Homo Magi Archiv Wöchentliche Ansichten eines Magiers über die Welt Teil 12
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Gender Mainstreaming in extremo
Hallo Salamander, vor einigen Wochen war ich in einem Hotel in einer
Großstadt und musste … auf die Toilette. Es war ein wenig verwirrend,
was da an Hinweisen auf mich einprasselte. Ich war gewarnt, denn das
Symbol für den Lift war ein aufsteigender Helikopter. Aber die
Toiletten-Symbole waren in einem Anfall von „Gender Mainstreaming“ stark
ent-sexualisiert; will sagen: die stilisierten Geschlechtsmerkmale waren
unterschiedliche große Ovale (!), die Kleidung war Unisex (nein, an
Toilettentüren tragen jetzt nicht nur die Männer Hosen), Buchstaben
werden total überschätzt, wenn sie zur Bezeichnung von Toiletten dienen
sollen. Aber: Es gab eine Aufschrift. Auf der einen Tür stand
„Shopping“, auf der anderen „Football“ (beides in Englisch; ich weiß
nicht, was der deutschsprachige Mann ohne Fremdsprachenkenntnisse macht,
wenn er auf die Toilette will). Eigentlich hätte ich „Shopping“ betreten
müssen, weil ich das viel lieber tue als „Football“ (oder „Soccer“, wie
es eigentlich richtig heißen müsste). Aber in einem
Anti-Diskriminierungs-Doppelschluss vermutete ich, dass man hier nur
witzig sein wollte und dass „Shopping“ sicherlich die Tür für Frauen
ist. Ich blieb einen Moment verwirrt stehen. Es kam eine
Frau aus der „Shopping“-Tür. Gerettet. Also war „Football“ meins. In den nächsten Stunden konnte ich aber beobachten,
dass nicht nur ich verwirrt vor den ent-sexten Ovalen stand und
sinnierte. Sinnierte über den Sinn der Gleichberechtigung, Englisch in
deutschen Hotels, ovale Geschlechtsteile und „Shopping“ als Indikator
für Geschlecht und die damit verbundene, erneute Diskriminierung. Dein Homo Magi
Magier_innen Hallo Salamander, das Magazin „zeichen“ der Aktion Sühnezeichen
Friedensdienste ist nicht der Ort, wo ich normalerweise nach Impulsen
für eine heidnische oder magische Kolumne suche. Doch das Heft 3/11
führte dazu, dass ich ein wenig in mich hineinschmunzeln musste. Diese
Erheiterung würde ich gerne weitergeben. In eigener Sache: Neue Schreibweise (…) Wir haben unsere gender-Schreibweise umgestellt
und verwenden nun einen Unterstrich beispielsweise bei Pfarrer_innen
anstelle von PfarrerInnen. Die Verwendung des Unterstrichs markiert, dass nicht
alle Menschen sich eindeutig als Männer oder Frauen zuordnen können oder
wollen und macht die Lücke in zweigeschlechtlichen Verortungen deutlich. Der Unterstrich (Englisch: gender gap) ist die
einzige Schreibweise, die Menschen aller geschlechtlichen Selbstkonzepte
und Seinsweisen einbezieht und Transgender, Transsexuelle und
Intersexuelle nicht unsichtbar macht. Eigentlich will nicht, dass alle geschlechtlichen
Selbstkonzepte immer sichtbar sind … aber das mag eine viktorianische
Denkweise sein, die sich in meinen mentalen Schubladen auf einem
Rückzugsgefecht befindet. Was mich ärgert, sind Dinge wie „gender-Schreibweise“,
als gäbe es dafür keine deutsche (oder auch nur groß zu schreibende)
Version. Und müsste es nicht Mensch_innen heißen … aber cool ist, dass
hier Pfarrer_innen als Beispiel genannt wird. Ein religiöser
Partnerberuf (sorry, Partner_innenberuf) für den Heiden (Heid_inn_en?)
von heute. Also, liebe Magier_innen, Elementarkräft_inn_en und
Hexe_r_n, wir haben sprachlich noch einiges nachzuholen, nicht wahr? Und ja, liebe Wicca, wir reden dann mal über
männliche Namen für alle Funktionen im Ritual, richtig? Und werte Asatru,
jubiliert nicht zu früh – was machen denn die Walkür_innen und die
Norn_en so in der neuen Schreibweisung (weil Weise ist männlich!)? Dein Homo Magi
Die Venus (mal wieder) Hallo Salamander, da habe ich noch vor einigen Tagen über die Stadt
Retz auf der Venus gelästert. Und jetzt muss ich feststellen, dass es
sich bei Retz offensichtlich um ein Zentrum der Weisheit handelt, das
mir bis jetzt entgangen ist.
So lagert das heilige Buch „Shariyat-Ku-Sugmad“ im
Haus Moksha im Tempel der goldenen Weisheit in Retz auf der Venus![1]
Denn einer der (aufgestiegenen?) Meister der Ecken (dazu später mehr)
ist Rami Nuri, der auf jenes Buch auf der Venus aufpasst. Damit ist er
in guter Gesellschaft, gemeinsam mit wichtigen Gestalten wie Fubbi Quanz,
der in Nordtibet im Kloster Katsupari auf das Shariyat-Ki-Sugmad
aufpasst (Hey! Mal ehrlich – Fubbi Quanz?). Dann gibt es Gopal Das, Kata
Daki, Lai Tsi, Rebazar Tarzs (der für die niederen Welten zuständig
ist), Towart Managi und Yaubl Sacabi.[2]
Keine Frauen, aber da es hier um Weisheit geht, scheint man sich
einseitig darauf festgelegt zu haben, dass nur Männer Meister werden
können.
Es geht um die „ECK Master“, eine Kurzform für die
religiöse Bewegung Eckankar.[3]
Diese Meister zeihen sich in einer ungebrochenen Kette durch die Zeit;
man nennt sie wohl besser nicht Meister der Ecken (wäre meine Form),
sondern besser den „Orden der Vairagi Adepten“[4]. Zu diesen Meistern heißt es unter „Kritik“ im
entsprechenden Artikel der Wikipedia:
Neben auch außerhalb von Eckankar bekannten
Persönlichkeiten, werden von Eckankar auch Eck-Meister aufgezählt, von
denen Kritiker annehmen, dass es sich um Erfindungen Paul Twitchells
handelt, die tatsächlich nie existiert haben. So zum Beispiel auch Sri
Gakko, der vor etwa sechs Millionen Jahren die wahre Lehre auf die
Venus, genauer die Stadt Retz auf der Venus, gebracht haben soll.[5] Abgesehen davon, dass ich überrascht bin, dass es
Kritiker gibt, die nicht an venusische Meister glauben – wieso darf Rami
Nuri nicht mehr auf der Venus aufpassen, sondern Sri Gakko? Und kann man
Fubbi Quanz noch kennenlernen? „Ich lernte bei Fubbi Quanz alles über,
was ich über Magie wissen wollte!“ wäre ein T-Shirt, was ich anziehen
würde. Ehrlich. Aber nur in Retz. Dein Homo Magi
Sing HU Hallo Salamander, die Welt da draußen ist voll mit eigenartigen
Geschichten. Ich habe nach meinen ersten Äußerungen über die
Eck-Religion wirklich Material von denen angefordert. Das ist sehr …
eigenartig. Ich will mich in die innere Materie nicht allzu sehr
hineinbegeben, das ist Glaubenssache und widerspricht – natürlich –
jeder rationalen Auseinandersetzung (nicht, dass nicht jeder Glauben an
sic irrational wäre, aber manche sind eben irrationaler als andere …).
Aber etwas sagen kann ich zu „HU“. Wie spricht der
Meister: „Wenn Sie einen harten Tag haben, denken Sie daran, HU zu
singen. Es bringt Sie wieder in Einklang mit dem Heiligen Geist.“[6]
„Singen Sie bis zu etwa 20 Minuten lang HU mit einem Gefühl der Liebe
und es wird allmählich Ihr Herz für Gott öffnen. Diese Übung kann
unabhängig von Ihrer Religion oder Glauben mehr Glück, Sicherheit und
spirituelle Freiheit in Ihr Leben bringen.“[7]
Nunja, auf dem Flugblatt heißt Eckankar auch
folgerichtig „Religion von Licht und Ton Gottes“. Ton. Das klingt nach Gesang – bingo! Es findet sich
auch ein Link: www.sing-hu.info. Nichts wie drauf geklickt und
reingehört. Äh … da fehlen einem die Worte. So oder so ähnlich hört es
sich doch an, wenn der außerirdische Felsblock in „2001“ spricht oder
wie die Außerirdischen in „Unheimliche Begegnung der 3. Art“ eigentlich
sprechen müssten (wenn sie nicht die Lichtorgel hätten … anderes Thema,
das hier nicht vertieft werden soll). Un-fass-bar. Un-faaaaaasss-bar. HU! HU! HU! Dein Homo Magi
Eckankar Hallo Salamander, ich war schon neugierig, als meine schriftliche
Anfrage an die deutsche Niederlassung von „Eckankar“ (wir erinnern uns
an „Hu!“) erbrachte, dass das bestellte Werk „Eckankar – Uralte Weisheit
für die heutige Zeit“ „nicht mehr zur Verfügung“ steht. Also habe ich
mir das Werk antiquarisch besorgt („Eckankar – Uralte Weisheit für die
heutige Zeit“, zusammengestellt von Todd Cramer und Doug Munson,
Minneapolis/USA, 1996²). Dieses Buch ist voll von Überraschungen. Nicht genug,
dass man auf Seite IV erfährt, dass „Seelenreisen“ Schutzmarke von „in
den U.S.A. und anderen Ländern“ ist (wie bitte?). Auch die religiösen
Erläuterungen sind oft … eigenartig. Ich habe es durchgearbeitet und
berichte dir brühwarm davon.
Was ist Eckankar? Das Ziel der Religion ist die
Befreiung vom Karma: „Die meisten ECKIsten möchten frei von Karma sein.
Sie möchten gerne ihr karmisches Konto bis zum Ende ihrer jetzigen
Lebenszeit ausgleichen.“[8]
Da wären manche froh, wenn sie nur den Dispo ausgleichen könnten! Aber,
so einfach ist das nicht, denn: „Die Seele prüft und läutert sich, indem
sie beispielsweise ein Leben als Mann oder Frau, mit schwarzer oder
weißer Hautfarbe, in Reichtum oder Armut führt.“[9]
Aha.
Und was ist das Eck? „Das ECK ist die Essenz des
Sugmad oder Gottes. Es fließt vom Schöpfer herab in die niederen Welten
und kehrt dann zum Ursprung zurück. Es unterstützt und erhält alles
Leben. Über die Jahrzehnte wurden Ihm viele Namen gegeben. Der Heilige
Geist, Logos, das Wort, der Göttliche Geist, Bani und Vadan sind einige
dieser Namen. Viele der religiösen Traditionen berufen sich auf
irgendeine Art auf das ECK.“[10] Hm. Viele also in irgendeiner Art. Aha.
Und wer ist der Chef? Religiöser Führer ist immer
der „Lebende ECK-Meister“ – „Theologische Streitgespräche und politische
Manöver (...) werden dadurch vermieden.“[11]
Klar, das ist im Katholizismus genauso. Die anderen Meister (hier ist
mir die Unterscheidung nicht ganz klar) leben dann doch noch und geben
ihre Weisheit weiter (wenn auch an Orten, die man zu Fuß nicht erreichen
kann, weil sie wohl in anderen Dimensionen liegen). So gibt es Rebazar
Tarzs, den Tibeter[12]
– aber auch Fubbi Quantz, der in Tibet auf das Katsupari-Kloster
aufpasst, Yaubl Sacabi im Hira-Tempel im Himalaya, Banjani in der Wüste
Gobi, Gopal Das in Sahasra-dal-Kanwal, Shamus-i-Tabriz in Honu, Koji
Chanda in Mer Kailash, Lai Tsi (oder Lai-Tsi) in Arhirit und Harald
Klemp in Chanhassen/Minnesota[13]
(raten sie, welcher Name nicht in die Reihe passt …).
Der „Lebende ECK-Meister“ ist nur der letzte in
dieser Reihe: „Diese ununterbrochene Kette reicht weit durch die Zeit
zurück.“[14]
Eigenartig ist nur, warum diese ununterbrochene Kette nur Asien und
Nordamerika zu umfassen scheint – ganz abgesehen davon, dass es wohl
(fast) nur Männer sind, die Meister werden (ausdrücklich wird die Hilfe
„durch den weiblichen ECK-Meister Katar Daki“ erwähnt[15]).
