geister die im Nebel
erwacht. Hinaus in die
Nacht, seh’ die Sterne
ich gleißen, die im Dunkel
der Nacht Himmelswege mir
weisen. Im Auge des
Sturms will die Mächte
ich finden, die hinaus in
die Nacht ihre Siege
verkünden. Kennen wir
uns nicht woher Kennen wir uns
nicht woher, ihr seid mir so
bekannt. Es war nicht
hier, es war nicht jetzt, damals, im
fernen Land. Mein Herz, das
schlug beim ersten Blick Hell wie ein
Glockenschlag. Ich weiß nicht,
ob’s an diesem Blick oder Atlantis
lag. Die Seele – ach!
So wohlbekannt! – den alten Freund
erkennt, ich weiß nicht,
ob man’s Schicksal oder Fügung
nennt. Ich sehe alte
Bilder, Marmor, Wellen,
Strand, die ich noch nie
gesehen, doch die mir
wohlbekannt. Ach, Seele, lass
das Zerren, du Herz,
verschon die Brust! Ach Hirn – such
nicht nach diesem Bild, weißt nicht, was
du gewusst. Ein Wo, ein Wann
und ein Warum, warum sind wir
uns nah? Die Seele hat
schon lang geahnt, was dann das
Auge sah. Wenn dann oft im
Hier und Jetzt das Trennende
gewinnt – ich weiß, der
güld’ne Sand der Zeit noch lange
weiter rinnt. Dann: In der
Bahn um Jupiter, auf einer
Raumstation. Ich weiß: auch
wenn in ferner Zeit, Schicksal
erfüllt sich schon. Nur noch einmal Drachen reiten
Nur noch einmal
Drachen reiten, durch den kalten
Winterwind; droben, wo die
Wolken schlafen und die Sterne
nahe sind. Rund um des
Drachen Lederschwingen ist die kalte
Luft bereift. Und man spürt,
wie durch den Mantel, Kälte nach der
Seele greift. Doch ganz warm
klingt aus dem Äther kristallener
Planeten-Klang – wie sie ziehen
seit Äonen, stets die
gleichen Bahnen lang. Milchstraße, du
weißes Bann, starkes Rückgrat
jeder Nacht. Hat doch dein
weißer, feiner Schleier stets mich
wieder heimgebracht. Steh’ ich auf
des Daches Rücken, seh’ dem Drachen
steigend nach, fühl’ ich tief
in meinem Innern wie mein Herz
schon wieder brach. Kommt er wieder?
Kann ich einmal fliegen noch,
dem Himmel nah? Kann von oben
dann erkennen, was von unten
ich nur sah.
Odins Auge
Odin, wenn dir Tränen kommen –
weinst du dann mit beiden Augen?
Oder tut die leere Höhle
nicht einmal für Tränen taugen?
Odin, welches Auge gabst du,
tauschtest es für Weisheit ein?
Konnte dort an Mimirs Quelle
das linke Mal das rechte sein?
Odin, mit nur einem Auge
kannst du von der Zukunft träumen.
Doch mit der verblieb’nen Sehkraft –
siehst du da Tiefe in den Räumen?
Odin, da dein Haar ergraute –
ist für Götter Wissen Last?
Schwer ist es, voll zu erfassen,
was du hingenommen hast.
Odin, Kinder sahst du sterben,
lange schon, bevor’s geschah –
schlimmer als durch’s sehend‘ Auge
ist, was das tote Auge sah.
Odin, ich lausch‘ nicht jenen Stimmen
die vom verlor’nen Auge sprechen.
Du weißt genau, wo’s Auge ist,
und wirst dich an den Spöttern rächen.
Ostara
Wenn andere uns / von außen betrachten
so sehen sie Bilder / und selten den Sinn.
In ihren dunklen / Phantastereien
gibt sich die Priest’rin / dem Gotte hin.
Und während dann Herne, / der Hirsch und der Jäger,
den mächtigen Phallus / tief in ihr versenkt,
er – frei nach der Bradley – / dem ganzen Lande
Avalon Friede / und Fruchtbarkeit schenkt.
