Homo Magi Archiv

Wöchentliche Ansichten eines Magiers über den Jahreslauf und die Welt

Teil 14

 

Perverse Videos

 

Hallo Salamander,

 

ich habe bei einem nach einer kriegsfähigen Frauenpopulation benannten Weltnetz-Anbieter (German language rulez!) einen Film bestellt. Es handelt sich um die wunderschöne „Father Brown“-Verfilmung mit Alec Guinness. Nein, bitte nicht mit den Verfilmungen mit Heinz Rühmann verwechseln. Die haben mit den Romanvorlagen von Chesterton nichts, aber auch wirklich nichts zu tun.

 

Nun, dieser Film ist auf Englisch. Ich habe ihn mir auf die Arbeit schicken lassen, damit ich daheim nicht immer zur Post rennen muss, weil das Zeug keiner annimmt. Alles lief gut, aber leider war folgende E-Mail des WNA (Weltnetz-Anbieters) zu langsam:

Ihre Bestellung 303-1495690-5808315 enthält den folgenden Titel, der nur über den Spezialversand für Artikel ohne Jugendfreigabe ausgeliefert werden kann: „Father Brown [UK Import]“.

Und es geht gleich weiter mit eigenartigen Informationen:

Die Übergabe der Sendung erfolgt ausschließlich eigenhändig.

Das heißt, der Empfänger muss persönlich anwesend sein, um die Lieferung gegen Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses entgegenzunehmen. Dabei werden Identität und Volljährigkeit des Empfängers überprüft. Bitte beachten Sie, dass eine vom Empfänger erteilte Vollmacht zum Empfang seiner Sendungen, die als Spezialversand für Artikel ohne Jugendfreigabe versendet werden, nicht gilt.

Bitte stellen Sie sicher, dass die angegebene Person die Sendung heute persönlich mit einem gültigen Lichtbildausweis entgegennehmen kann.

Also kam es, wie es kommen musste. Die Briefträgerin erschien auf der Arbeit, schrie meinen Namen den Flur hinunter und teilte lautstark mit, dass diese „Video-Lieferung“ leider „nur an volljährige Empfänger ausgegeben werden kann“. Während meine Kollegen sicherlich gerade darüber nachdachten, ob ich mehr auf gefesselte Knaben, Sex mit Gemüse oder Nasalsex spiele, durchwühlte ich mein Gehirn nach peinlichen Informationen. Es gab keine. Ich habe dann (ein wenig nervös) das Paket aufgerissen, aber drinnen war nur der „Father Brown“. Uff.

 

Was ist da jetzt geschehen? Ich klicke den Link[1] der entsprechenden E-Mail und lese:

Innerhalb Deutschlands ist eine Lieferung von Filmen und PC- & Videospielen, die mit „Keine Jugendfreigabe gemäß §14 JuSchG“ gekennzeichnet sind (oder gar keine Alterseinstufung erhalten haben), an Minderjährige nicht möglich. Amazon.de versendet solche Titel ausschließlich als Spezialversand für Artikel ohne Jugendfreigabe.

Branntwein, branntweinhaltige Getränke und Lebensmittel, die Branntwein in nicht nur geringfügiger Menge enthalten, versendet Amazon.de ebenfalls ausschließlich mit Spezialversand für Artikel ohne Jugendfreigabe.

 

Branntwein & „Pater Brown“ sind eine knallige Mischung. Und sie werden auch gleich behandelt, weil englische Filme ohne deutsche Altersfreigabe immer, immer, immer pornografisch oder gewaltverherrlichend sein müssen. Die Briten sind so, die können nicht anders.

 

Also werde ich mir voller Wehmut einen Wermut über die Nieren gießen, während ich „Pater Brown“ goutiere. Prost.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Gemeinsam kochen

 

Hallo Salamander,

 

meine Mutter lebt in dem Glauben, dass Jungs nicht kochen lernen müssen. Auch nicht waschen oder putzen. Das hat sicherlich mehr Schwierigkeiten in meinen Beziehungen erzeugt als jeder andere Faktor meiner Herkunft und Erziehung.

Ich kann nicht kochen. Ein Mangel, der mich lange Jahre geärgert hat (aber auch nie genug, um mich selbst zu motivieren, aktiv etwas dagegen zu unternehmen). Inzwischen bin ich entspannt in einem Alter angekommen, wo man sich durch genug Lebenserfahrung zu behelfen weiß.

Mein Vater konnte kochen. Er erzählte immer ganz stolz, dass er als junger Mann Kochen gelernt hat, um mit seinem geringen Gehalt (als Auszubildender in den frühen 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts) über die Runden zu kommen. Es gab auch insgesamt einen (in Zahlen: 1) Versuch meines Vaters, meinem Bruder und mir eine Mahlzeit oder ähnliches zuzubereiten.

 

Ziel: Herstellung von Karamellbonbons

Vorgehen: Didaktisch den Jungs erst erklären, dass es etwas Leckeres gibt, wenn sie helfen. Dann Arbeitsschritt für Arbeitsschritt erklären und dazu handeln.

Ergebnis: Ein zerstörter Topf, eine karamellisierte Masse, die man nur mit dem Hammer trennen konnte, Schnittwunden auf der Innenseite meiner Lippen, weil wir versucht haben, die süßen Teilchen, die da absplitterten, trotzdem zu lutschen.

Auswertung: Nie wieder kochen lernen mit Papa. Nie wieder Karamellbonbons in Mamas Küche.

 

Fazit: Was du nicht selbst kannst, solltest du keinem anderen erklären. Gilt für Karamellbonbons wie für Magie.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Dumas

 

Hallo Salamander,

 

ich muss lernen, eindeutiger zu kommunizieren.

Warum? Zu meinem Wegzug wurde ich ein paar Mal gefragt, was ich mir wünsche. Ich sagte immer nur, dass ich mir nichts mehr wünsche als die Zeit, um endlich meinen „Lesekanon“ aufzufrischen. Besonders die ungekürzten Ausgaben der von mir früher so geschätzten Abenteuer-Jugendbücher würden mich reizen.

Platz 1 meiner internen Wunschliste wäre „Die drei Musketiere“ von Dumas. Ein Roman, prallvoll mit einprägsamen Szenen, eine wundervolle Geschichte um Mut und Männerfreundschaft. Ich habe mir das Buch am Ende selbst gekauft. Irgendwie scheint es nicht angekommen zu sein, was ich mir eigentlich wünsche (nein, ich hätte mir auch Fragen gewünscht, die mehr sind als nur ein „wie stellst du dir dein Leben vor?“; es waren also nicht nur materielle Dinge).

Was wünscht man sich, wenn man „weg“ geht? Dumas habe ich genannt (und letzte Woche erhielt ich ein Buch unter Hinweis auf meinen Buch-Wunsch, also geht es doch). Ich weiß es nicht genau. Es ist ein wenig der Wunsch nach ein wenig mehr Achtung vor meiner Entscheidung, den Wohnort zu wechseln. Aber es sind auch Dinge wie eine Umarmung zum Abschied oder …

 

Ach. Ich weiß es nicht wirklich. Der Dumas war nebenbei großartig. Jetzt ist es „Die Schatzinsel“, die ich morgens und abends auf dem Zug zu und von der Arbeit lese. Mal sehen, was dann kommt. Mir geht es gut dabei und das ist alles, was für mich im Augenblick zählt.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Rotes Licht

 

Hallo Salamander!

 

Heute hatte ich das Glück, im Zug auf dem Weg zur Arbeit einen der schönsten Sonnenaufgänge zu erleben, die ich je gesehen habe.

Erst: Dunkelheit. Dann ein wenig neblige Helligkeit. Aus diesem stieg ein rotes, zum Teil wirklich blutrotes Licht auf, das sich an den Wolken spiegelte, bis der ganze Horizont in ein tiefes Rot gehüllt war. Meine Großmutter hat mir früher immer erklärt, dass der Himmel deswegen so rot sei, weil die Engel Kekse backen. Aber heute war das Gefühl überhaupt nicht das von Freude oder einer Vorbereitung auf die Weihnachtszeit mit am Ofen schaffenden Engeln, sondern das eigenartige Gefühl einer großen Bedrohung, die am Horizont aufzog.

Ich weiß nicht – war es meine Müdigkeit? Oder war es das Naturschauspiel, das wirklich Himmel und Erde mit einem roten Licht überzog, das ich in dieser Heftigkeit noch nie gesehen hatte. Ich war sprachlos, hatte mein Buch im Schoß liegen und schaute minutenlang nur aus dem Fenster.

 

„Morgenröte“ klingt so zahm, das trifft meine Erfahrung nicht. Es war auch kein Gleißen, nicht nur ein Strahlen oder Leuchten, es war einfach rotes Licht, das wie Blut aussah. Und das war auch mein Eindruck: Ein blutroter Himmel, soweit das Auge blickte. Wenn jetzt noch ein Reiter in Begleitung von Wölfen und vielen Kriegern über den Horizont erschienen wäre, so hätte es mich nicht überrascht. Nicht im Mindesten.

 

Dein Homo Magi

Hinweise

 

Lieber Salamander,

 

gestern stieg ich einen Zug ein, der von A nach B fahren sollte. Ziel war C, mein Wohnort, der auf der Strecke liegt.

Auf dem Bahnsteig stand groß „ICE von A nach B“, am Wagen selbst stand „ICE von A nach B“ und in dem „Ihr Reiseplan“ auf meinem eroberten Sitzplatz stand die Fahrtstrecke von A nach B, natürlich mit Halt in C. Der Zug fuhr los und der Schaffner kontrolliert meine Monatskarte von A nach C. Alles in Ordnung.

Eine Stunde später ertönte die Durchsage: „Nächster Halt D“. Das war die völlige Gegenrichtung von dem Ort, wo ich hinwollte. Ein Gespräch mit dem Schaffner, der doch meinen Fahrschein kontrolliert hatte, ergab zwei Hinweise:

Die Wagenanzeige sei kaputt, die hätte halt den falschen Zug angezeigt.

Sie hätten im Zug doch mehrfach angesagt, dass dies nicht der Zug sei, der angezeigt und angesagt sei. Für den falschen „Ihr Reiseplan“ gab es keine Erklärung. Ich wurde an die Information der Bahn verwiesen.

Treppe runter. Lauf lauf lauf. Schlange stehen.

„Nein, das sei unmöglich.“ Immerhin eine profunde Erkenntnis der Bahn-Mitarbeiterin. Sie war dann aber ganz freundlich – nicht zuletzt, weil ich den „Ihr Reiseplan“ vorzeigen konnte (Fahrplanwechsel war am Tag vorher, daher wirkte das noch glaubhaft, dass ich den nicht Tage vorher eingesammelt habe). Ich bekam dann auf dem „Ihr Reiseplan“ mit Stempel der „DB Station & Service AG“ handschriftlich bescheinigt: „aufgrund falscher Anzeige in A zur Fahrt von D zurück nach A“, das Ding war dann also mein Fahrtausweis.

Nach längerer Zeit war ich wieder in A. Dann stieg ich in den richtigen Zug nach C. Aber ab jetzt werde ich vorsichtiger sein … „don’t judge a book by it’s cover“ hieß es schon in „Fahrenheit 451“. Nur weil „Zug“ draufsteht, muss es ja kein Zug sein, oder?

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Heimat

 

Hallo Salamander,

 

seit meinem Umzug „weg aus der Heimat“ denke ich immer wieder über obskure Fragen nach.[2] Eine davon ist die Rolle von Heimat als „erworbener Eigenschaft“.

Werden wir in eine Heimat geboren, die uns „im Blut steckt“? Immerhin gibt es mehr als eine nationalistische Gruppe in der Geschichte, die das für sich in Anspruch nimmt – und mehr als eine indigene Bevölkerung, die deswegen auf „ihr Land“ pocht (was nicht heißen soll, dass ich ihre Ansprüche lächerlich machen will). Dass diese Argumentation immer wieder gefährlich ist, weiß ich als aktiver Freund der Science Fiction spätestens seit Jack Vance und „Der graue Prinz“. Den Inhalt hier jetzt zu rekapitulieren würde den Rahmen dieser Meldung sprengen.

Aber: Ich glaube nicht daran, dass Heimat uns im Blut steckt. Erstens müssten wir dann alle das Gefühl haben, in ein Tal in Ostafrika zurückzukehren, wo unsere Menschenform entstanden ist (und so wie Elefanten müssten wir, wenn der Tod naht, dorthin ziehen …). Zweitens wären wir dann nicht mehr als Aale oder Lemminge – Instinkt-getrieben auf der Suche nach einem Laichort oder Ort für die Leiche, um dort die Erfüllung zu finden. Das widerspricht meinem Menschenbild.

Also erwerben wir das Gefühl von Heimat. Wir nehmen es in uns auf in den ersten Jahren unseres Lebens – das Licht, das über die Berge scheint, das Wasser, das einen bestimmten Geruch hat, der Wind, der den Geruch von Blumen aus den Bergen bringt.

Ich gebe zu, dass ich diese „großen Gefühle“ selten hatte. Gebe ich zu. Jetzt bin ich 48 und habe meine heimatliche Region das erste Mal „so richtig“ verlassen. Das bringt mein Gehirn ganz schön zum rotieren, ehrlich. Aber Antworten habe ich nicht. Vielleicht noch nicht. Ich melde mich.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Cokaygne

 

Lieber Salamander,

 

in einem höchst unterhaltsamen Buch („Die englische Utopie“ von A. L. Morton; erschienen in Berlin 1958, Originaltitel „The englisch Utopia“) las ich ein Gedicht namens „Das Land Cokaygne“.

Das Buch alleine ist eine längere Betrachtung wert, die ich mir jetzt erspare. Der Autor war englischer Marxist[3], sein Buch aus dem Jahr 1952 erschien 1958 auf Deutsch in Berlin – „Satz und Druck: Karl-Marx-Werk“, so lange musste ich im Buch herumsuchen, bis ich einen Hinweis darauf fand, dass das Buch in der ehemaligen DDR erschienen ist. Eine schöne, marxistisch geprägte Geschichte der Utopie, die dadurch verwundert, dass eben (wie gesagt) ein Lügengedicht über das Märchenland Cokaygne enthalten ist.

Dieses Gedicht stammt aus dem 13. Jahrhundert; Nachklänge auf diese Zeilen („Far out to sea and west of Spain/There is a country named Cockaygne./No place on earth compares to this/For sheer delightfulness and bliss.”[4]) findet man bis zu Tolkien und seinem glücklichen Land im Westen.

Überrascht war ich auch, dass sich dieses Land ebenso in der „Carmina Burana“ findet[5], die ich (in der musikalischen Umsetzung von Carl Orff) sehr schätze:

one Latin poem of the twelfth century (Carmina Burana 222) is spoken by an abbas Cucaniensis, an “abbot of Cockaygne” who presides over drinking and gambling, and the descriptions of the two abbeys in Cockaygne, which invert the usual norms of religious life.

Der Eintrag in der englischen Wikipedia zum Komplex lautet „Cockaigne“[6], und dort gibt es einen lustigen Magiebezug:

Cockaigne is the home of Narda, the wife of Mandrake the Magician (created by Lee Falk), most recently mentioned in The Phantom (also by Lee Falk) in the Sunday series shown on May 19, 2013. Mandrake and Narda are visiting Kit „The Ghost Who Walks“ and Diana Walker.[7]

Ein Treffen zwischen Mandrake und „Phantom“, das alles mit Bezug zu Cockaigne. Aber die versteckten Hinweise hören nicht auf – jetzt wird es noch einmal eigenartig. Die genaue Stelle in der „Carmina Burana“ zu Cockaigne lautet nämlich:

13. Ego sum abbas (I am the abbot)

Ego sum abbas Cucaniensis                 
I am the abbot of Cockaigne

et consilium meum est cum bibulis,              
and my assembly is one of drinkers,

et in secta Decii voluntas mea est,               
and I wish to be in the order of Decius,

et qui mane me quesierit in taberna,    
and whoever searches me out at the
tavern in the morning,

post vesperam nudus egredietur,         
after Vespers he will leave naked,

et sic denudatus veste clamabit:          
and thus stripped of his clothes he will
call out:

(Baritone and Male Chorus)

Wafna, wafna!                          
Woe! Woe!
[8]

 

Wafna, Wafna! Wir verstehen uns. Mehr gibt es nicht zu sagen.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Rente

 

Hallo Salamander,

 

bei der Klärung meines Versicherungskontos für die Rentenversicherung fragt man mich (natürlich unter Nummer 13):

Haben Sie im Beitrittsgebiet eine berufsbezogene Zuwendung an Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen erhalten?

Die Erläuterungen (auch dafür gibt es ein eigenes Hinweisblatt) schreiben dazu wenig klärend:

Betrifft nur Versicherte, die vor dem 1.1.1976 geboren sind. Einzutragen sind Zeiten des Bezuges einer berufsbezogenen Zuwendung an Ballettmitglieder im Beitrittsgebiet.

Wie viele Prozent der deutschen Bevölkerung sind 1975 und früher geboren und waren angeblich oder tatsächlich Teil eines Balletts in der DDR, dass es sich lohnt, für sie eine eigene Frage im Rentenversicherungsbogen einzufügen? Oder war die Mitgliedschaft im Ballett in der DDR zwingend, so dass ganze Jahrgänge im Tütü Rentenversicherungszeiten erworben haben?

Ich weiß es nicht. Seufz. Aber die Vorstellung … hat was.

 

Dein Homo Magi


 

Denkmäler

 

Hallo Salamander,

 

am Weihnachtstag stand der Besuch des Hermannsdenkmals auf dem Programm. Nicht nur wegen seiner heidnischen Bedeutung als großer Sieg der germanischen Verteidiger über die römischen „Besatzer“, sondern auch wegen einer oberflächlichen Ähnlichkeit mit meinem Vornamen und deswegen, weil ich es einfach noch nie gesehen habe.

Diese Bildungslücke zu schließen war trotz Wind und Regen eine einfach zu lösende Aufgabe. Das Denkmal war da, bewegte sich nicht und war ausgesprochen gutwillig, sich besuchen zu lassen. Dass alle touristischen Angebote geschlossen waren, überrascht am Heiligabend nicht. Auch, dass sie erst im Februar oder März wieder ihre Tore öffnen, war gut plakatiert und inhaltlich auch irgendwie nachvollziehbar.

Kaum war der Punkt erreicht, dass man gegen Vier des Nachmittags das Denkmal und den verwaisten Parkplatz verlassen wollte, tauchte an der Einfahrt ein holländischer Reisebus samt zwei begleitenden Personenkraftwagen auf. Diese Holländer wirkten auf die Entfernung wie die Teilnehmer einer Kaffeefahrt, die sich auf die Kombination Denkmal, Restaurant und Toilettenbesuch zu freuen pflegten.

Es erschien klüger, die Stätte der Anbetung heidnischer Helden zu räumen, bevor die Touristen den biblischen Heuschrecken gleich über ein abgeerntetes Feld herfielen – denn hier zu holen gab es nichts, und als ich weg war sogar gar nichts. Arme Touristen, deren Urlaubsplanung aber offensichtlich fehlerhaft ist. Seeeehr fehlerhaft. Deswegen haben Heiden auch Kalender mit christlichen Feiertagen – damit so etwas nicht passiert.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Kein Kalender

 

Hallo Salamander,

 

die „moderne Technik“ hat jetzt mich (wenn auch nur in geringen Bereichen) erwischt. 2014 wird das erste Jahr in meinem Leben sein, seitdem ich schreiben kann, indem ich mir keinen Taschenkalender gekauft habe.

Die Informationen waren einfach redundant. Ich habe alle Geburtstage im Outlook, alle Kontaktdaten zumindest im Handy (und in Kopie im Outlook), Termine regelt mein Arbeitgeber über den Server. Und jetzt alles doppelt, nein eher dreifach zu speichern, machte dann keinen Sinn.

Schon vor vier oder fünf Jahren war es so, dass die älteren Herren in meinem Umfeld (vulgo: die Schlaraffen) alle technisch besser ausgerüstet waren als ich. Mein Diensthandy lockte damals nur müdes Lächeln hervor, mein fehlender tragbarer Computer führte fast dazu, dass man den Hut herumgehen ließ, um mich technisch „aufzurüsten“.

Jetzt also: Kein Kalender. Keine unlesbaren Notizen mehr am Rand, keine falschen Anrufe mehr zum Geburtstag, weil ich einen Namen (oder ein Geburtsjahr) in meiner krakeligen Handschrift nicht lesen konnte. Aber auch keine wertvollen Listen mit allen Mondterminen und europäischen Feiertagen hinten im Kalender, keine bunten Bilder mehr auf dem Kalender, zu denen man lustige Fragen gestellt bekam („Science Fiction? Was ist das denn?“). Ich vermisse ihn, buche ihn mental aber (wie die Schiefertafel und den Schulfüller) ab.

Mach es gut, alter Freund.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Ich hatte mich kurz gelangweilt

 

Welche alte Edda-Strophe
spricht von Klimakatastrophe?
Ist nach der Erderwärmung wahr
der Mythos um das Naglfar?
Wer sucht, den warmen Winter find‘ er,
doch nirgendwo den Fimbulwinter.

 

Der Nickname ist (auch ohne Rasse)
im Netz der Netiquette Klasse.
Selbst der Nazi findet nett
den Inder gar im Internet.

 

Der Tabak schädigt Raucherlungen
und auch der Heiden Nibe-Lungen.

 

Wenn ein sprechendes Pferd den Raum betrifft – ist dann Ed da?

 

Kartensoftware für Nordeuropa?
Skandi-Navi-En

 

 

 

Ängste alphabetisch

 

Hallo Salamander,

 

manchmal ist es schon lustig, was man so online findet. Da las ich (für ein Rollenspiel in der Gegenwart) eine Liste von Phobien[9], natürlich auch die Liste unter „Z“. Das sind nicht viele Phobien, aber die Liste ist toll:

·         Zelophobie – Angst vor Eifersucht

·         Zemmiphobia – Angst vor Nacktmullen

·         Zeusophobie – Angst vor Gott/Göttern

·         Zoophobie – Angst vor Tieren

Alphabetisch steht die Angst vor Göttern hinter der Angst vor Nacktmullen.

Der Nacktmull ist in seiner Gattung ziemlich alleine und ziemlich hässlich, dafür lebt er auch nur in den Halbwüsten Ostafrikas.[10] Sein größter Feind ist die Rötliche Schnabelnasen-Natter, deren Link auf Wikipedia in das Daten-Nichts führt.[11] Es ist eine hässliche Schlange und ich mag keine Schlangen. Der Nacktmull auch nicht.