Kleine gelbe Männer, die uns beherrschen wollen … warum taucht Fu Manchu
aus Shangri-La bloß nicht in der Liste auf? Aber die Meister gibt es
nicht alle körperlich, lernt man: „Diese ECK-Meister sind auch auf jeder
Ebene und auf jedem Planeten in den Universen Gottes vorhanden.“[16] Aha. Sozusagen. Es gibt einen ECK-Meister in jeder
ECKe des Universums. Das liest sich mehr wie schlechte Fantasy – mit dem
guten Magier Fubbi Quantz als Reisebegleiter quer durch Tibet und
Minnesota, Oz meets Tibet. Und was hören die abends im Radio? „Just around the
corner“ oder „nur schnell um die ECKe“. Ich gehe jetzt mein Karma läutern. Dein Homo Magi
Mistigris Hallo Salamander, das irre Wort der Woche ist definitiv Mistigris. Kann
man in Unterhaltungen immer cool verwenden, weil sowieso keiner weiß,
was es ist. Eigentlich ist die Bedeutung klar, wenn man es mal gelesen
hat:
1. (Group Games / Card Games) the joker or a blank card used as a wild
card in a variety of draw poker
2. (Group Games / Card Games) the variety of draw
poker using this card [from French mistigris jack of clubs, game in
which this card was wild][17]
Also: Der Joker in seiner Rolle in diversen
Poker-Varianten (die es online aber schwer zu finden gibt, die
Verbindung „Poker“ und „Mistigris“ bringt auf den ersten Sitz wenig im
Internet als verwendeter Suchbegriff). Man muss zurückgehen bis zu „The
Cyclopaedia of Card and Table Games“ von Professor Hoffmann aus dem
Jahre 1891. Hier steht, dass „Mistigris“ die leere Karte ist, die mit
einem neuen Kartenspiel verkauft wird (um das Muster der Rückseiten zu
zeigen!). Sie gilt dann als Joker.[18] Eine leere Karte, die alles sein kann, ist doch was
ganz anderes als ein Joker, oder? Projektionsfläche für unsere Wünsche,
Wunder in der Hand – ein Mistigris eben. Dein Homo Magi
Skeuomorph Hallo Salamander,
manchmal verfolgen einen Begriffe, der hier ist mir aber zugespielt
worden. Nun, das ist nicht das schlechteste (und ich muss nicht alles
selbst finden). Heute ist unser Wort der Woche der Skeuomorph. Der was?
Also:
A
skeuomorph
(…) (Greek:
skeuos—vessel
or tool,
morphe—shape),
is a derivative object that retains ornamental design cues to a
structure that was necessary in the original. Skeuomorphs may be
deliberately employed to make the new look comfortably old and familiar,
such as copper cladding on zinc pennies or computer printed postage with
circular town name and cancellation lines. An alternative definition is
„an element of design or structure that serves little or no purpose in
the artifact fashioned from the new material but was essential to the
object made from the original material”. This definition is narrower in
scope and ties skeuomorphs to changes in materials.[19] Also: Damit sollen modern Dinge altertümlich und
vertraut wirken. Beispiele sind auf den Umschlag gedruckte Briefmarken,
die mit Ortsstempel und Entwertungslinien aussehen sollen, als wäre eine
Briefmarke aufgeklebt und später entwertet worden.
Eine Auswahl anderer Beispiele umfasst[20]:
Fake stitching in plastic items that used to be made of leather or vinyl
and actually stitched together
Tiny, non-functional handles on small
maple syrup
jugs
The non-functional scoops on numerous automobiles, notably
supercharger
scoop
on the
second generation Mini-Cooper,
and nearly all rear wheel brake scoops on Ford Mustangs of any vintage.
Impressive, large-diameter concentric assemblages of black and silver
„hardware“ encircling the tiny objective lenses on most consumer-grade
digital still and video cameras
Cigarettes
with the paper around the
filter
printed to look like a cork filter Wir nähern uns dem Ziel. Es geht um Dinge wie
Pseudo-Korkfilter als Aufdruck auf Zigarettenfilter und die kleinen
Hänger an Sirup-Flaschen, die völlig dys-funktional sind.
Noch ein schönes Beispiel:
A design feature copied from a similar artifact in another material,
even when not functionally necessary. For example, the click sound of a
shutter in an analog camera that is now reproduced in a digital camera
by playing a sound clip.[21] Also: Digitalkameras liefern das mechanische „Klick”
nach, damit der Kunde weiß, wann er ein Foto geschossen hat. Skeuomorph. So, und was macht das Wort jetzt bei einem netten
Magier wie mir? Einfache Frage, einfache Antwort: Es gibt auch in der
Magie Skeuomorphe. Funktionslose Überbleibsel, die nur als „Wohlfühl-Erinnerung“
bestehen bleiben. Oder wie soll ich sonst ein Horn der Asatru nennen,
dass nicht mit Dichtermet, sondern mit Himbeersaft gefüllt ist? Wie ein
stumpfes magisches Schwert bei den Wicca, oder die kleinen Kohlebriketts
für die Rituale drinnen, damit man kein großes Feuer machen muss? Ein
Skeuomorph-Ritual, würde ich mal sagen. Wenn man die Form verändern würde, ich meine:
wissentlich verändern, dann wäre ja alles in Ordnung. Aber so …
skeuomorpht man nur. Dein Homo Magi
Crowleys Erben Hallo Salamander, die Welt bleibt eigenartig, auch im neuen Jahr.
Einige Dinge, die man im Internet findet, sind so … eigenartig, dass man
sie nicht glauben mag. Mein neuer Liebling ist die These, dass Georg W.
Bush (ja, der amerikanische Ex-Präsident) der Enkel von Aleister Crowley
ist:
Is Aleister Crowley the father of Barbara Bush?
Even she may not know for certain; indeed, I have no way of knowing
whether she has ever been told that this possibility exists. However,
more than one person has noted the resemblance -- and this resemblance
is not just physical. Many will recall the former First Lady's haughty
and thoughtless remarks in the aftermath of the Katrina disaster. Those
„in the know” were reminded of Aleister Crowley's similar reaction to
the loss of life which occurred during the ascent of Kangchanjunga, an
expedition he commanded: „This is precisely the sort of thing with which
I have no sympathy whatsoever.”[22] Manches Mal frage ich mich, ob das Böse in der Welt
wirklich durch Abstammungslinien erklärt werden kann … nein, kann es
nicht. Aber das hier ist … eigenartig. Naja, mal was anderes als Mayas, welche die Welt
untergehen lassen. Dein Homo Magi
Einbrüche Hallo Salamander, manchmal ist das Leben nicht nur eigenartig, sondern
sehr eigenartig. Letzte Woche bekam ich einen neuen Rechner auf der
Arbeit. Also war klar, dass es ein paar Tage dauern würde, bis man
wieder normal mit der Umwelt kommunizieren könnte. Das
Auto-Vervollständigen der Adressen beim Verfassen von E-Mails war weg
(die Adressen waren fort; man ahnt gar nicht, wie ärgerlich es ist, die
alle wieder rauszusuchen), dann waren bestimmte Verknüpfungen fort oder
liefen ins Leere. Ich beschloss, den Rechner trotzdem mit heim zu
nehmen, weil ich am nächsten Wochenanfang einen Außentermin hatte, der
den Rechner und mich verlangte. Das war Donnerstag. Freitag ging mein Diensthandy
kaputt. Die Griffschale löste sich, so dass ich zwar (mit kräftigem
Handdruck) telefonieren konnte, aber eingehende Telefonate brachen immer
ab, wenn ich die Griffschale nicht fest genug hielt. Ich bestellte ein
neues Handy. Die Lieferung wurde für Dienstag avisiert. Ich hatte jetzt
also weder dienstliche E-Mails auf dem Rechner noch dienstliche Anrufe
auf dem Handy. Samstag wurde ich geweckt, weil die Polizei mitteilen
wollte, dass mein Arbeitsplatz aufgebrochen worden war. Also durfte ich
Samstag auf die Arbeit fahren und die Spurensicherung beobachten – die
sich weiter von „Navy CSI“ fort befindet als ich von der Oberfläche der
Venus. Aber das ging vorbei und ich konnte das Chaos in meinem Büro samt
aufgerissenen Schubladen und durchwühlten Ablagen bewundern. Die gute Nachricht: Mein Laptop war sicher, weil ich
ihn heimgenommen hatte. Die schlechte Nachricht: Jetzt hatte ich kein
Handy, keinen Laptop, kein Büro mehr, die in (voll) funktionalem Zustand
gewesen wären. Und, damit es sich lohnt, war ich noch drei Tage auf
Schulungen. Also musste ich danach alles aber wirklich alles wieder
rekonstruieren – na gut, alles habe ich noch nicht geschafft, ich bin
noch dabei, den Rest zu erledigen. Was will mir das Schicksal damit sagen? Dass man auch
ohne elektronische Kommunikation arbeiten kann? Das wusste ich vorher,
aber jetzt ist es mir klarer. Dass man sein Handy nicht braucht, wenn
man Gespräche führen will? Auch das wusste ich vorher. Ich nehme es als
Verlängerung der Raunächte an, als einen Wink des Schicksals, auch auf
der Arbeit mal zu überlegen, was für mich wichtig ist (daher:
wiederherzustellen) oder unwichtig (daher: abzuschreiben und in den Müll
zu entsorgen). Klappt eigentlich ganz gut, aber der Einbruch war echt …
nicht nötig. Ich hätte es wohl auch ohne verstanden. Behaupte ich
einfach mal. Dein Homo Magi
Gleise Hallo Salamander, ich habe mir kürzlich bei einer längeren Zugfahrt
überlegt, ob man eigentlich vorher wissen kann, auf welcher Seite der
Ausstieg am Zielbahnhof ist. Wenn man davon ausgeht, dass alle
Bahnsteige so nummeriert sind, dass 1-2, 3-4, 5-6 und so weiter Paare
bilden und wenn man weiß, aus welcher Himmelsrichtung man kommt, dann
müsste man das doch berechnen können, oder? Es klang wie ein kluger Plan, um eine längere
Fahrtzeit zu überbrücken. Wenn ich von Norden komme und der Zug nach
Süden weiterfährt, dann müsste doch … Dann fing ich an, über die Frage nachzudenken, ob
alle Bahnsteige wirklich 1-2 und so weiter nummeriert sind. Sind sie
nicht, meine Heimatstadt hat das beeindruckende System 1, 2-3, 4-5 und
so weiter. Bahnsteig 1 war früher der Fürstenbahnsteig, daher hatte er
eine eigene Treppe. Ein weiterer mir bekannter Bahnhof hat das schöne
System 1-2, 3-4, 5-6, 11-12 und so weiter. Die Bahnsteige 7 bis 10 sind
einfach nicht existent. Muss man nicht verstehen. Aber angenommen, alles wäre im System und man könnte
die Zeit vor dem Aussteigen nutzen, um anhand der praktisch dort
hängenden Deutschlandkarte mit allen Bahnlinien herauszubekommen, in
welche Himmelsrichtung man unterwegs ist … hat man trotzdem nicht
gewonnen. Es ist egal, da der Zug auf beiden Seiten Türen hat. Hey, ich habe echt fast eine halbe Stunde
nachgedacht, bevor mir dieses beeindruckende Ausschlussargument
eingefallen ist. Irgendwie ein wenig peinlich, oder? Auch die größten
Geister ... haben Ausfälle. Dein Homo Magi
Eklund Hallo Salamander, ich muss das Universum nicht verstehen. An manchen
Tagen wird mir das klarer als anderen. Auf der Suche nach Informationen über den Science
Fiction-Autor Gordon Eklund (durch den ich mich gerade in Teilen
durchfräse – nicht durch ihn, sondern durch sein Werk) fand ich auch
folgende wertvolle Information im Netz: Gordon Eklund
(getragen 24. Juli, 1945, Seattle, Washington) ist a Nebelfleck-Preis-
gewinnend, Amerikanisch Zukunftsromane schreiben Sie dessen Arbeiten die
Reihe „des Lords Tedric“ und die zwei der frühesten ursprünglichen
Romane miteinschließen, die auf den sechziger Jahren basieren
SternTrek Fernsehapparat
Reihe. (…) Eklunds SternTrek Roman Die Starless Welt
war die erste SternTrekgeschichte ungefähr a Dyson Bereich. (…) Die Cushing Erinnerungsbibliothek von Texas
A&M Universität hat ein „Gordon Eklund Ansammlung“ Gehäuse das
geschriebene Manuskript der Geschichte „das Material von Zeit“. Ab 2006
arbeitet Eklund als a Realtor in Durchbohren Sie Grafschaft, Washington.[23] Ich bin mir nicht sicher, was mir am meisten Angst
macht an dieser Auskunft. Der Nebelfleck-Preis ist wohl der Nebula-Award,
die „SternTrek Fernsehapparat Reihe“ ist wohl die „Star Trek TV-Serie“. Schön finde ich das „Gordon Eklund Ansammlung
Gehäuse“; irgendwie klingt das nach einer Steampunk-Maschine, die in
einem die Gedärme rausbohrt. Was natürlich zu seiner Tätigkeit als „Realtor“(ist
„real Tor“ eine schlechte Übersetzung für „wirklicher Depp“?) in
Durchbohren Sie Grafschaft, Washington passt. Was für ein Leben, Herr Eklund – Respekt! Dein Homo Magi
Mond Hallo Salamander, draußen ist es bitter kalt. Man kann zwar davon
träumen, dass wir dieses Jahr die Chance auf einen Temperaturunterschied
von 60 Grad haben werden – nämlich von fast -20 Grad Celsius bis über 40
Grad Celsius. Aber im Moment hilft einem diese Erwartung wenig weiter. Die Kälte kriecht in die Gelenke, macht sich in den
Wohnungen und Büros breit. Die Weichen der Bahnen frieren ein,
Dieselmotoren bleiben kalt, Schulen werden geschlossen. Dabei haben wir
noch Glück – kein Schnee, kein Eis, nur die Kälte, die allgegenwärtige
Kälte. Aber es gibt Momente, in denen man für all diese
Dinge entschädigt wird. Vorgestern Abend stand ich draußen, eine
rauchen. Die Luft war kalt, der Atem bildete weiße Wolken, aus denen man
analog zu Kaffeesatz wegen seiner Diffusität die Zukunft hätte lesen
können, wenn man dafür begabt wäre. Der Boden knirschte, es war keine
geschlossene Eisdecke, aber kleine gefrorene Stücke klammerten sich in
die Ritzen des Asphalts. Der Himmel war klar, die Sterne funkelten. Und auf
einmal stieg hinter einem von Rauhreif versilberten Baum der Mond auf.