Drum sagten wir „Freunde! / Das was wir hier tuen
in Wahrheit ist allen / Medien egal.
Drum lassen wir hängen / des Hernes Gemächte,
lasst sein was sonst nie / ist Ostaras Fanal!
Und siehe, die Beiden, / sie standen im Kreise,
manch eine Hüfte / wiegt sich im Takt.
Aus Kehlen Gesänge, / die sonst man nie hörte,
so hat Parodie / hier die Wahrheit gebracht.
Was sonst wir nie taten, / um‘s Klischee zu meiden,
was „Wicca“ und „Bradley“ / und nicht Asatru –
die Beiden, sie waren / im Taumel gefangen,
gebannt schauten alle / dem Ritual zu.
Wir dürfen nicht länger / in Ängsten verweilen.
Hinaus aus der Nische! / Mit Volldampf, voran!
Wer sich nie traut, / ganz heidnisch zu leben,
kommt niemals als Heide / im Leben ganz an.
Suchst du starke Streiter
Suchst du starke
Streiter, ist er die
falsche Wahl. Suchst du rote
Reiter, ist er die
falsche Wahl. Keine Schwerter,
keine Beile, keine Rosse, die
in Eile, keine
achtbeinigen Pferde, deren Hufe
trommeln Erde. Denn: Delling steht
für Brücken, Delling steht
für Lücken, Delling steht
für Übergang. Delling steht
für Zeiten, die
vorübergleiten; für Sonnenauf-
und -untergang. Suchst du
fruchtbar’ Felder, ist er die
falsche Wahl. Suchst du
güld’ne Gelder, ist er die
falsche Wahl. Keine Egge und
kein Pflug, nirgends Biene,
Vogelflug, keine Kisten,
voll mit Gaben, um sich an
Geschmeid’ zu laben. Denn: Delling steht
für Brücken, Delling steht
für Lücken, Delling steht
für Übergang. Delling steht
für Zeiten, die
vorübergleiten; für Sonnenauf-
und -untergang. Suchst du Lust
und Liebe, ist er die
falsche Wahl. Auch zur
Befriedigung der Triebe, ist er die
falsche Wahl. Keine Nacht, wie
alle Nächte, keine Küsse –
gute, schlechte, nirgends Lust
und Leidenschaft, nichts, was
Erleichterung verschafft. Denn: Delling steht
für Brücken, Delling steht
für Lücken, Delling steht
für Übergang. Delling steht
für Zeiten, die
vorübergleiten; für Sonnenauf-
und -untergang. Suchst du
trotzdem weiter, ist er die
richt’ge Wahl. Bleibst du trotz
allem heiter, ist er die
richt’ge Wahl. Worte, die wie
Waffen schneiden, Linderung für
alle Leiden, Leidenschaft und
heißer Schmerz – nur: rufe
Delling nie im Scherz. Denn: Delling steht
für Brücken, Delling steht
für Lücken, Delling steht
für Übergang. Delling steht
für Zeiten, die
vorübergleiten; für Sonnenauf-
und -untergang. [1] Zur weiteren Information: www.gheorghe-zamfir.com/biographie.htm [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Luciafest [3] Tue ich nicht. Es war „There’s a kind of hush (all over the world)“ von Engelbert Humperdinck [4] http://www.miracleoflove.eu/content/view/7/8/; Stand 23.04.10
[5]
http://de.wikipedia.org/wiki/Ariel_Scharon [6] http://www.rainbow-spirit-festival.de/cms/website.php?id=/de/programm.htm&start=Mo&src=rsf&sid=0d242295933fbb8e157ac70f9f6f84a2 [7] http://en.wikipedia.org/wiki/Emerald_City_%28song%29 [8] http://bettylou.zzruss.com/emeraldcity.htm [9] http://schriftenmission.de/index.php?id=413&tx_commerce_pi1[showUid]=39 [10] Immerhin – neben „Merlin“ – das einzige Musical, das ich je wirklich in New York live gesehen habe. [11] ... klar, Delling Gott des Übergangs liebt auch Türen. [12] Mehrere Welten entfernt sogar. [13] Klare Anspielung auf „The Prisoner“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Nummer_6)
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