Aber der Nacktmull scheint eine Lobby zu haben, die dafür gesorgt hat, dass er vor Zeus in diese Liste der Phobien kommt. Darauf schließen lässt die Präsenz des Nacktmulls in der Populärkultur:

Aufgrund seiner von vielen Menschen subjektiv empfundenen Hässlichkeit hat der Nackmull auch schon Eingang in die Populärkultur gefunden. So wurde er unter anderem als Maskottchen bei einer Radio-Show der NRJ Group verwendet. Weiterhin entstanden auch Lieder und Comics mit dem Nacktmull. Es gibt in der Disney-Zeichentrickserie Kim Possible einen sprechenden Nacktmull namens Rufus.[12]

Aha. Wer Angst vor Rufus, dem sprechenden Nacktmull hat, der liegt alphabetisch noch knapp vor der Angst vor Zeus, dem Herren des Olymp.

O tempora, o mores!

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Kreppband retten

 

Lieber Salamander,

 

kürzlich war ich bei einem Vorstellungsgespräch. Und natürlich gab es (in Deutschland macht man in diesem Bereich sowieso jeden Blödsinn mit) in der ersten Phase ein „Assessment Center“.

In einem Raum (ohne Getränke, wie ich sofort erfahren durfte) saß mir eine Mitarbeiterin gegenüber, die mir zwei Aufgaben stellte. Teil 1 war ein Sprachtest (englisch), Teil 2 war die Erstellung einer Konzeption. Zeit: eine halbe Stunde. Wichtig sei, dass auf alle verwendeten Materialen mein Name kommt und dass alles an Materialien mit abgegeben wird. Pruhahah.

Also machte ich schnell den Test und malte dann (ohne Hilfe des „Methodenkoffers“ – ein pädagogisches Relikt aus den 80ern, mit bunten Papierwolken, Kleber, Stecknadeln und solchem Kram – mir reichten drei farbige Stifte und die Wandzeitung) meine Konzeption zur danach geplanten Präsentation auf die Wandzeitung.

An irgendeinem Punkt nahm ich mein Konzeptpapier (liebevoll vollgemalt von mir), klebte es an den Pfeiler, damit ich beide Hände zum Malen frei hatte. Dann hängte ich das Papier wieder ab, entfernte das Kreppband und fragte höflich, ob ich das Kreppband auch mit meinem Namen beschreiben und dann abgeben muss (weil: verwendete Arbeitshilfe und abzugeben). Die Mitarbeiterin war völlig überfordert. Dann habe ich das Krepppapier am Ende eben nicht „benamst“ und abgegeben.

 

Ich habe die Stelle nicht bekommen. Hätte ich nur das Klebeband abgegeben. Mist.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Tod

 

Lieber Salamander,

 

es gibt keinen perfekten Tod. Wie immer man stirbt, es wird immer Menschen geben, die es sich für einen anders gewünscht haben. Und da man keinen Toten befragen kann, ob er mit seinem „Abgang“ zufrieden ist, bleibt dieses letzte Mysterium eben dieses.

Manche wünschen sich, dass ihr Tod ihnen vorher die Gelegenheit gibt, Abschied zu nehmen. Andere möchten am liebsten herausgerissen werden – keine traurigen Worte, keine Schmerzen. Man wird einfach morgens auf der Couch gefunden, vor dem laufenden Fernseher, oder im Lesestuhl, den Kopf auf die Brust gesunken, ein gutes Buch im Arm.

Oft ist es aber nicht so. Oft sterben wir, entrückt von unserer Lebenswelt. Ich möchte gerne „in meinem Leben“ sterben. Umgeben von den Dingen, die mir wichtig sind und den Menschen, die mir etwas bedeuten und denen ich etwas bedeute. Nicht allein, nicht umgeben von Geräten, nicht an einem Ort, wo die Technik über die Gefühle herrscht. Sondern im vertrauten Umfeld.

Und ich möchte keine Vorwarnung, dass ich noch vier Wochen Zeit habe. Das blockiert doch nur die eigene Umwelt im Umgang mit einem, ohne einem selbst Energie oder Kraft zu geben, etwas zu klären. Es macht doch nur alles schwerer. Ich möchte so leben, dass es keine Stapel von unerledigten Gesprächen gibt, wenn ich gehe. „Hüben und drüben ein lebendiger Mensch“, um ein wenig Gustav Meyrink zu kolportieren.

Die letzte Grenze, der Tod, ist für mich genauso rätselhaft wie der Beginn meines Lebens. Beides liegt in den Händen jemand anderes. Und da liegt es gut.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Sabbern

 

Lieber Salamander,

 

verzeih, dass ich mich ein paar Tage nicht gemeldet habe. Aber ich bin damit beschäftigt, mich selbst vollzusabbern, weil ich online ein Exemplar von „Spirits, Starts and Spells“ geschossen habe (Untertitel: „The Profits and Perils of Magic“).

Nicht nur, dass mich das Thema sehr interessiert.

Nicht nur, dass mein Lieblingsautor L. Sprague de Camp (samt Frau Catherine) der Autor dieses Buches ist.

Nein, es ist noch signiert. Von beiden.

Sabber.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Nachschlag: Lyon Sprague de Camp

Hermann Ritter

 

„When people ask me what pen names I write under, I reply: With a name like mine, who needs one?”[13]

 

Am 6.11.2000 verstarb L. Sprague de Camp, etwas mehr als ein halbes Jahr nach seiner geliebten Frau Catherine.

Geboren wurde de Camp am 27.11.1907 in New York. 1930 erhielt er seinen Abschluss in „Aeronautical Engineering“ am „California Institute of Technology“. 1933 folgte dann sein MS in „Engineering“. Seine Veröffentlichungskarriere begann 1937 und endete mit seinem mit einem Hugo belohnten biographischen Opus „Time & Chance“ 1997. Die meiste Zeit seiner 60jährigen Schriftstellerkarriere war er freiberuflich tätig.

Neben seiner Tätigkeit als Autor phantastischer Literatur (Horror, Fantasy und Science Fiction) verfasste er diverse Hintergrundwerke (nicht nur über phantastische Literatur); seit seinen ersten Erfolgen als Schriftsteller war er im Fandom aktiv.

Er erhielt viele Preise für sein Werk: 1953 den „International Fantasy Award“, 1976 den „Gandalf Award Grand Master of Fantasy“, 1978 den „Nebula Award Grand Master“, 1984 den „World Fantasy Special Award“ und 1997 einen „Hugo Award“.

 

De Camp & Conan

 

„I did not invent Conan; but I am probably the one person most responsible for the Conan boom.“[14]

 

In den 50er Jahren kam de Camp in Kontakt mit den Conan-Geschichten von R. E. Howard (1906-1936). 1951 nahm er Kontakt zum Howards Agenten auf und fand in den hinterlassenen Unterlagen drei bisher unveröffentlichte Conan-Geschichten. In den folgenden Monaten überarbeitete de Camp diese und veröffentlichte sie in der von Greenberg herausgegebenen fünfbändigen Conan-Reihe. 1953 überarbeitete er einige Howard-Geschichten, in denen Conan nicht der Hauptheld war, in Conan-Geschichten (sie erschienen später als „Tales of Conan“). Und er überarbeitete den ersten Conan-Roman, der nicht von Howard war („The Return of Conan“ von Björn Nyberg).

1966 erwarb der Howard-Fan Glenn Lord weitere Reste von Howards Nachlass. In ihm fanden sich sechs weitere Conan-Stories (eine war fertig, fünf existierten in unterschiedlichen Stadien der Fertigstellung). Zusammen mit Lin Carter arbeitete de Camp diese Geschichten in den Conan-Kosmos ein. Mit „Conan the Buccaneer“ und „Conan of the Isles“ begann dann de Camp mit dem Schreiben eigener Conan-Romane ohne Rückgriff auf Vorlagen von Howard.

De Camp hat sich immer große Mühe gegeben, den Hintergrund von Conans Welt einheitlich zu gestalten. Ein gutes Beispiel dafür ist sein Artikel „Hyborianische Technik“, in dem er versucht, die der Welt zu Grunde liegende Technik zu beschreiben. In den Geschichten fügte er immer wieder Zwischenteile ein, um sie im Zeitablauf des Conan-Kosmos zu verorten.

 

De Camp & Humor in der Fantasy

 

„‘They say the surest topics in fiction are religion, royalty, sex, and mystery. For a best-seller, you could combine them all, by beginning a story: ‘My god!’ cried the queen. ‘I’m pregnant! Who done it?’“[15]

 

De Camp gilt – nicht zu Unrecht – als einer der wenigen Fantasy-Autoren, die humorige Geschichten schreiben können. Lange vor dem Pratchett-Boom schrieb er Geschichten, die unterhaltend, gut geschrieben und lustig waren. Sein Ruhm in der Fantasy begründete sich – wegen seiner anderen, daher oft übersehenen Leistungen, vielleicht ein wenig unbegründet – früh auf diese Werke. Strassl schrieb über ihn: „De Camps Mischung von Humor und Kritik – wie er selbst meint, meist fälschlich als Satire verstanden – wird oft mir Mark Twain verglichen. Sein Roman »Lest Darkness Fall« (...) aus dem Jahre 1939 nach dem Muster von Twains »A Connecticut Yankee in King Arthurs Court« (...), in dem ein Archäologe in das 6. Jahrhundert nach Rom zurückversetzt wird, wo er mit seinem modernen Wissen versucht, den Untergang aufzuhalten, ist sicherlich einer von den de Camps erfolgreichsten Romanen.“[16] Und sein Schriftstellerkollege Heinlein schrieb: „L. Sprague de Camp ist meiner Meinung nach der einzige zeitgenössische Autor auf dem Gebiet der Science Fiction und Fantasy, dessen Werk in seiner Gesamtheit (ich kann mich jedenfalls an keine Ausnahme erinnern) durchgehend humorvoll ist.“[17]

Sehr bekannt sind seine mit Fletcher Pratt gemeinsam verfassten Romane und Kurzgeschichten. Für ihren Ruf prägend waren die Geschichten um Harald Shea und die Kunst der „Mathemagie“. Mit Hilfe dieser Gedankentechnik wandert Shea in die Welt der Asen („The Roaring Trumpet“, 1941), in Spensers „Fairie Queene“ („The Mathematics of Magic“, 1941), Ariosts „Orlando Furioso“ („The Castle of Iron“, 1941), die finnische Kalevala („Wall of Serpents“, 1953) und in irische Mythen („The Green Magician“, 1954). Die letzte Kooperation mit Pratt – „Tales from Gavagan’s bar“, 1978 – ist eine Sammlung von einer Art urbaner Mythen mit Fantasy-Twist. Hexen, fliegende Elefanten, magische Brillengläser – die Geschichten, die einem hier am Tresen erzählt werden, sind wirklich sehr eigenartig.

Auch alleine hat de Camp es immer wieder geschafft, einen humorvollen Stil durchzuhalten. Ein gutes Beispiel ist sein Roman „The Fallible Fiend“ (1973). Er schildert die klassischen Versatzstücke der Dämonenbeschwörung mal aus einer anderen Sicht – aus der des Dämonen.

 

De Camp & Sekundärliteratur

 

My three unfulfilled ambitions are to sing in tune, to play decent tennis, and to speak good grammatical German. But I fear these goals are forever out of reach.”[18]

 

Neben seiner Tätigkeit als Autor von Romanen und Kurzgeschichten war es besonders de Camps Arbeit als Autor von Sekundärliteratur, die ihn in der Szene bekannt gemacht hat. De Camp hat sich den ihn interessierenden Themen von zwei Seiten aus genähert.

Auf der einen Seite gab es seine Faszination für fremde Kulturen, sein Interesse an Sprachen und Geschichte. Immer wieder unternahm er Reisen, um vor Ort einen Eindruck von dem zu erhalten, was er beschreiben wollte. 1954 erschien „Lost Continents“, in dem er sich mit untergegangenen Kulturen a la Lemuria und Atlantis auseinandersetzt. 1963 folgte „The Ancient Engineers” über die Ingenieur-Leistungen der frühen Zivilisationen. 1972 kam dann „Great Cities of the Ancient World“, das unter dem Titel „New York lag einst am Bosporus” einen Achtungsverkaufserfolg in Deutschland hatte.

Diese Bücher zeichnen sich durch ihr profundes Fachwissen aus. Und sie sind amüsant erzählt. De Camp schafft es immer wieder, den Bogen zwischen den Fakten und den Schilderungen der phantastischen Literatur zu schlagen.

Die andere Hälfte seiner Sekundärwerke beschäftigt sich mit der phantastischen Literatur und ihren Autoren. Neben dem immer wieder in Neuauflagen erscheinenden „Science-Fiction Handbook“ von 1953 sind dies besonders sein Werk über Howard („Dark Valley Destiny, The Life Of Robert E. Howard“, 1963) und „Lovecraft: A Biography“ von 1975. Ohne de Camp und seine Arbeit mit und über Howard und Lovecraft wären diese Autoren sicherlich nicht das, was sie heute sind: Meilensteine. Und de Camp war für mich auch einer dieser Meilensteine, der letzte lebende Autor eines „Golden Age of Heroic Fantasy“, das mit ihm untergegangen ist.

 

Zitierte Literatur von de Camp

„Die Chronik von Poseidonis“, Rastatt, 1980²

„Thalia – Gefangene des Olymp“, Frankfurt (Main), Berlin, Wien, 1973

„Hyborianische Technik“ in Strassl (Hrsg.) „Magira 29/30“, o.O., 1978

„Time & Chance”, Hampton Falls, 1996

 

Weitere Hinweise zu de Camp finden sich unter der offiziellen Website www.lspraguedecamp.com.

 

 

 

Künstliche Sprachen

 

Hallo Salamander,

 

da ich wieder einmal mein Wissen über Volapük auffrischen wollte, habe ich mich eine Weile mit künstlichen Sprachen beschäftigt (und nein, ich meine nicht Klingonisch). Ich war überrascht, dass Volapük nicht (wie von mir immer vermutet) die erste wirklich synthetische Sprache ist, sondern Solresol. Noch verblüffter war ich, dass es von dieser Sprache einen klaren Bezug zum Science Fiction-Film gibt.

Ich muss ein wenig ausholen. Volapük ist eine künstliche Sprache, die jenen Stellenwert einnahm, der heute von Esperanto ausgefüllt wird. Das Motto war „Einer Menschheit – eine Sprache“ oder auf Volapük „Menade bal – Püki bal!“[19]

Volapük ist eine Sprache, die „irgendwie“ kontinentalgermanisch klingt. Das „Vater Unser“ auf Volapük liest sich so:

O Fat obas, kel binol in süls,

paisaludomöz nem ola!

Kömomöd monargän ola!

Jenomöz vil olik,

äs in sül, i su tal!

Bodi obsik vädeliki givolös obes adelo!

E pardolös obes debis obsik,

äs id obs aipardobs

debeles obas.

E no obis nindukolös in tentadi;

sod aidalivolös obis de bad.

Jenosöd![20]

Wenn man das laut liest, klingt es doch ein wenig wie eine Beschwörung, oder?

Solresol hingegen war eine Sprache, die 1817 von Jean Francois Sudre entwickelt wurde. Die Idee war eine Weltsprache auf musikalischer Grundlage. Eine faszinierende Idee:

Das Besondere an Solresol ist, dass man sich nicht nur sprechend, sondern auch singend, pfeifend, mit Flöten oder sonstigen Musikinstrumenten verständigen kann. Schreiben kann man in Buchstaben- oder in Notenschrift. Man kann die einzelnen Tonsilben auch durch Zahlen ersetzen (do – 1, re – 2...), mit unterschiedlichen Farben oder Handzeichen darstellen oder – besonders nützlich für die Kommunikation mit gleichzeitig Seh- und Hörbehinderten – durch Druck auf bestimmte Punkte der Hand des Gesprächspartners vermitteln.[21]

Das klingt schon sehr irre, oder? Noch eigenartiger wird es, wenn man liest, dass in „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ die Kommunikation mit den Außerirdischen auf Basis von Solresol erfolgt ist.[22]

Es macht Sinn, dass Außerirdische keine bestimmte Sprache sprechen, die einer Nation, einem Volk zuzuordnen ist. Und warum nicht Solresol?

Und überhaupt: Warum schaffen wir Menschen es nicht, so miteinander zu kommunizieren?

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Vertane Chancen

 

Lieber Salamander,

 

Irgendwie habe ich immer darauf gehofft, dass es mir in diesem Leben noch einmal vergönnt ist, „Devo“ live zu sehen. Das waren die Helden meiner Jugend. Die erste LP, die ich mir gezielt selbst gekauft habe, war „Freedom of Choice“; die erste LP von ihnen, die ich mir (auf einem Ramschtisch) auf Verdacht gekauft habe, war „New Traditionalists“. Begeistert hat mich alles, was die gemacht haben. Bis heute.

„Devo“ war mehr als nur eine Popgruppe. Sie waren eine Art zu leben, eine Art von Humor, die man nur verstand, wenn man Teil des dazu gehörenden Lebensgefühls war (und ja, ich finde es okay, wenn man Blumentöpfe auf dem Kopf trägt).

De-Evolution. Alles ist wahr.

Mein ehemaliger Ami-Chef (als ich noch für Amis arbeitete …) erzählte immer gerne, dass „Devo“ in den ersten Jahren des Rollenspiels auf den Treppen von Rollenspiel-Gigant „TSR“ abhingen und sich da herumdrückten. Irgendwie war das immer eine lustige Geschichte, dass die Band, die mich am meisten beeinflusst hat, meine obskuren Hobbies teilt.

Jahrelang war es still um sie. Jetzt fingen sie wieder an, sich ein wenig in der Welt herumzubewegen. Ich hatte sogar das Newsletter abonniert … aber es sollte nicht sein, ein Fünftel der Originalbesetzung ist fort:

Bob Casale of Devo. Born: July 14th, 1952 . Deceased: February 17th, 2014

As an original member of Devo, Bob Casale was there in the trenches with me from the beginning. He was my level-headed brother, a solid performer and talented audio engineer, always giving more than he got. He was excited about the possibility of Mark Mothersbaugh allowing Devo to play shows again. His sudden death from conditions that lead to heart failure came as a total shock to us all.

-Gerald Casale, Devo founder[23]

Mist.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Raum, Zeit und Bahn

 

Hallo Salamander,

 

jeden Morgen fahre ich fast eine Stunde mit der Bahn hin zur Arbeit, jeden Abend eine Stunde zurück. Die Strecke verläuft ziemlich von West nach Ost beziehungsweise abends in die Gegenrichtung.

Und jetzt im Frühling, kann ich erkennen, wie Raum und Zeit zusammenhängen. Deutlich, denn ich beobachte den Sonnenaufgang jeden Tag ein wenig später auf der Strecke. Die Bahn gibt auf dieser Strecke ein sehr gutes Uhrwerk ab, und der Raum wird hier zum Gradmesser für die Zeit. Erst war es dunkel, als ich ausstieg. Dann wurde es schon licht, wenn ich aus dem Zug stieg. Jetzt näherte der Sonnenaufgangspunkt Tag für Tag mehr meinem Startbahnhof, bis ich jetzt sogar daheim bei Licht losgehen kann. Und abends kann ich den gegenläufigen Effekt beobachten.

Eigenartig. So, als würde der Sonnenaufgang sich Mühe geben, mir jeden Tag einen neuen Teil der Landschaft in seinem sanften Licht zu enthüllen. Eine eigenartige Methode, aber sehr schön. Sehr, sehr schön.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Mitbewohner der Welt

 

Hallo Salamander,

 

Im sehr unterhaltsamen „The Coming of the Fairies” von Sherlock Holmes-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle las ich kürzlich folgenden Absatz:

At the same time, the perennial mystery who so many „flowers are born to blush unseen,” and why Nature should be so lavish with gifts which human beings cannot use, would be solved if we understood that there were other orders of beings which used the same earth and shared its blessings.

Wenn es wirklich andere Wesen gibt, die vernunftbegabt sind, und die mit uns diesen Planeten nutzen (Doyle meine Feen und Elfen) – dann haben wir uns in den letzten hundert Jahren ja ganz schön Mühe gegeben, sie an den Rand zu drängen.

Mist. Der Ansatz ist schön. Passt auch zum viktorianischen Zeitalter mit seiner fortschreitenden Industrialisierung und der Sehnsucht der Menschen nach etwas „anderem“ da draußen. Anders ist es für mich nicht zu erklären, dass ein großer Denker wie Doyle auf die gefälschten Elfenfotos reingefallen ist (wäre eine Geschichte für sich wert). Aber wir haben nichts gelernt. Ab und an liest man zwar mal Artikel über Straßen in Island, die wegen einer Feen-Warnung verlegt oder erst gar nicht gebaut werden. Aber wir? Wir erfassen zwar die Kultplätze in Büchern, aber wir tun wenig (lies: nichts) dafür, diese Plätze zu erhalten.

Natürlich liegt das daran, dass wir unserem Hunger nach immer weiterem Wachstum Rückzugsraum nach Rückzugsraum erobern. Wenn es Feen gab – dann sind sie sicherlich längst vor uns irgendwohin geflohen, wo sie ihre Ruhe haben.

 

Seufz. „… and shared its blessings“ klingt heute eher wie ein Fluch, den wie eine Verheißung.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Triticale

 

Hallo Salamander,

 

ich dachte immer, dass man für die Serie „Star Trek“ bei den Tribbles deren Ernährungsgewohnheiten erfunden hat. Wer sich nicht erinnern kann:

Quadrotriticale ist ein perennierendes Getreide. Es handelt sich um ein Hybrid aus Weizen und Roggen, hat einen hohen Ertragswert und eine bläuliche Farbe. Es ist das einzige zur Anpflanzung auf dem Sherman-Planeten geeignete irdische Getreide. (…)

2267 lagern mehrere Tonnen Quadrotriticale, die für die Kolonisation des Sherman-Planeten vorgesehen sind auf der Raumstation K-7. Der Bestand wird jedoch von Tribbles befallen und vollständig vernichtet. Die gefräßigen Tiere verenden aber zum großen Teil daran, weil das Getreide zuvor von Arne Darvin vergiftet worden ist.[24]

Voller Schrecken (oder Erheiterung) musste ich feststellen, dass dies ausnahmsweise mal nicht reine Science Fiction ist. Es gibt das zu Grunde liegende Getreide wirklich:

×Triticale (auch: ×Triticosecale) ist ein Getreide. Es ist eine Kreuzung aus Weizen (Triticum aestivum L.) als weiblichem und Roggen (Secale cereale L.) als männlichem Partner. Der Name ist aus TRITIcum und seCALE zusammengesetzt. Die umgekehrte Kreuzung ergibt Secalotricum. Geschmack und Inhaltsstoffe der Triticale liegen zwischen denen von Weizen und Roggen. Seine Grannen sind ca 3–5 cm lang und vierkantig.[25]

Das ist irgendwie nicht so ohne, wenn man sich damit weiter beschäftigt:

Bei der Kreuzung entsteht eine Hybride. Die Kreuzungsnachkommen sind hochgradig steril. Deshalb müssen die Chromosomensätze durch Behandlung der Keimlinge mit Colchicin, dem Alkaloid der Herbstzeitlosen, künstlich verdoppelt werden, um fertile Pflanzen zu erhalten (sogenannte „primäre” Triticale). Zugelassene marktübliche Sorten gehen heutzutage immer auf Kreuzungen Triticale x Triticale (so genannte „sekundäre” Triticale) zurück.