Er hatte einen Hof, so groß und so gelb, wie ich ihn noch nie gesehen
hatte. Majestätisch löste er sich aus dem Schatten des Baumes und
kletterte Millimeter für Millimeter am Himmel hoch. Die Kälte war vergessen. Ich stand nur da, wortlos,
sprachlos, und schaute. Der einzige Gedanke, der sich in meinem Gehirn
bilden konnte, war der, dass ich jetzt endlich verstand, warum man den
Mond als Gottheit anbeten kann. Natürlich ist er keine Gottheit, kein
Wesen, keine Identität, keine Person. Aber er ist ein Symbol – er wirft
das Licht der Sonne zurück, ist Spiegel, Begleiter, Freund, uralter
Wanderer am Himmel. Und schön. Dein Homo Magi
Zauberworte in der Bahn Hallo Salamander, wieder einmal verbringe ich Tage damit, mit der
heißgeliebten Deutschen Bahn durch die Lande zu reisen. Ich saß im Zug,
als die freundliche junge Dame, welche als Kontrolleurin ihre
Arbeitstage verpfuscht, den Wagen betrat. Ein freundliches „Morgen von den zugestiegenen
Fahrgästen die Fahrkarten bitte“ auf den Lippen näherte sie sich meinem
Platz. Ich überlegte eine Weile, ob eine Diskussion mit ihr über die
Verteilung von Satzzeichen in ausgesprochenen Sätzen Sinn machen würde. Gemeint hatte sie wohl „Morgen! Von den zugestiegenen
Fahrgästen die Fahrkarten, bitte.“ Aber ähnlich wie die unverständlichen
Ansagen auf Englisch, die über den Lautsprecher dröhnen, wenn man sich
in einem Zug dem Bahnhof nähert („Näschd Sdobb is Essen. Thänk ju fohr
drewelink wiz Deutsche Bundesbahn!“), so verändern sich jetzt schon die
Muttersprache-Fähigkeiten der Kontrolleure durch die Luft in den
Großraumwagen. Nein, ich habe nicht argumentiert, dass ich – wie
angeordnet – gerne bereit bin, meinen Fahrschein morgen zu zeigen. Ich
habe ihn heute gezeigt, obwohl sie etwas anderes verlangt hat. Ich habe
einfach auf Grundlage meiner normalen Einschätzung von Bahnpersonal
hochgerechnet und beschlossen, dass das hier verlorene Liebesmühe wäre. Seufz. Dein Homo Magi
Starbucks Hallo Salamander, kürzlich fuhr ich morgens mit der Straßenbahn zur
Arbeit. Wie üblich las ich eine Kleinigkeit, während ich mit halbem Ohr
den Unterhaltungen der restlichen Mitfahrenden lauschte. Besonders zwei
Jugendliche, meiner Einschätzung nach Marokkaner, hatten es mir angetan.
Sie unterhielten sich über die Rolle des Koran in ihrem Leben, nämlich
darüber dass jemand der an Silvester einen Sekt trinkt, kein gläubiger
Moslem sein kann. Es ging um „Respekt gegen meinen Vater“ und das Wort
des Propheten. Die beiden waren vielleicht 18 oder 19 Jahre alt. Sie
waren westlich gekleidet, sprachen ein gutes Deutsch. Das Gespräch plätscherte an mir vorbei, ohne große
Spuren zu hinterlassen. Dann ging es um die Frage, ob sie noch einmal
aussteigen, um einen Kaffee zu trinken. Am besten bei „Starbucks“, weil
das der beste Kaffee sei. Der andere junge Mann war nicht zu überzeugen.
Dann sagte der erste Jugendliche: „Ja, Starbucks. Ich kaufe da Kaffee –
auch wenn es Juden sind!“ Beide stiegen aus. Kein Mensch außer mir reagierte
auf die Unterhaltung. Ich war sprachlos, sprachlos für mehrere
Stationen. Als ich mich vor Jahren dazu entschloss, eine
multikulturelle Gesellschaft gut zu finden, habe ich das nicht erwartet.
Ehrlich nicht. Dein Homo Magi
61 Sekunden
Hallo Salamander, es gibt eine Frage, die mich auf Bahnhöfen immer
umtreibt: Es ist die Frage nach der 61. Sekunde. Wenn man auf dem Bahnsteig steht und auf den Zug
wartet, dann fällt der Blick immer mehr oder weniger automatisch auf die
Uhren über den Bahnsteigen. Das Bahn-Design des Zifferblatts ist gut zu
sehen, man kann also in Ruhe nachzählen, wie viele Striche für Sekunden
es gibt. Es sind zwölf Felder mit jeweils fünf Strichen, also 60.
Irgendwie macht das Sinn. Aber … das langt nicht. Der Zeiger tickt von oben
seine Runde. Fünf Ticks braucht er bis zum nächsten dicken Strich, der
die Fünfergruppen voneinander trennt. Auf Position 59 klickt er normal
auf Position 60 oder eben 0 weiter – und verharrt einen Schlag. Dann
zieht der Minutenzeiger eines weiter und der Sekundenzeiger macht
weiter. Also unterteilt die Bahn die Minute zwar in 60
Striche, aber in 61 Zeiteinheiten. Warum? Was geschieht in dieser 61.
Zeiteinheit? Hat die einen Namen (Sekundi?)? Erfüllt sie einen Nutzen? Und: Das gilt natürlich auch für die Minuten und die
Verzögerung beim Weiterspringen des Stundenzeigers. Ist das der Grund, dass Züge immer zu spät oder zu
früh kommen? Ist es einfach die Zeit auf dem Bahngleis, die sich von
allen anderen Zeiten unterscheidet? Ich weiß es nicht. Niemand weiß es. Dein Homo Magi
Gedächtnismetall Hallo Salamander, kürzlich haben wir uns im Freundeskreis aus Gründen,
deren Erläuterung zu weit führen würde, über Gedächtnismetall
unterhalten. Und es ging um die Frage, ob uns eine praktische
Anwendungen für Gedächtnismetall bekannt ist. Es begann das große Nachdenken. Dann fiel mir ein
Beispiel ein. Früher, als noch Telefone mit Wählscheiben gab und diese
süßen, geringelten Telefonkabel, da waren die Verbindungskabel vom Gerät
zum Hörer ganz offensichtlich aus Gedächtnismetall. Wenn man nicht
telefonierte, dann waren die Kabel ordentlich gerollt beziehungsweise
geringelt. In dem Moment, wo man das Telefon abhob und den Hörer ans Ohr
führte, erinnerte sich das nun mit Ladung versehene Erinnerungsmetall an
seinen Originalzustand: Chaos. Sofort wurden die Schlingen zu Schlaufen,
die Schlaufen zu Knoten. Die bisher im Uhrzeigersinn verlaufende
Ringelung wechselte unmotiviert die Ausrichtung, so dass ein Entwirren
des Kabels nach dem Telefonat nur möglich war, wenn man den möglichen
Bruch des Kabels in seine Kalkulation mit einbezog. Okay, technisch ist das eine doofe Idee. Schon gar,
weil die Kabel vom Markt waren, bevor das erste Gedächtnismetall in der
allgemeinen Diskussion auftauchte. Wir haben auch nicht darüber
diskutiert, wie lange es schon keine Wählscheiben oder gar
Telefonhörerkabel am Telefon mehr gibt. Aber es war mal was anderes,
„moderne“ Errungenschaften auf „alte“ Technologie anzuwenden.
Dein Homo Magi
Amazing Grace
Hallo Salamander, es ist schwer, meine Gefühle vom letzten Wochenende
in Worte zu fassen. Ein paar Worte der Einführung sind nötig. Nach über 15 Jahren an einer „heidnischen location“
machten es jetzt die Umstände nötig, das wir dort ein letztes Mal
hingefahren sind. Nein, die Burg wird nicht eingeebnet oder es ist
heidnischen Gruppen nicht länger erlaubt, sie zu besuchen. Das Ehepaar,
das die Burg als Hauseltern seit Jahrzehnten bewirtschaftet, geht in
Rente. Danach wird alles anders und wohl nicht besser. Der Träger wird
meiner Meinung nach jemanden einstellen, der das Haus als schlichtes
Hotel weiter betreibt. Damit fehlt nicht nur die persönliche Beziehung
zu den Hauseltern, sondern eine Menge Dinge, auf die wir in den letzten
Jahren zugreifen konnten (wie der großartige Service) werden
verschwinden. Aber das ist nicht der große Wermutstropfen für eine
weitere Buchung, sondern die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die
Übernachtungspreise kometenartig nach oben schnellen, wenn die ganze
Anlage wie ein Hotel geführt wird und nicht mehr wie eine
Jugendherberge. Diese Burg war für mich aus verschiedenen Gründen
wichtig. Natürlich hat es Gründe religiöser Natur. Einige schöne
Rituale, man mag fast „kraftvolle“ sagen, haben hier stattgefunden. Dann
gibt es private Gründe. Es gibt Freundschaften, die hier geschlossen,
Gespräche, die man hier geführt, Lieder, die man hier gemeinsam
gesungen, Vorträge die man gehalten oder gehört hat. Und abschließend
war es auch der Ort meiner schlimmsten heidnischen Veranstaltung – und
der Ort, wo zehn Jahre später viele der „Überlebenden“ sich wieder
trafen, um zu dokumentieren, dass sie weiter machen wollen. Es herrschte eine eigenartige Stimmung. Es war ein
Paar da, das sich hier kennengelernt hatte. Nun waren sie mit drei
Kindern angereist. Ein Kind, das damals auf einer Decke vor dem Kamin
gelegen hatte, war mit seinen Kindern da, die nun auf der Decke vor dem
Kamin spielten. Es war ein Abschied nehmen und ein Neubeginn. Mir hat
es die Kehle zugeschnürt, wenn ich an diese Dinge dachte. Was mich aber
wirklich zu Tränen gerührt hat, war unser Abschied. Ich bin der Meinung,
dass jede zweite Gruppe Wein und eine Grußkarte schenkt (hat sich im
Nachhinein als richtig herausgestellt …). Also marschierten wir am
letzten Abend in den Innenhof, wo der Burgherr zur Abendstunde immer ein
Ständchen gab auf seinem Dudelsack. Jahrzehntelang war es ein „running gag“, dass ich mir
immer „Amazing Grace“ zum Abschied gewünscht habe – und nie bekam. Am
letzten Abend bekam ich es. Im dunklen Burghof ertönte „Amazing Grace“,
ich weinte, die Heiden applaudierten, wir gingen.
Wow.
Dein Homo Magi
Sweet
Hallo Salamander, während die andere Hälfte der Jugend „Sweet“ hörte,
war ich in dem Alter (hey, ich war jung!) ein Fan der „Bay City
Rollers“. Damals wurde der Konflikt zwischen beiden Bands in Magazinen
wie „Bravo“ hochstilisiert. Dazu braucht man Wikipedia nicht, um sich
daran zu erinnern, aber es schön zu lesen, dass dieser Eintrag
offensichtlich von „Zeitzeugen“ gepflegt wird: In
England wurden die Bay City Rollers bezüglich der Sympathien oft mit den
damals bekannten
The Osmonds
verglichen, musikalisch stellte man sie dagegen gerne auch auf eine
Stufe mit
The Sweet.
Kultstatus erreichte die Band vor allem bei den weiblichen Fans, weshalb
die Presse damals von der „Rollermania“ sprach. Konzerte und
Fernsehauftritte waren oft durch eine auftretende Massenhysterie unter
den Fans gekennzeichnet. Für erstauntes Unverständnis bei den Eltern der
Fans sorgten die vielfach wiederholten Bekenntnisse der Rollers, wie die
Bandmitglieder nunmehr genannt wurden, dass sie grundsätzlich keine
Unterhosen trügen.
Zwischen den vor allem weiblichen Fans der Rollers
und The Sweet tobte, angefacht durch Teenie-Magazine wie „Bravo“, über
etliche Jahre eine Rivalität. Es galt als selbstverständlich, sich nur
zu einer der beiden Bands zu bekennen und keinesfalls zu beiden.[24] Das mit der Unterwäsche war damals ein „Running Gag“,
schlimmer war eher die Optik von Bands & Fans. Noch heute heißt es über
die „Erkennungsmerkmale der Roller-Fans“ auf Wikipedia:
Sowohl die Bandmitglieder als auch die Fans waren durch eine
übereinstimmende Mode zu erkennen. Typisch waren parallel geschnittene
4/5tel-Hosen, deren Nähte mit Streifen aus Schottenstoff (Tartan)
besetzt waren, sowie Tartan-Schals, die meist als Accessoires am Gürtel
oder am Handgelenk befestigt wurden. Auch Polo-Hemden, Jacken, und sogar
Kimonos wurden mit Tartan-Streifen verbrämt.
Durch die Band kam außerdem eine voluminöse Föhnfrisur namens „Tufty“ (engl.
tufty: „büschelig“) in Mode. Beim Frisieren eines
Tuftys werden der Pony und das Deckhaar so hochgeföhnt, dass das Haar im
Ansatz möglichst viel Stand hat, und sich zu den Spitzen hin in einem
sanften Bogen nach außen neigt. Eine gute Grundlage für einen Tufty ist
ein vollständig durchgestufter
Stufenschnitt
von ca. 10-15 cm Länge.[25]
Naja. Ich kann mich nur rausreden und behaupten,
dass ich eine andere Frisur hatte … damals wie heute. Aber Hits wie „You
Made Me Believe In Magic“ (die Anfangsbuchstaben bilden das Wort YMMBIM
– muss mir das was sagen?[26])
und „Rebel Rebel“ laufen heute noch oft im Radio – und erinnern mich an
eine Zeit meines Lebens, wo „Magie“ noch nicht „Zauberei“ hieß. Eigenartig. Dein Homo Magi
Der miese Tag Hallo Salamander, es gibt so Tage, da sollte man erst gar nicht zur
Arbeit gehen. Es sind diese Tage, die schon früh Signale aussenden,
dass heute mit Gefahren zu rechnen ist. Das merkt man, wenn morgens die
Kaffeemachine mitteilt, dass sie auf gar keinen Fall bereit ist, noch
eine einzige weitere Tasse Kaffee herzustellen, weil sie jetzt unbedingt
und zwar ausgerechnet genau jetzt entkalkt werden will. Keine
Verhandlungen möglich, Entkalkung –jetzt! Dann die zweite Hürde, der Weg zur Arbeit. Dort
angekommen stellt man fest, dass dieselbe psychisch gestörte und
körperlich beeinträchtigte Diebesbande erneut versucht hat, in den
Arbeitsplatz einzubrechen. Dieses Mal sind sie mit einer Bohrmaschine am
Eingang gescheitert – wahrscheinlich weil sie Angst hatten, die Scheibe
einzuschlagen und sich an den Splittern weh zu tun. Auf jeden Fall sind
sie am Schloss mit dem Bohrer abgerutscht und haben eine lustige Spur
über den Türrahmen hinterlassen. Geöffnet haben sie die Tür nicht, aber
die Tür im Rahmen verzogen, so dass sie sich kaum noch bewegen lässt. Immerhin ging auf der Arbeit die Kaffeemaschine. Was dann aber nicht ging, waren E-Mail und Internet.
Der Server war so fern wie Spitzbergen, Daten konnten nur noch
getrommelt oder mit Fahnen kommuniziert werden. Das war der Punkt, wo ich erstens beschloss, dass ich
früher heimgehe und zweitens beschloss, dass ich nix mehr anpacke an
diesem Tag, was kaputt gehen könnte. Viel zu riskant. Dein Homo Magi
Fingerhanteln Hallo Salamander, um auf dem Arbeitsplatz ein wenig Ausgleich zu haben,
habe ich mir in einem Sportladen Fingerhanteln gekauft. Das sind
eigentlich nur „Handgrips“ (so auch der englische Name); von daher war
ich von der Existenz eines Beipackzettels überrascht. Es gibt laut Beipackzettel nur zwei Übungen –
„Kräftigung aller Finger“ und „Kräftigung einzelner Finger“. Beides sind
Dinge, die ich durchführen kann, ohne dabei allzu große Schwierigkeiten
mit der Ablaufplanung zu bekommen. Und dann – las ich die „Allgemeinen Hinweise“. Dort
steht unter „Sicherheitshinweis“ folgender Satz zu lesen: „Sind Sie
älter als 35, lassen Sie sich vor dem Training von einem Arzt checken.“ Fingerhanteln? Hey, ich bin über 35, aber dass ich
mich vor FINGERHANTELN medizinisch checken lassen sollte, damit ich die
„Kräftigung aller Finger“ durchführen kann ... Mist. Ich werde alt. Dein Homo Magi
Danz der Vambiere Hallo Salamander, gestern war ich in einer Musical-Aufführung. Gegeben
wurden Ausschnitte aus dem Musical „Tanz der Vampyre“. Es war keine professionelle Aufführung, das war uns
im Vorfeld klar. Aber dafür (und für den ausgesprochen akzeptablen
Preis) war es sogar ganz gut. Schöne Bühnenbilder, zum Teil großartige
Kostüme, tolle Tanzeinlagen und eine Länge, mit der man (samt Pause) in
weniger als zwei Stunden alles hinter sich gebracht hatte. Es wäre natürlich banal, wenn das jetzt alles wäre. Die Stimmen. Zum Teil waren einzelne Elemente
hervorragend besetzt. Es gab einen großartigen Chor – offensichtlich der
sich ein wenig deplatziert vorkommende örtliche Gesangsverein, der
effektvoll in Szene gesetzt bei zwei Szenen im Hintergrund mitwirkte und
einen musikalischen „Urgrund“ lieferte, der die entsprechenden Stücke
klar verbesserte. Dann gab es einzelne Rollen, die gut besetzt waren.
Ein Sänger (eigentlich „der“ Sänger) konnte in einem Lied so überzeugen,
dass man ihm gerne nachsah, dass er einmal seinen Text vergaß und einmal
offensichtlich in der falschen Tonart begann. Anderen Rollen waren … gewöhnungsbedürftig, aber man
war sich ja klar, dass man in einem „Fan-Ereignis“ saß. Es war auf jeden
Fall unterhaltsam. Der absolute Knaller war aber der Sprecher, der die
Umbaupausen überbrückte und die Teilstücke ergänzte, die der Kürzung des
Musicals zum Opfer gefallen waren. Der Sprecher machte seine Sache sehr
gut … und das in breitestem Mundart-Hessisch. Da wurde die Veranstaltung
schnell zum „Danz der Vambiere“, Vampire hatten auf einmal viel mit „Sinnlischgeid“
zu tun. Und die Umbaupausen wurden launig kommentiert: „Die Magda gommd
gleisch, die muss ersd noch zum Vambier geschminggt werre.“ Wir hatten Tränen in den Augen – Tränen der Rührung,
Tränen der Begeisterung. Es war … eigenartig, aber die gesamte Situation war
so befremdlich, dass einem die hessischen Vampire aus dem Orrewald keine
Angst gemacht haben. Sischerlisch nisch. Dein Homo Magi
Deutsch Website Experten Hallo Salamander, manchmal kriegt man E-Mails, die einen an der
Intelligenz der Welt zweifeln lassen. Okay, sicherlich sind das
Übersetzungsprogramme … aber etwas mehr Erwartungen hinsichtlich meiner
Intelligenz würden mich schon erfreuen. Die E-Mail lautete: Hallo, Mein Name ist Julia Gartner und ich würde Ihnen
sehr gerne mitteilen, wie Sie für homomagi.de ein noch besseres
Google-Ranking erzielen können. Ich bin ein SEO-Experte und arbeite bei Deutsch
Website. Während ich einige Recherchen für meine Kollegen durchführte,
fand ich Ihre E-Mail Adresse und entschied mich dafür, Sie sofort zu
kontaktieren. Falls Sie Interesse haben, senden ich Ihnen gerne
weitere Informationen und alle notwendigen Details zu. Vielen Dank, Julia Kein Kommentar, oder? Dein Homo Magi
Mofafahrer Hallo Salamander, der Erholung halber befand ich mich eine Woche auf
einem Zeltplatz am Rande eines Naturschutzgebietes. Wundersame Ruhe des
Nachts, Sterne am Himmel, kein Streulicht, keine nahe Bundesstraße,
Vogelgezwitscher und ein echter Waschbär, der nachts Mülltonnen und
Zelte leer fraß. Ein Paradies, aber natürlich gibt es kein Paradies
ohne Schlange. Beim Einkaufen fahren stieß man auf die Frauen in der
Kittelschürze, welche den Gehsteig Wochentags wie Wochenends reinigen,
damit kein Blatt auf ihm liege. Die Frauen, die auf einem bestickten
Kissen auf der Fensterbank lehnen, um den Verkehr und die Nachbarn zu
verfolgen – gerne mit einem montierten Rückspiegel verstärkt, damit man
mehr und genauer schauen kann. Die alten Männer sitzen von der Bude an
der Ecke, der legitimen Nachfolgeorganisation von Schänken wie „Zum
Anker“, „Zum Hirsch“ oder „Zur Post“, die schon vor Jahrzehnten dem Zahn
der Zeit zum Opfer gefallen sind. Aber ein Phänomen, das ich ausgestorben wähnte, hat
sich hier auch erhalten: Der Mofafahrer ohne Helm. Er schießt aus einer
Straße, das Haar weht im Wind, während er mir und meinem Auto auf der
Vorfahrtstraße ausweicht, dabei drohend mit den Armen gestikuliert. Oder
er knattert auf der Gegenspur auf einen zu, das Kind zwischen den Knien,
das mit seinen kleinen Patschhänden den Lenker auch festhält und die
Augen wegen des Fahrtwindes zusammenkneift. Oder Variante 3: Der alte
Mann auf dem Motorroller, der hinter sich einen Kasten Bier
festgeschnallt hat, den er mit einer Hand stabilisiert, während die
andere Hand das Gefährt lenkt. Kein Helm. Diese Nachfahren des germanischen Kriegergeschlechts,
wahre Erben Giselhers. Unbeugsames Germanenblut, nicht gebückt von den
sinnlosen Anforderungen einer christlichen Oberschicht, die von ihnen
nicht nur Treueschwüre und Lehnsabgaben verlangt, sondern auch das
Tragen von Helmen auf dem Mofa, Moped oder Motorrad. Tapferes
Heidenvolk, das du dich auflehnst gegen die christliche Tyrannei! Ein „Weiter so!“ sei dir zugeschrien – bis ich das
nächste Mal fast austicke, weil ich mir überlege, was passiert, wenn ich
dann doch mal einen von ihnen ramme, der mir die Vorfahrt genommen hat –
um dann von den Einwohner einer Lynchjustiz zugeführt zu werden, weil
ich „den Schorsch“ beinahe getötet habe. Ach. Dein Homo Magi
Bitte Beleg gut aufbewahren! Hallo Salamander, heute war ich gezwungen, ein Einwurfeinschreiben
aufzugeben. Es geht um meinen Widerspruch gegen eine Rechnung; nichts,
was einem wirklich Sorgen machen müsste, mehr so ärgerliche Dinge, die
einem den Tag vermiesen können. Den Brief zu verfassen war kein Problem und ich
beschloss dafür zu sorgen, dass die „Gegenseite“ ihn auch erhielt. Also
ging ich zur Post, ein „Einschreiben Einwurf National“ aufgeben. Ich
bezahlte 2,15 Euro und bekam meinen „Einlieferungsbeleg/Quittung“ mit
dem Vermerk „Bitte Beleg gut aufbewahren!“ Der Mitarbeiter der Post war
(mal wieder) zu faul, um das Adressfeld auf dem Beleg auszufüllen. Ich frage also nach, ob ich das selbst ausfüllen kann
– „Darf ich da jetzt jede Adresse reinschreiben und das gilt nachher als
zugestellt?“ Der Postbeamte antwortete mit einem lächelnden „Ja!“ Ich wiederholte meine Frage. Er antwortete wieder mit „Ja!“. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass die Postbeamten
einen nicht am Schalter direkt auffordern, Gesetze zu brechen und/oder
Belege zu fälschen, bleibt mir nur die Theorie, dass der Postbeamte ein
Zombie war, der mit seinem untoten Verstand von meiner Frage überfordert
war. Voodoo-Rituale, die jeden Morgen die Zombies an die
Schalter schicken, wo sie mit drei oder vier Satz-Masken der Tag
überleben sollen. Meine Frage war zu viel für sie, daher die
Bestätigung, dass ich gerne „Einlieferungsbelege“ für Briefe erzeugen
kann, die ich nie abgeschickt habe – „Was, du hast mein
Einwurfeinschreiben nie erhalten? Hier ist mein Beleg dazu!“ Großartiges System. Dein Homo Magi
5:59 Hallo Salamander, früher war ich morgens immer überraschend wach, bevor
es auf zur Schule ging. Kaum klingelte der Wecker, schon war ich voller
Energie und willig, mich dem Tag zu stellen. Naja, meine einzige Ausrede
könnte sein, dass ich noch jung und unwissend war. Und eigentlich ging
ich auch gerne zur Schule. Man wird älter. Es ist nicht mehr so einfach, morgens
beim Klingeln des Weckers aus dem Bett zu kommen. Es dauert schon ein
wenig, bis man sich orientiert hat und ungefähr weiß, wo man ist, wer
und wie viele. Letzte Woche hatte ich Urlaub. Das waren die einzigen
Tage, wo ich mal länger schlafen konnte als 6.00 Uhr (das ist die Zeit,
an der normalerweise mein Wecker klingelt). Aber dazu sollte es nicht
kommen. Es war wie verhext. Am ersten Morgen wachte ich auf mit dem Gefühl, als
hätte ich irgendetwas Wichtiges vergessen. Ich schaute auf den Wecker:
5.59 Uhr. Okay, das klappt bei mir zuhause schon nicht, das mit dem
Zeitgefühl. Im Urlaub funktioniert es dann auf einmal. Ich erhob mich
also seufzend, da mein Körper ja auf „wach“ programmiert zu sein schien,
und vertrieb mir die Zeit bis zum gemeinsamen Frühstück mit einem guten
Buch. Am zweiten Morgen machte es wieder „ping!“ in meinem
Großhirn und ich wurde schlagartig wach. Also blickte ich wieder auf den
Wecker: 5.59 Uhr. Hey, so gut gelingt mir die Selbst-Programmierung
nicht einmal in den Wochen, wo ich gerne arbeiten gehe. An diesem Abend trank ich einen Rotwein, fünf
Schnaps, zwei Radler und zwei Whiskey. Die Weckautomatik ließ auf sich
warten; als ich auf den Wecker schaute, war es nach 11.00 Uhr morgens. Alkohol ist keine Lösung, aber die Weck-Automatik ist
nicht mehr „angesprungen“ im Urlaub – auch ohne den Schnaps. Aber wenn
ich herausbekomme, wer Nadeln in seinen Wecker gesteckt hat, um mich
morgens zu wecken in meinem wohlverdienten Urlaub – hey, Vorsicht! Ich
kann Toilettenspülungen fern-verhexen! Dein Homo Magi
Kühlschrank Hallo Salamander, in unserem Kühlschrank lagern meine sündhaft teuren
Medikamente. Diese dürfen (wenn man dem Beipackzettel glauben darf, der
von der Größe hier zwischen einem A3-Zettel und einem Besan-Segel
schwankt) nicht wärmer werden als 4 Grad Celsius, nicht einfrieren,
nicht gerüttelt, geschüttelt oder gerührt werden. Eines Tages war der Kühlschrank komplett eingefroren.