Triticale wurde gezüchtet, um die Anspruchslosigkeit des Roggens mit der Qualität des Weizens zu verbinden. Erste fertile Triticale wurden im 19. Jahrhundert gefunden. Die gezielte Züchtung wurde erst nach der Entdeckung des Colchicins in den 1930er Jahren möglich, z. B. in Schweden, Schottland und der UdSSR. Die ersten Triticalesorten mit weiter Verbreitung wurden in Polen gezüchtet.[26]

Und:

Der Bekanntheitsgrad von Triticale in der Bevölkerung ist immer noch relativ gering, obwohl weltweit Deutschland der drittgrößte Produzent ist und die Erntemenge fast dieselbe Größenordnung wie Roggen hat.[27]

Und – essen wir das Zeug? Mit Abstrichen: ja. Man muss ein wenig suchen im Netz, aber man findet Antworten:

Triticale findet in großem Umfang Verwendung als kostengünstig und umweltgerecht produziertes, proteinreiches Körnerfutter in der Tiermast. Der Eiweißgehalt eines Kornes liegt bei 10-13% und 3-4% Lysin. Neben der überwiegenden Anwendung als Futtergetreide kann es auch für die menschliche Ernährung (Backwaren, Bier, Breie) genutzt werden. Brot wird allerdings wegen der teilweise ungünstigen Backeigenschaften in der Regel aus Gemischen mit Weizen bzw. Roggen erzeugt.[28]

Oops. Eine fertile Züchtung, mit der wir noch keine 100 Jahre Erfahrung haben. Und die irgendwann Tribbles umbringt. Oops.

 

Dein Homo Magi

Eigenartigkeiten

 

Hallo Salamander,

 

das Leben drängt mir immer wieder Fragen auf, die ich nicht beantworten kann. Also zerbreche ich mir den Kopf darüber, bis ich eine Antwort gefunden habe … oder sie dir vorwerfe.

 

Sind jene Alben, die in den Hügeln wohnen und gerne heimlich uns knipsen, die wahre Bedeutung für das Wort Fotoalben? Und wenn ja – gibt es auch Phonoalben?

 

Wenn man sie einpflanzt und regelmäßig gießt, was wächst dann aus Selt-Samen?

Und: Will ich das wirklich wissen?

 

Und fordert mich ein heidnisches Auto in der christlichen Fastenzeit auch morgens mit „Fasten your seat belts“ auf? Oder heißt es dann „Heathen your seat belts?“

Oder haben Wikinger-Langschiffe keine Sitzgurte und daher auch keine Ermahnung?

 

Ich weiß es nicht. Aber ich forsche weiter.

 

Dein Homo Magi (der den 01. April definitiv verpasst hat)

 

 

 

Schlumpfischlumpf

 

Hallo Salamander,

 

ich gestehe es freimütig: Ich sammele Schlümpfe. Oder um genauer zu sein: Figuren aus einem bestimmten Material in einer bestimmten Größe, die meistens von den Firmen „Schleich“ oder „Bully“ hergestellt werden.

Sicherlich hat das was mit meinem Alter zu tun. Die ersten Schlümpfe wurden 1969 hergestellt, von „Schleich“. Und zwar gleich der Normalschlumpf, der Goldschlumpf, der Sträfling und Papa Schlumpf.[29] Das sagt eine Menge über die erwartete Sozialstruktur von Schlumpfhausen aus, oder? Ein Ort, indem ¼ Rentner und ¼ Verbrecher sind. Also liegt Schlumpfhausen wohl irgendwo in Florida.

Zurück zum Thema: Ich selbst bin also vier Jahre älter als die Schlümpfe, was vielleicht erklären kann, wie die Weihnachtsgeschenke in den Jahren ab 1969 aussahen: schlumpfig.

Und im Laufe der Jahre begann ich, meine Sammlung auszubauen. Ich habe mir fest vorgenommen, keine Figuren über das Internet zu bestellen. Seufz. Stand heute[30] erzielte der Suchbegriff „Schlumpf“ bei Ebay 13.927 Treffer. Da nicht alle Angebote nur einen Schlumpf umfassen kann man sich ungefähr ausrechnen, was auf mich zukäme, wenn …

Nein, ich bin kein Komplettist. Ich stöbere auf Flohmärkten und in Sammlermärkten, fachsimpele mit anderen Sammlern und gebe nie nie nie mehr als ein paar Euronen für eine Figur aus. Es ist ein Hobby, mehr nicht. Und das ist auch gut so.

Im Laufe der Zeit bildete meine Schlumpf-Sammlung auch einen Querschnitt durch die Geschichte des deutschen Jugendzimmers. Neben den Figuren, die inhaltlich zu den Schlümpfen gehören (Johann, Pfiffikus und natürlich der böse Zauberer Gargamel samt Katze) kamen bald weitere Figuren und Figurengruppen hinzu.

Asterix und Obelix. Die Pichelsteiner. Sniks, eine Art roter und grüner Weltraumschlümpfe. Biene Maja. Sesamstraße. Garfield. Pumuckl. Ganz viel Figuren von Disney – die Comic-Figuren um Mickey Maus, aber auch ganz viele Figuren aus Disney-Filmen (und natürlich Elliot das Schmunzelmonster sowie Winnie Pooh, Peter Pan und das Krokodil, Pinocchio und seine Grille und alle sieben Zwerge). Die Warner-Toons wie der Roadrunner und Daffy Duck. Max und Moritz. Popeye. Petzi Bär und Seebär. Alf. Tim und Struppi samt Begleitern in den unterschiedlichsten Ausführungen und Kostümen. Der kleine Prinz. Yakari. Alice im Wunderland und der Hutmacher.

Und Fernseh-Figuren zu den Serien meiner Kindheit und Jugend. Das Sandmännchen, Ost wie West, brav in einem Regal vereint. Äffle und Pferdle. Die Mainzelmännchen. Wum und Wendelin – samt einem Wum auf seinem roten Kissen. Die Figur ist fast so etwas wie selten, weil sie zweiteilig ist.

Dann natürlich Heidi in der gruseligen Zeichentrickversion meiner Jugend, die Figuren zu „Captain Future“ (den man sich nicht noch einmal anschauen sollte, wenn man ihn in guter Erinnerung behalten will) und Wicki samt Konsorten. Nicht zu vergessen: Snoopy und Charlie Brown.

Ein wichtiges Thema ist auch Lurchi (was dich nicht verwundern dürfte). Ich habe meine Mutter immer überredet, bei „Salamander“ einzukaufen – wegen der Schuhe, aber noch mehr wegen der großartigen Hefte. „Und im Land schallt’s lange noch …“ Vor einigen Jahren kamen die Sammelbände neu heraus, da konnte ich meine Lücken füllen. Lurchi und auch Mecki, das waren wichtige Prägungen meiner Kindheit.

Eine letzte große Gruppe sind dann die Werbefiguren. Der Michelin-Mann. Das Lefax-Männchen. Obskure Dinge wie Jan Cux, Sigamuc und Putzi von der AOK. Alles schön in Kisten im Keller, damit ich sie in den nächsten Wochen und Monaten in Ruhe in Regale räumen kann. Ehrlich.

Und zum Schluss: Keine Fantasy-Elfen. Ich wiederhole mich: Keine-Fantasy-Elfen. Keine Frauen mit wallendem Haar auf Einhörnern. Keine Harfe-spielenden geschlechtslosen Elfen mit riesigem Schwert an der Seite. Keine putzigen Drachen mit runden Augen. Das ist was für Kinder.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Fremdenzimmer

 

Hallo Salamander,

 

ich wundere mich auf Dienstreisen immer, dass es Orte gibt, in denen „Fremdenzimmer“ angeboten werden und solche, in denen es „Gästezimmer“ gibt.

Ist das ein obskurer Versuch einer Tourismusbehörde, die eigenen Zimmer zu füllen, in dem man die Fremden sofort als Gäste tituliert? Oder ist das eine getarnte Fremdenfeindlichkeit, denn immerhin gibt es das übel beleumdete „Fremdgehen“ neben dem „Traue keinem Fremden“, von der „Fremdenbehörde“ nicht zu reden. Der Gast hingegen darf auf „Gastlichkeit“ im „Gästebett“ hoffen, während die Angst vor der „Gastritis“ nur wenig verbreitet scheint.

Ich selbst habe mir in Jahren des Überlegens die Theorie zu eigen gemacht, dass ich lieber „Fremde“ als „Gäste“ in mein Hotel einladen würde. In meinem privaten Bereich halte ich es anders herum. Fremde habe ich ungern in der Wohnung, Gäste gerne. Aber wenn ich einen Gasthof (auch wieder so ein Wort – gibt es Fremdenhöfe?) hätte, dann würde ich lieber Fremde einladen. Denn Gäste sind Menschen, die dort zahlen, um untergebracht und verpflegt zu werden. Der Fremde hingegen … kann ein Freund werden.

Und so waren alle meine Gäste früher Fremde, jetzt sind sie Freunde. Was das Problem der Zimmer-Benennung nicht löst.

Was sagt die „Edda“:

Mit Schimpf und Hohn verspotte nicht
Den Fremden noch den Fahrenden.
Selten weiß der zu Hause sitzt
Wie edel ist, der einkehrt
.[31]

Wohl gesprochen.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Einer meiner Lieblingszauberer ist tot

 

Hallo Salamander,

 

er starb in der Nacht auf Beltaine. Er ging, nachdem seine große Liebe wenige Wochen vorher gegangen war. Seine große Liebe … Man liest immer davon, dass Menschen dem geliebten Menschen ins Grab folgen, weil sie nicht alleine sein wollen. So war es auch hier; ein anderes Beispiele wäre einer meiner Lieblingsautoren, L. S. de Camp.[32]

Der „große Zauberer“ hatte Talent. Sein Witz war mir schon früh aufgefallen – ich kannte die Hörspielaufnahmen, die heute kaum jemand kennt, und kann bis heute die wichtigsten Witze zitieren. Dann gab es die Fernsehauftritte, die mich immer fesselten. Sein Gesang, sein nasaler Ton, die wie nicht geprobt wirkenden Auftritte. In einer Zeit ohne „policital correctness“ konnte man Herrn Neger noch Neger nennen und man durfte im Fernsehen trinken (und auch rauchen, obwohl das nicht seine Passion war).

Er war ein Zauberer, der Freude und Spaß zu jenen Menschen brachte, die etwas einfacher gestrickt schienen. Doch auf einer zweiten Ebene lieferte er Unterhaltung mit Niveau; der Witz verbarg sich hinter einer ersten Ebene der Höflichkeit, die man durchdringen musste, wenn man ihn verstehen wollte.

Im Alter wurde er nicht milde, aber er zog sich immer weiter zurück. Ab und an trat er noch auf, meist in der Rolle als „er selbst“. Lieder waren über ihn geschrieben worden, seine Bücher mit lustigen Geschichten und Aphorismen werden heute noch immer wieder gelesen und zitiert. Was will man mehr.

Jetzt ist er von uns gegangen. Pass in Walhall schön auf die Bembel auf!

Heinz Schenk ist tot.[33]

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Verloren in den Gluten

 

Hallo Salamander,

 

diese Woche war ich auf einer Fortbildung. Es gab während der zwei Tage freie Getränke; zielgruppengerecht Kaffee und (mich sehr überraschend) vier Sorten Milch. Ich ließ meinen Blick schweifen und war vom Angebot verwirrt, überrascht und verärgert. Was bot sich mir Milch-mäßig dar?

Erstens: Die lächerliche fettarme Milch; Vollmilch hat etwa 3,5 bis 3,8 % Fettanteil, dieser wird hier auf 1,5 % runterreduziert. Ich habe ja schon mehrmals erzählt, dass ich meinen Auszubildenden diese Milch verboten habe, denn sie macht ja Fettarme. Sic transit gloria mundi.

Zweitens: Kaffeesahne. Das Gegenteil der Fettarme: Hier wird die Milch „aufkonzentriert“; der Fettgehalt beginnt bei 10 %.

Drittens: Hafermilch. Ich lasse mich hier mit den Verkündern der wahren Lehre nicht auf Diskussionen ein, sondern zitiere Wikipedia:

Getreidemilch sollte nur von Erwachsenen als Milchersatz konsumiert werden. Vor der Ernährung von Kleinkindern und Säuglingen mit Getreidemilch wird vom Forschungsinstitut Dortmund für die Ernährung allergiegefährdeter Säuglinge, der Ernährungskommission für Kinderheilkunde und dem Forschungsinstitut für Kinderernährung ausdrücklich gewarnt, da Mangelerkrankungen und Wachstumsstörungen auftreten können. Getreidemilch enthält insbesondere zu wenig hochwertige Proteine, Calcium und bestimmte Vitamine (…), diese können jedoch zugesetzt werden.[34]

Viel deutlicher kann man nicht werden, ohne sich verklagen zu lassen.

Viertens: Sojadingsbums; die Namenswahl ist nicht meine Idee, denn:

In der Europäischen Union darf Sojamilch im Handel nur unter anderen Bezeichnungen, wie Sojadrink, verkauft werden. So steht in der europäischen „Verordnung (EWG) Nr. 1898/87 des Rates über den Schutz der Bezeichnung der Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung“ in Artikel 2 (1), dass „die Bezeichnung ‚Milch‘ ausschließlich dem durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersekretion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug, vorbehalten“ ist.[35]

Die normale Eutersekretion … ja, die fehlt mir bei Soja (obwohl ich das Zeug als Schokodrink echt gerne mag).

Und: Um mich völlig zu verwirren standen noch kleine Schilder „Gluten-frei“ davor, die aber leider beweglich waren und sich wohl auch schon bewegt hatten. Ist die Kaffesahne frei von Gluten? Oder die Hafermilch? Und wo ist die normale Milch, wenn man sei sucht? Irgendjemand, irgendeiner muss doch noch normale Milch wollen, so mit dem normalen Fettgehalt und durch die normale Eutersekretion (cooler Begriff) gewonnen. Bitte, irgendeiner. Irgendwo.

Nein. Keine Chance.

Und die Gluten? Was wollen die mir sagen? Auch dazu gibt es einen Kommentar, der voll ins Bild passt:

Eng verlor sich ein Busen in schweifendes Felsengewinde,

Scyllas liebliche Ruhe, wohin vor den Gluten des Himmels

Und des Meers sie entwich, wann Sol in der Mitte des Umlaufs

Machtvoll schien, von der Scheitel die kürzesten Schatten erstreckend.

Diesen verfälscht sie zuvor mit mißgestaltenden Giften

Trübend, und sprengt ihm Seime, gedrückt aus schädlicher Wurzel;

Dann im Gewirr seltsamer Beschwörungen tönet sie dreimal

Neunfach kehrende Worte mit magischer Laute Gemurmel.[36]

Ab in die Gluten!

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Beiboote

 

Hallo Salamander,

 

kürzlich sah ich (mal wieder nach Geschenken für meine Neffen schauend; beim Stöbern in Spielzeug immer eine Super-Ausrede) ein Modell der Rettungskapsel aus „Star Wars“. Ich habe das Bild mal eingefügt:

[37]

Mein Vorschlag an den Verkäufer: Kaufen, auspacken und auf einem Flughafen mit den Worten „Für Allah!“ in die Menschenmenge werfen. Wir waren uns einig: Gäbe zwar „publicity“ für „Star Wars“, käme aber wohl nicht so gut an.

Schade.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Paradies

 

Hallo Salamander!

 

Wenn es eine Auferstehung gibt, dann stellt sich mir die Frage, in welchem Alter ich für die Auferstehung vorgesehen bin. Hätte es Sinn gemacht, in jugendlichem Alter abzutreten, damit ich „drüben“ mit einem sportlichen Körper und frischen Reflexen punkten kann? Oder ist es sinnvoller, in der Mitte des Lebens, noch gut in der Kraft aber schon reifer, den Abgang zu wählen, um „drüben“ dann aus der Lebensmitte schöpfend für immer weiter zu existieren? Oder sollte ich warten, bis Altersweisheit mich geehrt, aber das Alter selbst meinen Körper so gebeugt hat, dass ich nur noch als tattriger Greis das ewige Leben genießen kann?

Die erste Option habe ich schon überlebt, die zweite stellt sich mir gerade, ist aber nicht wirklich Teil meiner zu klärenden Fragen für eine weitere Planungssicherheit in Bezug auf meine Existenz.

Die Frage stellt sich mir trotzdem, wenn ich die Möglichkeit der Wiedergeburt im Paradies (oder wie immer der Platz heißen mag) in Betracht ziehe. Werden wir alle, egal wie alt wir beim Tode waren, in einem bestimmten körperlichen Alter wiedergeboren? Egal, ob wir als Kind, als Jugendlicher, als Erwachsener oder als Greis wiedergeboren würden – irgendjemand wäre unsicher, weil er vor diesem Alter verstorben ist und mit dem „neuen“ Körper nichts anzufangen weiß und jemand anders würde nöhlen, weil ihm die Erfahrungen, die er in seinem Leben gemacht hat, nicht mehr anzusehen sind. Wenn der zu ehrende Greis genauso alt aussieht wie der junge Hüpfer, dann ist der Sinn der Lebenserfahrung wohl ernsthaft in Frage gestellt.

Ich glaube, dies ist eines der schlagendsten Argumente gegen eine Auferstehung „im Fleische“. Denn wenn eine Religion sicher wüsste, dass wir „drüben“ mit dem Körper eintreffen, den wir im Moment des Todes besitzen, dann würde man eine Sterbewelle zwischen 45 und 55 nicht unterdrücken können (wobei sich dieses vorgeschlagene Alter auf die Bevölkerung der Industrienationen beim momentanen Stand der wissenschaftlichen Technik bezieht).

Meine Hoffnung und Erwartung ist, dass ich wählen könnte, wenn es eine Auferstehung „im Fleisch“ wirklich gibt, damit ich den einen oder anderen kleinen Fehler korrigieren könnte (gerade in Bezug auf die Weiterexistenz von buschigen Nasenhaaren im Paradies bin ich ein wenig eigen). Aber eine echte Antwort ist das auch nicht. Ich bin für sachdienliche Hinweise dankbar.

 

Dein Homo Magi

Bunte Rücken

 

Hallo Salamander,

 

früher gab es das Wort „gender“ noch nicht. Einverstanden, es gab das Wort schon, aber im Deutschen noch in einer Art ungeborenem Zustand. Wir wussten, was das Geschlecht ist, aber irgendwie … war es uns als Jugendlichen (vor der Pubertät!) noch ziemlich egal. Denn es gab keine oder nur wenig Probleme damit.

Unterschiedliche Umkleideräume, unterschiedliches Spielzeug, unterschiedliche Toiletten – und natürlich unterschiedliche Jugendbücher! Wo kämen wir Jungs denn auch hin, wenn wir gezwungen worden wären, Pferdebücher zu lesen oder uns mit Dolly, Polly, Britta, Glitta, Ina oder Tina zu beschäftigen? Wir bestiegen Raumschiffe, winkten noch einmal in die Menge und stiegen dann auf einem Flammenstrahl auf, dem Horizont entgegen. Und damit wir dabei keinen Fehler machten, gab es die farbigen Rücken der Bücher.

Ein rosa beschriebener Rücken wies darauf hin, dass dieses Buch für „Mädchen“ war. Und ein blauer Rücken verkündete unverkennbar, dass hier die „Jungen“ mit Literatur bedient wurden. Das war unsere Rettung, sonst wären wir Kerle vielleicht heute lebensuntüchtige Ponyhof-Verehrer – und nicht die harten, tollen Kerle mit dem geraden Kinn, die wir werden sollten.

Bei mir haben die Jugendbücher alles richtig gemacht und alles falsch. Ich habe Jahrzehnte gebraucht um mich von dem Dünkel zu lösen, dass alle Literatur, die Frauen gerne lesen, automatisch schlecht ist oder einfach nur „falsch“ für mich. Aber es ist immer noch so, dass ich der „Frauenliteratur“ schlechthin wenig abgewinnen kann. Okay, das ist auch schon größeren Geistern als mir passiert.

Aber bis zu meinem Tode werde ich dann auf irgendwelchen Treffen nach dem dritten Bier über „Mark Brandis“ oder „Raumschiff Monitor“ reden können. Mit Jungs, mit wem sonst. Und nur mit den Jahrgängen um mich herum – meiner Alterskohorte, die sich um mich herum und mit mir gemeinsam der Klippe des Lebens nähert. Aber immerhin … es gibt schlimmere Unterhaltungen.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Wal

 

Hallo Salamander,

 

ich finde Wale hochinteressant. Mehrere Male schon habe ich dir geschrieben, wenn mir etwas dazu einfiel. Entweder hatte ich mal wieder die Walgesänge gehört, oder ein interessantes Buch über das Thema Wale gelesen.

Dieses Mal hatte ich mich nicht länger zurückgehalten und mich dazu bereit erklärt, an erster Front den armen, riesigen Säugetieren zu helfen. Endlich wollte ich (ganz offiziell) für sie arbeiten. Da ich jetzt näher an der Küste wohne, bot sich das irgendwie an.

Natürlich habe ich dafür gesorgt, dass ich nicht auf irgendeine Öko-Abzocke reinfalle. Das kennt man ja inzwischen: Cooler Briefkopf, Kontonummer, und das ganze Geld geht dann nicht an das erklärte Ziel, sondern landet in irgendwelchen obskuren Finanzkanälen auf den Cayman-Inseln, Guadeloupe oder Castrop-Rauxel. Von daher habe ich sogar bei der Telefonnummer angerufen, die auf dem offiziell wirkenden Brief vermerkt war. Der Mann auf der Gegenseite sprach sehr gutes Deutsch (ist heute weiß Gott kein Ausscheidungskriterium mehr, aber man weiß ja nie), ging auch gleich an das Telefon und bestätigte alle Angaben aus dem Schreiben. Ich war beruhigt. Trotzdem habe ich den Absender noch gegoogelt, fand sein Foto im Internet (älterer Herr, Brille) und war erst einmal beruhigt. Ich hätte wissen müssen, dass es dabei nicht bleiben kann, denn bis dahin lief alles viel zu einfach.

Für unseren ersten Hilfseinsatz gab es einen Sammelort, wo man zu nachtschlafender Zeit erscheinen musste. Der Ort war eine Grundschule – was ich irgendwie passend fand. Vor einer Metzgerei oder gar einem Fischgeschäft hätte ich mich viel weniger gerne getroffen. Es gab Kaffee und dann wurden die verschiedenen Posten beim Helfen für die Wale genannt. Ich hätte aufmerksamer zuhören sollen, aber ich hatte erst einen Kaffee und es war früh am Morgen.

Ich wurde dann Beisitzer. Bei der Europa-Wahl. Ich sah sicherlich in meinem für die Wellen und Wogen gedachten Neopren blöde aus, aber ich habe das durchgezogen. Immerhin hatte ich unterschrieben und war gierig darauf, das für das Ende versprochene Bargeld einzusammeln (steuerfrei, keine Fragen). Aber irgendwie doof kam ich mir schon vor.

Für die Stichwahl habe ich mich gleich wieder freiwillig gemeldet. Und zum Stechen bringe ich dann mein großes Schwert mit. Vielleicht stimmt das ja wenigstens.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Kreise, die heilen

Hermann Ritter

 

Der organisatorische Rahmen

Zwei Tage begab ich mich in eine Fortbildung zum Thema „Kreise, die heilen“ – eine Arbeit mit systemischen Ritualen mit Daan van Kampenhout.

Der organisatorische Rahmen ist schnell erklärt: zwei Tage; am ersten Tag neun Stunden inklusive zwei Stunden Pause, am zweiten Tag acht Stunden inklusive zwei Stunden Pause.

Die Räumlichkeiten waren nicht optimal. Man wünscht sich genügend Platz für einen Stuhlkreis oder Ring für die etwa 70 TN, aber das ist wohl zu viel verlangt. Das „esoterische Handtuchwerfen“, das Freihalten von Plätzen nahe am „Meister“ führte zu für mich nervigen Szenen, weil ich weiß, dass man das anders (und besser) organisieren kann. Wenn man dann selbst noch in der dritten Reihe sitzt, weil der Raum nicht einmal für einen durchgehenden zweiten Kreis groß genug war, dann fühlte man sich manchmal mehr als Zuschauer, denn als Beteiligter. Gefreut hätte es mich, wenn die Veranstaltung eine Art „lounge“ besessen hätte. So zerstreute man sich zum Essen oder in den Pausen durch die zwei entgegengesetzten Eingänge. Und für mein Gefühl waren es zu wenige (Damen-)Toiletten für eine Veranstaltung dieser Größe.

Die Verpflegung war gut; überrascht war ich vom Angebot von Ingwerwasser und drei Sorten Milch (aber keine davon „normale Milch“).

Die Übersetzerin war sehr bemüht, aber im Verlauf der Fortbildung gab es immer wieder (ärgerliche) Szenen, wenn Deutsche meinten, sie müssten mit dem holländischen Lehrer auf Englisch reden, um ihr Schulenglisch zu präsentieren, während selbst Daan nicht verstand, was sie wollten – und gleichzeitig viele im Publikum um eine Übersetzung bitten mussten, weil sie gar kein Englisch sprechen.

Und noch etwas: Gefreut hätte ich mich eingangs über ein Handy-Verbot. Einige Handys klingelten während der Veranstaltungen; so etwas kann man kontrollieren, wenn man es von Anfang an unterbindet. Später wies Daan darauf hin, aber da waren die Störungen schon geschehen.

 

Begrüßung und Vorstellungsrunde

Der Duz-Zwang, mit dem man gleich zur Begrüßung empfangen wurde, hielt sich durch. Da wir alle Namensschilder trugen, war es auch nicht schwer, das durchzuhalten … auch wenn man meistens überhaupt nicht mit dem Namen angesprochen wurde. Irgendwie vermied man das Schielen auf die Namensschilder fast schon peinlich berührt, so dass bis zum Ende kaum jemand meinen Namen aussprechen musste oder durfte.

Gefühlt waren 80 % der Teilnehmenden Frauen. Ob das daran liegt, dass das Thema nur oder eher Frauen anspricht oder ob Daan als „little gay boy“ (seine Wortwahl) da eher anziehend wirkt – ich weiß es nicht. In einer Vorstellungsrunde am ersten Tag, bei der man eigentlich nur seinen Vornamen sagte, waren von 70 Personen 10 männlich (plus der Referent). Etwa die Hälfte aller Teilnehmenden war zum ersten Mal zu einer solchen Veranstaltung mit Daan angereist. Am zweiten Tag waren noch 68 Teilnehmende da; von diesen einige Neuankömmlinge, die von der bisherigen Arbeit nichts mitbekommen hatten. Der Männeranteil sank am zweiten Tag auf 8 Männer.

Einige Teilnehmende waren am zweiten Tag nicht wiedergekommen, andere waren neu dazugekommen. Sehr störend war, dass bis zum Vormittag des zweiten Tages neue Teilnehmende anreisten, die völlig unverfroren in eine Aufstellung reinplatzten und den Ablauf oder auch mal eine Meditation störten. Eine Gruppe, die auf einer Fortbildung von zwei Tagen nicht konsistent bleibt, lernt nicht gemeinsam. Witze und kurze Anspielungen, die wir am ersten Tag gemeinsam „gelernt“ hatten, funktionierten am zweiten Tag nicht mehr.

 

Zum Programm

Das Programm war sehr anspruchsvoll. Nach einer Einführung am ersten Tag ging es nach einer kurzen Teepause gleich in die erste Aufstellung, der noch vor der Mittagspause eine zweite Aufstellung folgte. Nachmittags dann noch einmal drei Aufstellungen und der Tag war vorbei.

Am zweiten Tag gab es eine kurze Einführung, dann zwei Aufstellungen bis zur Mittagspause, zwei weitere Aufstellungen nachmittags und nach einer letzten Pause ein gemeinsames Ritual und ein Abschlussritual.

 

Theoretisches

Am Anfang gab es einen kurzen Theorieteil. Laut Daan haben seine „systemic rituals“ zwei Pfeiler. Der erste ist der Schamanismus. Er selbst hatte mit 18 Jahren Malaria und ist daran fast gestorben. In der Folgezeit spürte er eine „Traumveränderung“. Als er Jahre später ein Buch über Schamanismus las, fühlte er, dass das für ihn passte. Schamanismus ist für ihn ein „way of living“, der mit Kommunikation zu tun hat – der Kommunikation mit Menschen, Pflanzen, eigenen und anderen Seelen („spirits“). All das ist „poetic, mysterious“, „a way to feel connected“. Die Verbindung zu anderen Dingen wird durch Rituale stärker. Schamanismus beruht für ihn viel auf „prayer, singing, drums, rattle“. Er lebt in der Vorstellung, dass „ancestors“ Hilfe von außen bringen.

Der zweite Pfeiler ist für ihn die Familienaufstellung. Aus beiden schuf er die „systemic rituals“. Er glaubt, dass die Aufstellung immer alle betrifft; nicht nur die Aufstellenden und wohl auch nicht nur die Stellvertreter – „The work is for you“.

Daan betonte mehrmals, dass die „systemic rituals“ gleichermaßen für religiöse und nicht-religiöse Weltanschauungen gelten.

Daan benutzt für seine Arbeiten Trommel und Gesang. Um seine Gesänge im Traum aufzunehmen, schläft er mit einem Aufnahmegerät am Bett. Die Ritualleitung macht er blind; seine Lehrer hätten auch im Dunkeln gearbeitet. Dazu benutzt Daan noch einen „mirror“, einen Bronzespiegel, der als Fokus für die Gruppe dient. Wie ein sozialpädagogischer Sprechstein wird er am Beginn jeder Einheit herumgereicht und jeder sagt seinen Namen, dann reiht er den Bronzespiegel weiter. Daan reinigt den Spiegel immer nach den Veranstaltungen.

Bei der Rassel aus dem Hodensack eines Tieres (die Cheyenne benutzen so etwas zum Heilen) und der Rassel, deren Penisform er eindeutig vorführte, bin ich mir nicht so sicher, ob ich nicht (wie alle anderen) veralbert worden bin. Wer soll einen Heiler ernst nehmen, der eine Skrotum-Rassel in der Hosentasche trägt? Aber mir wurde später von einer Fachfrau versichert, dass es bei den Schamanen einen Zusammenhang zwischen Albernheit und Heilung gibt.

„Prayer“ benutzt Daan wie den „NLP-term“ „setting a focus“, versteht es aber wie eine „invitation“, Einladung an Wesen, am Ritual teilzunehmen.

Er setzt auch ein Farbrad für manche Rituale ein. Dort ist in der Mitte Grün; der Osten ist gelb, der Süden rot, der Norden weiß und der Westen schwarz.

Daan hatte verschiedene Lehrer aus verschiedenen Traditionen (Schamanismus, Judentum …). Aufstellungs-Papst Bert Helling ist für ihn nur „Bert“; Daan erklärt aber, dass er im Gegensatz zu ihm z.B. Bewegung in der Aufstellung zulässt und sich ein wenig von ihm absetzt. Später nennt er als Lehrer einen Indianer, einen Samen, einen Chassiden und Hellinger.

Vor der Veranstaltung konnte jeder mit einem Anliegen einen Brief bzw. eine E-Mail an Daan schreiben. Dieser destilliert aus jedem Brief ein bis zwei Sätze heraus, die er dann benutzt, um das Problem zu bearbeiten. „Auf meine Art mache ich mir die meiste Arbeit vor dem Seminar.“

 

Der erste Tag

Begonnen hat die Veranstaltung mit einem sehr schönen Einstieg mit Trommel und Gesang (seine Augen sind eigentlich immer entfokussiert, was es interessant macht, ihm zuzuschauen). Dazu kommt, dass er eine sehr gute Stimme hat, die dazu beiträgt, die Trance der Teilnehmenden zu vertiefen. Der Spiegel wurde herumgereicht und jeder nannte seinen Namen.

Die ersten zwei Aufstellungen waren am ersten Vormittag. Die erste Aufstellung bestand nur aus Frauen, bei der zweiten ging es um eine Familie mit Ehemann und zwei Kindern. Um die Probleme der Familie aufzulösen, wurden für jeden der drei Männer um sie herum zur Heilung drei Heiler (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) gestellt. Lag es am eklatanten Männermangel oder an meinen traurigen Augen – ich wurde gleich als der jüngere Sohn aufgestellt.

Nach der Mittagspause ging es mit einer erneuten Spiegelrunde bis zu einer Kaffeepause mit zwei weiteren Aufstellungen weiter.

Vor der ersten nachmittäglichen Aufstellung gab Daan den Hinweis, dass man nach der Aufstellung die Steller nicht ansprechen soll, weil sie dann sehr verletzlich seien.

Die erste Aufstellung beschäftigte sich mit einem „archetypical image“, nämlich einem Vater, der sich durch Selbstmord der Familie entzogen hatte. Ich spielte den Sohn, war also eng einbezogen in eine Aufstellung, die für alle (besonders für die aufstellende Tochter) sehr anstrengend war. Und ausgerechnet hier gab es (nach Daans vorhergehendem Hinweis) keine Chance, die Frau danach anzusprechen. Sie verbrachte die nächste Aufstellung in Tränen oder zumindest nur mit Mühe die Kontrolle behaltend, nach der Pause kam sie nicht wieder. Ich wüsste gerne, was aus ihr und ihrer Geschichte geworden ist, die nach der Gruppenaufstellung darin bestand, dass wir ihren Vater auf die andere Seite begleitet/geleitet haben.

Die Trommel leitete zur vierten Aufstellung über. Dieses Mal ging es zur Stärkung einer Vater-Sohn-Beziehung um die Bildung einer Väterkette, in der ich der Urahn war. Ich hatte große Schwierigkeiten, bei dem zu sprechenden Satz „Ich bin dein Vater“ nicht „Ich bin dein Vater, Luke“ zu sagen. Und ich hätte mich an einer Stelle sehr gefreut, wenn ich den Mut gehabt hätte, den Männern links und rechts von mir die Hände auf die Schultern zu legen, um einen gemeinsamen „Hawa Nagila“ zu beginnen. Man kann nicht alles haben. Aber in der Pause bin ich dann zu Daan, um ihm den nicht gemachten Star Wars-Witz zu erzählen. Er entpuppte sich als Star Trek-Fan. Er meinte dann, als ich ging, wir sollten uns als zwei Fans eigentlich umarmen … was wir taten. Von hinten fühlte ich mich durch die Blicke jener Frauen erdolcht, die ihn nicht umarmen durften. Man kann nicht alles haben; schon gar nicht, wenn man nicht weiß, welcher Captain der „Enterprise“ der beste ist.

Die fünfte Aufstellung war für mich die schlimmste. Eine Teilnehmerin suchte einen Mann, der mit ihr auf Augenhöhe leben kann. Daan bekam die Kurve ganz gut hin, eben nicht die Frau damit zu konfrontieren, dass sie wohl eher Schwierigkeiten mit ihrem Selbstbild hat. Er lud die Frauen ein, sich im Raum in einer Reihe nach ihrem Selbstbild/Verhältnis zu Männern sortiert aufzustellen. Er münzte das Thema in „Würde“ um, was der Aufstellung wenigstens einen gewissen Erfolg gab – obwohl meinen Wahrnehmungen nach das männliche Publikum zumindest skeptisch blieb.

Mit dieser Aufstellung endete der erste Tag.

 

Der zweite Tag

Am zweiten Tag stellte ich fest, dass viele andere mitschreiben, was in den Aufstellungen passiert – aber in Sicht war niemand außer mir, der die zwischendrin gegebenen Infos des eigentlich Fortbildenden aufschrieb. Das war aber wohl auch nicht das Thema: Die Aufmerksamkeit richtete sich auf den Referenten; so, als würde einen die reine Reproduktion von Äußerlichkeiten (z.B. Nachtrommeln und Nachsingen) einen qualifizieren, den schamanischen Teil des Rituals durchzuführen.

Nach einer kurzen Einführung gab es eine Verkaufsinformation von Daan zum Büchertisch; nachher könne man sich seine Käufe auch signieren lassen.

Inhaltlich begann es wieder mit einer Runde des kreisenden Spiegels, bevor wir Aufstellung Nummer 6 begannen. Ärgerlich war hier für mein Gefühl von Ritualen, dass durch das weiterhin stattfindende, nervende Zuspätkommen nicht einmal alle Anwesenden Teil der Ritualrunde waren. Ich halte das für eine Nicht-Respektierung des magischen und heiligen Rahmens eines solchen Rituals; außerdem glaube ich überhaupt, dass Kokettiererei der falsche Umgang mit Schamanen ist.

Inhaltlich ging es um einen Sohn, welcher der „Internet-Sucht“ verfallen ist. Daans Deutung war interessant: Unsere Seele und unser Verstand sind noch nicht weit genug dafür, das Internet mit allen seinen Begleiterscheinungen liefert neue Probleme, mit denen wir den Umgang noch nicht gelernt haben. Bei dieser Aufstellung war Kokettiererei auch auf anderer Ebene ein Thema: Es ging um die leidige Frage, wie schlecht man Englisch reden kann. Eine sehr gute Übersetzerin war anwesend, trotzdem mussten einige Teilnehmer in gruseligem Pseudo-Englisch ihre Kommentare abgeben. Das führte soweit, dass Daan mit einem „Du kannst Deutsch reden“ dazwischen ging. Genützt hat es wenig.

Lustig war die Szene, in der ein Mann seine Gefühle mit dem Satz „Meine Augen schwitzen“ umschrieb, um nicht zugeben zu müssen, dass er weint. Kannte ich noch nicht.

Gefragt, warum er den Farbkreis nicht eingesetzt habe, meinte Daan, dass er immer ankündigt, wenn er diesen einsetzt. Nach einer Runde mit der Rassel ging es dann zur siebten Aufstellung. Als wäre der Hinweis auf den Kreis die Vorbereitung gewesen, ging es nun um eine Arbeit mit dem farbigen Kreis. Der Norden stellt den Winter dar, der Osten den Frühling, dann der Süden mit dem Sommer und der Westen mit dem Herbst. Für Daan steht dann der Norden für die Ahnen, der Osten für die Geburt, der Süden für das Leben und der Westen für den Tod.

Das Thema waren diese Mal Kriegstote, die in einer Familie noch präsent sind. Und ich durfte den Urahn spielen. An dieser Stelle war ich ausgesprochen dankbar dafür, dass ich vor wenigen Wochen am Grab meines gefallenen Großvaters war. Mein Leben ist (zumindest ganz sicher, was das betrifft) im Reinen, von daher war ich gegen die vielen hysterischen Szenen gewappnet. Es gab Frauen, die wirklich hysterisch schluchzten, schrien und sich vor Krämpfen schüttelten.

Ist ein Pseudo-Kraftgewinn ein Kraftgewinn? Nein. Wer stark in ein Ritual geht und stark daraus hervor geht, der hat wahrscheinlich etwas gelernt – und sei es nur, zu wissen, wie stark er ist. Wer sich im Ritual absichtlich schwach und weinerlich gibt, um dann (wenig überraschend) geheilt oder besänftigt zu werden, der hat nichts gelernt, weil er nicht in der Lage war, in seine Stärke und mit seiner Stärke zu gehen. All jene Teilnehmenden (okay, es waren nur Teilnehmerinnen), die hier zum Teil sehr theatralisch gelitten haben, gehören für mich zu jenen Pseudo-Lernern.

Nach einer weiteren Pause lieferte Daan einen Vortrag über Tod und Übergang nach, sozusagen im Nachgang der Aufstellung eben. Und dann sahen wir uns übergangslos in eine zweistündige Mittagspause entlassen.

Nach dem Essen begann Daan mit einer Trommelrunde, bevor wir die achte Aufstellung begannen. Hier begann Daan mit der Mischung von realen Figuren (Vater) mit Kräften (Bär). Es ging um eine Konstellation Vater – Tochter und Ehemann. Schon bei der Aufstellung kam es zu krassen Gefühlsäußerungen. Schlimmer waren für mich nicht jene, die bei der Aufstellung mitgewirkt haben, sondern die paar Psycho-Vampire oder Psycho-Touristen, die mit weit aufgerissenen Augen jede Gefühlsregung, jede Träne, jedes verzerrte Gesicht am liebsten mit spitzer Zunge vom Gesicht ablecken wollten, um es nachzuempfinden. Fremder Schmerz, fremde salzige Tränen, fremde Schreie in sich aufsaugend, um damit die eigene Leere zu füllen.

Daan nannte die Technik des „voice-dialog“, um sich auf schamanischen Reisen anderen mitteilen zu können. Als er dann den Begriff der „Gestalt“ nutzte, den ich aus ganz anderen Zusammenhängen kenne, hatte er mich dann endgültig verloren. Der Hinweis auf den Fachbegriff „mein inneres Team“ aus dem Publikum half mir dann ein wenig weiter.[38]

Die neunte (und letzte) Aufstellung beschäftigte sich mit Trennung und deren Verarbeitung. Danach wurde getrommelt und es gab eine (letzte) Pause.

Das große Ritual zum Schluss nannte sich „Die vier Arten der Liebe“ und wurde im Kreis dargestellt. Als Kraft wurden im Inneren zwei ausgestopfte Kolibris („Großeltern Kolibris“) hinterlegt, die Daan mit einem Freund zusammen bei einer Museumsauflösung erworben hatte.

Jedes Segment des Kreises, jedes Viertel also beschreibt in dieser Konstellation laut Daan eine andere Art der Liebe. Die Kolibris in der Mitte waren eine Art nicht-enden-wollende Quelle der Kraft. Der Außenkreis, also die Fläche um den Kreis herum, war der „Ort der Erkundigung“. Der Osten stellte den Fokus der Liebe dar („Raubvogel“ war Daans Stichwort dafür), die Liebe für den anderen, die spezielle Liebe. Der Süden stellte die Fülle dar, die Liebe durch Sinneswahrnehmungen. Der Westen war die Dunkelheit, die wir sehen, wenn wir die Augen schließen. Eine innere Welt, die Selbstliebe. Der Norden stellte die universelle Liebe dar, die durch Wesen wie Buddha und Jesus symbolisiert wird; der Norden stand auch für die Liebe zu Gott. In der Mitte waren die Kolibris als Kraftquelle in der Aufstellung durch vier Menschen symbolisiert, die jeder einen Aspekt darstellten. Der Tausch war erlaubt, und so wurde ich nach wenigen Augenblicken von der Person für die universelle Liebe ausgetauscht. Den Rest des Rituals verbrachte ich damit, als Liebesschenker für Menschen zu dienen, die an meinen Händen weinten, glücklich strahlten oder es einfach nur mit geschlossenen Augen genossen. Es war wirklich Energie unterwegs, die da floss.

Man Ich löste sich mich nur ungern aus diesem Ritual. In einem Schlussritual stellten sich alle in einen großen Kreis (das erste Mal überhaupt, das wir alle in einem Kreis standen). Zur Ritualeröffnung machten wir alle einen kleinen Schritt nach innen. Dann sollten die Kräfte wirken. Wir sollten dann in die Runde winken, was alle auch taten, und einen Schritt nach außen zurückkehren. Damit war der zweite Tag und die gesamte Fortbildung vorbei.

 

Was hat es mir gebracht?

Erstens: Ich war völlig überrascht von der Menge an Energie, die an einigen Stellen im Raum unterwegs war. Ganz ehrlich: ich war schon bei offiziellen „heidnischen Ritualen“, wo bei mehr Teilnehmenden weniger „los war“ als bei Daan in einigen seiner Aufstellungen.

Zweitens: Ich habe gelernt, dass ich viele Dinge in Bezug auf meine Familie und meine Freundschaften richtig gemacht habe. Eine Menge Menschen haben hier Verletzungen oder Ängste oder Unsicherheiten an Stellen, die ich für mich mit mir geklärt habe. Es tat gut, das bestätigt zu bekommen – und ebenso gut tat es, ein wenig von der eigenen Sicherheit weiterzugeben.