Eine erste Ursachensuche scheiterte. Die Frierzustände waren auch zu
disparat: Tomaten okay, Milch ein Block, Butter okay, Joghurt ein Block,
Wurst 1 okay, Wurst 2 kaputt. Es dauerte eine Weile, bis wir das Eisfach als Täter
identifizierten. Es war komplett vereist und das Eis hatte die Tür einen
Spalt weit geöffnet (Eis dehnt sich aus, weil es mehr Platz braucht als
Wasser), so dass durch mysteriöse Zustände mein Medikament einfror. Oder auch nicht. Denn von außen war das an den (hatte
ich das schon erwähnt: sündhaft teuren) Spritzapparaten (aus der
Weltraumforschung) nichts anzumerken. Deswegen blieb nur ein Anruf beim
Arzt, der die Herstellerfirma kontaktierte und sich dann brav bei mir
meldete. „Keine Gefahr“, lautete seine Rückmeldung. Die
Anmerkungen auf dem Beipackzettel seien nur Warnhinweise, aber im
klinischen Test wäre vorher abgeklärt worden, dass bei solchen Zuständen
wie denen in unserem Kühlschrank nichts passieren kann. Ich weiß es jetzt nicht, ob ich beruhigt oder
verwirrt sein soll. Heißt das im Umkehrschluss, dass alle Angaben auf
dem Beipackzettel in einer ähnlichen Bandbreite zutreffend sind? Hilft
es vielleicht gar nicht gegen meine Erkrankung – oder enthalten die
Spritzen vielleicht Gemüsebrühe oder homöopathische Essenzen? Ich werde
es nicht erfahren, will es vielleicht auch gar nicht wissen. Die nächsten Tests sind dann Rütteln und Schütteln.
Mal sehen, was passiert. Dein Homo Magi
Vergötterte Männer
Hallo Salamander, manchmal kriegt man als Magier eigenartige Fan-Post.
Das neueste Beispiel sieht so aus: Hey, ich heiße Cornelia! Deine Bilder auf der dating Ressource haben mich und
deshalb will ich dich treffen. Ich hoffe du hast nichts dagegen. Du bist ein attraktiver Junge und ich vergoettere
Maenner wie du. Was kann ich über mich erzaehlen? Ich bin 172 cm hoch.
Der tag wenn ich Geburtstag feiere ist 10.07. Ich bin brünett. Ich
konnte einige meine tolle Fotos in meinem nächsten Brief dir beilegen,
wenn du die anschauen willst. Also viel Glück und ich hab Hoffnung Nachrichten von
dir bald zu genießen. Ich meine, da geht es doch sicher um Magie, oder?
Alleine der geheimnisvolle Satz zur Eröffnung („Deine Bilder […] haben
und deshalb will ich dich treffen.“) ist in sich schon Mysterium genug. Dann der religiöse Bezug samt stammelnder
Anbetungssprache („ich vergoettere Maenner wie du“) und der Verzicht auf
eine Größenangabe (Cornelia ist hoch, nicht groß!). Aber die Krönung ist der Hinweis auf die geplante
Zeitreise samt Teleportation: „Ich konnte einige meine tolle Fotos in
meinem nächsten Brief dir beilegen (…).“ Erst der Hinweis auf die in der
Zukunft erfolgte Handlung mit „ich konnte“, dann der Hinweis, dass die
Fotos nicht verschickt werden, sondern direkt zu mir kommen („dir
beilegen“, nicht „dem Brief beilegen“). Pure Magie. Ich habe da draußen Fans, die mich wegen
meiner magischen Fähigkeiten verehren. Aaaaah. Tolles Gefühl. Und sooooo realistisch. Dein Homo Magi
Träume von Vater
Hallo Salamander, eine Weile lang habe ich immer mal wieder von meinem
Vater geträumt. Ich denke, das war nach seinem Tode verständlich. Die ersten Monate war er ein regelmäßiger „Gast“ in
meinen Träumen. Die letzten Monate war er dann nicht mehr Gast in meinen
Träumen. Das ging sukzessiv – am Anfang war er noch fast täglich in
meinen Träumen, dann wöchentlich, dann monatlich. Wie das bei Schmerzen
oft so ist, denkt man anfangs jeden Tag daran und glaubt nicht wirklich,
dass es eine Zeit gibt, in der man nicht andauernd daran denkt. Aber die
Zeit ist ein guter Heiler. So kommt es auch, dass ist jetzt zurückblickend (und
nur aus dieser Perspektive) erkennen kann, dass ich einige Wochen, gar
Monate nicht mehr von meinen Vater geträumt habe. Warum mir das aufgefallen ist? Vor ein paar Nächten
war er nachts wieder da. Nicht im Vordergrund, nicht mit irgendwelchen
Dingen, die er mir dringend mitteilen musste. Sondern dezent in der
zweiten Reihe, auf den ersten Blick nicht einmal zu erkennen, weil er so
jung war, wie er war, als ich ein Kind war. Es scheint ihm gut zu gehen, dort wo er ist. Und er
scheint endlich die Ruhe gefunden zu haben, mich (als Lebenden)
„loszulassen“. Mich freut das sehr und es hat mir sehr gut getan. Ich weiß nicht, warum. Ich wollte das einfach
loswerden. Dein Homo Magi
Leere Worte Hallo Salamander, ich hoffe, Du bist nicht traurig deswegen, dass ich
dir in den letzten Wochen nicht in dem Maße schreiben konnte, wie Du es
von mir gewohnt bist. Ich kann Dich beruhigen (wie ich Dich auch in den
letzten Wochen immer beruhigt habe): mir geht es gut. Weiterhin bin ich auch in der Lage, zu schreiben.
Aber vielleicht ist genau das die Wurzel des Problems – meine
Schreiberei. In den letzten Monaten hatte ich einige „Schreibaufträge“ –
Dinge, die ich geschrieben habe, weil sie mir entweder sehr am Herzen
lagen oder weil sie sehr gut bezahlt waren (oder beides …). Und es ist
ein wenig so, als hätte man einen Tagessatz an Wörtern, die man
verwenden darf. Wenn man diese geschrieben hat, dann sind keine Worte
mehr übrig. Man kann nichts mehr schreiben, ist „leer geschrieben“. Das liegt nicht daran, dass einem auf einmal die
Hände wehtun würden und man die Finger nicht mehr krümmen kann. Es liegt
daran, dass eine große Müdigkeit im Gehirn einzieht. Es ist ein wenig
das Gefühl, als wäre der Schreibspeicher im Gehirn ein Raum voll mit
Flüssigkeit. Jeder Tropfen ist ein Wort. Und wenn die Tropfen den Raum
verlassen haben, dann dauert es Stunden, wenn nicht Tage, bis er wieder
voll ist. Ich weiß, dass das ein wenig an die Systematik einer
Kloospülung erinnert … aber das wäre eine nette Verbindung (und nicht
nur, weil mein Großvater das Patent für die Toilettenwasserzähler besaß
…). Die Tropfen werden angereichert, wenn man etwas
Schönes sieht, wenn man sich über eine Formulierung freut, wenn man das
Fragment einer Szene erträumt oder einen Geruch wahrnimmt, der einen an
etwas erinnert, was in einem selbst schlummert. Man füllt so Tropfen nach Tropfen in den Raum ein.
Aber: Leer ist leer. Sei mir also nicht böse, kleiner Salamander, wenn ich
Dir weniger schreibe. Ich schreibe immer noch. Eigentlich jeden Tag. Dein Homo Magi
Neue Teilchen Hallo Salamander, ich finde es bewundernswert, dass die Physik dabei
ist, neue Teilchen zu entdecken. Offensichtlich stellt sich also die
Naturwissenschaft offensiv neuen Herausforderungen. Aber ich hätte da mal eine Praxisfrage, die mir bis
jetzt niemand beantworten konnte. Ein Mensch (also: ich) befüllt eine
Waschmaschine mit einem Bettlaken, einen Deckenbezug, zwei Kissenbezügen
und drei Handtücher, dazu kommt ein Plastikball mit der
Reinigungsflüssigkeit. Durch das Drehen der Trommel entleert sich der
Plastikball gleichmäßig über die Wäsche, so dass alles sauber wird. Das ist die Theorie. Öffnet man die Maschine, so befinden sich die
Handtücher, das Bettlaken und die zwei Kissenbezüge alle im Deckenbezug,
dazu ist der eine Kissenbezug im anderen Kissenbezug versteckt und der
(leere) Plastikball wiederum im inneren Kissenbezug. Also schüttet man
erst den Deckenbezug aus, dann entleert man den ersten Kissenbezug, um
dann den zweiten Kissenbezug zu entleeren, um wieder in den Besitz des
Plastikballs zu kommen. Wie macht der das? Ich meine: Ist das nicht total unglaubwürdig, dass so
etwas „von alleine“ passiert? Welche sinistere Macht hat ein Interesse
an solchen Dingen? Wahrscheinlich will man mich von den Higgs-Teilchen
und der Rutherford-Konstante ablenken. Grmbl. Dein Homo Magi
Die Jetzt-Zeit von Wissen Lieber Salamander, ich möchte einfach angemerkt haben, dass ich nicht
glaube, dass das Internet zu einer Wissensvermehrung führt. Ich glaube
gerne, dass unser momentanes Wissen so besser dokumentiert wird. Und man
kann auch besser darauf zugreifen. Aber Datenbanken wie Wikipedia dokumentieren eben nur
das aktuelle Wissen, den Jetzt-Stand, der immer wichtiger zu werden
scheint. Wie kann man eigentlich glauben, dass die Wikipedia
reif ist, um Weltkulturerbe zu werden? Die Diskussion samt Aufruf
dahinter erschrecken mich ein wenig:
An die UNESCO und die Unterzeichner-Staaten der
Welterbekonvention: Ich unterstütze den Vorschlag, WIKIPEDIA als
Weltkulturerbe anzuerkennen, denn auch ich bin überzeugt, dass Wikipedia
ein Meisterwerk menschlicher Schöpfungskraft und von universellem Wert
ist. Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass WIKIPEDIA den Status als
erstes digitales und weltweites Weltkulturerbe erhält![27] Wir dokumentieren nicht die Geschichte von Dingen,
nicht die Entstehung von Meinungen und Ansichten, sondern glauben daran,
dass unsere aufgeklärte Sicht alles erlaubt. Wir glauben daran, dass wir
die erste Generation sind, die einen objektiven Blick auf die Geschichte
hat.
Natürlich ist das bei eklatanten Beispielen klar.
Der Eintrag in eine moderne Datenbank a la Wikipedia für Adolf Hitler
unterscheidet sich krass von einer, die im Jahre 1933 oder 1936 oder
1939 geschrieben worden wäre. Der aktuelle Unterschied ist aber, dass
diese Bearbeitungen bei der Wikipedia erst einmal unsichtbar sind. Und
eigenartig wird es dann, wenn man sich ein wenig weiterklickt. So bietet
der Link auf dem Hitler-Eintrag in der Wikipedia[28]
unter „Normdaten (Person) u.a. einen Link[29],
der immerhin unter „Virtual International Authority File“ zu Hitler
folgenden (komplett zitierten) Eintrag hat: „Hitler, Adolf German
dictator and painter, 1889-1945“. Naja, so kann man Hitlers Leben auch beschreiben. Aber das sind Nebenwege. Ich glaube, dass wir einen Fehler machen, wenn wir
nicht mehr – Jahresringen gleich – in gedruckten Werken einen momentanen
Stand unseres Wissens festhalten. Ich glaube nicht, dass die
Korrigierbarkeit von Einträgen mehr erzeugt, als einen Jetzt-Stand der
Massenmeinung, einen Mehrheits-Brei online. Sorry, aber irgendwie bleibe ich bei Büchern. Die
sind ehrlicher, was „Ross und Reiter“ betrifft. Dein Homo Magi
Anrufe und Adressen Hallo Salamander, gestern hatte ich eines jener Gespräche mit einer
Perle eines Call-Centers, dass ich dir nicht vorenthalten will. Mit der
Vorwahl Österreichs erreichte mich eine junge Dame, die mich höflich
fragte, ob eine Minute Zeit hätte für eine Umfrage über
Haushaltsgewohnheiten und Einkäufe. Klar. Ich bin doch immer willig, die Wahrnehmung
durch solche Umfragen zu verwirren, indem ich das Salz in der Suppe
biete, welches die Gesamtbevölkerung wenigstens ein wenig interessant
erscheinen lässt. Soviel zu meinen Träumen. Die junge Dame fragte auch höflich nach, ob die
gespeicherte Adresse stimmen würde. Sie stimmte nicht, dort bin ich vor
einigen Jahren weggezogen. Also erklärte ich der jungen Dame, dass die
Adresse falsch sei. Ob ich denn die richtige Adresse angeben würde. Ich
fragte nach – immerhin wäre das eine Telefonumfrage und mein Wohnbezirk
wäre noch derselbe (abgesehen davon: Ich stehe im Telefonbuch). Nein,
sie bräuchte die aktuelle Adresse. Ich fragte erneut nach, warum. Sie
legte auf. Hey. Wenn irgendein Anbieter genügend Geld hat, um
über solche getürkten Umfragen Adressen zu verifizieren, dann ist da
draußen immer noch genügend Geld unterwegs, um alle finanziellen
Probleme Deutschlands, Österreichs und meinethalben auch Europas in den
Griff zu bekommen.
Dein Homo Magi
And the Meek shall inherit
Hallo Salamander, den Namen Joe Meek hatte ich schon ein paar Mal
gelesen, daher war der Erwerb der CD „The Joe Meek Story“ für kleine
Geld in einem Gebraucht-CD-Laden nur ein Versuch, eine Sammlungslücke zu
schließen. Ich war musikalisch erst einmal überrascht. Fetter
50er/60er-Sound – aber von den Interpreten hatte ich praktisch nichts in
meiner Sammlung (sieht man einmal von John Leyton und Screaming Lord
Sutch ab. Von ersterem habe ich drei deutsch gesungene Stücke … „Eine
kann meine nur sein“ und ähnliche Werke, Screaming Lods Sutch ist halt
Screaming Lord Sutch). Musikalisch sind die Meek-Sachen oft „spacig“,
Science Fiction-Themen und Horror – von „Night of the Vampire“ von „The
Moontrekkers“ über „Entry Of The Globbots“ von „The Blue Men“ sind viele
Sachen in einem Sound gehalten, der „Kraftwerk“ und ähnliches
vorherzunehmen scheint. Bizarr wird es aber dann nicht wegen der vielen
bekannten Musiker, die in Meeks Umfeld auftauchen, oder wegen Meeks
Versuchen, mit dem toten Buddy Holly Kontakt aufzunehmen, sondern wegen
seinem Ende.
Nach einer oder nach keiner homosexuellen Episode
mit Heinz, dem Sänger des beeindruckenden Hits „Just Like Eddy“ (ein
Meisterwerk, ehrlich) blieb Heinz‘ Schrotflinte bei Meek liegen (ich
lasse nie meine Schrotflinte bei meinen Ex-Freundinnen liegen!). Mit
dieser Schrotflinte erschoss Meek erst seine Vermieterin, dann sich
selbst.[30] Eigenartig. Sehr eigenartig. Aber als „Nachlass“
hinterließ er der Welt so beindruckende Lieder wie „Telstar“ … und
natürlich kann ich jetzt nie mehr „Just Like Eddy“ hören, ohne an „Entry
Of The Globbots“ zu denken. Dein Homo Magi
Wurfbuch Hallo Salamander, kürzlich wurde ich auf einer Veranstaltung sehr
eigenartig angesehen, weil ich für einen Euro mehr oder weniger wahllos
ein Fantasy-Taschenbuch beim groß positionierten Fachhändler gekauft
habe, um damit auf die Toilette zu verschwinden. Nein, ich habe das Buch nicht auf der Toilette
gelesen. Nicht, dass ich das prinzipiell ablehnen würde. Aber dafür war
die Buchauswahl nicht an inhaltliche Dinge gebunden (so hatte ich weder
das Backcover angeschaut, noch jemals etwas von dem Autor vorher
gelesen, was mich positiv auf ihn eingestimmt hätte). Es waren die
Kombination von Kosten (ein Euro) und ausgesprochen gutem Zustand des
Buchrückens. Endlich mal ein Taschenbuch, das nicht beim Aufblättern
auseinander brach oder in einen Umschlag eingebunden war, der so wirkte,
als sei sein Papier noch dünner als das Papier des Inhalts. Nein. Es handelt sich um das Problem, dass die
nächstgelegene Toilette eine jener öko-terroristischen Toiletten war, in
der alle drei Minuten das Licht abgestellt wird, wenn man sich nicht
hektisch bewegt, um weiterhin dem Bewegungsmelder den Wunsch nach
Beleuchtung zu signalisieren. Und hektische Bewegungen widersprechen dem Aufenthalt
in der Toilette. Daher habe ich es mir angewöhnt, einen Gegenstand zum
Werfen mitzunehmen, der das Licht via Bewegungsmelder wieder aktiviert,
wenn es nötig ist. Ich könnte ja auch mit dem Geldbeutel werfen, aber
wer weiß – bei meinem Geschick landet der in weitem Bogen genau in der
Toilette gegenüber und ich höre dann im Dunkeln nur noch ein „Pffft“,
während mein Geld versinkt. Nein, das Buch ist seinen Preis absolut wert. Gut zu
werfen, passt in die Hosentasche (daher der Begriff „Taschenbuch“) und
beim Treffen der Toilette gegenüber geht das Licht an und der Schaden
(und der zu erwartende Spott) bleiben in einem eng umgrenzten Bereich. Okay, man kann Bücher noch für andere Dinge
verwenden. Aber … Dein Homo Magi
Graf Zahl Hallo Salamander, nach den immer wieder diskutierten Vorschlägen, mal
ein klassisches, magisches Wicca-Ritual mit den vier Beatles als
Himmelsrichtungen/Elemente durchzuziehen oder meinen bekannten
Versuchen, ein Elvis-Ritual zu Samhain durchzuführen (der junge Elvis,
der mittelalte Elvis, der tote Elvis wären doch schön als Symbole?),
kommen jetzt immer mehr Fakten zusammen, die mich darauf schließen
lassen, dass das Universum möchte, dass ich ein Sesamstraße-Ritual
vorbereite. Denn jetzt ist Jerry Nelson gestorben, der Mann „hinter“ so
wunderbaren Figuren wie „Count von Count“ (deutsch: Graf Zahl) oder
Sherlock Hemlock (deutsch: Sherlock Humbug). Die Biographie des Mannes liest sich dann doch so,
als wäre es möglich, ihn als wundervolle Vorgabe für einen der vier
Figuren in einem Wicca-Sesamstraße Ritual zu benutzen:
Jerry Nelson, who voiced „Sesame Street” characters, including Count von
Count, during his more than 40 years with the show, has died, the show
said. He was 78.
Also a musician and actor, he took part in dozens of Muppet projects,
from the 1971 movie „Tales From Muppetlan: the Frog Prince” to 1979’s
„The Muppet Movie” to last year’s „The Muppets”.
Nelson joined „Sesame Street”, which debuted in 1969, early in the
show’s run. He soon took on major characters including The Count, Mr.
Snuffleupagus, and Sherlock Hemlock.
„The cast and crew of »Sesame Street« and the staff of Sesame Workshop
deeply mourn the loss of cast member and creator of dozens of Muppet
characters, Jerry Nelson,” said a message on the show’s website.
„A member of the »Sesame Street« family for more than 40 years, he will
forever be in our hearts and remembered for the artistry in his
puppetry, his music, and the laughter he brought to children worldwide
through his portrayal of Count von Count, Herry Monster, Fat Blue,
Sherlock Hemlock, the Amazing Mumford and many other beloved characters.
We will miss his extraordinary spirit and the joy he brought to our
Street.”
Nelson also had small, decidedly un-Muppet-y roles in films, including „RoboCop
2” and „The Nail Gun Massacre”.[31] Cool ware doch eine „Sesamstraße”-Beschwörung mit
einem „RoboCop”-Flair … Hm. Irgendwie verlockend. Aber: Ruhe in Frieden, Graf Zahl. Ich vermisse dich
jetzt schon. Dein Homo Magi
Sommerfest und Sternenhimmel Hallo Salamander, es gibt sie, die kurzen Momente, in denen alles
perfekt ist. Fantasy-Sommerfest. Über 300 Leute und ein großer
Abschlussabend. Vorher war die Entscheidung zu fällen, ob wir „rein“
gehen oder „draußen“ feiern. Das „rein“ wäre ein extra für uns
aufgestelltes Bierzelt gewesen, das „draußen“ hieß nur, die 10 %
Regenwahrscheinlichkeit ignorieren und auf gutes Wetter hoffen. Wir entschieden uns für „draußen“. Der lustige
Nebeneffekt war, dass das sündhaft teure Zelt dann während der ganzen
acht Tage nicht ein einziges Mal genutzt wurde. Hätten wir es nicht
gemietet, hätte es wahrscheinlich jeden Tag geregnet. Aber es war ein toller Abend. Nach 23.00 Uhr fielen
die Temperaturen unter zehn Grad. Aber wir sind ja keine Weicheier (die
meisten von uns nicht …), so dass wir das locker überstanden haben. Die
Belohnung für unser Aushalten war gigantisch: Ein großartiger
Sternenhimmel. Keine Wolken, keine Streustrahlung irgendwoher, ab und an
ein Vogel, das war es. Und über uns das breite Band der Milchstraße, der
große Wagen … Sterne, Sterne, Sterne. Perfektes Zen für einen kurzen Augenblick oder eine
unendlich lange Zeit. Wie auch immer, perfekt. In diesen Moment gewinne
ich erneut die Kraft, weiter an den Sinn der Schöpfung zu glauben. Dein Homo Magi
Magischer Enkeltrick am Telefon Hallo Salamander, heute Morgen war ein cooles Gewinnspiel im Radio.
Okay, eigentlich war das Gewinnspiel doof. Man rief an, erzählte seine
traurige Story einer nicht-bezahlten oder teuren Rechnung, hatte dazu
einen Musikwunsch frei. Eine halbe Stunde später kommt der zweite, dann
der dritte. Drei Lieder, die Hörer stimmen dann ab, wer von drei für
seine Geschichte das Geld kriegen soll. Rührselig. Die Anruferin heute hatte eine krude Geschichte. Sie
wurde von ihrem Freund verlassen, eine gruselige Trennung. Dann brauchte
sie spirituellen Beistand. Also entschloss sie sich, bei einer
Fernsehkartenlegerin anzurufen. Und weil das so teuer war und sie abends
auch gar keine Zeit hatte, hätte sie die Bezahlnummer von der Arbeit aus
angerufen. Kosten? 450 Euro. Die stehen jetzt auf der
Telefonrechnung des Arbeitgebers. Und dann ruft sie beim Radio an und
erzählt ihre Geschichte. Mal abgesehen davon, dass ich mich in den Boden
schämen und so eine Story nie erzählen würde. Mal abgesehen davon, dass ich mich arbeitsrechtlich
nie so tief in die Kacke reiten würde. Mal abgesehen davon, dass ich wenn ich wirklich so
doof war, meinen Dienstanschluss zu benutzen, sofort bezahlen würde und
meinem Chef ein volles Geständnis präsentieren würde, damit ich nicht
gekündigt werde. Der Moderator war auch verwirrt und fragte nach, ob
echt eine einzige Beratung die 450 Euro kostet. Nein, verkündete die
Anruferin, sie habe so drei oder vier Mal da angerufen. Und was die Wahrsagerin aus den Karten herausgelesen
hätte? Dass ihr Freund nach einer Weile des Nachdenkens wiederkommen
würde, wenn ihm bewusst würde, was er an ihr hat. Hallo! Die Dame, an der er so viel hat, aber nichts
davon weiß, ist zu dumm, um die ganze Geschichte geheim zu behalten –
nachdem sie schon so dumm war, es überhaupt zu tun (okay, Liebeskummer,
KÖNNTE man noch verstehen) und dann überhaupt keinen Plan von
Kündigungsgründen etc. hat und das alles noch von der Arbeit aus macht. HALLO! Die Damen an den Karten hat gut verdient, aber
offensichtlich sind ihre Ratschläge das Pulver nicht wert. Pffft. Die
hätte mich mal drankriegen sollen … aber halt, ich mache so etwas ja
nicht. Habe meine Gründe. Und sei es nur, weil ich heute bei solchen
Anfragen an mich immer auflegen bzw. abbrechen kann. Ich lebe nicht
davon und bin nicht im Fernsehen.
Gott[32]
sei Dank! Dein Homo Magi
Zwergisches Internet Hallo Salamander, ich sammele immer mehr Hinweise darauf, dass die Welt
um mich herum irreal ist. Es gibt nämlich eigentlich nur meine
Heimatstadt und ein paar umliegende Gemeinden und Geländemerkmale, der
Rest der Welt wird dann von freundlichen Zwergenhänden für mich
errichtet, wenn ich mich dorthin begebe. Aber jetzt haben die Zwerge einen Fehler gemacht, der
darauf schließen lässt, dass ihre Tarnung immer schlechter wird. Hast du dich noch nie darüber gewundert, dass so
viele „erstklassige“ Internetadressen ausgerechnet in der Nähe deiner
(oder meiner) Wohnung vergeben sind? Wie schafft es der Kiosk die Straße
runter, die Adresse mein-Kiosk.de zu besitzen? Warum war Chinamann.net
noch frei, als sich der chinesische Restaurantbesitzer in fünfhundert
Meter Entfernung von meiner Wohnungstür für die Domain interessierte?
Warum war friseur-schmidt.de noch nicht vergeben, warum ist
die-straße.de nicht voll mit Informationen über eine Straße in
Remscheid, Rüdesheim oder Rostock? Warum müssen nicht mehr und mehr
Menschen hier vor Ort auf Internet-Domains wie .tv oder .net ausweichen,
wo doch alle deutschen Domains längst vergeben sind? Ganz einfach: Die Zwerge haben den Fehler gemacht,
sich nicht wirklich mit den Strukturen des Internet vertraut zu machen.