Drittens: Nicht alle pädagogischen Ansätze, die ich für „schmutzig“ halte (so wie Hellinger und seine Familienaufstellung) müssen es für immer bleiben. Aber das habe ich im Heidentum und in der Magie schon länger immer wieder diskutiert, von daher war der Transfer interessant, wie das in einem Thema funktioniert, das mich „professionell“ betrifft.

 

Anmerkungen

Gefehlt hat mir pädagogisch der Hinweis darauf, dass alle Informationen über die privaten Hintergründe der Aufstellungen vertraulich bleiben. Verwundert war ich darüber, dass es keine Verweigerer für eine Aufstellung gab. Meiner Ansicht nach gibt es in einer gesunden Gruppe immer Verweigerer … aber das fand hier nicht statt. Noch viel ärgerlicher war, dass es überhaupt keine Nachbereitung für die Aufstellungen gab. In mindestens einem Falle (siehe oben) wäre das meiner Ansicht nach dringend nötig gewesen. Zum Thema der Nachreisenden habe ich mich schon mehrfach geäußert; ich halte das ebenso für pädagogisch unmöglich.

Eine Teilnehmenden-Liste hätte mich auch gefreut – und sei es nur eine, bei der man entscheiden kann, ob man drauf steht.

Und die Fortbildung an sich hatte keine Rückmeldeoption – man konnte an keiner Stelle einen Bogen ausfüllen oder etwas zurückmelden. Überhaupt … der Charakter der Veranstaltung war nicht einmal ein Zwitter zwischen Fortbildung und Seminar, sondern es war sicher keine Fortbildung. Interessant war es trotzdem, aber …

 

 

 

Wachs in meinen Händen

 

Hallo Salamander!

 

Mein Leben ist voll von eigenartigen Geschichten. Eigentlich habe ich nichts dagegen, gibt mir das doch später im Nach-Leben (ich hoffe auf einen Platz in Reihe 163.449 in Folkwang) Gelegenheit, die abzusitzenden Jahrzehntausende mit etwas Unterhaltung zu füllen.

 

Vor einigen Jahren war ich als Sozialarbeiter bei einer Privatschule tätig. Der Unterricht begann morgens um 8.00 Uhr, die meisten Kollegen kamen erst gegen 7.50 Uhr. Ich war schon damals ein Frühaufsteher und wenn ich zusätzlich durch Schmerzen um den Schlaf gebracht wurde, dann ging ich auch mal früher arbeiten. Wie an jenem Morgen, als ich um 6.15 Uhr die aufschloss. Eigentlich war mein Ziel die Unterrichtsvorbereitung, aber so weit kam ich nicht.

Der Flur war beleuchtet, die Alarmanlage war aber nicht losgeschlagen. Während ich noch überlegte, ob ich wegen möglicher Einbrecher die Polizei rufen solle, ertönte von innen ein Schrei „Halt!“ Ich blieb im Türrahmen stehen. Um die Ecke kam mein Schulleiter in Leggings und T-Shirt, dazu zwei weiche Haushaltspuschen mit Kuschelfell obendrauf. In der Hand ein Schrubber.

Ich schaute ihn fragend an. Er mich auch. „Was wollen Sie denn hier?“, fragte er mich. „Das könnte ich Sie genauso fragen“, antwortete ich. Er lachte. Dann erklärte er mir, dass er beschlossen habe, den Boden neu zu wachsen und zu polieren. Da das mit einer professionellen Firma zu teuer würde, beschloss er das selbst zu machen. Da er nicht am Wochenende arbeiten wolle, wäre nur die Zeitspanne von 3.00 Uhr morgens (wachsen) bis 7.00 Uhr morgens (polieren) geblieben. Ich schaute ihn wohl etwas skeptisch an, als er mir das erklärt hatte. „Das klingt irre?“, hakte er nach. Ich nickte bestätigend. Er seufzte nur und meinte „Ich glaube, ich muss mir eine andere Stelle suchen.“ Drei Monate später war er fort. Ich habe ihm versprochen, nie einem der Kollegen davon zu erzählen, dass er und ich nachts nicht schlafen können und daher beide arbeiten gehen – er morgens um 3 Uhr zum wachsen, ich um 6 Uhr aber nicht zum schrumpfen.

 

Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da …

 

Dein Homo Magi


 

Scharfe Bremsung

 

Hallo Salamander,

 

auf einmal war es so weit. Im Zug roch es nach heißgelaufenen Bremsen, die Lüftung ging aus, das Licht flackerte- und auf einmal standen wir mitten zwischen zwei Bahnhöfen im Tunnel. Das Licht file immer wieder aus und von draußen kam kein Licht herein. Die Fenster kann man in modernen Zügen nicht öffnen, so dass wir keine Chance hatten, die muffige Außenluft in unser Abteil zu lassen. Aber da wird es schnell warm drin, wenn die Lüftung nicht läuft.

Dann griffen die ersten zu ihren Handys – kein Netz. Kein Internet, keine SMS, keine Telefonmöglichkeit. Wenn jetzt bärtige, schmutzige Gesichter mit angefeilten Zähnen vor dem Fenster aufgetaucht wären – in meinem Wagen wären sicherlich einige tot umgefallen.

Endlich griffen doch die erlernten Regeln der Zivilisation. Hemden wurden glatt gestrichen, Taschentücher nervös zwischen den Fingern zerknüllt. Dann kam die erlösende Durchsage. Weil ein Signal „zurückgefallen“ war, musste der Zugführer eine Notbremsung hinlegen. Diese endete dann mitten im Tunnel.

Nicht nur das Signal war zurückgefallen. Meine Mitreisenden erreichten die Bronzezeit erst wieder, als der Zug in das Tageslicht zurückkehrte.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Räumen

 

Hallo Salamander,

 

im Innen wie im Außen oder „hüben und drüben ein ganzer Mensch“, das sind die beiden Achsen, die mein (magisches) Leben bestimmen.

So ist es mal wieder Zeit, aufzuräumen. Und man beginnt als echter Magier (und als jemand, der sich dafür hält) im Keller. Nein, nicht in meinem Unterbewusstsein, sondern im echten Keller. Muffige Kartons zu Elektronikgeräten, die man in den letzten fünf Jahren nicht umgetauscht hat, können zerkleinert und beseitigt werden. Alte Schulunterlagen können weg, ebenso Unterlagen aus dem Studium. Nach über 20 Jahren dürfte die Aktualität fragwürdig sein; gar nicht sollte man darüber nachdenken, warum man Dinge von Umzug zu Umzug mitschleppt, die in über 20 Jahren kein Mensch (einen selbst eingeschlossen) ansehen wollte.

Endlich konnte ich auch meine Schlumpfsammlung mal sortieren, zwar nur im Keller in Regalen, aber damit ist ein erster Schritt gemacht. Nein, nicht lachen: Ich vermute, dass jeder gute Magier eine geheime Sammlung hatte. Merlin hatte einen Keller voll mit Sammeltassen, Dr. Dee verbarg in einem düsteren Kerker über 500 Trachtenpuppen und Fu Manchu war bekannt für seine Sammlung von lustigen Mitbringseln aus San Franciso. Und wer die Bierfilze im Lama-Kloster Tushoptang noch nicht gesehen hat, der weiß nicht, was wahre Weisheit ist.

In meinen Räumen herrscht langsam wieder Ordnung. Dank meinem Räumen.

 

Dein Homo Magi

Feen

 

Hallo Salamander,

 

im täglichen IC gibt es eine Ecke im Wagen 9, die für Behinderte gedacht ist; eine Sitzecke für Rollstuhlfahrer, zwei Stühle für Schwerbehinderte. Dort sitze ich oft, weil ich da ohne Reservierung und mit Gehstock immer einen Platz finde. So auch gestern. Aber da teilte ich mir die Behindertenecke mit einem Rollstuhlfahrer, der bald mit mir in ein kurzes Gespräch kam, da ich auf seine Sachen aufpasste, während er auf die Toilette rollte. Kein Problem.

Zwischen uns setzte sich dann irgendwann ein Mann Mitte 40 in der Kleidung eines 20-jährigen, dazu eine bunte Mütze und ein (Verzeihung) etwas einfältiger Gesichtsausdruck. Er hatte eine Stimme wie Marlene Dietrich nach zwei Packungen Zigaretten und war offenkundig ein wenig verwirrt. Oder schlicht.

Als der Schaffner kam, rief der Mann ganz laut „Ich bin die ICE-Fee. Und ich bin unsichtbar, daher können sie mich überhaupt nicht kontrollieren.“

Mit einem wissenden Lächeln kontrollierte der Schaffner den Rollstuhlfahrer und mich, dann ging er seiner Wege. Die ICE-Fee lächelte glücklich, verabschiedete sich brav von uns beiden und ging laut falsch singend den Gang entlang, in die entgegengesetzte Richtung, die der Schaffner eingeschlagen hat.

Alle anderen im Wagen dachten sicherlich darüber nach, warum der Mann nicht kontrolliert worden ist. Ich wunderte mich nur, warum die ICE-Fee in einem IC fährt. Alles andere erschien mir logisch.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Mittsommer

 

Hallo Salamander,

 

innerhalb von wenigen Tagen durfte ich den ultimaten heidnischen Kulturschock erleben.

Mittsommer 1: Mit einer Gruppe sehr netter Heiden im Osten der Republik, irgendwo bei Magdeburg. Ein gemeinsames Ritual, gemeinsames Sumbeln, gemeinsames Trinken, viele Gespräche. Einziger Kritikpunkt: Ich hätte wirklich ein „My little Pony“-T-Shirt dabei haben sollen, um das monotone Schwarz in der Asatru-Kleidung mit einem pinken Fleck zu unterbrechen.

Mittsommer 2: Beruflich nach Barcelona, ohne dass jemand vorher einen Blick in den Kalender geworfen hätte. Dort Johannesfest am Strand von Barcelona, also das große Mittsommerfest der Spanier. Etwa eine Million Menschen drängten sich bei fast 30 Grad am Strand, es gab Feuerwerk, Musik und überall Cocktails und Bier. Menschen tanzten, Menschen sangen, Menschen küssten sich, Menschen feuerten Raketen ab.

Und vor mir, in der warmen Sommernachtluft, das Mittelmeer. Hier waren sie alle gesegelt – die Phönizier, Römer, Griechen, Punier. Es war ein großartiger Moment und ich erwartete fast, einen hölzernen Bug am Horizont auftauchen zu sehen. Er kam nicht.

Ich sah kein „My little Pony“-T-Shirt, aber man kann nicht alles haben.

 

Dein Homo Magi

Suchbegriffalarm

 

Hallo Salamander,

 

endlich habe ich den neuen, magischen Namen gefunden, nachdem ich immer gesucht habe. Damit bin ich im Internet ein wandelndes Alleinstellungsmerkmal – und cool klingt er auch noch!

Die Quelle ist das Buch „Spirits, Stars, and Spells“ von L. Sprague de Camp und Catherine C. de Camp (New York, 1966). Dort heißt es (S. 181) über jemand, der zu viele Bücher über Kabbalistik und die Zahlenwerte & Bedeutungen von Buchstaben gelesen hat:

A Californian believer named Edward L. Hayes dutifully worked over his name until he transformed it to Tharnmidsbe L. Praghustspondgifeem, and finally petitioned the courts to give him an even longer, more auspicious label.

Der Name ist eine Bombe: Keine Treffer bei Google, kein Buchhinweise bei Amazon. Das heißt nicht nur, dass das von mir gelesene Buch digital noch nicht erfasst ist (Amazon verweist sonst auf jedes Dreckszitat; also gibt es noch wichtige Gründe für gedruckte Bücher – unter anderem, dass man da noch lustige Dinge finden kann). Es heißt auch, dass es noch Internetorte gibt, die Brachland sind. Unerschlossen. Noch nicht von Suchparametern durchpflügt. www.praghustspondgifeem.de.

Danke, Tharnmidsbe. Du hast meinen Tag gerettet und mir den Glauben an das Buch zurückgegeben.

 

Dankbar, Dein Homo Magi Tharnmidsbe

 

 

 

Cowboys am Morgen

 

Hallo Salamander,

 

ich fahre morgens eine Stunde mit dem Zug zur Arbeit (und dieselbe Strecke abends retour, nur damit das Mal gesagt ist).

Morgens gehe ich früh zum Bahnhof. Am Bahnhof: ein gepflegter Herr Mitte 50. Cowboyhut, weißer, gepflegter Schnurrbart. Am Cowboyhut zwei silberne Sheriffsterne. Eine Hose mit braunen Lederstreifen am Rand. Ein Hemd mit Fransen an den Ärmeln. Ein Gürtel mit braunem Leder, vorne ein Sheriffstern in Bronze als Zierde. Lederjacke. Auf dem Fahrrad hinten ein Korb und zwei Fahrradtaschen an den Seiten des Gepäckträgers. Mit dem Fahrrad fährt er von Mülleimer zu Mülleimer und holt Pfandflaschen raus. Ich sehe ich nicht mittags trinken, wenn ich mal in der Stadt unterwegs bin. Aber er ist offensichtlich darauf angewiesen, Pfandflaschen einzusammeln.

Ich fahre eine Stunde Zug. Zweite Klasse, Geschäftsleute mit Mobiltelefon und Klappcomputer, emsiges Geschwätze bis zum Zielbahnhof. Aussteigen.

Ein völlig anderer Bahnhof. Verschmutzungsgrad ungefähr zwanzig Mal so hoch wie am Startbahnhof. Draußen vor dem Bahnhof: ein gepflegter Herr Mitte 50. Cowboyhut, weißer, gepflegter Schnurrbart. Am Cowboyhut zwei silberne Sheriffsterne. Eine Hose mit braunen Lederstreifen am Rand. Ein Hemd mit Fransen an den Ärmeln. Ein Gürtel mit braunem Leder, vorne ein Sheriffstern in Bronze als Zierde. Lederjacke. Ein Rucksack und zwei Plastiktüten sind sein Gepäck, in das er Pfandflaschen einräumt.

Rein körperlich würde man den spätmorgendlichen Cowboy nicht mit dem frühmorgendlichen Cowboy verwechseln. Aber alles andere (Habitus, Kleidung, Aufgabe) sind identisch.

Drei Thesen:

Erstens: Man sammelt in Deutschland nur Pfandflaschen, wenn man Cowboy ist. Weil es keine Büffel mehr gibt. Ist unwahrscheinlich.

Zweitens: Die geheime Organisation der Bettler, Scherenschleifer und Straßenmusikanten hat Kleidungsregeln für jede Untergruppe ausgegeben. Straßenmusiker nur als Mayas mit Panflöte oder als „Kelly Family“-Verschnitt. Bettler nur als billiger Zigeuneroper-Abklatsch. Und Flaschensammler nur als Cowboys. Ist unwahrscheinlich.

Drittens: Die Zwerge, die immer den Hintergrund der Welt auf- und umbauen (letzteres nur, wenn ich nicht gerade hinschaue), sind knapp an Bildern und Schauspielern. Daher werden Rollen am Start- und am Zielort eingesetzt. Klingt gut.

Ich bin mir aber nicht abschließend sicher – und hoffe darauf, dass die gOdBSuS (geheime Organisation der Bettler, Scherenschleifer und Straßenmusikanten – kurz gOd) sich bei mir meldet und alles aufklärt.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Weise

 

Hallo Salamander,

 

wenn der „Stein der Weisen“ auf Englisch „The Philosopher’s Stone“ heißt, aber nicht alle Philosophen Weise sind und nicht alle Weisen Philosophen, wenn die Heiligen Drei Könige eigentlich Weise aus dem Morgenlande oder genauer Sterndeuter oder noch genauer „magi“ sind[39], sind dann alle die Begriffe

·         Philosoph

·         Weiser

·         Heiliger König

·         Sterndeuter

·         Magier

austauschbar?

War dann Plato ein Heiliger König, Ernesto Cardenal eigentlich Sterndeuter, Rudolf II. Magier, Kopernikus Philosoph und John Dee ein Weiser?

 

Eigenartige Dinge passieren bei Übersetzungen. Aber „Stein der Sterndeuter“ hat was …

 

Dein Homo Magi


 

IBAN

 

Hallo Salamander,

 

ich kann lesen. So lese ich auch mehrmals täglich den neuen Begriff IBAN. Inhaltlich ist mir schon klar, was das sein soll (nicht nur, weil meine Bank bei jedem Kontoauszug vier Extraseiten auswirft, um mich auf den neuesten Stand zu bringen). Auch Wikipedia hilft:

Die IBAN (englisch International Bank Account Number, deutsch ‚Internationale Bankkontonummer‘) ist eine internationale, standardisierte Notation für Bankkontonummern. Sie wird durch die ISO-Norm ISO 13616-1:2007 Teil 1 beschrieben.[40]

Sich jetzt tiefer in die Materie zu begeben, ist echt schwierig. Natürlich kann man auf der Seite der ISO nachschauen[41], aber der Preview funktioniert nicht, den Text selbst könnte ich für 58 CHF kaufen. Ein wenig Recherche (und das meine ich ernst) gibt dann immerhin eine (wenn auch englischsprachige) Erklärung. Vorsicht, jetzt wird es eigenartig!

The International Bank Account Number (IBAN) is an internationally agreed system of identifying bank accounts across national borders to facilitates the communication and processing of cross border transactions with a reduced risk of transcription errors. It was originally adopted by the European Committee for Banking Standards (ECBS), and later as an international standard under ISO 13616:1997. The current standard is ISO 13616:2007, which indicates SWIFT as the formal registrar. Initially developed to facilitate payments within the European Union, it has been implemented by most European countries and many countries in the developing world, especially in the Middle East and in the Caribbean. As at June 2014, 64 countries were using the IBAN numbering system.

The IBAN consists of up to 34 alphanumeric characters, as follows:

·         ISO 3166-1 alpha-2 country code – two letters,

·         check digits – two digits, and

·         Basic Bank Account Number (BBAN) – up to 30 alphanumeric characters for a country-specific.

The check digits enable a sanity check of the bank account number to confirm its integrity before submitting a transaction. The BBAN format is decided by each national banking community: it must be of a fixed length for the country and comprise case-insensitive alphanumeric characters. It includes the domestic bank account number, branch identifier, and potential routing information.[42]

„Sanity Check? “ Hey, obwohl Wikipedia hier auf der falschen Fährte ist mit seinen Verweisen auf einen Schnelltest[43], die erste Quelle ist das Lovecraft’sche Horror-Rollenspiel „Call of Cthulhu“, wo „Sanity Checks“ zur Spielroutine gehörten.[44]

Aber das alles beweist doch nur, dass die Banken wenig Interesse haben, ihre Grundregeln zu verraten (sonst würde es kein Geld kosten herauszufinden, nach welchen Prinzipien meine Überweisungen erfolgen – immerhin zahle ich für den Kontoservice schon).

Und ich bin jetzt sicher, dass die Banken meine geistige Gesundheit (Sanity) überprüfen; basierend auf einem Begriff aus einem Horror-Rollenspiel über die Großen Alten.

Als letztes: Obwohl sich Superchristen über angebliche 666-Strichkodes aufregen, ist ihnen das entgangen: „I ban“ – „Ich banne“. Dämonenbekämpfung am Bankautomaten.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Eigenartige Orte

 

Hallo Salamander!

 

In de Camps „Spirits, Stars, and Spells“[45] stieß ich unter dem Hinweis auf die Rosenkreuzer auf die Stadt Damcar:

He also visited the secret city of Damcar in Arabia, where he translated the imaginary Arabic „Book M“. (S. 154)

Ich war neugierig.

Abgesehen davon, dass ich nach einer extensiven Suche im Netz mehr über die Band „Secret Chiefs 3“ weiß, die offensichtlich „Book M“ und Damcar ebenfalls verknüpft, führt die weitere Suche in die Wüste, denn die Suche im Internet erweist sich als … eigenartig. Die „Oriental Apostolic Church of Damcar“[46] ist ganz woanders, nämlich nicht in der arabischen Wüste:

The Office of the Metropolitan Catholicos, His Beatitude, Tau Mikael III Basilides, is located in South Central Lower Michigan.[47]

Michigan. Aha. Das gab es aber noch nicht, als … die Quelle ist sowieso eigenartig. Denn seine Herrlichkeit Tau hat noch viel mehr Titel:

I, The Most Reverend Valdiveso Paschal Matthews, in ecclesia, Tau Mikael III Basilides, by the grace of the Eternal, Metropolitan Catholicos of The Oriental Apostolic Church of Damcar, Sovereign Catholicate of the Inland Seas, following the ancient custom of Our August Predecessors in the One Undivided Church in accordance with Article 50 of the Council of Mayence (813 A.D).,the teachings of Richard, Duc de Palatine, and the canons and traditions of the Oriental Apostolic Church of Damcar, Hereby declares[48]

Haken dran. Immerhin habe ich so gelernt, dass der „Pfadfinder“ von Cooper im Original „The Pathfinder, or The Inland Sea“ heißt. Hat mit Damcar nix zu tun, aber mit Michigan auch nicht.

Das Ende der Suche ergibt dann ein Hinweis aus einem Buch von 1614 aus Kassel über die Stadt Damcar. Wikipedia schreibt nicht gerade nett über die Ortsangabe:

This place remains a mystery — it did not become Damascus, but is somewhere not too far from Jerusalem.[49]

Aha. Wo auch immer man das „Buch M“ auftreiben kann … ich werde es mit diesen Angaben nicht finden. Und suche dann schon einmal nach „Buch N“. Das ist weiterführender.

 

Dein Homo Magi

Wir spechen Deutsch

 

Hallo Salamander,

 

nur weil es manchmal Dinge gibt, die man nicht glauben mag, diese Mitteilung.

Also: Ich lese den Newsletter der Duden-Sprachberatung. Und da steht doch tatsächlich online bei der Anmeldung[50]:

Ja, ich möchte den Duden-Spachberatungs-Newsletter erhalten, eine Abmeldung ist jederzeit möglich.

Die Hervorhebung stammt von denen. Also habe ich mich auf deren Seite gleich zu Wort gemeldet[51]:

Mein Anliegen: Ich möchte eine inhaltliche Rückmeldung zu Ihrer Website abgeben

Meine Nachricht: Sehr schön:

Ja, ich möchte den Duden-Spachberatungs-Newsletter erhalten, eine Abmeldung ist jederzeit möglich.“

Meine Muttersprache ist also eine Spache.

Nachdem meine Anfrage jetzt fast zwei Wochen her ist, ohne dass ich eine Rückmeldung erhalten habe (oder die Seite geändert worden ist), streiche ich Dudens Sprachkompetenz aus meinem Gedächtnis, sp(r)eche ab jetzt nur noch Deutsch mit Homo Magi-Akzent und amüsiere mich königlich.

 

Pruhahah. Spache.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Weißes Rauschen

 

Hallo Salamander,

 

gestern bin ich auf dem Weg in den Bahnhof einem Herrn nachgelaufen, der mit zwei großen Plastiktüten beladen war.

Ich konnte ihn nur von hinten sehen. Ein schäbiger Mantel, ausgetretene Schuhe, eine wirre Frisur. Und dann die beiden Tüten, die eine voll mit leeren Plastikflaschen. Also war es nicht schwer, ihn einzuordnen: Ein Penner, ein Obdachloser, ein Vino. Wie immer man „sie“ nennen will, alle Bezeichnungen sind unfair, weil sie in keiner Weise erfassen, warum sie so sind, wie sie sind. Alkoholismus? Eine psychische Erkrankung? Arbeitslosigkeit, Armut, Wohnungsverlust?

Keine Ahnung. Aber was ihn von den anderen unterschied, die ich in den Tagen vorher beobachtet habe, war die zweite Tüte. Aus ihr drang „Lärm“. Ich näherte mich unauffällig und ging einige Schritte hinter ihm eine Weile ebenso einfach entlang wie er.

Nach einer Weile war mir klar, was ich da hörte. Es war kein Lärm, es war ein Kofferradio. Und dieses Kofferradio war so eingestellt, dass es zwischen zwei Stationen empfing. Ab und an waren Stimmen zu hören – unzusammenhängende Silbenfetzen. Dazwischen immer das Rauschen zwischen zwei Stationen, ein Knattern, nicht unähnlich dem, was ich früher vom Jupiter kenne.[52]

Der Herr vor mir machte keine Anstalten, den Sender einzustellen. Vielleicht gibt es einen Punkt in der Welt, wo er sauberen Empfang hat. Oder mehrere. Und er orientiert sich nicht mit den Augen, sondern anhand der Verzerrungen aus dem Radio, die ihm sagen, wie nahe er den Strahlenquellen ist. Oder er ist ein gut getarnter Außerirdischer, der aus dem weißen Rauschen Mitteilungen vom Mutterschiff empfängt. Vielleicht ist das Radio aber auch ein Sinnbild für sein Leben: Nicht justiert, nicht eingestellt, frei im Spiel der Strahlen.

Irgendwie erhaben.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Der große Schlumpf

 

Hallo Salamander,

 

heute stand ich in der Pause mit meinen Kolleginnen im Hof, eine rauchen. Ich gebe es zu: Ein Laster, aber aus sozialen Gründen manchmal fast schon ein Zwang.

Auf einmal heben sich um mich herum die Köpfe in den Nacken. Ich schaue nach oben: Der große Schlumpf! Rote Mütze, rote Hose, blaue Haut, weißer Bart. Er schwebt über uns hinweg, leicht im Wind taumelnd, bevor ihn die Gasfüllung weiter und weiter nach oben zieht, unseren Blicken sich langsam entziehend.

Die Auflösung war dann banal. Im Nachbarhaus wohnt ein Luftballonverkäufer, der jeden Tag in die Innenstadt geht, um Kindern die gasgefüllten Ballons in der Form von populären Figuren zu verkaufen. Eine Figur ist „Papa Schlumpf“ oder „Oberschlumpf“, und jener war ihm an diesem Morgen entkommen und driftete langsam aus dem Hof gen Himmel. Wahrscheinlich hatte er sich beim Befüllen mit Gas gelöst, aber die Freiheit genoss er dann sehr, um uns einen Blick zuzuwerfen und fröhlich taumelnd als kleiner Punkt nach oben zu entschwinden.

Danke, Papa Schlumpf.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Abrahamitischer Satanismus

 

Hallo Salamander,

 

im Umgang mit dem Islam spricht man jetzt viel darüber, dass man mit dem (gemäßigten) Islam den Schulterschluss der „abrahamitischen Religionen“ suchen sollte. So, als könnte man ex cathedra zwischen guten Christen und schlechten Christen, guten Moslems und schlechten Moslems und guten Juden und schlechten Juden unterscheiden, indem man nur jene einlädt, die sich der Verständigung öffnen – aber bitte schön nur der Verständigung mit den Glaubensbrüdern a la Ringparabel.

Was sind eigentlich jene abrahamitischen Religionen? Wikipedia hilft:[53]

Als abrahamitische, abrahamische oder Abrahams Religionen werden jene monotheistischen Religionen bezeichnet, die sich auf Abraham, den Stammvater der Israeliten nach der Tora (Gen 12,1-3 EU) bzw. den Ibrahim des Koran, und seinen Gott beziehen.

Die Bezeichnung wird üblicherweise als Oberbegriff für die drei großen Weltreligionen verwandt, die sich auf den „Abrahamsbund“ zurückführen:

·         Das Judentum: Alle Juden sind für die Bibel „Kinder Abrahams“, also eine Abstammungseinheit.

·         Das Christentum: Für das Neue Testament hat Jesus Christus an denen, die an ihn glauben, Verheißungen Abrahams erfüllt und sie in die Gotteskindschaft einbezogen, so dass auch sie Anteil an den biblischen Verheißungen für das Volk Israel erhalten.

·         Der Islam: Dort gilt Ibrahim ebenfalls als Stammvater aller Ismaeliten, die noch vor dem Erben Isaak in der Bibel die Zusage Gottes auf Nachkommenschaft und Segen erhalten. Er ist im Koran außerdem nach Adam der erste Prophet, der allen Menschen den einzigen wahren Gott verkündet und zugleich Vorbild ihrer Glaubenstreue und Gerechtigkeit ist.

Soweit, so gut.

Zwei Fragen drängen sich dem Heiden in mir auf.

Erstens: Was heißt es politisch, wenn die Christen jetzt den Schulterschluss zu Moslems und Juden suchen? Die großen Kirchen schrumpfen, von daher ist es offensichtlich wichtig, einen Konsens zu schaffen, der Mehrheiten erzeugen kann. Das kann mir politisch nicht gefallen.

Zweitens: Abrahamitische Religionen … wäre das nicht auch was für Satanisten? Immerhin meinen die denselben Gott wie die Christen in der Bibel. Selbe Quelle, nämlich Wikipedia:[54]

Der Begriff Satanismus bezieht sich etymologisch auf Satan und damit auf den Kulturraum der monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam.

Ein Bündnis der vier Gruppen wäre interessant … aber das wäre sicher weltanschaulich ein Grund, sich als Heide da rauszunehmen. Und so kann man sich die Politik auch schön reden.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Schuhfetischisten

 

Hallo Salamander,

 

das schöne Schild lockte mich in den Laden. Dem Besitzer und einzigen Mitarbeiter präsentierte ich sofort mein Problem. Ich hatte da einen längeren Text, der jetzt schon unter zu langen Sätzen litt. Dazu kam, dass ich mich nicht entscheiden konnte, an welchen Stellen ein Umbruch nötig wäre. Natürlich ist es unmöglich, wenn man eine ganze Seite nur mit 7 oder 8 endlos langen Sätzen füllt, die dann noch nicht einmal zugunsten der Lesbarkeit von einem Absatz unterbrochen werden.

Anfangs war der Ladenbesitzer noch sehr freundlich, musterte aber – einem Fetischisten gleich – immer wieder meine Füße und Schuhe. Ich war anfangs noch irritiert, nahm dann aber seinen Tick schon als Bestätigung, dass er mein Anliegen verstanden hatte, lauschte er doch schon einige Minuten sehr angespannt.

Nervös wurde ich aber, als er hinter sich griff und einen Hammer nach vorne zog. Ein großes Gerät, zwar mit einer Plastikkappe vorne über dem Metallkpf, aber immer noch gefährlich aussehend. Ein letztes Mal versuchte ich ihm mein vertracktes germanistisches Problem darzulegen. Er blieb meinen Wünschen, meinen Hoffnungen gegenüber taub und machte jetzt klare Hinweise darauf, dass ich anfangen soll, erste Kleidungsstücke abzulegen.

In was für einen Tempel der Lust war ich geraten? Ich schaute mich um – diverse Schuhe zeigten von den perversen Vorlieben des Ladenbesitzers, die dieser sichtbar auslebte. Ein Schauern rannte meinen Rücken hinunter. Einige Floskeln stotternd verließ ich den Laden und schwor mir dabei, nie wieder den „Absatz-Sofort-Service“ von Herrn Schuster zu betreten.

Er sieht nett aus, ist aber sprachlich eine Null.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Schmerzhafter Spam

 

Hallo Salamander,

 

heute bekam ich folgenden, wundervollen Spam:

Sehr geehrter Kunde,

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Wir haben unregelmäßige Aktivität Ihrer Konto erkannt.

Zu Ihrem Schutz, beschränken wir es, bis Sie Ihre Angaben Bestätigung.

Bitte laden Sie das angehängte Dokument und überprüfen Sie Ihre Daten.

Wenn Sie diese E-Mail ignorieren Ihre Konto wird gesperrt.

--------------------------------------------------

Bitte verwenden Sie die Website auf dem Laufenden bleiben.

Nutzen Sie diese Gelegenheit, um unser Unternehmen und unsere Reserven einzuführen.

Vielen Dank, Kundendienst.

 

Einführen von Reserven? Das tut bestimmt weh.

Löschen.

 

Dein Homo Magi


 

Nebel

 

Lieber Salamander,

 

der Herbst kündigt sich an – noch zurückhaltend in den frühen Morgenstunden, wenn die Herbstnebel schwer auf den Feldern liegen. Die Sonne ist noch kraftvoll, sie zerstrahlt den Nebel in wenigen Minuten. Sie löst ihn auf, verweht die Schwaden und sorgt dafür, dass das Sommerlicht sich noch einmal durchsetzt.

Aber es ist der Herbst, den ich für die Jahreszeit der Magie halte. Ob es daran liegt, dass ich nächstes Jahr 50 werde, weiß ich nicht. Vielleicht ist es das Gefühl, dass selbst bei einer Lebenserwartung von 100 Jahren die zweite Hälfte meines Lebens (und damit der Herbst) beginnt. Eigentlich nicht.

Eher ist es der Nebel, der für mich für die Magie steht. Er ist wie eine „tabula rasa“, auf der man aufzeichnen kann, was einem einfällt. Und ähnlich wie die Wolken schafft er Bilder von unglaublicher Eindringlichkeit – auch wenn diese oft nur in den Hinterstuben meines Verstandes Sinn machen, denn nur für mich gestalten sich Schwaden und Nebel zu Bildern von vergangenen und kommenden Ereignissen.

Prinz Eisenherz, der in den Nebeln seine Zukunft sieht … dieses Bild aus dem gleichnamigen Comic hat mich früh beeinflusst, es prägte meine Erwartung an Zeit und Magie. Warum sollte ich heute nicht in der Lage sein, die Staffelei des Jahreskreises zu nutzen, um damit Bilder und Wirklichkeiten zu schaffen?

Avalon ist nicht ohne Grund die Nebelinsel; ich will kein König der Nebelinsel sein, aber als Besitzer eines netten Landhauses dort könnte ich mich sehen.

 

Ach, der Herbst – der Nebel hängt auch schwer auf Gemüt und Seele. Aber dann kommt wieder der Winter mit der Klarheit der Kälte und dann …

Panta rei.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Mondhunde

 

Hallo Salamander,

 

gerade habe ich mal wieder heidnische Musik gehört, komponiert und gespielt von einem bekennenden Asatru. Und nein, es ist kein Metal oder irgendwas anders. Eher … Weltraummusik auf der Orgel. Oder das, was ich mir als Hintergrundmusik zu einem Ritual an einem leise plätschernden Bach vorstelle.

Der Künstler trug jahrzehntelang in der Öffentlichkeit einen Wikingerhelm, hieß mit Spitznamen „the Viking of 6th Avenue“ und hatte daheim einen Altar für Thor. Achja, er war auch blind. Er starb in Deutschland, wohin er 1974 zog, um hier die letzten 25 Jahre seines Lebens zu verbringen.

Moondog ist vor 15 Jahren gestorben.[55] Alles Gute – ich hoffe, du spielst in Folkwang.

 

Dein Homo Magi

Der graue Mausling in Tibet

 

Hallo Salamander,

 

als ich kürzlich auf meiner Couch entspannt „In den Fesseln von Shangri-La“ sah, war ich so begeistert von Frank Capras Werk, dass ich mir die längere Dokumentation auf der DVD gleich auch noch angeschaut habe. Unter anderem wurden Szenen gezeigt, die im Film keine Verwendung fanden. Dabei war auch eine Version, in welcher der Schauspieler Fritz Leiber einen Mönch spielt.[56]

Fritz Leiber – wow! Eine meiner Fantasy- und Horror-Ikonen.[57] Autor von Meisterwerken wie „Die Sündhaften“, „Ein Gespenst sucht Texas heim“, „Die programmierten Musen“ und „Herrin der Dunkelheit“, ein absoluter Knaller. Aber … das erschien mir dann vom Alter her unrealistisch. Und so war es dann auch, ich hatte Vater und Sohn verwechselt. Über Fritz Leiber (Sohn) heißt es nicht umsonst in der englischen Wikipedia:

Due to the similarity of the names of the father and the son, some filmographies incorrectly attribute to Fritz, Jr roles which were in fact played by his father, Fritz Leiber, Sr. Fritz, Sr. was the evil Inquisitor in the Errol Flynn adventure film „The Sea Hawk“ (1940) and had played in many other movies from 1917 onwards until the late 1950s.[58]

Naja, trotzdem ist der Film großartig. Und obwohl es Fritz Leiber (Vater) nicht in den Film geschafft hat und damit die tolle Vernetzung zu Fritz Leiber (Sohn) gescheitert ist … man kann nicht alles haben. Manche guten Filme gibt es ohne Bonus-Informationen.

Trotzdem: Anschauen.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Samsara, Göttin des Getreides

 

Lieber Salamander,

 

immer wieder muss ich im heidnisch-magischen Grundlehrkurs, zu dem mein Leben immer mal wieder mutiert, erkennen, dass Grundlagen des esoterischen Lebens nicht gelernt sind.

Dabei ist es doch so einfach. Beginnen wir in der ersten Lektion bei den Wochentagen und ihren heidnischen Namen:

 

Sonntag                    Tag der Sonne

Montag                     Tag des Mondes

Dienstag                    Tag des Tiu/Tyr

Mittwoch                   Tag des Odin                              (aus dem englischen „Wednesday“ einfacher herauszulesen)

Donnerstag                        Tag des Thor/Donar

Freitag                              Tag der Freya

Samstag                    Tag der Samsara

Komischerweise ist Samsara, die nordische Göttin des Getreides, mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Aber wenn man sich der alten Lieder entsinnt, dann kommt bei vielen Heiden die Erinnerung wieder: „Samsara mit dem Sonnenkern“ und die „Urkraft des Keimes“[59], daran kann sich jeder erinnern. Aber an die Göttin mit dem weizenblonden Haar und den großen … Augen. Die Erinnerung ist verschwunden.

 

Schade. Man muss den jungen Leuten heute so viel lernen, damit sie das Heidentum verstehen tun. Bitter.

 

Dein Homo Magi

 

 

 

Zu Ende und Beginn des heidnischen Jahres

 

Es liegt in jedem Neubeginn

ganz innen tief ein Zauber drin,

welchen, wenn man lang ihn sucht,

man am Ende doch verflucht.

 

Weil, was am Ende man gefunden

nach suchend zugebrachten Stunden

ist kleiner, als man sich erhofft –

so ist es nun bei Zaubern oft.

 

Manchmal fühlt man sich betrogen

wenn der Zauber schnell verflogen,

flüchtig, wie halt Zauber sind,

weht er fort im ersten Wind.

 

Und man sieht ihn langsam steigen,

wie es ist den Zaubern eigen,

und er wird schnell klein und kleiner.

Oft fragt man sich so: „War da einer?

 

Oder hab ich nur empfunden,

dass den Zauber ich gefunden?“

Egal. Im nächsten Neubeginn

Steckt ein neuer Zauber drin.


 

Andere Trommeln

 

Hallo Salamander,

 

es gibt Tage, da muss man immer wieder erfahren, dass es schon lange Menschen gibt, die zu denselben Erkenntnissen gekommen sind, wie man selbst:

Willst du alle Sprachen sprechen und die Sitten aller Völker kennenlernen, willst du weiter reisen als je ein Reisender, willst du mit allen Himmelsstrichen vertraut sein und machen, dass die Sphinx ihr Haupt an einem Stein zerschmettert, so folge der Vorschrift des alten Philosophen: Erkenne dich selbst![60]

 

Thoreaus „Walden“, aus dem dieses Zitat stammt, erschien 1854. Und jetzt, 110 Jahre später, kann ich es immer noch mit Genuss lesen. Es ist zeitlos – zeitlos lebendig und zeitlos wahr. Die Sprache ist weiterhin schön – meine Übersetzung von Emma Emmerich und Tatjana Fischer[61] liest sich flüssig, obwohl das Buch über 100 Jahre auf dem Buckel hat, die Übersetzung auch schon 35 Jahre.

Aber manche Sätze bleiben wahr. Und so will ich mich daran machen, in den nächsten Tagen dem Klang einer anderen Trommel zu folgen. Wenn ich Glück habe, ist es die Trommel, nach der schon Thoreau marschiert ist:

Wenn jemand mit seinen Gefährten nicht Schritt hält, so tut er es vielleicht deshalb nicht, weil er einen anderen Trommler hört.[62]

 

Dein Homo Magi


 

Farbenspiele

 

Während ich aufs Heilen warte

ließ ich wachsen meinen Barte.

Und als ich in den Spiegel schau:

Mist! Da war der Bart dann grau.

 

Wo in den vergang’nen Jahren

kopfwärts dunkle Haare waren

sind nun in der Lockenlücke

winzig kleine graue Stücke.

 

Auch am Hals bleibt nichts beim Alten –

Kinn an Kinn mit vielen Falten.

Wo rosig einst die Körperhaut

nun die Haut ein wenig graut.

 

Seufz, diese Farbe kann ich tragen,

doch ich muss es leider sagen:

Statt dem Grau auf dieser Reise

wär ich lieber weiß und weise.


 

Felder …

 

Felder stehen für die Nahrung,

Elysium für Göttlichkeit,

Mysterium für das Geheimnis,

Spiele für die Fröhlichkeit.

 

Nähren soll uns altes Wissen,

nähren wir der Menschen Geist;

vergessen niemals, dass dies Lernen

bis zur letzten Reise heißt.

 

Doch: Im Vergleich zu jedem Gotte

sind wir Menschen plump und dumm.

Manchmal brennt ein Wetterleuchten –

göttliches Mysterium.


 

Ferner Schatten schlanke Finger

 

Ferner Schatten schlanke Finger

tanzen auf dem Wiesengrund,

und sehr schläfrig liegt im Dunkel

der alte, heil’ge Steinenrund.

 

Dolmen steh‘n wie alte Zähne,

das Moos sie wie ein Kleid verziert,

wenn des Mondes volles Funkeln

sich auf ihnen fast verirrt.

 

Leise liegt das Gras, fast schlafend,

liegen Wald und Wiese hier,

und ganz leise, nicht mal wispernd,

wartet schweigend das Getier.

 

Wie in Hauch, ein leises Flüstern,

spricht der Hexer seinen Fluch;

und das Sternenzelt bedecket

alles mit dem klaren Tuch.

 

Und ein Gott erhört die Worte,

hört sie fern im Firmament,

hört den Fluch und den Gedanken,

der dem Fluche immanent.

 

Hebt die Hand mit einer Geste,

die man nur von Göttern kennt,

deutet nieder, auf die Wiese,

zeigt herab vom Firmament.

 

Wo gerade noch stand ein Hexer,

auf den Lippen seinen Spruch,

ist jetzt Ruhe, wieder Schweigen

und ein wenig Brandgeruch.

 

Wenn du rufst die alten Götter

auf der alten Steine Platz –

merke dir die weisen Worte,

Wunsch, nicht Fordern, sei dein Satz.

 

Lass die alten Götter schlafen,

halte dich vom Fordern fern,

denn die alten, weisen Götter,

hören nur dein Wünschen gern.


 

„Transuranic heavy elements may not be used where there is life“

oder: Heidnische Elemente in Science Fiction-Fernsehserien

 

Vorbemerkung

Zum hundertjährigen Jubiläum der Science Fiction-Fernsehserien (eigentlich dem ihrer Vorgänger, der „serials“ in den Kinos) habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob der Esoterik-Boom sich auch in der Populärkultur spiegelt. Ich habe mich mit dem Thema schon in Bezug auf Literatur und Comics genähert, ich wollte die Untersuchung für mich mit dem Medium Kino bzw. Fernsehen abschließen.

Die gewagte These war, dass die Science Fiction – im Unterschied zu ihrem Bruder, der Fantasy – eben nicht der „logische Spielplatz“ für fremde, heidnische Religionen ist, sondern eher ein Rückzugsort für Minderheiten, die dort schon immer einen Platz fanden, um „fringe“-Ideen auszuleben. Nicht umsonst fand der erste Fernseh-Kuss zwischen einer Schwarzen und einem Weißen in „Star Trek“ statt, die expliziteste Darstellung von Sexualität im „Doctor Who“-Offspin „Torchwood“.

Um nicht den Rest meines Lebens mit dem Studium von Fernsehserien zuzubringen, habe ich mich in vielen Fällen darauf konzentriert, sekundäres Material zu untersuchen. Das widerspricht zwar meinem forscherischen Ehrgeiz, ist aber in Bezug auf verbleibende Lebenszeit in Relation mit der Fülle der Serien nicht anders zu lösen.

Auch inhaltlich musste ich ein paar Eingrenzungen vornehmen. So betrachte ich nur Serien aus dem Bereich Westeuropa/Nordamerika mit mindestens einer Übersetzung ins Englische oder Deutsche, ebenso nur Serien mit durchgehender Handlung (also keine „Twilight Zone“), keine eindeutigen Kinder-Cartoons, keine Umsetzungen von Computer- oder Sammelkartenspielen, keine Werbefilme für Spielzeug etc. Außerdem: Keine Vampire, keine Zombies. Das ist keine Science Fiction, auch wenn ich mich in Einzelfall gerne Horror & Phantastik gewidmet habe, wenn sich das nicht vermeiden ließ. Und: Ich unternehme keinerlei Versuche, „Star Trek“ oder „Dr. Who“ komplett zu erklären. Das sind in sich religiöse Verehrungsformen, die ich als Häretiker nicht anzweifeln will (und hier ist die Menge des Sekundärmaterials unendlich viel größer als die Menge der Primärquellen).