Sie denken noch in Stollen und Bodenschätzen, nicht in Datenautobahnen
und Internet-Seiten. Anders ist nicht zu erklären, dass sie erst spät
(und dann mit unverständlicher Hektik) dazu übergegangen sind, meine
Umgebung mit Internetangeboten vollzukleistern (und ich rede nicht von
Rene’s-Pudelsalon.de oder Elektro-Kroschinski.com, sondern von gängigen,
eigentlich auf der Hand liegenden Namen, die scheinbar nur hier „gegrabbed“
worden sind). Der zuständige Zwerg (oder böswillige Dunkelelf; ich
weiß leider nicht, wie die Arbeitsverteilung in der magischen Welt für
Fragen der modernen Technik aussieht) hat offensichtlich ganz tief
geschlafen. Und dann ist jemand erwacht und hat angefangen, Fragen zu
stellen. Und ist verschwunden. Aber man begann sofort, die
entsprechenden Fehler zu kaschieren oder die Lücken zu füllen. Hey, wenn ich jetzt verschwinde und angeblich nach
Buenos Aires ausgewandert bin – glaube ihnen kein Wort. Glaube ihnen
auch nicht, dass ich dort unter der-Magier.de weiterschreibe. Dann bin
ich ihnen in die Finger gefallen und sie haben mich zum Schweigen
gebracht, weil sie nicht wollen, dass „ihr Geheimnis“ nach außen dringt.
Pssst!
Dein Homo Magi
Auto-Tasse
Hallo Salamander, durch etwas Ärger mit meinem Autohändler
beziehungsweise der Werkstattkette gelangte ich in den Genuss eines
Gutscheins über 150 Euro. Dieser Gutschein lässt sich nur für Ölwechsel,
reguläre Inspektionen oder Wischerblätter einlösen. Jetzt will ich den Wagen aber verkaufen. Und der
Gutschein ist an die Fahrgestellnummer geknüpft. Also rief ich in der
Werkstatt an und sagte, ich hätte gerne die 150 Euro-Inspektion.
Irgendwie. Man versprach mir eine Lösung des Problems. Ich kam abends an, den Wagen abholen. Dabei stellte
sich heraus, dass die gesamte Rechnung nur 142,60 Euro betrug. Ich
könnte jetzt den Gutschein behalten und die Rechnung so bezahlen. Oder
den Gutschein einlösen, 7,40 Euro Guthaben behalten und dieses Guthaben
mit einem Antrag auf ein anderes Auto übertragen. Verzichten ginge nicht, wäre total ausgeschlossen und
unmöglich. Und den Gutschein komplett auszahlen wäre wegen der Differenz
unmöglich. Probleme über Probleme. Ich bin dann zum Mitbringsel-Regal gegangen und habe
eine Tasse entnommen. Preis: 8,10 Euro. Die habe ich zum Beratertisch
mitgenommen und gefragt, ob man die nicht auf die Rechnung setzen
können. Mein Gegenüber war schockgerührt. Dann meinte er, das
ginge bestimmt … wäre ja ein brillanter Plan. So hat mich das ganze
Verfahren 70 Cent gekostet. Der Gutschein ist weg, der Reparaturfachmann
hat mich lieb und alles wird gut. Ha! Dein Homo Magi
Versprengte Weisheiten Hallo Salamander, Eine Frage: Ist der, welcher der Torheit frönt, nicht letzter
Hüter alles Wissens? Denn in der Heit verbirgt sich die Weisheit – die
hintere Hälfte, also das dicke Ende des Wissens. Und im Tor steht der,
der die Stadt schützt; der nach innen und außen schauen kann im Dienste
der Gemeinschaft. Torheit ist also eine dienstbeflissene, mutige, weit
hinaus schauende halbe Weisheit. Dein Homo Magi
Eine Reise mit dem Zug Hallo Salamander, ich bin bereit zu beeiden, dass sich meine Zugfahrt
letzte Woche eigentlich (!) nur um dienstliche Dinge drehte. Es hat mich
dann doch ein wenig überrascht, was in den vier Stunden der Bahnfahrt an
eigenartigen Dingen passiert ist. Stufe 1: Abfahrtsgleis Eine Frau, vielleicht Mitte 30, eigentlich normal
bekleidet, geht gestikulierend das Gleis auf und ab. Dabei redet sie
laut mit sich selbst (nein, kein Handy, ich habe mehrmals geschaut,
selbst nach Handy-Borg-Steckern im Ohr, und nichts gefunden). Dabei
verkündete sie, dass sie sich weder von den Außerirdischen noch von
Tante Margarethe von ihrer Entscheidung abbringen lasse. Es war nicht
klar, was diese Entscheidung war – aber sie ist sich sicher. Stufe 2: Im Zug Ich saß und ließ meinen Blick schweifen über das, was
sich so in meiner Nähe abspielte. Zwei Reihen vor mir doch auf der
anderen Seite bediente ein Mann sein Handy und sandte irgendjemand eine
SMS. Zumindest sah es so aus. Aber irgendwas an der Optik verwirrte
mich. Daher investierte ich einen zweiten und dann weiterhin völlig
verwirrt einen dritten Blick. Nun gut: Er konnte deshalb so schnell
tippen, weil er am Daumen ein Gelenk mehr hatte als normale Menschen
(und damit genauso viele Gelenke am Daumen wie jeder von uns an den
anderen Fingern – los, nachzählen!). Ich musterte ihn eine Weile lang, bewunderte die
Geschwindigkeit der Finger und war verwirrt. Aber so etwas gibt es wohl,
sonst hätte ich es nicht gesehen. Stufe 3: Zielgleis Machen wir es kurz: Transparentes Paketband, rote
Plastiksonnenbrille, Glatze. Oder in der Langversion: Ein Glatzkopf, der
seine Sonnenbrille (rot, Plastik, hässlich) mit mehreren Streifen
durchsichtigem Paketband um den Kopf herum befestigt hat. Und in diesem
Aufzug spaziert er seelenruhig durch den Hauptbahnhof. Alles an einem Tag. Wow! Dein Homo Magi
Ramases Hallo Salamander, manchmal gibt es Dinge, die einen verwirren. Manchmal
begegnen einem diese Dinge auf (und in) CDs, die man sich gekauft hat,
weil es „spacige Musik“ sein sollte. Was bekam ich geliefert, das eine solche Reaktion
ausgelöst hat? Ein
Roger Dean-Cover, bei dem eine Rakete aus einer Holzkirche aufsteigt.
„The rocket ship shape of churches probably dates
back to Moses‘ visit to speak to God on the mountain and what he saw
there.“[33]
Hey, Roger
Dean – der Mann hinter Covern von Rick Wakeman, „Yes“, „Gentle Giant“
und „Uriah Heep“. Wow. Und dann der Sänger. Ein Mann, der eines Tages von
sich behauptet, ein ägyptischer Pharao zu sein – und sein Leben ab
diesem Tag völlig dahingehend gestaltete. Die Hinwendung zum Namen
Ramases, dem Sohn des Sonnengottes Ra, ist der natürlich folgende
nächste Schritt, dann die Umbenennung seiner Frau in Selket (kurz: Sel),
benannt nach der ägyptischen Göttin der Heilung.
Auf dem Poster zur CD[34]:
Ramases und und seine Frau Sel halten Ähren in den erhobenen Händen; sie
sind dabei in pseudo-ägyptische Tracht gehüllt. Irre. Ein heidnisches
Feuerwerk. Und es geht weiter. Irgendwie gerät Ramases für seine
Aufnahmen in ein Studio mit Leuten wie Eric Stewart (später bei „10cc“
und Musiker bei Paul McCartney), Graham Gouldman (Autor von „For Your
Love“ und „No Milk Today“), Lol Creme und Kevin Godley (von „Godley &
Creme“), die mit ihm Musik aufnehmen. Höhere Fügung, könnte man da
sagen. Zwei LPs und ein paar Singles, mehr gibt es nicht.
Keine Live-Auftritte; zwischen beiden LPs waren sie jahrelang
verschwunden (und ich meine wirklich: spurlos verschwunden). Die beiden LPs sind als CDs inzwischen auf dem Markt.
„Space Hymns“, voll mit eigenartigen Space Rock-Klängen, die zum Teil
sofort ins Ohr gehen, zum Teil Tage brauchen, bevor sie sich wieder in
das Bewusstsein wühlen. Lieder wie „Oh Mister“, „Quasar One“, „Jesus“
und „Jesus come back“ und großartige psychedelische Reisen wie „Journey
to the inside“. „Glass Top Coffin“, die zweite CD. Wundervolle Songs
wie „Children of the green earth“ (das mich immer an Arthur C. Clarke
erinnern wird), „Sweet Reason“ und natürlich „Glass top coffin“. Ramases hat sich in den späten 70ern umgebracht.
Selket lebt noch, kann sich aber (ihrer eigenen Aussage nach) an die
wenigsten Details der damaligen Zeit erinnern. Eine eigenartige Welt. Aber die Musik … ist magisch.
Dein Homo Magi
·
Ramases „Glass Top Coffin“, 12 Tracks (Original-LP von 1975), 2010
·
Ramases „Space Hymns“, 15
Tracks (1-11 sind die Original-LP von 1971), dazu vier Bonus Tracks),
2004
Autobahnen Hallo Salamander, vorhin hörte ich im Auto aus Gründen, die völlig
nebensächlich sind, „Bayern 3“. Da rief eine freundliche Herrentruppe
an, die mit ingesamt 20 Leuten auf dem Weg von Passau nach Altötting
sei. Der Moderator plauderte ein wenig, und so erfuhr man, dass es um
ein Gruppenleiterseminar der (katholischen) Kirche ginge, eine Woche
Fortbildung in christlicher Erziehung und so weiter. Dann fragte der Moderator nach dem Musikwunsch. Und der ganze Bus brüllte durch das Handy des Anrufers voller Freude, als dieser sich „Highway to Hell“ von AC/DC wünschte. Ich bin mir leider überhaupt nicht sicher, ob die
Anrufer das verwirrte Schweigen des Moderators verstanden haben. Aber
das Lied kam. Ich war verwirrt. Manche Götter haben Humor.
Dein Homo Magi
Armstrong
Hallo Salamander, als ich klein war, gingen wir fest davon aus, dass
wir alle mal zuschauen würden, wenn sich bemannte Raumschiffe zum Mars
aufmachen. Pustekuchen. Es blieb bei den Mond-Missionen der NASA. Keine geeinte Menschheit sandte Raumschiffe hinaus … und nie kamen Meldungen aus den Kuppelstädten auf Mond und Mars hinunter zur Erde.
Insgesamt gab es sechs Mond-Missionen („Apollo“)
der NASA[35]: Apollo 11: Neil A. Armstrong und Edwin E. Aldrin Jr.
(Juli 1969) Apollo 12: Charles Conrad Jr. und Alan Bean (November
1969) Apollo 14: Alan Shepard Jr. und Edgar D. Mitchell
(Februar 1971)
Apollo 15: David Scott und James Irwin (Juli/August 1971)
Apollo 16: John W. Young und Charles M. Duke Jr.
(April 1972) Apollo 17: Eugene Cernan und Harrison Schmitt
(Dezember 1972) Zwölf Menschen (genauer: zwölf Männer) in über 40
Jahren. Peinlich. Aber es wird noch schlimmer, wenn man sich anschaut,
wer davon noch lebt. Verstorben sind Armstrong (25.08.2012), Charles
Conrad jr. (08.07.1999), Alan Shepard jr. (21.07.1998) und Irwin
(08.08.1991). Es leben also noch Aldrin, Bean, Mitchell, Scott, Young,
Duke, Cernan und Schmitt. Die Herren sind alle mindestens Ende 70,
werden also in den nächsten Jahren sterben (wenn sie Teil der
menschlichen Rasse sind, zumindest). Statt einer Marsmission mit Astronauten werde ich das
Jahr erleben, in dem kein Mensch mehr lebt, der einen Fuß auf dem Mond
gesetzt hat. Und wenn alles normal läuft, dann werde ich 2022 den
fünfzigsten Jahrestag der letzten Mondlandung erleben. Gruselig. Wir waren so weit. Was ist passiert? Dein Homo Magi
Hirntot Hallo Salamander, heute Morgen habe ich mal wieder im Auto Radio
gehört. Da ging es um das stetige Vergehen der Zeit und um Schlager und
Hits, die älter als 20 Jahre sind. Dann meldet sich der Moderator zu
Wort und verkündet, dass es doch schön sei, dass man dank der modernen
Technik endlich (!) mit dem Hörer kommunizieren könne – über E-Mail und
Internet. Und natürlich besonders über Facebook (wobei er gleich eine
Werbetirade startete, damit sich jeder bei ihnen mit dem „Leikbatten“
anmeldet). Ich weiß nicht, was an dem Wort „kommunizieren“
misszuverstehen ist. Noch einmal für alle, die in der Schule geschlafen
haben (wie der Herr Moderator):
Kommunikation
(lateinisch communicare
„mitteilen“) ist der Austausch oder die Übertragung von Informationen.