Die Durchführung ergab dann, dass ich mit dem Jahr 2000 abbrechen musste. Danach wird die Menge unübersichtlich, durch Internet und Privatfernsehen verwischen Produktionsländer und -firmen, während die Menge schier unermesslich steigt.


 

Heidnische Elemente in Science Fiction-Fernsehserien[63]

 

Die 1910er

Die Geschichte der Fernsehserie beginnt mit den „serials“ für das Kino. Die erste entstand 1910[64], natürlich als Stummfilm. Genre-bezogen ist die erste namhafte Serie „Fantomas“ von 1913.

 

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

Fantomas

1913-1914

 

 

5

F

Homunculus

1916

 

 

5

D

Judex

1916

 

 

12

F

The Crimson Stain Mystery

1916

 

 

16

USA

The Iron Claw

1916

 

 

20

USA

The Mysteries of Myra

1916

 

 

15

USA

The Shielding Shadow

1916

 

 

15

USA

The Gray Ghost

1917

 

 

16

USA

The Secret Kingdom

1917

 

 

15

USA

The Voice on the Wire

1917

 

 

15

USA

Who is Number One?

1917

 

 

15

USA

La Nouvelle Mission de Judex

1918

 

 

12

F

The Master Mystery

1918

 

 

15

USA

The Silent Mystery

1918

 

 

15

USA

The Lion Man

1919

 

 

18

USA

The Mystery of 13

1919

 

 

15

USA

The Trail of the Octopus

1919

 

 

15

USA

 

Genaue Aussagen über diese Ära sind aber schwierig, viele „serials“ sind verschollen.[65] Die folgende Liste gibt einen Überblick:

 

Serie

Existenz

Fantomas

Homunculus

1 Teil von 6 erhalten.

Judex

Fast komplett erhalten.

La Nouvelle Mission de Judex

Verschollen.

The Crimson Stain Mystery

Teile erhalten.

The Gray Ghost

Verschollen.

The Iron Claw

Verschollen, eine Episode in Teilen erhalten.

The Lion Man

Verschollen.

The Master Mystery

Rekonstruiert, fast vollständig.

The Mysteries of Myra

Verschollen, geringe Teile erhalten.

The Mystery of 13

Einige Teile erhalten.

The Secret Kingdom

Verschollen.

The Shielding Shadow

Verschollen, einige Fotos erhalten.

The Silent Mystery

Verschollen.

The Trail of the Octopus

Fast komplett erhältlich.

The Voice on the Wire

Verschollen.

Who is Number One?

Verschollen.

Interessant sind drei Aspekte. Erstens gab es zu dieser Zeit nur Filme mit echten Schauspielern – Puppen, Zeichentrick, all das lag für das Genre in der Zukunft. Zweitens gaben sich schon früh bekannte Persönlichkeiten her, in Genre-Serien aufzutreten (als Beispiel möge hier Harry Houdini dienen. Drittens war die Zahl der Menschen, die durch die „serials“ erreicht wurden, sehr hoch. So spricht das Poster zu „The Gray Ghost“: „A tremendous ready-made audience of 10,000,000 People awaits each episode.“[66]

Wegen der Spärlichkeit der überlieferten Quellen ist eine Deutung daher schwierig – aber außer klaren Verweisen (und zwar durch Serientitel und die Titel einzelner Episoden) auf Horror, Zauberei und so weiter gibt diese Dekade heidnisch für dieses Thema nichts her. So ist der titelgebende Homunculus der gleichnamigen Serie ein künstliches Wesen, in „The Crimson Stain Mystery“ heißt die erste Episode „The Brand of Satan“[67]. Aber dies wäre ein christliches Thema, kein heidnisches oder esoterisches.

Neugierig machen Zusammenfassungen wie diese für „The Trail of the Octopus“: „Carter Holmes, master criminologist, must help the oft-kidnapped Ruth Stanhope to find the 9 daggers that will unlock the secret of the cursed Devil's Trademark! [68]

Weitergehende Deutungen sind wegen des geringen Bestands für diese Dekade kaum möglich.

 

Die 1920er

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

Fantomas

1920

 

 

20

USA

The Invisible Ray

1920

 

 

15

USA

The Screaming Shadow

1920

 

 

15

USA

The Diamond Queen

1921

 

 

18

USA

The Hope Dimond Mystery

1921

 

 

15

USA

The Power God

1925

 

 

15

USA

The Scarlet Streak

1925

 

 

10

USA

Officer 444

1926

 

 

10

USA

The Mansion of Mystery

1927

 

 

10

USA

The Masked Menace

1927

 

 

10

USA

The Mysterious Airman

1928

 

 

10

USA

The Black Book

1929

 

 

10

USA

The Fatal Warning

1929

 

 

10

USA

 

Es ist zu erkennen, dass die USA in diesem Jahrzehnt eindeutig den Markt beherrschen. Und technisch kam es zu einer Weiterentwicklung: der Ton hielt Einzug in die „serials“: „The Ace of Scotland Yard was a 1929 Universal movie serial. It was the first partial sound serial released by Universal Pictures (although the 69th serial released, including the silent serials).

Universal announced this as the first talking serial, but that title is generally agreed to belong to Mascot Pictures' The King of the Kongo (1929). It was released in both sound and silent versions. The serial is presumed to be lost.“[69]

Auch für dieses Jahrzehnt ist es schwierig, etwas über die Inhalte der Serien zu sagen. Viele, sehr viele sind verschollen, Informationen über sie sind schwer oder überhaupt nicht aufzutreiben. In einigen Fällen muss man aufgrund von übriggebliebenen Bildern oder Filmplakaten raten, ob sie in das Genre gehören. Von den für dieses Jahrzehnt genannten Serien existieren nur noch „The Hope Diamond Mystery“ und „The Power God“ vollständig, echte Folgerungen sind daher unmöglich.

 

Die 1930er

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

The Voice from the Sky

1930

 

 

10

USA

The Phantom of the Air

1933

 

 

12

USA

The Return of Chandu

1933

 

 

12

USA

The Whispering Shadow

1933

 

 

12

USA

The Vanishing Shadow

1934

 

 

12

USA

The Lost City

1935

 

 

12

USA

The Phantom Empire

1935

 

 

12

USA

Undersea Kingdom

1936

 

 

12

USA

Flash Gordon

1936-1940

 

 

28

USA

Blake of Scotland Yard

1937

 

 

15

USA

Radio Patrol

1937

 

 

12

USA

S.O.S. Coast Guard

1937

 

 

12

USA

Flash Gordon’s Trip to Mars

1938

 

 

15

USA

The Fighting Devil Dogs

1938

 

 

12

USA

The Spider’s Web

1938

 

 

15

USA


 

Buck Rogers

1939

 

 

12

USA

Mandrake the Magician

1939

 

 

12

USA

The Phantom Creeps

1939

 

 

12

USA

 

Die Geschichte und der „Boom“ der „echten“ SF-Serie beginnt in den 1930ern mit Serien wie „Buck Rogers“ und „Flash Gordon“, die – wenigstens vom Namen her – auch in Deutschland bekannt sind.

Hier sind nicht alle Serien erhalten; auch sind diese Serien weiterhin technisch und inhaltlich deutlich unter dem Niveau, dass wir heute gewöhnt sind. Die Herkunft aus den Radio-Sendungen war nicht zu verleugnen, ebenso war das neue Medium „Film“ noch nicht ausgetestet. Gerade die „live“ gefilmten Folgen sind von einer unfreiwilligen Komik, die heute aber nicht mehr begeistern kann. Technisch sind dies immer noch keine Fernsehserien, sondern für das Kino produzierte „serials“.

In dieser Zeit zog der Ton in die „serials“ ein: „The Voice from the Sky“ gilt als das erste „serial“ mit „full sound“.[70]

Neben immer noch bekannten Namen wie Bela Lugosi und Buster Crabbe liefert uns dieses Jahrzehnt singende Cowboys (Gene Autry).

Okkultismus gibt es genug in dieser Dekade: „The Return of Chandu“ ist reich an weißer und schwarzer Magie, einer ägyptischen Prinzessin und einer Reise nach Lemuria. Dafür stammen die Bösewichte in „The Phantom Empire“ aus dem unterirdischen Reich Murania, aber der Bösewicht in „The Lost City“ ist dann wieder Lemurier.

 

Die 1940er

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

Drums of Fu Manchu

1940

 

 

15

USA

Flash Gordon conquers the Universe

1940

 

 

12

USA

King of the Royal Mounted

1940

 

 

12

USA

Mysterious Doctor Satan

1940

 

 

15

USA

The Shadow

1940

 

 

15

USA

Adventures of Captain Marvel

1941

 

 

12

USA

Dick Tracy vs. Crime, Inc.

1941

 

 

15

USA

Perils of Nyoka

1942

 

 

15

USA

Batman

1943

 

 

15

USA

Captain America

1944

 

 

15

USA

The Great Alaskan Mystery

1944

 

 

13

USA

Manhunt of Mystery Island

1945

 

 

15

USA

Secret Agent X-9

1945

 

 

13

USA

The Master Key

1945

 

 

13

USA

The Monster and the Ape

1945

 

 

15

USA

The Purple Monster Strikes

1945

 

 

15

USA

Hop Harrigan

1946

 

 

15

USA

Lost City of the Jungle

1946

 

 

13

USA

The Crimson Ghost

1946

 

 

12

USA

The Mysterious Mr. M

1946

 

 

13

USA

Brick Bradford

1947

 

 

15

USA

Jack Armstrong

1947

 

 

15

USA

The Black Widow

1947

 

 

13

USA

Congo Bill

1948

 

 

15

USA

Superman

1948

 

 

15

USA

Batman and Robin

1949

 

 

15

USA

Bruce Gentry

1949

 

 

15

USA

Federal Agents v. Underworld, Inc

1949

 

 

12

USA

King of the Rocket Men

1949

 

 

15

USA

Captain Video and His Video Rangers

1949-1955

 

 

ca. 1.200

USA

 

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg (wenn auch langsam) begann der „Boom“ der SF-Serien, da das neue Medium des Fernsehens eine weitere Verbreitung (und viel später: eine erneute Verwendung der Serien im selben Medium) erlaubte. „Die erste Science-Fiction-Fernsehserie war Captain Video and His Video Rangers, die von 1949 bis 1955 von dem amerikanischen Fernsehsender DuMont ausgestrahlt wurde.“[71]

Viele Serien haben nur einzelne Science Fiction-Elemente und sind nicht das, was wir heute unter Science Fiction a la „Star Trek“ verstehen würden. Ein schönes Beispiel ist die Serie „Bruce Gentry“, über die es in der Zusammenfassung der Handlung heißt: „Dr Benson, a friend of charter pilot Bruce Gentry, kidnapped by the masked mystery villain, the Recorder (who only issues orders through recordings), in order to perfect the villain's flying saucers. Industrialist Paul Radcliffe hires Bruce to investigate the saucers as he thinks they may have a commercial use.

Necessary for the production of the flying saucers is a mineral called Platonite. The Recorder's only source, an abandoned mine on the land belonging to Jaunita [sic] and Frank Farrell, has run dry and he needs to steal supplies from the US Government.“[72]

Beeindruckend klingen auch Zusammenfassungen wie diese (für „Nyoka – Herrin der Beduinen“, im Original „Perils of Nyoka“): „It's intrepid Nyoka and her friends versus Vultura, Queen of the Desert, on a quest for the Golden Tablets of Hippocrates.“[73]

Der „mythologische Inhalt“ der Serien dieser Dekade war trotzdem eher gering: „Captain Marvel“ alias „Shazam“ ist ein magischer Charakter, aber seine Fähigkeiten beruhen auf der durch die griechischen Götter bzw. ihrer römischen Äquivalente vergebenen Gaben während der Name Dr. Satan für sich selbst spricht. Und er ist (wie andere Serien dieser Zeit) eine Comicumsetzung, also ein Import in das neue Medium.

Immerhin hatte mindestens eine Serie Auswirkungen auf die neuere Musik, nämlich „The Crimson Ghost“: „The horror punk band Misfits adapted his visage as their skull logo, and he has appeared in the music video for the song »The Number of the Beast« by Iron Maiden.“[74] Eine echte Wirkungsmacht kann man daraus aber eigentlich nicht folgern.

Die 1950er

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

Flying Disc Man from Mars

1950

 

 

12

USA

The Invisible Monster

1950

 

 

12

USA

Buck Rogers

1950-1951

 

 

?

USA

Space Patrol

1950-1955

 

 

ca. 210

USA

Tom Corbett, Space Cadet

1950-1955

 

 

ca. 58

USA

Captain Video: Master of the Stratosphere

1951

 

 

15

USA

Mysterious Island

1951

 

 

15

USA

Captain Z-RO

1951-1956

 

 

77

USA

King of the Congo

1952

 

 

15

USA

Radar Men from the Moon

1952

 

 

12

USA

Zombies of the Stratosphere

1952

 

 

12

USA

Adventures of Superman

1952-1958

 

 

104

USA

Commando Cody: Sky Marshal of the Universe

1953

 

 

12

USA

Johnny Jupiter (I)

1953

 

62

USA

Operation Neptune

1953

 

 

8

USA

The Lost Planet

1953

 

 

15

USA

The Quatermass Experiment

1953

 

 

6

GB

Atom Squad

1953-1954

 

 

25

USA

Johnny Jupiter (II)

1953-1954

 

62

USA

Rod Brown of the Rocket Rangers

1953-1954

 

 

58

USA

Rocky Jones, Space Ranger

1954

 

 

39

USA

Flash Gordon

1954-1955

 

 

39

D/F/USA

Panther Girl of the Kongo

1955

 

 

12

USA

Quatermass II

1955

 

 

6

GB

Quatermass and the Pit

1958

 

 

6

GB

The invisible Man

1958

 

 

27

GB

Men into Space

1959-1960

 

 

38

USA

 

Die technische Entwicklung ging rasant weiter. „1953 wurde mit Rocky Jones, Space Ranger zum ersten Mal eine Science-Fiction-Fernsehserie produziert, die auf Film aufgenommen wurde, so dass eine erhebliche inhaltliche und technische Qualitätssteigerung möglich wurde.“[75]

Trotzdem sind wir immer noch im Zeitalter der Lücken –so von der ersten „Buck Rogers“-Fernsehserie sind keine Aufzeichnungen bekannt.[76]

Und die Transformation vom „serial“ zur TV-Serie ist noch nicht richtig vollzogen. „Commando Cody: Sky Marshal of the Universe“ war als TV-Serie geplant, startete aber als „serial“.[77] Das Ende der Kino- „serials“ war aber in Sicht, das Fernsehen hielt seinen Siegeszug und 1956 endete die Produktion von „serials“.

Die ersten Puppen-Filme landeten im Genre. Aber esoterisch ist wenig zu holen.

 

Die 1960er

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

Pathfinders in Space

1960

 

 

7

GB

Target Luna

1960

 

 

6

GB

Pathfinders to Mars

1960-1961

 

 

6

GB

Torchy the Battery Boy

1960-1961

 

 

52

GB

A for Andromeda

1961

 

 

8

GB

Pathfinders to Venus

1960-1961

 

 

6

GB

Supercar

1961-1962

 

 

39

GB

The Andromeda Breakthrough

1962

 

 

6

GB

The Big Pull

1962

 

 

6

GB

Fireball XL5

1962-1963

 

 

39

GB

Emerald soup

1963

 

 

7

GB

My favorite Martian

(Mein Onkel vom Mars)

1963-1966

 

 

107

USA

Doctor Who

1963-1989

 

 

702

GB

Stingray

1964-1965

 

 

39

GB

Voyage to the bottom of the sea

(Die Seaview – In geheimer Mission)

1964-1968

 

 

110

USA

The Magic Boomerang

1965-1966

 

 

45

AUS

Thunderbirds

1965-1966

 

 

32

GB

Lost in Space

(Verschollen zwischen fremden Welten)

1965-1968

 

 

83

USA

The Wild Wild West

(Verrückter wilder Westen)

1965-1969

 

 

104

USA

Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion

1966

 

 

7

D

Adam Adamant Lives!

1966-1967

 

 

29

GB

Captain Scarlet and the Mysterons

1966-1967

 

 

32

GB


 

Mr. Terrific

(Immer wenn er Pillen nahm)

1966-1967

 

 

17

USA

The Time Tunnel

1966-1967

 

 

30

USA

Star Trek

(Raumschiff Enterprise)

1966-1969

 

 

79

USA

The Invaders

(Invasion von der Wega)

1966-1969

 

 

43

USA

Dark Shadows

1966-1971

 

 

1225

USA

The Prisoner

(Nummer 6 – The Prisoner)

1967-1968

 

 

17

GB

Birdman and the Galaxy Trio

1967-1969

 

 

20

USA

The Fantastic Four

1967-1970

 

 

20

USA

The Interpretaris

1968

 

 

6

AU

Vega 4

1968

 

 

7

AU

Joe 90

1968-1969

 

 

30

GB

The Champions

1968-1969

 

 

30

GB

Fantastic Voyage

1968-1970

 

 

17

USA

The Secret Service

1969

 

 

13

GB

UFO

1969-1970

 

 

26

GB

 

Technisch war man mit dem Medium des Fernsehens in der Massenunterhaltung angekommen – die Zahl der Serien stieg (von gesellschaftlichen Faktoren begünstigt) immens an. Trotzdem sind aus dieser Zeit immer noch einige Serien verschollen, d.h. es existieren keine Folgen (wie z.B. bei „Target Luna“[78] oder „The Big Pull“[79]) oder viele frühe Folgen sind verschollen (wie z.B. bei „Dr. Who“).

Die Puppenserien hatten sich am Markt durchgesetzt, die ersten Zeichentrickfilme waren „angekommen“. Und: In den 60er begann der „Siegeszug“ dessen, was wir heute als klassische Science Fiction im Fernsehen verstehen. In Deutschland war dies 1966 nur „Raumpatrouille“ aus eigener Produktion, aber viele der in dieser Dekade produzierten Serien werden zu „Science Fiction-Ikonen“ in der Wahrnehmung der deutschen Zuschauer: „Invasion von der Wega“, „UFO“, „Nummer 6“, „Raumschiff Enterprise“ …

In den englischsprachigen Ländern war die Welle ungleich größer: „Batman was part of a wave of Sixties fantasy and sci-fi shows that included Bewitched, I Dream of Jeannie, The Addams Family, The Munsters, My Favorite Martian, and Star Trek. During the Sixties, monsters and myths resurfaced as a part of the popular mind, and an unprecedented Dionysian explosion capped off the decade.“[80]

Aber trotzdem war SF noch kein marktbeherrschender Faktor, zumindest nicht in Großbritannien: „Science-fiction productions were rare and almost always one-offs. A for Andromeda (1961) (…) and its sequel (The Andromeda Breakthrough, 1962) were exceptions.

Britain's first commercial television network ITV to explore science fiction for programming purposes in the early 1960s. A proponent for such experimentation was Canadian-born producer Sydney Newman, who had become Head of Drama at ABC. At ABC, Newman produced the science-fiction serial Pathfinders In Space (1960) and its sequels Pathfinders to Mars (1960) and Pathfinders to Venus (1961) and oversaw the science-fiction anthology series Out of This World (1962), the first of its kind in the UK. ITV also made an attempt at children's science fiction, with its short-lived program Emerald Soup (1963), which coincidentally aired the same night that Doctor Who premiered.“[81]

Rein optisch sorgen die 60er-Jahre für eine klare Verbesserung bei den Kostümen und ebenso verschaffen sie weiblichen Hauptpersonen größeren Raum. Insgesamt waren die 60er aber nur ein müder Vorgeschmack dessen, was in den nächsten Jahrzehnten aus dem Fernsehschirm auf die Retina der Fans einwirken würde.

Der Mythos-Anteil ist bis auf eine Serie gering: Birdman (aus „Birdman and the Galaxy Trio“) erhält seine Fähigkeiten vom ägyptischen Sonnengott Ra[82], „The Champions“ von einer hochstehenden Zivilisation in Tibet.[83] Und der Chef von „World Space Patrol“ und „Fireball XL5“ heißt Steve Zodiac, an Bord ist auch Doctor Venus.[84] Aber das dürfte Zufall sein.

Die große Ausnahme-Serie ist bekannt: „Star Trek“ beschäftigte sich relativ häufig mit Mythologie – in „Who Mourns for Adonais?“ wird das Schicksal der griechischen Götter angesprochen, in „Bread and Circuses“ wird der christliche Glaube thematisiert und die (in späteren Serien weiter ausgearbeitete) Religion der Klingonen könnte einem Asatru gefallen.

 

Die 1970er

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

Phoenix 5

1970

 

 

26

AU

The Adventures of Don Quick

1970

 

 

6

GB

Timeslip

1970-1971

 

 

26

GB

Doomwatch

1970-1972

 

 

36

GB

Alpha Alpha

1971

 

 

13

D

My Favorite Martians

1973

 

 

16

USA

Star Trek: The Animated Series

1973-1974

 

 

22

USA

The Starlost

1973-1974

 

 

16

CA

The Tomorrow People

1973-1979

 

 

68

GB

Alpha Scorpio

1974

 

 

6

AUS

Planet of the Apes (Planet der Affen)

1974

 

 

14

USA

Telerop 2009 – Es ist noch was zu retten

1974

 

 

13

D

Das Blaue Palais

1974-1976

 

 

5

D

Land of the Lost

1974-1976

 

 

43

USA


 

The Six Million Dollar Man

(Der Sechs-Millionen-Dollar-Mann)

1974-1978

 

 

108

USA

Return to the Planet of the Apes

1975-1976

 

 

13

USA

The invisible Man

(Der Unsichtbare)

1975-1976

 

 

13

USA

Space: 1999

(Mondbasis Alpha 1)

1975-1977

 

 

48

GB/I/USA

Survivors

1975-1977

 

 

38

GB

Andra

1976

 

 

8

AU

Ark II

1976

 

 

15

USA

Star Maidens

(Die Mädchen aus dem Weltraum)

1976

 

 

13

D/GB

The Bionic Woman

(Die Sieben-Millionen-Dollar-Frau)

1976-1977

 

 

58

USA

Space Academy

1977

 

 

15

USA

Man from Atlantis

(Der Mann aus Atlantis)

1977-1978

 

 

2

USA

Battlestar Galactica

(Kampfstern Galactica)

1978-1979

 

 

24

USA

Blake’s 7

1978-1981

 

 

52

GB

Jason of Star Command

1978-1981

 

 

28

USA

Mork and Mindy

(Mork vom Ork)

1978-1982

 

 

95

USA

The Incredible Hulk

1978-1982

 

 

82

USA

Quatermass IV

1979

 

 

4

GB

Buck Rogers in the 25th Century

1979-1981

 

 

35

USA

The New Adventures of Flash Gordon

1979-1981

 

 

32

USA

Sapphire & Steel

1979-1982

 

 

34

GB

 

Die 70er waren für viele Serien ein „goldenes Zeitalter“: „The 1970s is viewed by fans of the genre as a »golden age«. Doctor Who was going through its strongest period with first Jon Pertwee (1970–1974) and later Tom Baker (1974–1981) in the leading role, already firmly entrenched in the public consciousness.“[85]

Auch hier gibt es immer noch Lücken. So fehlen von „The Adventures of Don Quick“ fünf der sechs Episoden.[86] Und die Lücken bei „Dr. Who“ sind schon eine Legende für sich.