„Information“ ist in diesem Zusammenhang eine zusammenfassende
Bezeichnung für Wissen, Erkenntnis oder Erfahrung. Mit „Austausch“ ist
ein gegenseitiges Geben und Nehmen gemeint. „Übertragung“ ist die
Beschreibung dafür, dass dabei Distanzen überwunden werden können, oder
es ist eine Vorstellung gemeint, dass Gedanken, Vorstellungen, Meinungen
und anderes ein Individuum „verlassen“ und in ein anderes „hinein
gelangen“. Dies ist eine bestimmte Sichtweise und metaphorische
Beschreibung für den Alltag. Bei genaueren Beschreibungen des Phänomens
Kommunikation wird die Anwendung dieser Metapher zunehmend schwieriger.[36] Was ist mit dem Telefon? Oder – wenn man noch einen
Schritt weiter zurück will – mit dem guten, alten Gespräch von Angesicht
zu Angesicht? Früher konnte man noch im Studio anrufen oder wurde sogar
zu einem Gespräch im Sender eingeladen. Aber jetzt kann man ja
kommunizieren, dank Internet und E-Mail. Willkommen in der mentalen Steinzeit. Bööööh. Dein Homo Magi
Zeiten Hallo Salamander, warum sind wir früher eigentlich nicht verhungert? Wir hatten keine Chance, vom Heimweg aus schnell mal
ein Telefonat nach Hause zu führen, um mitzuteilen, dass wir auf der
Arbeit nichts zu essen bekommen haben und deswegen mit riesigem
Kohldampf daheim auflaufen. Und kein Mensch konnte nach 18.00 Uhr oder
maximal 18.30 Uhr einkaufen gehen, samstags schlossen die Läden schon um
13.00 Uhr. Da blieb nur die Tankstelle – an der man tanken konnte, an
Nahrung gab es höchstens Chips und Schokoriegel. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter
uns Kinder am Wochenende gezwungen hätte, Birkenrinde zu lutschen,
Gräser zu kauen oder zwei Tage lang vom Wasser aus Bergquellen zu leben,
weil nichts zu essen dagewesen ist. Ich kann mich auch nicht daran
erinnern, dass meine Mutter irgendwann nicht in der Lage gewesen wäre,
die überraschend aufgetauchten Besucher mitzuversorgen. Es gab einen
Keller voll mit Einmachgläsern, Regale voll mit Gemüse in Dosen und
immer noch die Möglichkeit, etwas zu strecken und zu verlängern. Leider habe ich keine Ahnung, was aus den gefühlten
eine Millionen Einmachgläsern geworden ist, die in meinem Familien –und
Bekanntenkreis in den letzten Jahren in Altglas verwandelt worden sind.
Vielleicht ist es ganz gut so, wenn ich es nicht weiß. Ich würde mir
sonst die Frage stellen, wie wir eine Naturkatastrophe überleben. Heute hat der Supermarkt von 7.00 Uhr bis 23.00 Uhr
auf, ebenso am Samstag. Wir nehmen das alles hin und denken keine zehn
Sekunden über die Menschen nach, die dort arbeiten. Ich kenne keinen
aktiven Heiden, der an einer Supermarktkasse arbeitet. Wie denn auch –
er müsste alle Treffen und Rituale absagen, weil er immer arbeiten muss. Eine komische Welt, in der wir soziale Verantwortung
ignorieren, Planung vergessen und Dinge für gegeben nehmen, die es nicht
sind.
Dein Homo Magi
Maker Movement
Hallo Salamander,
manches Mal möchte ich dich einfach an meinen
„Leseerfolgen“ teil haben lassen; besonders dann, wenn das gelesene mich
überrascht oder begeistert hat. Gelesen habe ich das Buch „Steampunk“
von Alex Jahnke & Marcus Rauchfuß.[37]
Dort geht es auch um das sogenannte „Maker Movement“. Das Zitat heißt:
Dabei geht es nicht nur darum, selber reparieren zu
können, sondern vielmehr, auf einer tiefen Ebene, ob man ein Gerät
wirklich sein Eigentum nennen kann, wenn man es weder öffnen noch ändern
darf.[38] Wow. Das ist doch mal ein Denkansatz. Natürlich ist
es richtig die Frage zu stellen, ob ich etwas besitzen kann, an dem mir
die Zugriffsrechte fehlen. Eine Dose, die ich nicht öffnen kann oder
darf, eine Verpackung, die sich nicht entpacken lässt. Alles, was ich
selbst herstelle oder sogar nur bearbeite, wird mein oder ist schon
immer mein. Etwas, das ich nicht verändern kann oder darf wird nie meins
werden. Und das gilt natürlich für die Magie genauso;
versuchen wir das Zitat mal mit Zauber/zaubern:
Dabei geht es nicht nur darum, selber
zaubern zu können, sondern
vielmehr, auf einer tiefen Ebene, ob man einen
Zauber wirklich sein Eigentum
nennen kann, wenn man ihn weder
untersuchen noch ändern darf. Drei Änderungen (der Rest sind grammatikalische
Anpassungen). Und schon hat meinen einen schönen Leitsatz für Magie.
„Magic maker movement“. Du hast es zuerst hier gelesen … Dein Homo Magi
Das Mädchen im Wald Hallo Salamander, manchmal findet man heidnische Zusammenhänge an
eigenartigen Stellen. So hörte ich gerade mal wieder Frankie Laine, als
mir bei dem Stück „The girl in the wood“ (von 1951) irgendwie auffiel,
dass das doch ein zutiefst heidnischer Text ist:
The girl in the wood
(Remember me, remember me)
Oh when I was a young boy
Look deep into my green eyes
Remember me, oh, remember me
Her eyes were green as grassy pools
She moved her tiny hands
I swore as she vanished
And now I am a man
Remember me oh remember me
I wished a hundred times
For man cannot find it
Remember me, oh, remember me
Bei der Gelegenheit der Recherche lernt man dann
Dinge wie, dass Terry Gilkyson auch „Memories are made of this“ und das
Original von „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ (aus dem „Dschungelbuch“)
geschrieben hat. Und über Frankie Laine … ach, den sollte man kennen. Dein Homo Magi
Felder …
Vergangene Läden Hallo Salamander, wieder einmal schließt ein Laden in der Innenstadt,
der mir in vier Jahrzehnten ans Herz gewachsen ist. Auch eine Variante
der ewigen Leier des „älter Werdens“, die man aber problemlos einreihen
kann in jenes von den eigenen Eltern gewöhnte Lamento, dass es immer
weniger Fachgeschäfte mit Bedienung gibt, immer weniger Verkäufer, die
eine Bindung zu ihrem Produkt entwickeln und so weiter und so fort. Aber wenn man versucht, diese Wahrnehmungen zu
objektivieren, dann muss man fast schon feststellen, dass etwas Wahres
daran ist. Es gibt immer weniger Einzelhändler, die vor Ort kompetent
ihre Waren verkaufen. Und es gibt immer mehr Läden auf der grünen Wiese,
die günstig anbieten, weil sie Discounter sind. Aber komme ich da noch
hin, wenn ich mal 80 Jahre alt bin? Habe ich dann noch ein Auto (und
wenn ja, kann ich es lenken und wenn ja, kann ich es bezahlen?) und will
ich mir den Stress gönnen, mal eben schnell dahin zu fahren? Und Fahrten
mit dem öffentlichen Nahverkehr dorthin sind ein Abenteuer, das man sich
vielleicht in fortgeschrittenem Alter nicht mehr gönnen will. Ich werde den Laden vermissen. Mein Vater hat mich
dort vor über 40 Jahren hingeschleppt, um mir Hosen zu kaufen. Bis zum
Ende brauchte ich den Laden nur zu betreten, wurde mit Namen begrüßt,
bekam einen Handschlag und einen skeptischen Blick auf die Hüften. Dann
hörte der Besitzer sich meine Farbwahl an (schwarz), ging an das Regal
und griff eine Hose. In 95 % der Fälle passte sie wie angegossen. Ich werde das vermissen. Ab jetzt bleibt mir nur die
Ankleidekabine im Discounter, wo ich mir selbst Hosen raussuchen,
anprobieren und wahrscheinlich sogar verpacken muss. Ist das eine Welt die untergeht? Nein. Aber eine
Vignette der Welt, die mir immer gefallen hat. Dein Homo Magi
Fingergelenke Hallo Salamander, mein weiser Bruder hat mich darauf aufmerksam
gemacht, dass es zwei unterschiedliche Erklärungen dafür gibt, warum ein
Mensch ein Fingergelenk mehr am Dauen hat. Natürlich gibt es weiterhin meine Theorie von der
genetischen Disposition, die zu dreigelenkigen Daumen führt. Aber es
gibt auch Menschen, die durch Holzarbeiten oder ähnliches den Daumen
verloren haben. Heute wird üblicherweise ein Zeh transplantiert, so dass
man später einen Finger mit einem Gelenk mehr hat. Soweit mein Bruder, der familieneigene
Naturwissenschaftler. Da ich aber sowieso davon ausgehe, dass er für die
Außerirdischen arbeitet, die unseren Planeten übernehmen wollen, kann
ich auf seine Aussagen nicht viel geben, oder? Ach, es ist alles so einfach, wenn man die
Naturwissenschaft in Erklärungen zulässt. Seufz. Dein Homo Magi
Wurzeln Hallo Salamander, ein langes Jahr liegt hinter uns. Viele Dinge haben
sich ereignet; es war arbeitsreich und nicht immer ist es mir gelungen,
das „nötige Maß an Entspannung“ aufzubringen. Das passiert, ist aber
trotzdem nicht schön. Ein Thema, das mich in den letzten Monaten immer
beschäftigt hat, ist die Frage nach der (gemeinsamen?) Wurzel meines
Interesses an Fantasy und Heidentum. Und natürlich suche ich immer nach
Parallelen, nach Verbindungen. Ein paar Dinge sind mir klar geworden: Beide (Fantasy
wie Heidentum) werden aus derselben Quelle genährt, haben die gleichen
Wurzeln. Eine gewisse „Entfremdung von der Welt“ wird abgearbeitet;
Magie bietet Lösungen für die Frage, wer wir sind, warum wir sind und
wie wir sind. Verstehe mich nicht miss: Wenn ich „Magie“ schreibe, meine
ich immer auch „Heidentum“ oder „Esoterik“. Es geht bei Magie um eine
Technik (mehr ist es nicht), um gewisse Entfremdungserscheinungen im
Leben zu überwinden. Magie kann den Riss heilen, den unter anderem die
Technik in die Welt gebracht hat. Ich bin kein Maschinenstürmer, so
einfach mache ich es mir nicht. Aber die Überbevölkerung, der Druck der
vielen Menschen bei gleichzeitigem Verlust von sozialen Bindungen … das
sind Themen, die mich auch im nächsten Jahr beschäftigen werden,
beschäftigen müssen. Und die Fantasy bleibt eine Liebe … wie das
Rollenspiel, wie die Science Fiction. Mal sehen, was die Verbindung der Strömungen bringen
wird. Ich schaue hoffnungsvoll in das neue (heidnische) Jahr. Dein Homo Magi Dem Antares Lieder singen Schlafend
unter alten Hügeln, In den
schroffen Felsenklippen, Mancher
Pass übers Gebirge Ihnen ist
die Kraft der Quelle, Was? Du
weißt nicht, wessen Träume Nein, du
wirst natürlich leugnen, Freund
Freund, wo deine Lieder hallten,
Freund, wo deine Schritte fielen,
Freund, wo deine Worte klangen,
Freund, wo du den Freund umarmtest,
Hermann Ritter
[1] www.eckangar.org/Masters/Rami/index.html [2] www.eckankar.org/Masters/ [3] Dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Eckankar [4] Nach: www.eckankar.org/Masters/ [5] http://de.wikipedia.org/wiki/Eckankar [6] Harold Klemp in „Licht und Ton Gottes erfahren – Studienprogramm 2011“ von Eckankar [7] Vom Lesezeichen „Hu“. [8] S. 40 f. [9] S. 53 [10] S. 102 [11] S. 4 f. [12] S. 16 [13] S. 64 ff.; zur Schreibweise Lai-Tsi S. 110 [14] S. 112 [15] S. 110 [16] S. 109 [17] http://www.thefreedictionary.com/mistigris; 16.12.11 [18] http://books.google.de/books?id=73eB76Nx5WsC&pg=PA204&lpg=PA204&dq=mistigris+poker&source=bl&ots=Qa3fcI-hEc&sig=mhZoaOPdtyEgmf8LSTdN7Oj2qNw&hl=de&sa=X&ei=b1brTof-JpHgtQb7mbmvBw&ved=0CGQQ6AEwCA#v=onepage&q=mistigris%20poker&f=false; 16.12.11 [19] http://en.wikipedia.org/wiki/Skeuomorph; 13.12.2011 [20] Nach: http://en.wikipedia.org/wiki/Skeuomorph; 13.12.2011
[21]
wordsmith.org/words/skeuomorph.html; 13.12.11 [22] http://cannonfire.blogspot.com/2006/04/george-w-bush-barbara-bush-and.html; 11.01.2012 [23] http://www.multilingualarchive.com/ma/enwiki/de/Gordon_Eklund (31.01.2012) [24] http://de.wikipedia.org/wiki/Bay_City_Rollers; 11.04.2012 [25] ebenda [26] Der Suchbegriff ergiebt als ersten (!) Hit das Cover der entsprechenden Single … keine Fragen (http://en.wikipedia.org/wiki/File:YMMBIM.jpg). [27] http://wikipedia.de/wke?setlang=de&pk_campaign=wpde&pk_kwd=main_foot; 16.07.2012 [28] http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Hitler; 16.07.2012 [29] http://viaf.org/viaf/38190770/; 16.07.2012 [30] Wer es nicht glauben mag: http://en.wikipedia.org/wiki/Joe_Meek; 26.07.2012 [31] http://tv.msn.com/tv/article.aspx?news=753006#scpti2 [32] … Baldur, Delling oder sonst jemand nach Wahl. [33] „Space Hymns“, Innenseite [34] „Space Hymns“ [35] http://www.astronews.com/frag/antworten/1/frage1462.html [36] http://de.wikipedia.org/wiki/Kommunikation; 29.10.12 [37] Köln, 2012 [38] S. 69
Homo Magi
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