Die Dekade kam ohne Puppen aus … die Generation, die die entsprechenden Serien als Kinder gesehen hatte, war für Nostalgie noch zu jung. Aber spätestens mit den endlosen Wiederholungen würden sie einen neuen „hype“ erleben.

„Esoterisch“ sind die 70er eher arm. Die „Tomorrow People“ helfen bei der Ankunft des „homo superior“[87], der „Man from Atlantis“ kommt genau daher und „Battlestar Galactica“ enthält klassische christliche Züge (12 Planeten = 12 Stämme, Adam[a] als Anführer), aber auch Ideen aus der Religion der Mormonen.[88] Es gibt in der Serie auch klare astrologische Anspielungen: „The twelve colonies are named after the astrological signs of the Greek zodiac; for example, Scorpia (Scorpio), Caprica (Capricorn), and Aquaria (Aquarius). Several of the characters in the series have names or call signs corresponding to significant characters in Greek mythology, including Apollo, Athena, and Cassiopeia.“[89]

Die beste Serie der Dekade bleibt für mich „Sapphire & Steel“ – nicht nur wegen der großartigen Eröffnungszeile: „All irregularities will be handled by the forces controlling each dimension. Trans-uranic heavy elements may not be used where there is life. Medium atomic weights are available – Gold, Lead, Copper, Jet, Diamond, Radium, Sapphire, Silver, and Steel.“ [90] Die Idee einer höheren Macht, welche Agenten mit Element-Fähigkeiten ausschickt, um Zeit- und Kontinuum-Probleme zu lösen … war deutlich ihrer Zeit voraus.

 

Die 1980er

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

Beyond Westworld

1980

 

 

5

USA

Galactica 1980

1980

 

 

10

USA

Sternensommer

1980

 

 

6

D

The Hitch-Hiker’s Guide to the Galaxy

(Per Anhalter durch die Galaxis)

1980

 

 

6

GB

The Martian Chronicles

1980

 

 

3

USA

Der Androjäger

1981

 

 

26

D

Unterwegs nach Atlantis

1981

 

 

13

A/CH/D/CZ

Astronauts

1981-1983

 

 

13

GB

Die Besucher

1981-1983

 

 

16

CH/CZ/D/F

The Phoenix

1982

 

 

5

USA

Voyagers!

(Die Zeitreisenden)

1982

 

 

20

USA

Watch This Space

1982

 

 

13

AU

The Powers of Matthew Star

(Der Junge vom anderen Stern)

1982-1983

 

 

22

USA

Knight Rider

1982-1986

 

 

90

USA

Manimal

(Ein Fall für Professor Chase)

1983

 

 

8

USA

V

(V – Die außerirdischen Besucher kommen)

1983

 

 

2

USA

Automan

(Automan – Der Superdetektiv)

1983-1984

 

 

13

USA

He-Man and the Masters of the Universe

1983-1984

 

 

130

USA

Terrahawks

1983-1984

 

 

39

GB

Blue Thunder

(Das fliegende Auge)

1984

 

 

11

USA

V : The Final Battle

1984

 

 

3

USA

The Tripods

(Die dreibeinigen Herrscher)

1984-1985

 

 

25

GB

V

1984-1985

 

 

19

USA

Airwolf

1984-1987

 

 

79

USA

Die Wächter

1985-1986

 

 

6

D

Misfits of Science

(Die Spezialisten unterwegs)

1985-1986

 

 

17

USA

She-Ra: Princess of Power

1985-1986

 

 

93

USA

Star Wars: Droids (Freunde im All)

1985-1986

 

 

17

USA

Star Wars: Ewoks / The All New Ewoks

1985-1986

 

 

35

USA

Street Hawk

1985-1986

 

 

13

USA

The Centurions

1985-1987

 

 

65

USA

Mission Terra

1985-1988

 

 

24

D

Small Wonder

(Vicki)

1985-1989

 

 

96

USA

ThunderCats

1985-1990

 

 

130

USA

Defenders of The Earth

(Die Retter der Erde)

1986-1987

 

 

65

USA

Dick Spanner, P.I.

1986-1987

 

 

22

USA

Der Schatz im All

1986-1987

 

 

7

D/I

Starman (Der Mann vom anderen Stern)

1986-1987

 

 

22

USA

The Adventures of the Galaxy Rangers (Galaxy Rangers)

1986-1989

 

 

65

USA

ALF

1986-1990

 

102

USA

Bionic Six

(Die Sechs-Millionen-Dollar-Familie)

1987

 

 

65

J/USA

Dinosaucers

(Die Astro-Dinos)

1987

 

 

65

CDN/USA

Max Headroom

1987

 

 

22

GB/J/USA

Star Cops

1987

 

 

9

GB

Alf: the Animated Series

1987-1988

 

 

26

USA

Bravestarr

1987-1988

 

 

65

USA

Diplodos

1987-1988

 

 

24

F/J/USA

Captain Power and the Soldiers of the Future

1987-1989

 

22

CDN/USA

Out of This World

(Mein Vater ist ein Außerirdischer)

1987-1991

 

 

96

USA

Star Trek: The Next Generation

1987-1994

 

 

178

USA

Probe

1988

 

 

7

USA

Something Is Out There

1988

 

 

6

AU/USA

Superman

1988

 

 

13

USA

War of the Worlds

(Krieg der Welten)

1988-1990

 

 

14

USA

Superboy/The Adventures of Superboy

1988-1992

 

 

100

USA

Red Dwarf

1988-1999

 

 

52

GB

Hard Time on Planet Earth

(Jesse aus dem All)

1989

 

 

13

USA

Alien Nation

1989-1990

 

 

22

USA

Quantum Leap

(Zurück in die Vergangenheit)

1989-1993

 

 

97

USA

Mike & Angelo

1989-2000

 

 

123

GB

 

In den 80ern verebbte der Science Fiction-Boom im Fernsehen ein wenig: „Longer-running science-fiction series became few and far between. Although Doctor Who was still running, in terms of audience it was struggling to compete with US imports in the genre which began to re-emerge following the box-office success of contemporary films like the Star Wars franchise. For the television channel controllers, these had the benefit of transmission rights having a lower cost than any domestic productions. Dr Who's place in the Saturday schedule was briefly lost when it was moved to a weekday slot.“[91]

Und eine der bekanntesten SF-Serien starb einen (ersten) Tod: „The original version of Doctor Who lasted until 1989. Apart from a television movie in 1996, Doctor Who did not re-emerge in a bigger budget version until 2005. Affected by rights issues for some years, many of those behind the new series were fans of the show when they were younger. Doctor Who returned to television screens on 26 March 2005, gaining a profile reminiscent of the earlier series at its peak. [92]

Erstaunlich ist, wie viele Science Fiction-Serien sich in dieser Ära mit Religion beschäftigen. So haben die Außerirdischen in „Alien Nation“ eine gut entwickelte, eigene Religion. Und viele Kinder folgen eher dem Schlachtruf aus „He-Man and the Masters of the Universe“ „By the Power of Grayskull, I HAVE THE POWER“ als den christlichen Lebensregeln.

Erschreckend ist trotzdem, dass die deutsche Serie mit den meisten mystischen Inhalten wohl „Unterwegs nach Atlantis“ nach Jugendromanen von Johanna von Koczian ist. Dort finden sich nicht nur Atlantis, sondern der Alchemist Edward Kelley, Rudolf II., den Pharao Echnaton, der Graf von Saint Germain, eine Zeitmaschine und das Elixier für die Untersterblichkeit.[93]

 

Die 1990er

Titel

Wann?

Zeichen-trick

Puppen

Echte Schau-spieler

Episoden

Produk-tionsland

Jupiter Moon

1990

 

 

150

GB

The Girl from Tomorrow

1990

 

 

12

AU

The Flash

1990-1991

 

 

22

USA

Super Force

1990-1992

 

 

48

USA

Maniac Mansion

1990-1993

 

 

66

CA/USA

Captain Planet and the Planeteers/The New Adventures of Captain Planet

1990-1996

 

 

112

USA

Dark Season

1991

 

 

6

GB

Back To The Future

1991-1992

 

 

26

USA

Bill & Ted’s Excellent Adventures

1991-1992

 

 

21

USA

Halfway Across the Galaxy and turn Left

1991-1992

 

 

28

AU

Land of the Lost

1991-1992

 

 

26

USA

The Miraculous Mellops

1991-1992

 

 

40

AU

Watt on Earth

1991-1992

 

 

24

GB

Bill & Ted’s Excellent Adventures

1992

 

 

7

USA

The Tomorrow People

1992-1995

 

 

25

GB

Space Rangers

1993

 

 

6

USA

The Girl from Tomorrow Part II: Tomorrow’s End

1993

 

 

12

AU

Wild Palms

1993

 

 

5

USA

Cadillacs and Dinosaurs

1993-1994

 

 

13

USA

The Adventures of Brisco County, Jr.

1993-1994

 

 

27

/USA

Time Trax

1993-1994

 

 

44

AU/USA

Biker Mice from Mars

1993-1996

 

 

65

USA

seaQuest DSV

1993-1996

 

 

59

USA

Star Trek: Deep Space Nine

1993-1999

 

 

176

USA

The X-Files

(Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI)

1993-2002

 

 

202

USA

Dead at 21

1994

 

 

13

USA

Robocop: The Series

1994

 

 

21

CA

Spellbinder

1994

 

 

26

AU/PL

Earth 2

1994-1995

 

 

22

USA

Space Precinct

(Space Cops – Tatort Demeter City)

1994-1995

 

 

24

GB/USA

Space 2063

1994-1995

 

 

22

USA

TekWar

1994-1996

 

 

22

CA/USA

Ocean Girl

1994-1997

 

 

78

AU

Babylon 5

1994-1998

 

 

116

USA

Viper

1994-1999

 

 

79

CA/USA

Mysterious Island

1995

 

 

22

CA/NZ

Spellbinder

1995

 

 

26

AU/PO

The Langoliers

1995

 

 

2

USA

Nowhere Man

1995-1996

 

 

25

USA

Space: Above and Beyond

1995-1996

 

 

24

AU/USA

Deadly Games

1995-1997

 

 

13

USA

Freakazoid!

1995-1997

 

 

24

USA

Bugs

1995-1998

 

 

40

GB

Sliders

1995-2000

 

 

88

USA

Star Trek: Voyager

1995-2001

 

 

172

USA

Captain Simian & The Space Monkeys

1996-1997

 

 

26

USA

Dark Skies

1996-1997

 

 

19

USA

The Burning Zone

1996-1997

 

 

19

USA

Aliens in the Family

1996-1999

 

 

8

USA

Millenium

1996-1999

 

 

67

USA

Early Edition (Allein gegen die Zukunft)

1996-2000

 

 

90

USA

Profiler

1996-2000

 

 

84

USA

The Pretender

1996-2000

 

 

84

USA

3rd Rock from the Sun

(Hinterm Mond gleich links)

1996-2001

 

 

139

USA

Crime Traveller

1997

 

 

8

GB

Deepwater Black

1997

 

 

13

GB/CA

Aquila

1997-1998

 

 

13

GB

Raumstation Unity

(Space Island One)

1997-1998

 

 

27

D/GB

Team Knight Rider

1997-1998

 

 

9

USA

The Visitor

1997-1998

 

 

13

USA

Timecop

1997-1998

 

 

13

GB

Honey, I Shrunk the Kids

1997-2000

 

 

66

USA

Men in Black: The Series

1997-2001

 

 

53

USA

Earth: Final Conflict

(Mission Erde – Sie sind unter uns)

1997-2002

 

 

110

USA

Stargate SG-1

1997-2007

 

 

214

CA

First Wave

1998-2001

 

 

66

CA

Seven Days

1998-2001

 

 

66

USA

Futurama

1998-2003

 

 

140

USA

Animorphs

1999

 

 

26

USA

(Babylon 5) Crusade

1999

 

 

13

USA

Cybersix

1999

 

 

13

AR/CA/J/USA

Roughnecks: The Starship Troopers Chronicles

(Star Ship Troopers)

1999

 

 

36

USA

Sherlock Holmes in the 22nd Century

1999

 

 

26

GB/USA

The Last Train

1999

 

 

6

GB

Total Recall

1999

 

 

22

CA/USA

Crash Zone

1999-2000

 

 

26

AU/USA

Harsh Realm

1999-2000

 

 

9

CA/USA

Lavender Castle

1999-2000

 

 

26

GB

Roswell Conspiracies: Aliens, Myths and Legends

1999-2000

 

 

40

USA

Thunderstone

1999-2000

 

 

52

AU

Big Guy and Rusty the Boy Robot

1999-2001

 

 

26

USA

Lexx

1999-2002

 

 

61

CA, D, GB

Roswell

1999-2002

 

 

61

USA

Strange World

1999-2002

 

 

13

USA

Farscape

1999-2003

 

 

88

AU/USA

 

Diese Dekade wurde von futuristischen Fahrzeugen („Super Force“) und Öko-SF („Captain Planet“, „seaQuest DSV“) dominiert. Dazu kamen diverse Spin-Offs zu Filmen, Neuverfilmungen … und gähnende Langeweile. Eine Stimme in mir ist ganz glücklich, dass ich mit dieser Dekade ende. Und eine andere Stimme muss zugeben, dass es unmöglich geworden ist, hier auch nur einen Überblick zu behalten (außer, man macht das hauptberuflich oder schläft nicht).

Mythen? Tausende. Und es werden immer mehr.

 

Nachbemerkungen

Und nun? Stummfilme. Oder deutsche schwarz-weiße Spielfilme. Oder alles bis 1945. Der komische Film, bei dem jedes Jahr ein Engel auf die Erde geschickt wird, um diese zu vernichten (und es dann nie schafft). Oder „Lumpacivagabundus“ in der Version von 1931. Oder mal wieder „Münchhausen“ mit Hans Albers. Mal sehen.



[1] www.amazon.de/gp/help/customer/display.html/?nodeId=193965011 ; 29.11.2013

[2] … okay, das tat ich schon immer. Seufz.

[3] http://en.wikipedia.org/wiki/A._L._Morton; 30.12.13

[4] www.thegoldendream.com/landofcokaygne.htm; 30.12.13

[5] ebenda

[6] http://en.wikipedia.org/wiki/Cockaigne; 30.12.13

[7] ebenda

[8] www.classical.net/music/comp.lst/works/orff-cb/carmlyr.php; 30.12.13

[9] http://phobien.ndesign.de/#note1; 13.01.2014

[10] http://de.wikipedia.org/wiki/Nacktmull; 13.01.2014

[11] ebenda

[12] ebenda

[13] „Time & Chance“, S. 36

[14] „Time & Chance“, S. 308

[15] „Time & Chance“, S. 366

[16] Walkera „Vorwort“ in de Camp „Die Chronik von Poseidonis“, S. 9

[17] Heinlein „Nachwort“ in de Camp „Thalia – Gefangene des Olymp“, S. 140

[18] „Time & Chance“, S. 59

[19] http://de.wikipedia.org/wiki/Volapük; 20.02.2014

[20] www.omniglot.com/writing/volapuk.htm; 20.02.2014

[21] http://de.wikipedia.org/wiki/Solresol; 20.02.2014

[22] ebenda

[23] www.clubdevo.com/ (19.02.2014)

[24] http://de.memory-alpha.org/wiki/Quadrotriticale; 01.04.2014

[25] http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%97Triticale; 01.04.2014

[26] ebenda

[27] ebenda

[28] www.agrilexikon.de/index.php?id=triticale; 01.04.2014

[29] www.mister-blue.de/schlumpf11/schlumpf07.php; 09.04.2014

[30] Ebay-Suche, 09.04.2014

[31] „Havamal“; zitiert nach http://de.wikisource.org/wiki/Edda/%C3%84ltere_Edda/H%C3%A2vam%C3%A2l (16.04.2014)

[32] http://en.wikipedia.org/wiki/L._Sprague_de_Camp; 01.05.2014

[33] www.spiegel.de/kultur/tv/heinz-schenk-ist-tot-blauer-bock-fernsehstar-a-967111.html; 01.05.2014

[34] http://de.wikipedia.org/wiki/Getreidemilch; 10.05.2014

[35] http://de.wikipedia.org/wiki/Sojamilch; 10.05.2014

[36] Ovid „Metamorphosen“, 14. Buch; http://gutenberg.spiegel.de/buch/4723/61, 10.05.2014

[37] www.starwars-collectorbase.com/Collectorbase/DeAgostini/RaumschiffeUndFahrzeuge/046-rettungskapsel_tantive_IV.html; 10.05.2014

[38] Ich sage mal inhaltlich nichts dazu und verweise nur auf http://de.wikipedia.org/wiki/Inneres_Team (27.05.2014).

[39] http://de.wikipedia.org/wiki/Heilige_Drei_K%C3%B6nige; 25.07.14

[40] http://de.wikipedia.org/wiki/IBAN; 25.07.14

[41] www.iso.org/iso/iso_catalogue/catalogue_tc/catalogue_detail.htm?csnumber=41031; 25.07.14

[42] http://wpedia.goo.ne.jp/enwiki/ISO_13616; 25.07.14

[43] https://en.wikipedia.org/wiki/Sanity_testing; 25.07.14

[44] www.urbandictionary.com/define.php?term=san%20check; 25.07.14

[45] L. Sprague de Camp & Catherine C. de Camp „Spirits, Stars and Spells”, New York, 1966

[46] http://church-of-damcar.org/; 23.07.14

[47] http://church-of-damcar.org/?page_id=11; 23.07.14

[48] http://knightsofsaintgeorge.org/constitution.html; 23.07.14

[49] https://en.wikipedia.org/wiki/Fama_Fraternitatis; 23.07.14

[50] www.duden.de/shop/newsletter; 27.07.14

[51] Anfrage: 16.07.14

[52] Nein, ich bin nicht wahnsinnig: http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/03/30/radio-jupiter-sendet-mysterioses/; 26.08.2014

[53] http://de.wikipedia.org/wiki/Abrahamitische_Religionen#Tod_und_S.C3.BCnde; 27.08.2014

[54] http://de.wikipedia.org/wiki/Satanismus; 27.08.2014

[55] http://en.wikipedia.org/wiki/Moondog; 23.09.2014

[56] Wer es lieber nachlesen will: www.afi.com/members/catalog/DetailView.aspx?s=&Movie=6322; 24.09.2014

[57] Für mehr: http://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Leiber; 24.09.2014

[58] http://en.wikipedia.org/wiki/Fritz_Leiber; 24.09.2014

[59] www.aurorademeehl.de/index.php?action=auroradetails&titel=mehl; 26.09.2014

[60] Thoreau, S. 313

[61] Henry David Thoreau „Walden oder Leben in den Wäldern“, Diogenes, 1979

[62] Thoreau, S. 316

[63] Unter massiver Hilfe von http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Science-Fiction-Serien; 27.11.2013 und http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_film_serials; 18.12.2013

[64] Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_film_serials; 04.12.2013

[65] Ich verdanke viele Informationen der großartigen Seite www.silentera.com; 09.12.2013

[66] http://en.wikipedia.org/wiki/File:The_Gray_Ghost.jpg; 04.12.2013

[67] http://en.wikipedia.org/wiki/The_Crimson_Stain_Mystery; 11.12.2013

[68] www.imdb.com/title/tt0010795/; 11.12.2013

[69] http://en.wikipedia.org/wiki/The_ace_of_scotland_yard; 17.12.2013

[70] laut http://en.wikipedia.org/wiki/The_Voice_from_the_Sky, 18.12.13

[71] https://de.wikipedia.org/wiki/Science_Fiction_im_Fernsehen; 28.11.2013

[73] www.imdb.com/title/tt0035181/; 19.12.2013

[74] http://en.wikipedia.org/wiki/The_Crimson_Ghost; 20.12.13

[75] https://de.wikipedia.org/wiki/Science_Fiction_im_Fernsehen; 28.11.2013

[76] http://en.wikipedia.org/wiki/Buck_Rogers#1950.E2.80.931951_ABC_television_series; 06.01.2014

[77] http://en.wikipedia.org/wiki/Commando_Cody:_Sky_Marshal_of_the_Universe; 07.01.2014

[78] http://en.wikipedia.org/wiki/Pathfinders_in_Space; 17.04.2014

[79] http://en.wikipedia.org/wiki/The_Big_Pull; 29.11.2013

[80] Christopher Knowles „Our Gods wear Spandex”, San Francisco, 2007, S. 147

[81] http://en.wikipedia.org/wiki/British_television_science_fiction, 19.12.2013

[82] http://en.wikipedia.org/wiki/Birdman_and_the_Galaxy_Trio; 28.11.2013

[83] http://en.wikipedia.org/wiki/The_Champions; 28.11.2013

[84] http://en.wikipedia.org/wiki/Fireball_XL5; 29.11.2013

[86] http://en.wikipedia.org/wiki/The_Adventures_of_Don_Quick; 22.04.2014

[87] http://en.wikipedia.org/wiki/The_Tomorrow_People#Original_series_.281970s.29; 23.04.2014

[88] http://en.wikipedia.org/wiki/Religious_and_mythological_references_in_Battlestar_Galactica; 29.11.2013

[89] ebenda

[90] www.clivebanks.co.uk/Sapphire%20and%20Steel%20Intro.htm; 24.04.2014

[93] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Unterwegs_nach_Atlantis_%28Fernsehserie%29; 04.12.2013

 

 

 

 


 

 

 


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